Selbsternannte Faktenchecker und Wahrheitsverteidiger wüten gegen die US-Republikaner, statt zu akzeptieren, dass gerade die republikanisch regierten Bundesstaaten South Dakota und Florida mit ihrem freiheitlichen Gang durch die Corona-Zeit alles richtig gemacht haben.
Zu den deutschesten Orten in der hiesigen Medienlandschaft gehört ein Agitprop-Blog namens „Volksverpetzer“. In seinem Hass auf die amerikanische Partei der Republikaner beschimpfte er diese als „faschistisch“, weil es sich bei ihnen größtenteils um „Wahlergebnis-Leugner, Demokratiefeinde & Verschwörungsideologen“ handele. Indem Elon Musk zu ihrer Wahl aufgerufen hätte, habe sich dieser als einer der „gefährlichsten Feinde von Wahrheit & Demokratie“ geoutet. In Wahrheit hatte der Milliardär sie jenen „unabhängig denkenden Wählern“ nur empfohlen, denen folgende Begründung einleuchtet: „Geteilte Macht“, so Musk, „zügelt die schlimmsten Auswüchse beider Parteien, daher empfehle ich, für einen republikanischen Kongress zu stimmen, wenn die Präsidentschaft in demokratischer Hand ist.“
Politische Analphabeten, die auf eine Welt losgehen, die ihnen desto bedrohlicher erscheint, je weniger sie von ihr begreifen, könnten einem gleichgültig sein, würde ihre Polit-Paranoia nicht mit Preisen ausgezeichnet und medial gehypt. Laut ZDF-Morgenmagazin handelt es sich beim Gründer des Blogs, Thomas Laschyk, um jemanden, der „für die Wahrheit und gegen die Lügennarrative im Netz“ streite. An der frischen Luft interviewt, verkündet er in die öffentlich-rechtliche Kamera durch gleich zwei Covid-Masken hindurch seine Mission: „Wenn man sieht, wie Leute bewusst andere täuschen und wie andere darauf reinfallen, dann macht das einen wütend. Und es gibt ja Meinungsfreiheit, auch wenn sie missbraucht wird. Ich kann ja dem anderen nichts verbieten und deswegen habe ich zwei Optionen gehabt: entweder abschalten und ausblenden oder mich hinstellen und zu widersprechen. Und ich habe mich für Letzteres entschieden. Denn jemand muss eintreten für die Wahrheit.“ Sicher, auf den etwa dreißigjährigen Volksverpetzer aus Aschaffenburg haben die betrogenen Menschen gewartet, damit er ihnen die ergoogelte Wahrheit sagt.
Wie aus einem Lehrbuch für Propaganda nutzt Laschyk erklärtermaßen „Emotionen, Anprangern und Gegennarrative“, denn „nichts anderes wirkt“. Und das tut es durchaus: Eine ganze Menge Menschen ließen sich von ihm täuschen, als er mit den Republikanern implizit die halbe USA, die Deutschland einst von sich selbst befreite, wahrheitswidrig als faschistisch diffamierte.
Germanen mit Keulen
Selbst nach seiner Tirade „Grenzt Impfgegner aus! Die Gesellschaft ist längst gespalten, die Zeit für Rücksicht ist vorbei“ wird der woke Volksverhetzer im öffentlich-rechtlichen Rundfunk noch lobhudelnd herumgereicht. Covid-Germany kam nach innen zu sich und muss von außen betrachtet werden. In Florida und South Dakota krönten in den Zwischenwahlen wiedergewählte Gouverneure gerade ihre Wahlerfolge mit Siegesreden, die an den nordamerikanischen Zivilisationsgeist erinnern, verglichen damit wirken die Volksverpetzer wie Germanen mit Keulen.
In South Dakota gab es keinen Lockdown, keine Ausgangssperren, keine Home-Office-Pflichten, kein Verbot von Großveranstaltungen und keine landesweiten Maskenpflichten (ein paar Städte führten aber welche ein). Im benachbarten North Dakota ging es etwas strikter zu, bis man realisierte, dass der Nachbarstaat mit seiner liberaleren Politik keine schlechteren Zahlen produzierte. Nicht anders verhielt es sich an der südlichen Ostküste: „In Florida kann man wie ein Mensch leben – außerdem boomt unsere Wirtschaft“, sagte Gouverneur Ron DeSantis im Frühjahr 2021. Es gab dort keinen Lockdown und keine Maskenpflichten, seit September 2020 gingen Kinder und Jugendliche normal zur Schule. Maskenpflichten an Schulen sowie Impfpasskontrollen von staatlichen Institutionen und Unternehmen ließ er gesetzlich verbieten. Florida und South Dakota bezeugen, dass alles, was sich die Deutschen seit März 2020 gegenseitig angetan haben, überflüssig war; eine Einsicht, die ihre Welt zusammenbrechen ließe.
Gilt in Deutschland die republikanische Partei vielen als „Bedrohung für die Demokratie“, waren es entgegen landläufiger Überzeugung die Republikaner unter Abraham Lincoln, die im 19. Jahrhundert die Sklaverei gegen den Widerstand der Südstaaten abschafften. Dort dominierte die von Gründervater Thomas Jefferson gegründete Democratic-Republican Party, aus welcher die heutige Demokratische Partei entstand.
In der Corona-Krise waren es nun hauptsächlich republikanisch regierte Staaten, in denen Maskenpflichten recht frühzeitig fielen und auf „Vaccination passports“ beruhende, indirekte Impfpflichten erst gar nicht eingeführt wurden, was daran liegen mag, dass viele Republikaner ein ausgesprochen inniges Verhältnis zum Wertefundament der ältesten modernen Demokratie der Welt haben.
Dieses bringt South Dakotas Gouverneurin, Kristi Noem, in ihrer Siegesrede nach Wiederwahl einleitend auf die Formel „Under God the people rule“, wobei ihre Intonation auf „the people“ liegt. So deutet sie das einerseits ideengeschichtlich durchaus Christliche an der Volkssouveränität an, die jedoch andererseits in ihrer dezidiert weltlichen Geltung den Menschen als Herrscher über sich selbst einsetzt. Anders als für zeitgemäß politisierte Deutsche, die wie der Volksverpetzer stets gecheckt haben, wo die Feinde „von Wahrheit & Demokratie“ aktuell stehen, ist die Demokratie für sie ein Konzept, das in ihr so lebendig ist, dass sie ihren Namen gar nicht wie eine Monstranz vor sich hertragen muss – schon gar nicht so, dass er nur noch der Bestimmung der aktuell medial zum Abschuss freigegebenen Volksfeinde dient, an denen sich rund um die Uhr abgearbeitet wird. Der religiös-säkulare Doppelcharakter, mit der sie South Dakotas Gesellschaftsmodell bestimmt, begründet auch die amerikanische Verfassung: „Wir halten diese Wahrheiten für ausgemacht, daß alle Menschen gleich erschaffen worden, daß sie von ihrem Schöpfer mit gewissen unveräußerlichen Rechten begabt worden, worunter sind Leben, Freyheit und das Bestreben nach Glückseligkeit.“
Amerikaner, die Amerika an sich selbst erinnern
Der Wahrheitsgehalt dieser Setzungen lässt sich nicht positivistisch beweisen, sondern liegt in der historischen Genese, auf die sie verweisen: der Zivilisationsgeschichte. Die Rechte der Einzelnen kann es nur unter einem allgemeinen Gesetz geben, das sie den Unterschiedlichen in Reflexion auf ihre Einheit gewährt. Mit der jüdischen Religion kam ein solches Gesetz in die Welt; es kennt nur einen einzigen Gott für die Menschheit, womit ein universaler Geltungsanspruch erhoben wird. Das von Jesus, der Jude war, gegründete Christentum übernahm diesen Universalismus, den die Aufklärer wiederum als Idee allgemeiner Menschenrechte säkularisierten. Bürgerliche Revolutionäre machten diese zum Fundament demokratischer Republiken. So konnte sich die Bürgerrechtsbewegung im 20. Jahrhundert für die Überwindung der Rassentrennung auf den Kern der seit 1796 geltenden amerikanischen Verfassung berufen, den sie als noch nicht eingelöst skandalisierte. Martin Luther King, ein Nachfahre afrikanischer Sklaven, nahm als Amerikaner Uramerikanisches für sich in Anspruch, als er gegen die reale amerikanische Ungerechtigkeit aufstand. 1968 sagte er in seiner letzten Rede: „Alles, was wir Amerika sagen, ist: ‚Haltet euch an das, was ihr auf dem Papier gesagt habt.‘“ Er wollte, dass die Versprechen der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung von der gelebten Wirklichkeit eingeholt werden.
Nun ist es ein solcher reflektierter Widerspruch zwischen Verfassungsgeist und gesellschaftlicher Wirklichkeit, der in Kristi Noems und Ron DeSantis' Reden in einer gewiss gänzlich anderen historischen Konstellation zum Ausdruck kommt. Statt mit dem Strom der anderen Bundesstaaten zu schwimmen und sich von der linken Presse einschüchtern zu lassen, wählten sie einen Weg, der auf staatliche Selbstzurücknahme und individuelle Selbstbestimmung setzte. So kann Noem resümieren, dass es „richtig war, der Verfassung zu folgen und die Freiheit zu verteidigen“. Die Menschen, denen sie ihren Worten zufolge jeden Tag aufs Neue „dient“, belohnten sie dafür mit 62 Prozent der Stimmen gegenüber 35,2 Prozent ihres demokratischen Kontrahenten. Im Einklang mit dem Geist der amerikanischen Verfassung stellt auch Ron DeSantis, der mit 59,4 Prozent gegenüber 40 Prozent fast ebenso deutlich gewann, mit Recht fest, dass in Florida „Recht und Ordnung“ aufrechterhalten wurden: „Wir sahen, wie die Freiheit unserer Lebensweise und in so vielen anderen Rechtsgebieten dieses Landes verkümmerte, aber Florida hielt die Stellung.“
In einer globalen Misere von menschheitsgeschichtlicher Relevanz sind es diese republikanischen Amerikaner in Regierungsverantwortung, die den Karren aus dem Dreck zu ziehen versuchen, in dem am tiefsten die Deutschen stecken, wenn sie über diese Hoffnungsschimmer herziehen.