Hamed Abdel-Samad, Gastautor / 28.11.2018 / 15:00 / 35 / Seite ausdrucken

Deutsche Gesinnungs-Journalisten-Schule

Die Freiheit stirbt nicht über Nacht, sondern auf Raten. Die Meinungsfreiheit ist die Mutter aller Freiheiten, und Meinungsvielfalt ist die beste Garantie für einen gesunden gesellschaftlichen Diskurs. Doch je vielfältiger die Gesellschaft wird, desto weniger Meinungsvielfalt haben wir. Gerade in der Islam- und Migrationsdebatte trifft diese Aussage besonders zu. Am gefährlichsten ist es, wenn die Medien von vorne herein sich für eine bestimmte Meinung aus moralischen oder politischen Gründen entscheiden. 

Constantin Schreiber, Ahmad Mansour und ich haben erfahren, dass Islam-Lobbyisten nun Schüler der Deutschen Journalistenschule (DJS) vor uns dreien gewarnt haben, weil wir angeblich die Gesellschaft spalten und Imame der Verfolgung aussetzen. Eine Lobbygruppe, die sich "The Muslim Story" nennt, setzt sich nach eigenen Aussagen dafür ein, dass "positive Geschichten" über den Islam "erzählt" werden und will Redaktionen "von Experten erlösen, die keine sind". Also wollen sie offensichtlich nicht aufklären, sondern das Bild der eignen Religion verbessern. Sie verlangten, dass Journalisten mit uns nicht sprechen sollen. Propagandisten, die sich Experten nennen, wollen, dass alle, die ihrer positiven Islam-Erzählung widersprechen, von der Bühne verschwinden. 

Es ist normal, dass Islamvertreter und Lobbyisten versuchen, die Berichterstattung zu ihren Gunsten zu manipulieren und Kritiker zu diskreditieren, doch was ich skandalös finde, ist, dass die (DJS), die zur Objektivität und Neutralität verpflichtet ist, die Diffamierung von drei Schriftstellern im eigenen Haus duldet und keine Gegendarstellung zulässt. Die Leiterin der Schule wurde über den Vorgang informiert, doch eine Antwort darauf bekamen wir nicht. Unser Angebot, unsere Sicht der Dinge den Schülern zu erklären, wurde abgelehnt. Die Schule, die die Meinungsvielfalt garantieren soll, scheint sich für eine Seite entschieden zu haben. 

Niemand besitzt aber die absolute Wahrheit, weder Islam-Propagandisten noch Kritiker des Islam. Beide Seiten und auch andere sollten den gleichen Zugang zu Blidungsinstitutionen haben. Der mündige Bürger darf dann seine eigene Meinung bilden, nachdem er alle Meinungen schon gehört hat. 

Die Angst vor Entlarvung

Das ist aber nicht immer der Fall. Während Islamverbände, Erdogan-Anhänger und konservative Prediger einen leichten Zugang zu Universitäten, Kirchen, politischen Stiftungen und staatlichen Institutionen haben, sind Kritiker dort nicht willkommen. Im Namen der Toleranz enthält man somit den Bürgern und Studenten das Recht auf freie Meinungsbildung vor. 

Wir sind Schriftsteller, die von der Meinungsfreiheit leben. Und wir sind bereit, unsere Meinung mit jedem auszutauschen, auch mit Imamen und Islam-Lobbyisten selbst. Doch diese weigern sich oft, mit uns zu reden, weil sie wissen, dass wir ihre Propaganda entlarven könnten. 

Wer Angst vor dem Diskurs hat und die Kritiker von der Bühne verbannen will, hat nicht die Absicht, die Gesellschaft aufzuklären, sondern verfolgt ganz andere Ziele, die nicht im Sinne des Gemeinwesens sind! 

Hier endet mein eigener Text.

Constantin Schreiber, Ahmad Mansour und ich haben zu diesem Fall folgende gemeinsame Erklärung verfasst:

Wir haben Kenntnis bekommen von einem Vorgang an der Deutschen Journalistenschule (DJS) in München, der uns zutiefst irritiert. Die DJS hat die Interessensvertretung "The Muslime Story" demnach mit einem Seminar zu Islamberichterstattung in Deutschland beauftragt. „The Muslim Story“ setzt sich nach eigenen Aussagen dafür ein, dass "positive Geschichten" über den Islam "erzählt" werden und will Redaktionen "von Experten erlösen, die keine sind". In diesem Seminar wurde offenbar vor uns dreien – Hamed Abdel Samad, Ahmed Mansour, Constantin Schreiber – konkret gewarnt. Nach dem, was uns zu Ohren gekommen ist, wurden wir beschuldigt, die Gesellschaft durch eine kritische Auseinandersetzung mit dem Islam spalten zu wollen und Imame der Verfolgung auszusetzen. Journalisten sollten nicht mit uns als Experten sprechen.

Die Leiterin der DJS, Henriette Löwisch, wurde davon in Kenntnis gesetzt und um Klärung gebeten, was leider nicht geschah. Das Angebot, unsererseits an der DJS zum Thema Islamberichterstattung mit den Schülern zu sprechen, wollte sie nicht annehmen.

Wir finden es problematisch, wenn Lobby-Vertreter an einer journalistischen Lehreinrichtung über einzelne Personen in diskreditierender Weise referieren. Wir finden es ebenso problematisch, wenn die DJS sich gegen ein journalistisches Prinzip entscheidet, nämlich Ausgewogenheit. Unser Gesprächsangebot gilt nach wie vor.

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Leserpost

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Constanze Rüttger / 28.11.2018

“Der mündige Bürger darf dann seine eigene Meinung bilden, nachdem er alle Meinungen schon gehört hat.” Ich fürchte , genau dieser Satz ist eines der größten Probleme in diesem Land. Es gibt kaum noch mündige Bürger, die willens und in der Lage sind, sich eine eigene Meinung zu bilden. Es ist doch auch wirklich bequem, mit der Masse zu ziehen und das nicht nur beim Denken.

marc von alberncron / 28.11.2018

Naja, dass die neokonservativen,  fundamentalistischen, ultraorthodoxen ...  Apologet_innen von Offenbarungsreligionen Schwierigkeiten mit jeglicher Kritik an ihrem Bekenntnis haben, ist hinlänglich bekannt. Immerhin schlagen aber selbst französische hardcore-Katholiken einem nicht den Kopf ein, wenn man behauptet, Jesus sei mitsamt seiner hipsterbärtigen Apostelschar sowas wie eine gayicon von Pierre&Gilles; mit Praktiken, die ins Berghain gehören. Das ist natürlich aufgrund des Offenbarungszeugnisses auch gänzlich unangemessen ;-) Bei Muslim_innen kann man da leider bei ähnlich lustigen Einfällen zu ihrem gesegnet halluzinierenden Kriegsherren nicht so sicher sein. Und da der “liberale Islam” auch in der BRD kaum Verbreitung findet, sondern eher diese staatsreligiösen Versionen von Gülen über al-Wahhab bis al-Shia u. AKP-Erdogan ;-), muss diese Religion mit ihren totalitären Gestaltungsansprüchen einem kontinuierlichen öffentlichen   Rechtfertigungsdruck ausgesetzt werden .... Post scriptum: Wie sehen “Grautöne” eigentlich bei Körperstrafen aus, z.B. bei Apostasie? O:-)

Wilfried Cremer / 28.11.2018

Es entsteht tatsächlich eine Spaltung, aber nicht durch Kritiker, sondern durch die Angst vor den wie üblich üblen Reaktionen kritisierter Moslems. Die Löwisch ist so feige wie das ganze Land.

Ilse Polifka / 28.11.2018

Sehr geehrter Herr Abdel-Samad, ich fürchte hinter dieser Geschichte mit der Journalistenschule steckt die nackte Angst und das sicher nicht zu Unrecht. Sie selbst haben es erfahren, wie die Vertreter dieser friedfertigen “Religion"mit Kritikern umgehen.

Norbert Rahm / 28.11.2018

Diese Toleranz gegenüber der Intoleranz und oft beschämend drastische Bekämpfung, ja, so muss man es nennen, von in irgendeiner verdrehten Weise irgendwie unerwünschten oder gar gefährlichen Äußerungen von Abdel-Samad, Schreiber oder Broder ist auch an deutschen Universitäten zu finden. Steinzeit-islamische Assistentinnen mit Burka sind dagegen keine Seltenheit. 9/11 Mohammed Atta hat auch in Deutschland Städteplanung zu Ende studiert und eine Diplomarbeit geschrieben, ohne der weiblichen Prüferin oder irgendeiner Frau davor sonst die Hand zu schütteln. Das geht. Kein Problem in Deutschland. Aber von Roland Tichy musste sich interessanterweise ein gewisser Herr Merz distanzieren, wollte nicht mit ihm auf einer Bühne gesehen werden. So verwundert es nicht, wenn auch an der Journalistenschule eine linke und islamismusfreundliche Einstellung regiert. Der Bundespräsident empfiehlt einfach mal so eine linke Band wie Feine Sahne Fischfilet, die er wohl nicht einmal kannte. Aber diese Typen, die sich auf der Achse des Guten äußern… die sind ganz gefährlich? Ein kaputtes Land!

Harald Kreher / 28.11.2018

Bestmenschliche Gesinnungsethik trifft alternativlose Meinungsdiktatur. Mahnung, Zensur und Ausschluss trifft Journalisten, die diese Berufsbezeichnung verdient haben. Das Vorgehen des DJS ist umso perfider, wenn man vergegenwärtigt, dass die beiden so bösen, schwarzen Schafe, die Apostaten vom hoheitlich verordneten Perversions-Pfad sind, von Seiten des so guten und friedfertigen Islam derart massiv in Leib und Leben bedroht sind, dass sie seit Jahren Polizeischutz brauchen. Wenn sich dazu jetzt auch noch die Bedrohung der kritisch-investigativen und sachlich-fachlich fundierten Reporterarbeit gesellt, ist dies ein weiteres bedrohliches Zeichen für die Demokratie. Die Unverfrorenheit und Verblendung der Hoheitlichen hat einen Stand erreicht, der für die Freiheit in der Katastrophe enden wird. Von wegen “wehret den Anfängen”.

U. Unger / 28.11.2018

Herr Abdel- Samad, nachdem ich hier bereits viele Ihrer Ansichten kennen lernen durfte, kann ich Ihnen auch in diesem Vorgang nur zustimmen. Es ist besorgniserregend für jeden Demokraten, wenn statt sachbezogener Diskussion zu Einzelproblemen regelmäßig riesige Weltanschauungsdebatten geführt werden sollen. Dies ist weder effizient, noch dient es friedlichen Zielen. Demokratie bedeutet Akzeptanz und friedliche Koexistenz, sowie gewaltfreie Lösung von Streitpunkten. Gruppen wie diese selbsternannte Propagandatruppe stören da. Wer schöne Geschichten erzählen will kann dies in geschlossenen Traumfabriken, wie Hollywood künstlerisch gerne tun. Da Transparenz und sachliche Information Basis eines demokratischen Rechtsstaates sind, hier stimmen hoffentlich die drei Betroffen mir gerne zu,  reicht es laut und vernehmlich Gegenposition zu beziehen. Mein Rat an Sie, sparen Sie die Bekehrungsgespräche. Ich halte Ihre und meine Position im Kern nicht für verhandelbar, dies sollten Sie der Gruppe klarmachen. Nennen wir diese Leute bei einer Bezeichnung die Sie sich schon verdient haben “Gegner der freiheitlich demokratischen Grundordnung.” Dies sollte, damit es wahrgenommen wird, oft und öfter wiederholt werden.

Brigitte Brils / 28.11.2018

“Problematisch” ist milde ausgedrückt. Constantin Schreiber scheint mir ein Journalist der alten Schule zu sein: gebildet. Schon das kann heutzutage ein Grund sein, sich warm anzuziehen. Gegen die Propaganda-Medien hilft nur Gegenöffentlichkeit. Man kann ja inzwischen auch über das Netz ganze Fernsehprogramme empfangen, und die könnten ja in einem freien Land produziert werden.

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