Danke, bin gerne eine Leuchte, wenn auch keine Prominente.
Ich bin entsetzt über den Tonfall hier im Forum und gleichzeitig beruhigt, dass es wohl nicht nur mir so geht. Aussagen wie “Wandert doch nach Russland aus und geniesst die Nähe Putins und seiner Chargen.” (Zitat P. F. Hilker) hätte ich hier nicht erwartet; war die Achse nicht vor kurzem noch ein Treffpunkt liberal-konservativer rational denkender Bürger, wurde hier nicht eine pöbelfreie Kommunikation gepflegt? Aber zur Sache: So unbestritten es ist, wo der Kriegsherr zu verorten ist, so klar sollte doch Jedem sein, dass es nicht in unserem Interesse sein kann, blind einen Krieg anzuheizen sondern dass die Devise “erst denken und dann erst (notfalls, in der allerletzten Konsequenz) schießen” besser ist. Mit Pazifismus hat das nichts zu tun. Sondern mit Realismus und Verantwortungsbewusstsein. Nichts anderes propagieren die von Jesko Matthes verächtlich als “Geistesgrößen” bezeichneten Briefeschreiber, mit denen mich ideologisch größtenteils wenig bis gar nichts verbindet. Trotzdem: sie haben recht!
Für die, die Russisch können und nicht die allzu einfachen Antworten bevorzugen, gibt es heute auf Meduza einen interessanten, nachdenklichen Artikel: «Эта война „победой“ закончиться не может» (diese Titeleile, kopiert, dürfte über beliebige Suchmaschinen dorthinführen). Bin selbst noch am Lesen…
Ich verbitte es mir, dass hier beinahe reihenweise Kommentatoren sich anmassen, meine Beweggründe zu kennen vorgeben. Angst, Feigheit, Feigheit vor dem Feind, u.s.w. wird unterstellt den Menschen, die den Brief unterzeichnet haben. Und ich bin einer von ‘denen’. Ich verbitte mir diese Unterstellungen. Ich habe den Brief NICHT unterzeichnet weil ich Angst vor einem Atomkrieg oder dem Dritten Weltkrieg habe. Vielmehr ergibt sich für mich eine durchaus komplexere historische Situation, angefangen von der NATO-Osterweiterung, nein, eher noch früher, der ‘Roll-Back-Strategie’ der USA seit Ende des Zweiten Weltkrieges, über zusätzliche 14 Staaten als NATO-Mitglieder im Osten Europas, dem bis vor wenigen Jahren als solches bezeichneten ‘korruptesten Staates Europas’, den seltsamen Vorgängen in 2014 in der Ukraine, u.s.w., die es mir unmöglich macht, die Ukraine - deren Freiheitskampf gegen den Aggressor zu bewundern ist - als ‘auf der richtigen Seite’ soweit zu erkennen, dass ein Land wie Deutschland, das ohne jede Beistandsverpflichtung gegen der Ukraine ist, nicht im gleichen Staatenbund, nicht im gleichen Militärbund, deutlich die Seite einer der beiden Kriegsparteien nehmen, und diese mit schweren Offensivwaffen ausstatten sollte.
Die scharfe Spaltung der Argumente hier auf der Achse bezüglich pro oder contra Waffenhilfe an die Ukraine zeugt von einer unguten Emotionalisierung in dieser Sache. Naiv ist derjenige zu nennen, der denkt, die USA hätten in vergleichbarer Lage anders gehandelt als die Russen. Wer sich als Imperium behaupten will, kann es niemals dulden, dass sich ein potentieller Feind vor der Haustüre einnistet. Das war schon im Falle Rom/Karthago so. Für die USA läuft das unter “Monroe-Doktrin” (“Amerika den Amerikanern”) seit über hundert Jahren—- und wurde in der Cuba-Krise auch schon nahe an den Atomkrieg getrieben. Seit dem Nuland-Putsch 2014 hat die Ukraine das Pech, Schauplatz der geostrategischen Expanionspläne der USA zu sein, wie dies schon von Zbigniew Brzezinski in seinem Buch “The Grand Chessboard” explizit skizziert wurde. Wie gesagt: weniger Emotionalität täte vor allem den Autoren, aber auch den Kommentatoren gut.
Ein Konstantin Wecker ist immer in Wartestellung auf Trendzüge, auf die er aufspringen kann. Einfach ignorieren.
Nein, die Adresse ist genau die Richtige. Deutschland hat im 2. WK kapituliert und keinen Friedensvertrag. Es war Kriegsgener Russlands und hat von daher die Verpflichtung sich aus kriegerischen Konflikten mit Russland strikt herauszuhalten. Das gilt auch, wenn Russland einen Angriffskrieg führt. Wir haben die Pflicht humanitäre und diplomatische Hilfe zur Beilegung des Konfliktes zu leisten, mehr aber auch nicht. Vielleicht sollte sich der Artikelschreiber Punkt 5 der Kapitulationsurkunde zu Gemüte führen, bevor er die Bedenken der Briefeschreiber beiseite wischt. Glaubt er ernsthaft, wenn Russland im Falle einer sich abzeichnenden Niederlage einen Nuklearschlag gegen Deutschland führt, weil es sich aus russischer Sicht als Kriegspartei erwiesen hat und so das Vorrücken der NATO gestoppt werden kann, dass die 3 westlichen Atommächte gegen Russland bei Strafe ihres eigenen Unterganges zurückschlagen? Ist das Szenario undenkbar? Wohl eher nicht?
Ja, wenn der Atomkrieg kommt, ist jede Wichtigtuerei zu Ende. Egal, ob politisch, ideologisch, beruflich, finanziell, sexuell. Im Atomkrieg endet jede Angeberei. Dann geht es nur noch um Sterben, Tod, und Ewigkeit. Und Ewigkeit ist sowieso ein anstrengendes Thema. Das hatten wir hier auf der Achse doch schon öfter. Nicht wahr?
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