Von Jörg Deutschmann.
Generationen von Politikern und Parteien haben sich mit der Energiewende und den Folgen beschäftigt, sollte man glauben. Das Ergebnis: Die Versorgungswirtschaft speist derzeit Elektroenergie in unsere Netze ein, die sie gezwungenermaßen für rund 3 Cent verkauft. Bitte noch einmal lesen: drei Cent. Der Rest des Rechnungsbetrages besteht aus Abgaben, Umlagen, Steuern und Steuern auf die Steuern. Privathaushalte im Osten zahlen etwa 26 Cent je kWh durchschnittlich, im Westen etwa 24 Cent, also fast das Zehnfache.
Der Staat verdient, nicht die Branche. Der Einfluss der Politik auf die Energiewende war und ist größer als die Einwirkung der Techniker. Die Bürger und die Unternehme stöhnen und zahlen, noch. Immer mehr Bürger aber können es schon nicht mehr, energieintensive Produktion wandert langsam, aber stetig ab.
Für drei Cent jedoch kann man kein Kraftwerk mehr betreiben, es ist hoffnungslos geworden. Wichtige Investitionen werden aufgeschoben, Rücklagen nicht mehr gebildet und es wird an vorhandener Substanz Raubbau betrieben. Ein Blackout-Szenario ist längst sichtbar. Die Bundespolitik hat die Versorgungswirtschaft gegängelt, erpresst und belogen. Man muss das so aussprechen.
Erzeugung und Verteilung sowie Vertrieb sind heute getrennt voneinander. Der Netzbetreiber, bei uns im Osten Unternehmen wie die 50Hertz, ist der letzte Teil der ehemals so stolzen und vor Innovation strotzenden Branche, der noch Geld verdient. Allerdings nicht etwa im Wettbewerb, wie man sich das vorstellen könnte, sondern behördlich verordnet, quasi planwirtschaftlich, also im Grunde genommen wie ein VEB in der DDR.
Die Quersubventionen der drei Branchenteile sind nicht mehr möglich. Am Beispiel der RWE kann man sehen, wie deshalb einer der wichtigsten Versorgungskonzerne ums Überleben kämpft. Auch die so wichtigen Einnahmen aus Aktien und Steuerzahlungen der RWE für große und größte Städte im Ruhrgebiet brechen weg. Deren bisherige Einnahmen streicht der Staat an anderer Stelle ein, der aber ganz offensichtlich hilflos darin ist, die Milliarden-Überschüsse sinnvoll zu investieren – oder sie wenigstens den Bürgern zurück zu geben.
Die Abwärme der Reaktoren entweicht jetzt ungenutzt
Der "Atomausstieg" der pysikalisch gebildeten Bundeskanzlerin zeugt von ähnlichem Durchblick. Man erklärt dem einfachen Menschen, die Atomstromerzeugung sei abgeschaltet. Das stimmt, wenn man das Trennen der stromerzeugenden Generatoren von den Reaktoren als "Abschalten" auffassen möchte. Zur gefälligen Aufklärung eine kleine ergänzende Information: Die Kühlung der unter Reststrahlung stehenden Reaktoren muss weiter erfolgen. Schließlich unterliegt eine Kernspaltung und die daraus resultierende Strahlung den Halbwertzeiten. Die Abwärme der vom Generator getrennten Atommeiler blasen wir jetzt ungenutzt in die Atmosphäre – ist das nicht super? Wer erklärt das den Menschen, die Ihre Kinder mit dem Auto in die Schule bringen, und unter Zuhilfenahme der dabei angeblichen anthropogen verursachten Klimaerwärmung fürs Autofahren gegängelt werden?
Ansonsten: Gut 30 Prozent der Netzlast in Deutschland kommt jetzt aus französischem und tschechischem Atomstrom-Zukauf, rund 15 Prozent werden immer noch in Deutschland erzeugt. Ohne das würde es gar nicht funktionieren.
Die Windräder in unserem Land stehen andererseits deutlich sichtbar tatsächlich oft still, aber nicht, weil wir den Strom nicht benötigen würden, sondern, weil die Einspeisung der Windenergie Netztfrequenz-Schwankungen erzeugt, die kaum mehr zu bewältigen sind. Die daraus resultierende Regelenergie ist schwierig zu beherrschen, es ist oft einfacher, eine Windkraftanlage abzuschalten, als deren Energie im Netz dem Verbrauch zuzuführen. Die eigens mit diesen Aufgaben befasste Bundesnetzagentur greift gern und sehr oft ein. Sie ist es, die die Rotoren aus dem Wind dreht. Unser finanzielles Problem ist damit aber nicht gelöst, es steht damit ursächlich und expotential im Zusammenhang.
Der Betreiber einer Windkraftanlage wurde vergütet mit einer kalkulatorischen Einspeisevergütung, gerechnet auf die Leistung seiner Windkraftanlage. Diese Zahlungen waren fällig ab dem Tag der technischen Betriebsbereitschaft seiner Windkraftanlage, unabhängig davon, ob die Bundesnetzagentur seine Anlage aus dem Wind nimmt oder nicht, unabhängig sogar davon, ob die Anlage überhaupt am Netz angeschlossen war oder nicht. Er brauchte sich bislang auch keine Sorgen darum machen, ob die von ihm erzeugte Energie benötigt wird oder nicht.
Warum wird so getan, als würden Windräder ewig leben?
Da hat man aber unlängst einen ersten kleinen Schritt in die richtige Richtung unternommen und verlangt vom Betreiber einer zukünftigen Windkraftanlage heute den Nachweis, wer sieben Jahre lang die Energie verbrauchen wird. Der Bauboom stoppte darauf abrupt. Trotzdem, Windkraftanlagen-Bau auf Teufel komm' raus, ist gewissermaßen philosophisch gewollt, nicht wissenschaftlich begründet.
Dabei hätte man die Windenergie wirklich gut nutzen können, Gas damit erzeugen meinethalben, oder auch in Speicheranlagen investieren. Aber es geht doch scheinbar auch gut so. Der Steuerzahler kommt dafür auf und kalkulatorisch ist der Anteil an regenerativer Energie im Netz vorhanden. Politisch gewollt, nachgerechnet und für gut befunden.
Dass dafür die Abgaben und Steuern stetig gestiegen sind und nur so die subventionsabhängigen Lebenszyklen derartiger Anlagen gegeben sind, liest man nirgends. Auch sind in den Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen die notwendigen Rückbaumittel dieser Anlagen kaum berücksichtigt. Ich befürchte, da muss der Steuerzahler künftig noch sehr viel tiefer in seine Taschen greifen. Egal ob Photovoltaik oder Windkraft: Warum wird so getan, als würden diese Anlagen ein ewiges Leben haben?
Und bitte nicht die Erzählung glauben, Ökostrom im Netz würde die Stromkosten senken. Das kann nur der Wettbewerb der Versorger untereinander. An der Strombörse in Leipzig kann man die Preisentwicklung gut verfolgen. Das Abstruse daran: Fallen dort die Strompreise, steigen sofort die Umlagen, Abgaben und Steuern. Schließlich muss ja jemand für den wirtschaftlichen Schaden der fallenden Preise und die daraus resultierend fehlenden Subventionsmittel für die Betreiber einer EEG-Anlage aufkommen.
Nicht einmal fette Elektroauto-Prämien werden mitgenommen
Und wer ist das? Jawoll: Ein abhängiger und der Mittel des Marktes beraubter Stromkunde. Im Physik-Unterricht konnte man einst lernen, dass eine zentrale Energieversorgung mit großer konstanter Leistungsbereitstellung immer einen besseren technischen Wirkungsgrad vorweisen kann als eine Vielzahl kleiner dezentraler. Und wo die Physik streikt, müssen dann eben Subventionen her. Spätestens hier ist die Philosophie an ihre Grenzen gelangt. Energie aus regenerativer Quelle: Ja. Aber bitte nur subventionsfrei und zum eigenen Verbrauch oder zur Direktvermarktung im nächsten Umfeld. Dafür gibt es nichts Besseres. Davon bin ich überzeugt. Der kostengünstigste Strom ist immer der, den man gar nicht erst beziehen muss.
Das nächste Fiasko unserer Energiepolitik ist in der Elektromobilität zu sehen. Niemand interessiert sich für ein Fahrzeug, das dreimal so teuer ist wie ein funktional gleiches konventionell betriebenes Auto – und obendrein nur rund 30 Prozent der Reichweite hat und seine Ladezyklen mehrstündige Zwangsaufenthalte erfordern.
Da helfen auch keine fortgeschritten vierstelligen Kaufprämien. Und die CO2-Neutralität dieser Fahrzeuge ist ebenfalls von recht weit herigeholt. Die Produktion des Wagens und die Erzeugung der benötigten Energie werden dabei gar nicht erst berücksichtigt. Da bietet sich eine neudeutsche Lösung an: Wir verbieten den Dieselmotor. Punkt. Der heilige Gral der e-mobility ist gefunden und besteht in der Quasi-Enteigung von Millionen Fahrzeugbesitzern. Wer vor einem halben Jahr rund 70.000 EUR für sein Diesel-Auto bezahlt hat, hat einfach Pech gehabt. Peanuts. Auf den Müll mit dem Ding!
Sollten die Bürger sich diese neue Stümperei tatsächlich bieten lassen? Der innerstädtische Lieferverkehr und der Nahverkehr weden übrigens auch nicht von heute auf morgen anders funktionieren als mit Dieselmotor getrieben Lastwagen und Bussen.
Was mich am meisten verwundert: Es ist nicht der Parteisoldat, der sich im besten Glauben an die Ideologie seiner politischen Heimat vollkommen lächerlich macht. Nein. Es sind wir. Die Bürger. Alle, meine Person eingeschlossen. Wir, die wir wissen, was da alles falsch läuft und dennoch rein gar nichts dagegen tun. Das erstaunt mich am meisten.
Jörg Deutschmann ist seit mehr als 20 Jahren in verschiedenen Bereichen der Versorgungswirtschaft tätig. Er wird täglich mit den Folgen der Politik in Sachen erneuerbare Energie konfrontiert.