Henryk M. Broder / 02.08.2016 / 20:30 / 23 / Seite ausdrucken

„Deutsch-Türken leben offenbar auf einem anderen Planeten”

Die Stammes-Loyalität ist offenbar stärker. Und das in der dritten Generation. Es ist ein absolutes Phänomen, dass Einwanderer eine solche Distanz haben zu dem Land, in dem sie leben. Und dass sie ein demokratisches Mittel, nämlich eine Demonstration nutzen, um einem Despoten zuzujubeln. Ich hätte mir absolut nicht vorstellen können, dass es in Deutschland noch einmal eine Demonstration zur Wiedereinführung der Todesstrafe geben würde.

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Wolfgang Richter / 03.08.2016

Das gesamte Prozedere nach dem sog. Militärputsch in der Türkei erinnert frapierend an die Vorgänge auf deutschem Boden nach Reichstagsbrand und Röhmputsch. Der Führer präsentiert sich als Retter des Vaterlandes, und die Massen jubilieren frenetisch wie paralysiert unter Ausschaltung möglichen logischen Denkens, wie unter einer das Bewußsein verändernden Droge stehend. Jegliche als Kritik zu verstehende Äußerung wird als Verrat am Führer und seinen Ideen verworfen. Und was die hier lebenden “Türken” angeht, wurde und wird jede von der Politik behauptete Integration durch die allerorts sichtbar gelebten türkischen Parallelgesellschaften widerlegt, diese in ihrem Dasein auch in der Vergangenheit bestärkt durch u. a. Erdogans Wahlveranstaltungen in deutschen Arenen, die man seitens “unserer” Politverantwortlichen ohne Murren zuließ. Im übrigen darf sich jeder hinsichtlich der jetzt offensichtlich zu Tage getretenen “Stammes-Loyalität” Gedanken dazu machen, wem diese seitens zumindest vieler im öffentlichen Dienst als Zeichen der Integration eingestellten real wohl gehören möge, nicht nur auf die hier lebenden “Türken” bezogen. Da hilft eine intensivere Beschäftigung mit Ethnien weiter, die traditionsgemäß als “Clangesellschaften” ihr Miteinander organisieren. Dies fängt schon mit der arrangierten Ehe an, zu der überwiegend Partner aus dem eigenen “Clan” zusammen geführt werden, z. B. häufig Kusin / Kusine, um Familieninterna auch sicher intern zu halten, auch zur EHRE der Familie, womit der nächste Knackpunkt bezüglich der Denkenstrukturen in diesen Gesellschaften angesprochen ist.

Gerhard Alfred / 03.08.2016

Ja, Herr Broder, so ist es! Über 60% der in Deutschland lebenden Türken informieren sich in regierungsnahen türkischen Medien. Erdoğan forderte von Türken in Deutschland, sie sollten ihren Kindern erst mal Türkisch beibringen, Deutschlernen sei gar nicht so wichtig. Erdoğan: “Wer Deutschkenntnisse zur wichtigsten Voraussetzung macht, verletzt die Menschenrechte”.

Birsen Demirci / 03.08.2016

>Sehr geehrter Herr Broder, Sie sagen es ist unverständlich, dass man sagt “ich lebe hier und werde immer als Türke angesehen”. Leben vielleicht Sie auf einem anderen Planeten? Mein Vater war Türke, meine Mutter Lettin. Ich bin hier geboren, studiert und arbeite hier. Ich fühle mich integriert. Jedoch falle ich aufgrund meines Namens immer wieder auf. Ich erlebe viele Dinge täglich, die Sie nie erleben: im Krankenhaus hat man mich am Telefon gefragt, ob meine ganze Sippschaft käme…machen ja Türken so. Als ich dann vor Ort war und man mich gesehen hat, hat niemand mehr nach meiner “Sippschaft” gefragt. Während meiner Ausbildung 1992-1994 wurde ich noch gefragt, warum ich kein Kopftuch trage…und ich könne ja den nächsten Flieger in meine Heimat nehmen, wenn es mir nicht passe…meine Heimat? Hm, das ist Deutschland, aber für viele bin ich “die Türkin”...das ist in den USA/Kanada anders..dort habe ich gelebt und kann durchaus Vergleiche ziehen…dort ist der Typ/Mensch gefragt, die Nationalität spielt zumeist ein untergeordnete Rolle ==> weil klassisches Einwanderungsland.  Der Vergleich hinkt.

Ben Wilmes / 03.08.2016

Ich unterschreibe jeden Satz von Broder . Wollen die meisten Türken denn wirklich als Deutsche angesprochen werden ?! Und wann und zu welchen Gelegenheiten denn genau ?! Man müsste mal das Experiment wagen und dieser “Forderung” nachgeben und jeden türkischstämmigen immer nur als Deutschen ansprechen. Sehr schnell würde einem dann von vielen ihr Türkischsein regelrecht um die Ohren gehauen. Das wäre ja auch soweit in Ordnung, wenn es nicht so oft dieses Beleidigtsein oder aggressiv werden je nach Lage gäbe. Bei diesem Thema sind viel Unehrlichkeit und strategisches Kalkül im Spiel. Wenn hier geborenen Kinder “Kartoffel” als Schimpfwort für andere hier geborene Kinder benutzen, weil diese nicht türkisch oder arabisch aussehen, dann haben wir ein Rassismusproblem im Land.

Karla Kuhn / 03.08.2016

Hallo Herr Broder, es ist ein Armutszeugnis ersten Grades und eine Schande, dass diese Demo in unserem- NOCH- demokratischem Land überhaupt stattfinden konnte. Wir haben eine Regierung, allen voran einen Justizminister, der eine IM Victoria Kahane unterstützt, wir werden von Politikern und dem BP beschimpft, weil wir unsere Ängste äußern, linke Antifas dürfen ungehindert Autos anzünden u.v.m., unser Sprachschatz soll beschnitten werden, das Wort “Wirtschaftsflüchtling” darf oder soll nicht mehr geäußert werden, obwohl es diesen Begriff seit Jahren gibt. Sexuelle Belästigungen sind schon fast an der Tagesordnung, jüdische Bürger verlassen Frankreich, weil sie sich nicht mehr sicher fühlen.  In den Großstädten gibt es für deutsche Bürger keine bezahlbaren Wohnungen mehr. Aber eine Pro Erdogan Demo, noch dazu . der die Todesstrafe wieder einführen möchte, wird zugelassen.  Ich fasse es nicht, wir fassen es alle nicht. Bert Brecht hat geschrieben, “Wo Recht zu Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht.” 

Heinz-Jürgen Fischer / 03.08.2016

Nein für mich ist das kein absolutes Phänomen mehr seit ich Samuel Huntigton Buch “Kampf der Kulturen gelesen habe.

Torsten Lange / 03.08.2016

Manche Phänomene wiederholen sich doch: DER SPIEGEL 31.Juli 1967: ” Sechs Millionen französisch sprechende Kanadier, so wollte de Gaulle, sollten sich zur Fünften Kolonne in einem Meer von über 200 Millionen Nordamerikanern formieren. Gallischer Geist sollte ein Stachel sein in angelsächsischem Fleisch. In Montreal, der größten Stadt der Franko-Provinz Quebec, zelebrierte de Gaulle das Hochamt der “francité” in der westlichen Hemisphäre:  ´Es lebe Quebec, es lebe das freie Quebec, es lebe Französisch-Kanada, es lebe Frankreich! ´ ” Und weiter: “Mit Briten-Stolz stellte Kanadas Premier Lester Pearson fest, daß sein Land frei sei und es nicht nötig habe, befreit zu werden. Gekränkt brach de Gaulle den mißratenen Kreuzzug ab - obschon es ein Kreuzzug auf fruchtbarem Terrain gewesen war. “ Nun war de Gaulle vermutlich ebenso wenig ein Despot wie Merkel ein Lester Pearson.  Aber , ohne gutmenschliches Relativieren : Immerhin durfte der gekränkte Despot in Köln nicht reden, weder virtuell noch perönlich ! Das war mal anders!  

Marina Auch / 03.08.2016

Liegt es vielleicht an der Religion? Beiderseitiges Misstrauen?

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