Mit einem plumpen Trick will die Koalition in der Hansestadt die Rechten aus dem Rundfunkrat heraushalten. Man muss kein AfD-Mitglied sein und die Partei nicht einmal wählen oder mögen, aber der unsäglich dumme Umgang mit ihr zwingt gerade dieser Tage recht häufig dazu, für sie “Partei” zu ergreifen.
Unsere parlamentarische Demokratie erhält durch die Reaktionen der übrigen Parteien und mancher Medien Kratzer, die langsam nicht mehr zu übersehen sind, und die so schnell auch nicht mehr zu reparieren sein werden. Hysterie und Rechtsbruch machen sich auf der Straße breit, als könnte man sich auf einen übergesetzlichen Notstand berufen, als wären wir schon wieder bei ’33. Jetzt scheint sich das fortzusetzen in Parlamenten.
Wie die Bremer Koalition aus SPD und Grünen am morgigen Mittwoch die AfD aus dem Rundfunkrat heraushalten will, ist ein Skandal, bei dem es schon wundert, welch geringe Wellen er bisher geschlagen hat. Die Regierungsfraktionen in der Hansestadt sind drauf und dran, aus einem Betrug bei der Bürgerschaftswahl im vergangenen Jahr jetzt einen zweiten zu schaffen, dieses Mal in Gesetzesform. In einem Beitrag aus Zeit-Online, in dem es um die Frage geht, in welchen Rundfunkräten die AfD nun nach ihren Wahlerfolgen vertreten sein wird oder auch nicht, lesen wir gegen Ende dieses:
“Etwas einfallen lassen haben sich die Bremer Regierungsfraktionen von SPD und Grünen, um die AfD aus dem Rundfunkrat von Radio Bremen herauszuhalten. Ein von Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) vorgelegter Gesetzentwurf über die Neufassung des Radio-Bremen-Gesetzes soll so geändert werden, dass künftig im Rundfunkrat nur noch die Parteien einen Sitz erhalten, die zum Zeitpunkt der Konstituierung der Bürgerschaft dem Landesparlament in Fraktionsstärke angehören. Wird diese Änderung von der Bürgerschaft am Mittwoch beschlossen, hätte dies zur Folge, dass die AfD keinen Sitz im Rundfunkrat von Radio Bremen bekäme. Ursprünglich zog die AfD mit vier Abgeordneten in die Bürgerschaft ein. Eine Fraktion benötigt allerdings fünf Mitglieder.”
Das mit dem “Zeitpunkt der Konstituierung” und der Fraktionsstärke ist bereits willkürlich genug. Aber erinnern wir uns noch, warum die AfD zum Zeitpunkt der Konstituierung der Bürgerschaft im vergangenen Sommer nur mit vier und nicht mit fünf Abgeordneten vertreten war? Richtig. Die Partei war betrogen worden um diejenige Anzahl von Stimmen, die ihr jenen fünften Sitz eingebracht hätten. Weil ihr in Bremerhaven Stimmen fehlten, war sie auf ganz Bremen bezogen unter fünf Prozent geblieben, hatte so auch keinen Fraktionsstatus erhalten. Der Grund: Ein komplettes Wahllokal war damals ohne weitere Aufsicht von Oberschülern (was hat man sich dabei eigentlich gedacht?) verwaltet worden, und dort waren die Stimmzettel für die AfD verloren gegangen, mal eben so. Erst im vergangenen Dezember wurde dies nach einem Gerichtsentscheid korrigiert, die AfD bekam den fehlenden Sitz.
Die Sitzverteilung im Parlament war bei der Konstituierung demnach illegal. Genau sie soll jetzt aber Grundlage für die Entscheidung sein, wer in den Rundfunkrat einzieht. Zwar wäre die AfD-Fraktion inzwischen, nach der Spaltung der Partei, sowieso wieder auseinandergeplatzt, was aber keine Relevanz hätte. Der Tagesspiegel schreibt: “Nach dem derzeitigen Radio-Bremen-Gesetz und dem von der Landesregierung zunächst vorgelegten Gesetzentwurf würde die AfD ab Juni im Rundfunkrat vertreten sein. Bisher ist ein Rundfunkratssitz für Parteien damit verknüpft, dass sie die Fünf-Prozent-Hürde überwinden und in der Bürgerschaft vertreten sind, unabhängig davon, ob sie den Fraktionsstatus erreichen. Die AfD ist im öffentlich-rechtlichen Rundfunk bisher nur im MDR-Rundfunkrat vertreten.”
Was die rot-grüne Koalition in Bremen vor hat, ist Ausdruck sowohl von Hilflosigkeit wie auch einer unheilvollen Verrohung im Umgang mit der AfD durch die anderen Parteien. Sie wird auch für diese nicht zielführend sein, und für die Gesellschaft schon gar nicht. Was erhoffen sich die Grünen und die SPD von so einem Schritt? Dass er von der Bevölkerung hoffiert wird, mit Beifall? Weil es doch gegen “die anderen” geht, “die Bösen”? Dann hätten die Großkopfeten beider Parteien aus dem vergangenen Sonntag nichts gelernt, gar nichts, weniger als nichts.
Es müsste schon mit dem Teufel zugehen, wenn sich bei der Abstimmung im ehrwürdigen Ratssaal der Hansestadt nicht die Balken biegen, sollten die Regierungsparteien nicht doch noch zur Vernuft kommen.
Zuerst erschienen auf Ulli Kulkes Blog Donner und Doria