Gastbeitrag von Edgar Dahl
Nachdem Eva Hermans Erwähnung des Wortes „Autobahn“ der guten Margarete Schreinemaker einen erhöhten Puls bescherte und sie nahezu in Ohnmacht fallen ließ, hat der STERN nun dankenswerter eine repräsentative Bevölkerungsumfrage beim Meinungsforschungsinstitut FORSA in Auftrag gegeben, um mit gewohnt deutscher Gründlichkeit zu ermitteln, wieviele weitere Bewohner dieses Landes braunes Gedankengut unter ihrem verdächtig blonden Schopf verbergen. Zu seinem großen Erstaunen – und zu unser aller Entsetzen, möchte ich hoffen – musste der STERN feststellen, dass von den 1003 befragten Männern und Frauen doch sage und schreibe ein ganzes Viertel der Ansicht war, dass der Nationalsozialismus auch seine guten Seiten gehabt habe. Gewiss, die braven Bürger dieses Landes, die FORSA hier Rede und Antwort standen, werden dabei vermutlich nicht gerade die Zwangssterilisationen, das Euthanasie-Programm oder gar den Holocaust vor Augen gehabt haben. Dennoch hielt der STERN-Chefredakteur Andreas Petzold das Umfrageergebnis für so beunruhigend, dass er sich in nächtelanger Anstrengung die Mühe machte, den logischen Fehler zu eruieren, den diese Verharmloser der Nazi-Zeit begehen: „Diese Zeitgenossen übersehen, dass sich das »Dritte Reich« nur vom Ende her gesehen bewerten lässt.“ Die Autobahn, das Kindergeld, der Mutterschutz, die Rentenreform, das Kilometergeld und die Nachtschichtzulage sind also in der Tat schlecht, weil sie einem schlechten Zweck dienten. Sie waren, wie Petzold uns aufklärt, schließlich „auf ein einziges Ziel ausgerichtet: Aufzucht von Menschenmaterial, Vorbereitung eines Vernichtungskrieges, neuer Lebensraum für die arische Rasse.“
Ich denke, wir sollten Herrn Petzold für seine geleistete Aufklärungsarbeit unendlich dankbar sein. Mich hat seine teleologische Interpretation der Geschichte jedenfalls aus meinem dogmatischen Schlummer geweckt. Hatte ich bislang geglaubt, dass eine Autobahn einfach eine Autobahn sei, die weder gut noch schlecht sein könne, egal zu welchem Zweck sie gebaut wurde, weiß ich nun, dass die A5 rassenideologisch kontaminiert ist und ich mir besser einen nationalsozialistisch unverdächtigeren Beförderungsweg suchen sollte, um am Montag zur Arbeit zu gelangen. Am Mittwoch werde ich dann das Kindergeld an die Familiekasse zurücküberweisen. Und am Wochenende werde ich nicht, wie gewohnt, Joggen gehen, sondern mich brav jeder körperlichen Ertüchtigung enthalten, um mich nicht dem Verdacht auszusetzen, dass ich „flink wie ein Windhund, zäh wie Leder und hart wie Kruppstahl“ werden wolle.