Rainer Bonhorst / 11.06.2024 / 14:00 / Foto: Library of Congress / 50 / Seite ausdrucken

Der Zentralrat und der Elefant

Der Elefant im Raum scheint schon mehrere Personengruppen zu stören – nur der Umgang ist unterschiedlich.

Ok, der Zentralrat der Juden ist, wie man liest, besorgt über das starke Abschneiden der AfD bei der Europawahl. Das ist verständlich, aber von sehr flachem Erkenntniswert. Etwas weniger flach, und doch ganz einfach wird es, wenn man fragt, warum die AfD so stark geworden ist. Und das hat mit dem Elefanten im politischen Raum zu tun. 

SPD-Chef Lars Klingbeil hat im Interview den Elefanten ins Gespräch gebracht. Allerdings nur als schemenhaftes Gebilde. Warum sein Geisterelefant? Weil Klingbeil wie seine Partei und der größte Teil der Regierungskoalition den echten Elefanten nicht sehen und von ihm ablenken will.

Also, hier ist er, der echte Elefant: Er tritt in Gestalt der viel zu hohen Zahl junger, männlicher Eingewanderter aus einem repressiven Kulturkreis auf, von denen zu viele in der großen deutschen Freiheit über die Stränge schlagen. Die meisten benehmen sich ordentlich, aber zu viele nicht. Ob sie nun gleich das Kalifat fordern oder in den Badeanstalten ihre Libido nicht kontrollieren und jungen Mädchen das Sonnenbaden vergrätzen. 

Soweit das allgemein Elefantenproblem

Und dann kommt noch das ganz spezielle hinzu: Zu viele von ihnen lassen ihrem Hass auf Juden und auf Israel freien Lauf. So dass die altmodischen Neonazis biodeutscher Herkunft sich gar nicht groß bemühen müssen und den moslemischen Judenhassern die Drecksarbeit überlassen können. Das also ist der Elefant. Wie führt der Weg von ihm zur Erstarkung der AfD? Es braucht keinen IQ im Geniebereich, um diese Frage zu beantworten. Die linke und grüne Welt weigert sich seit Jahrzehnten das Problem, also den Elefanten zu sehen.

Man hält sich die Augen zu, im kindischen Glauben, dass damit das Problem von der Bildfläche verschwindet. Da wir in einem freien Land leben, dürfen die das. Niemand ist gezwungen, einen Problem ins Auge zu schauen. Ja, das darf man sogar als Regierungskoalition. Nur führt das dann in eine folgenschwere Wahrnehmungseinsamkeit. Man verabschiedet sich von den Menschen, die in einer real existierenden Welt leben. Und die den Elefanten jeden Tag sehen und sich daran stoßen. Hier nun der nächste Abschnitt des politischen Einmaleins: Ab und zu wird bei uns in Deutschland und Europa gewählt. Und die Leute, die den Elefanten sehen, fragen sich: Wenn schon die Regierung elefantenblind ist, gibt es vielleicht jemanden, der nicht elefantenblind ist?

Und siehe da: Da gibt es welche. Da sind einmal die Konservativen, die den Elefanten inzwischen zwar beim Namen nennen, ihn aber zu lange wie ein Kuscheltier behandelt haben. Bis er ihnen über den Kopf gewachsen ist. Und dann sind da noch die von der AfD, die den Elefanten nicht nur beim Namen nennen sondern schon immer gesagt haben: Der muss weg. Basta. Also: Wegschauer, Schläfer und knallharte Elefantenjäger. Kein Wunder, dass immer mehr Leute, die der Elefant im Zimmer stört, zu den Jägern laufen. Die sind nicht nett. Ziemlich rabiate Knarrenschwinger. Und gut besucht von Nazis. Aber wer treibt die Leute zu den rabiaten Knarrenschwingern? Wieder eine Bemerkung unterhalb des Genieniveaus: Es sind die Regierenden, die um ein Thema herum, das immer mehr Wählern unter den Nägeln brennt, blinde Kuh spielen. Die Regierenden, die sich in ihrer hübschen grün und rot blühenden Kindergartenwelt, nicht von hässlichen Realitäten stören lassen.

Da beißt sich die Katze in den Schwanz

Es reicht schon, dass man sich mit dem Krieg in der Ukraine herumplagen muss, wo man früher doch so viel vom lieben Putin gehalten hat. Und da soll man sich auch noch um die Islamisten kümmern, die sich daheim breit gemacht und zum Elefanten ausgewachsen haben? Abschied nehmen vom Traum einer idyllischen Multikulti-Welt? Zugeben, dass man sich da auch eine Menge hässlicher Leute eingeladen hat? Das tut doch alles zu weh. Dann lieber hochmütig und rechthaberisch zuschauen, wie die Wähler weglaufen. Auch zu Leuten, die man nicht ausstehen kann. Und dann? Ordentlich das Publikum beschimpfen. Das tut der reinen Seele gut. Hier also zusammenfassend der Schuldverlauf: Eine Regierung, die die Sorgen der Menschen ignoriert, weil sie alles besser weiß und sich moralisch überlegen fühlt, macht eine Partei stark, die zu Recht dem Zentralrat der Juden Sorgen macht.

Und da beißt sich die Katze in den Schwanz. Die besorgniserregende Partei ist auch so stark, weil man lauter Leute im Lande duldet, die zwar keine Neonazis sind, aber ganz ordinäre moslemische Judenhasser. Diese moslemischen Judenhasser, die durchaus als Volksverhetzer bestraft werden könnten, wenn man denn so gestimmt wäre, sind für die Juden in unserem Land inzwischen die größere Gefahr als die teutschen Neonazis, die sich auch in der AfD tummeln.

Die mit dem Antifa- oder Palästinensertuch um Kopf und Nacken sind es vor allem, die den Juden auf der Straße, auf dem Weg zur Uni und zur Synagoge, das Leben schwer machen. Wenn man die los würde, wäre man schon einen großen Teil des Judenhasses los. Und – das ist der Witz – auch die AfD wäre dann eine Nummer kleiner. Aber weil man die nicht los wird, wenden sich so viele Leute von der „Flasche-leer“-Regierung ab und denen zu, die dem Zentralrat Sorgen bereiten. Mindestens so viele Sorgen sollten dem Zentralrat die Judenhasser mit Palästinensertuch machen, deren hartnäckige Anwesenheit in Deutschland wiederum die AfD stark macht. 

 

Rainer Bonhorstgeboren 1942 in Nürnberg, arbeitete als Korrespondent der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ) in London und Washington. Von 1994 bis 2009 war er Chefredakteur der Augsburger Allgemeinen Zeitung.   

Foto: https://lccn.loc.gov/2012645622

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L. Luhmann / 11.06.2024

“Ok, der Zentralrat der Juden ist, wie man liest, besorgt über das starke Abschneiden der AfD bei der Europawahl.” - Nun, das ist alles überhaupt nicht schlimm, denn damals bei der Beschneidungsdebatte, haben die Juden vom Zentralrat ganz famos mit den Mohammedanern kooperiert. Das lief alles wie geschmiert!

Wilhelm Rommel / 11.06.2024

Danke, verehrter Herr Bonhorst, für das wundervolle Stück Prosa! Und wenn das - private - Gespräch mit jüdischen Freunden auf den von Ihnen so plastisch beschriebenen Dickhäuter und das Verhalten des Zentralrats kommt: Bei vielen gibt’s nur noch müdes Abwinken; andere hingegen merken nicht, dass sie längst als ‘Frösche im Kochtopf’ herhalten müssen…

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