Thomas Rietzschel / 17.06.2019 / 10:15 / Foto: Jamie McCaffrey / 79 / Seite ausdrucken

Der Wolf gehört zu Deutschland

Wozu wieder Wölfe im deutschen Märchenwald? Dem grünen Rotkäppchen wird das scheue Tier kaum begegnen, um sich beobachten zu lassen. Damit, dass ihm der gefräßige Räuber, als Großmutter verkleidet, im Bett der verschlungenen Oma auflauert, ist nicht zu rechnen. Der finstere Isegrim hat eine feine Zunge. Am liebsten labt er sich an fetten Hammeln und zartem Lammfleisch im Frühjahr. 

Knurrt ihm der Magen, schleicht er sich auf die Weiden. Dort läuft ihm vor die Schnauze, was er im Wald aufspüren müsste. Warum sollte er sich da die Lunge aus dem Leib hecheln, um einem flinken Reh nachzusetzen, sich gar auf den Kampf mit einem ausgewachsenen Hirsch einlassen. Dass mit aufgebrachten Keilern oder rasenden Wildsäuen nicht gut Kirschen essen ist, weiß der einsame Wolf nur zu gut. Als Klügerer trollt er sich still und leise vor der Horde der Schwarzkittel. Das biologische Gleichgewicht des Waldes geht ihm am Schwanz vorbei. Wer das Gegenteil annimmt, ist dümmer, als der Wolf erlaubt. 

Als ich vor Jahren einmal mit einem Jäger durch die Karpaten streifte, nur bewaffnet mit dem Notizblock des Journalisten, liefen uns zwar Bären über den Weg, aber kein einziger Wolf. „Noch schärfer als seine Zähne ist sein Verstand“, erklärte mir der erfahrene Waidmann. Lasse er sich überhaupt blicken, dann immer so, dass die Verfolger nicht zum Schuss kommen könnten. Der Mensch müsse sich damit abfinden, von dem Tier zum Narren gehalten zu werden.

Die Rudel wachsen

Doch selbst diese Mühe kann sich der Wolf sparen, ist er erst einmal in Deutschland angekommen. Darf er doch darauf zählen, dass es hier nicht an närrischen Beamten fehlt, die ihre schützende Hand über ihn halten. Per Gesetz haben sie die Wolfsjagd verboten. Die Tiere sollen sich unbedroht vermehren können. Der Erfolg dieser Politik spricht für sich. Die Rudel wachsen zusehends. 73 Rudel – mit über 1.000 Tieren – gibt es schon wieder.  

Wie Christian Wulff einst erklärte, „der Islam gehört zu Deutschland“, so erklärte die Grüne Priska Hinz, Hessens Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz am 12.6.2019 im Landtag: „Der Wolf ist in Hessen keine Besonderheit mehr, er gehört dazu.“ Dass er gelegentlich das eine oder andere Schaf, mitunter gleich mehrere auf einmal niedermache, sei ihm nicht vorzuhalten. Vielmehr müssten sich die Schäfer den Vorwurf gefallen lassen, ihre Herden nicht ausreichend zu schützen, dem Raubtier das Futter vor die Nase zu halten. Denn: „Die meisten Nutztiere werden gerissen, wenn eine Weide nicht fachgerecht gesichert ist.“ 

Die Wölfe und die Narren

Da können die Hirten wohl noch einiges von der studierten Kindergärtnerin im Ministerrang lernen. 31 Euro pro Hektar sollen sie als „Herdenschutzprämie Plus“ jetzt bekommen, um Elektrozäune von mindestens 90 cm oder Festzäune von 120 cm Höhe zu errichten. Für den Wolf kaum mehr als eine sportliche Herausforderung, eine Trainingseinheit, die zur Stärkung der Rasse beiträgt. Erhalten bleibt das Prinzip der landwirtschaftlichen Fütterung der Raubtiere. Jeder Wolf, der es schafft, in Deutschland einzuwandern, darf sich glücklich schätzen. Nirgends ist er sicherer als in der infantilen Ökogesellschaft, unter den Narren, die sich in ihren klimatisierten Amtstuben zurück in die Welt von gestern träumen. 

Und die Schäfer, was wird aus ihrem Erwerb? Für die Ministerin Priska Hinz ist das keine Frage. Schließlich werde den „Weidetierhalterinnen und -haltern“ der erlittene Schaden durch den Staat ersetzt. Die Kosten, die das verursacht, seien Peanuts, zu vernachlässigen, wenn wir uns nur in den Illusion wiegen dürfen, bald wieder einen Märchenwald vor der Tür zu haben wie Rotkäppchen ehedem.

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Leserpost

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Sandy Bauer / 17.06.2019

@Karsten Krystofiak : Mufflons sind keine einheimischen Wildschafe. Sie kamen auch nicht freiwillig aus dem Mittelmeerraum hierher. Deshalb fehlt ihnen das entsprechende Fluchtverhalten. Aber sie fressen auch keine Rotkäppchen, deshalb werden sie wohl als Schafe mit Mikrationhintergrund akzeptiert.

Dr. Ralph Buitoni / 17.06.2019

An die Ahnungslosen hier - vor allem aus der Damenwelt: die Wölfe in Deutschland agieren keineswegs als “Ärzte im Wald”, sondern als privilegierte Gäste an einem reichgedeckten Buffet - die ignorieren selbst kranke Wildschweine gerne, wenn nebenan die saftigen Lämmchen der harmlosen Schafsherde locken. Auf der Koppel der Schafe kann der Wolf auch risikolos seinen Spieltrieb ausleben, und mal eben so ein Dutzend Schafe reißen - nicht weil er die fressen will, sondern aus Spaß am Jagen und Töten. Das ist einfach sein Instinkt, den übrigens noch jeder Hundebesitzer (und Katzenbesitzerinnen!) beobachten kann, wenn sein Wauwauchen irgendwelchen weglaufenden Menschen oder Dingen (Bällen) nachrennt. In der Wildnis macht das kein Wolf, denn einen Elch jagt man nicht zum Spaß. Das ist zu gefährlich. Ja, nature is a bitch, wie man auch an Orcas beobachten kann, die einfach mal so zum Vergnügen mit jungen Robbenbabies in Strandnähe Fußball spielen. Übrigens laufen gerade an den norddeutschen Küsten die Schafe frei und verstreut herum - und zwar aus einem guten Grund: sie grasen auf den Deichen, zu deren Erhalt und Festigung damit beitragen. Da gibt es keine Zäune und auch keinen Schutz. Im übrigen sind Weidezäune von läppischen 1-2 Metern nicht einmal eine Kraftübung für einen richtigen Wolf, den überwindet der mit Sprung aus dem Stand. Wenn´s drauf ankommt können die mit Anlauf bis zu 5 Metern hochspringen. Im brandenburgischen Michelsdorf ist ein 1,60-Meter hoher,  40 Zentimeter tief in den Boden eingegrabener sowie mit Elektrolitzen (eine davon 20 Zentimeter über dem Erdboden) gesicherter Zaun vom Wolf überwunden worden. So könnte “ein Militärobjekt beschützt sein”, schrieb die Märkische Allgemeine Zeitung. Deshalb ein Tipp: einfach mehr Jack London lesen, das ist einer dieser alten weißen Männer, die sich doch tatsächlich in echter Natur herumgetrieben haben, und nicht nur süße Tierdokus auf ARTE anguckten.

Gabriele Klein / 17.06.2019

@S.Schönfeld.  Ja, diese Lösung haben wir gesehen in Griechenland wo die Englische Touristin zerfleischt wurde. Ob von einem Wolf oder einem der Hütehunde (die sich ab und an auch mit Wölfen anfreunden anstatt vor ihnen zu schützen)  bleibt sich im Endergebnis gleich.  Eine entsprechende Reisewarnung für besagte durchaus Wolfs “berüchtigte” Gegend fand ich bis auf den heutigen Tag bei den Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes nicht…..... Zur Vorstellung was wäre, wenn ..... reicht es im allgemeinen in diesen Kreisen halt nicht, eben weil das Leben des andern im besonderen egal ist.

Jan Großterlinden / 17.06.2019

Die Entschädigungen für Wolfsrisse an Schäfer gibt es meines Wissens aber nur nach pathologischer Untersuchung der DNA des vermeintlichen Wolfes und der daraus resultierenden Bestätigung. Wenn es sich, wie so oft, nicht um einen reinrassigen Wolf, sondern um einen Mischling handelte, der die Schafe übrigens auf recht unromantische Weise meuchelte, gibt es nichts von Frau Kindergärtnerin mit Diplom, sondern nur die Rechnung der Pathologie.

Gabriele Klein / 17.06.2019

Danke für diesen wichtigen Beitrag. Meine Frage wäre wer geht auf die Pirsch, wenn sich rumspricht dass der Wolf, wer hätts gedacht, ein Raubtier ist der auch Menschenfleisch nicht verachtet. Wenn sich herausstellt,, dass das mit dem Rotkäppchen stimmt und der Zoodirektor der seine Wölfe einfriedet das aus genau dem gleichen Grunde tut aus dem Rotkäppchen einst vom Wege nicht abweichen sollte? Die 400 Wölfe die sich auf Grund von Nahrungsmangel zum Super Rudel zusammenschlossen (siehe Daily Telegraph 6.1.2013 um, vor ein paar Jahren ein russisches Dorf zu umzingelten dürften sichtbar gewesen sein für die Hubschrauber aus denen man sie am Ende abschießen ließ. Wie aber verhält es sich mit den hessischen Wäldern wenn es selbst für einen, zwei oder 20 Jäger zu gefährlich wird auf die Pirsch zu gehen. Denn bei einem Rudel von 7 nützen ein paar Jäger mit Knarre leider noch lange nichts…. Kann man Wölfe im Wald vom Hubschrauber aus sichten? Ich glaube nicht, denn sonst wären sämtliche Polizeitrupps die Wälder durchkämmen bei Fahndungen überflüssig…..  Auch hier fehlt nicht nur die Empathie seitens jener Ideologen bei denen der Werte eines Menschenlebens zur statistisch vernachlässigbaren Größe verkommt. Nein es fehlt auch die Fähigkeit zur Hypothese um das was unmittelbar noch nicht ist aber sein könnte auf seine Folgen, sprich logisch in einem Akt der Abstraktion zu prüfen ehe es KONKRET eintritt. Die Frage, (verbunden mit einer Probe), ob die Gleichung bei der “ermittelten” Lösung auch tatsächlich aufgehen würde interessiert den pubertären Ideologen so wenig wie die doppelte Buchführung wenn es gilt die Natur verlustfrei für den Menschen (pardon, ich meine natürlich den Planeten ) zu verwalten.

Max Anders / 17.06.2019

Herr Rietzschel, ich schätze ihre Artikel wirklich sehr, aber manchmal sollte man die Finger von den Sachen lassen, von denen man wenig Ahnung oder nur Halbwissen hat. Zumal der Wolf nach Deutschland gehört. Was auch in jahrtausendalter Symbolik keltisch-germanischer Kulturen zum Ausdruck manifestiert ist. Und so wie sich Handwerker, Dienstleister, Arbeiter an geänderte Rahmenbedingungen anpassen müssen, kann man das von den Weidetierhaltern ebenso verlangen. Wo ist das Problem? Wir verballern AberMillionen für Umplanungen bei Streckenführungen und für Wanderwege für Kröten und Fledermäuse und wollen an der Weidetierpräention sparen und stattdessen den einzigen Predator wieder verjagen? Sachsen, Brandenburg und Niedersachsen haben die höchste Wolfsdichte in Deutschland. Und ich weiß wie es sich anfühlt, da meine heimatliche Wolfs-Population im Radius von 20 km gut 80 Tiere beträgt. Eine Wolfssichtung ist und bleibt auch hier eine Rarität. Hessen hat noch kein wirkliches Wolfsproblem. Tut mir leid, ich kann mit dieser Schafshalterpolemik nichts anfangen. Die sollen den Finger ziehen und sich auf die geänderte Situation einstellen, immerhin gehts denen so gut, daß die die Schutzmaßnahmen gefördert und Risse entschädigt bekommen. In Sachen wirtschaftlicher Schaden sollten wir erstmal mit dem Finger auf die hausgemachten Unsinnigkeiten zeigen, welche der Mittelstand und die Bevölkerung in Form von verboten, verordnungen und “Umlagen” alleine schlucken muß, bevor wir dem Wolf zugunsten der jammernden Schäfer auf den Pelz rücken.

S.Niemeyer / 17.06.2019

Herdenschutzhunde sind in anderen Ländern geschätzt und üblich, sie schützen auch vor menschlichen Attacken. Der Artikel ist sehr flach, enthält maximal Halbwahrheiten, und ist ein billiger Trigger.

Gereon K. Stupp / 17.06.2019

Getz’ versteh’ ich nu’garnix mehr. Gestern hieß es, die hessischen Grünen rissen im Märchen- eh Reinhardtswald die Böume aus, um an deren Stelle Ventilatoren und Singsangvögelzwischenbeschleuniger aufzustellen und nu soll sich der arme Wolf ausschließlich von Fastfood ernähren? Da wird er bald so fett sein, daß er tatsächlich nicht mehr über den Kaninchendrahtzaun kommt. Vermutlich wird er dann in der nöchsten barrierefreien Dönerbude aufschlagen und Dürüm mit alles bestellen. Die AfD zöge es sicher vor, wenn er seinerseis Achmet ohne alles vorzöge. Allein, warum sollte der Wolf etwas tun was den Rrräächten nutzt. Ihm ist selber doch am liebsten, wenn den Braunbären von hinten sieht. Weshalb letzterer wohl auch nicht angesiedelt werden soll. Naja was soll’s, ich wohne in der Stadt und falls ich Isegrimm ‘mal beim Kurden treffe, werde ich ihn herzlich von Ihnen grüßen.

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