Matthias Heitmann, Gastautor / 26.05.2017 / 15:00 / 4 / Seite ausdrucken

Der Wochen-Wahnsinn: Wütend, was denn sonst?

In ihrer Radio-Kolumne „Der WochenWahnsinn“ gehen Achse-Autor Matthias Heitmann und Antenne Frankfurt-Moderator Tim Lauth jede Woche auf Zeitgeisterjagd. Seit Jahresbeginn ist der WochenWahnsinn nun auch auf der Achse zu hören und zu lesen.

In dieser Woche diskutieren Antenne-Frankfurt-Moderator Tim Lauth und Zeitgeisterjäger Matthias Heitmann neben dem anstehenden Pokalfinale auch über die verordnete Emotionslosigkeit und den fehlenden Widerstandsgeist im Angesicht des Terrors. Zum Anhören geht es hier entlang.

Tim Lauth: Matthias, und wieder gibt es mehr Themen, als wir hier abdecken können. Daher kurz und knapp: Was hältst Du vom Wahlprogramm der SPD?

Matthias Heitmann: Martin Schulz sagt, es sei das beste Wahlprogramm seit Willy Brandt. Man fragt sich, was dazwischen wohl gewesen ist. Es ist fast komisch, dass Schulz die Messlatte für Fortschritt in 50 Jahre alten Programmen sieht. Wenn irgendetwas in dieser Partei Zukunftsmusik ist, dann wohl die eigene Kanzlerschaft.

Lauth: Okay, was gab es noch an Themen? Da war der Terroranschlag von Manchester…

Heitmann: Jeder weitere Anschlag macht mich nur noch wütender – auf diese barbarischen Terroristen, aber auch auf unsere Politiker, denen nichts Besseres einfällt, als wegen irgendwelcher Hassbotschaften im Internet unsere Freiheitsrechte zu beschneiden. Ganz so, als sei unsere Wut auf diese Schlächter das Problem, als seien wir das Problem. Wenn Menschen nach der Ermordung von 20 Jugendlichen auf einem Pop-Konzert nicht wütend und auch hasserfüllt sind, wann denn dann? Es ist kein Verbrechen, diese Terroristen zu hassen! Ich kann es nicht mehr hören, wenn Politiker bei jedem Anschlag ihre Fassungslosigkeit beteuern. Wir brauchen endlich mutige und auch wütende Strategien gegen den Terror und keine überforderten Angstprediger oder Anpassler. Der Einsatz für unsere Freiheit muss hier, jetzt und heute beginnen. Doch mit Politikern, die lieber uns den Mund verbieten als sich den Feinden der Freiheit entgegenzustellen, wird das wohl nix werden …

Lauth: Nix werden ist eine, nun ja, schwierige Überleitung, aber ich wage es dennoch: Du warst ja auch 2006 in Berlin dabei, als unsere Eintracht zuletzt im DFB-Pokalfinale stand – und es nix wurde mit dem Pokalsieg. Wie siehst Du dieses Mal die Chancen?

Heitmann: Wir hatten ja kürzlich den 25. Jahrestag der vergeigten Meisterschaft in Rostock. Damals war sich jeder sicher, dass wir es schaffen. Am Samstag sind die Chancen deutlich geringer als damals. Also müsste es nach Eintracht-Logik dieses Mal klappen. Außerdem kennst Du ja mein Motto: „Es ist absolut vernünftig, ein extremer Optimist zu sein.“ Und wenn am Samstag alles glatt geht, dann nehmen wir den Bayern im August auch noch den Supercup ab und holen das Double!

Lauth: Na, das klingt nach einem guten Plan! Und die Eintrachtfans werden wohl auch lauter sein als die Besucher des Kirchentags, der ja ebenfalls in Berlin stattfindet. Ein Treffen der Religionen, könnte man sagen, oder? Ist der Fußball, oder besser, ist die Eintracht aus Deiner Sicht eine Religion?

Heitmann: Für viele spielt Fußball bestimmt eine ähnliche Rolle. Und einige sind auch ähnlich fanatisch. Ich hoffe, dass sich unsere Mannschaft davon nicht beeinflussen lässt. Die Spieler sollten es eher so sehen: Nirgendwo kannst Du so leicht unsterblich werden wie im Fußball. Ein Sieg am Samstag, und das Thema ist durch. Auf geht’s!

Alte Folgen des WochenWahnsinns finden sich hier.

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Leserpost

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M. Haumann / 27.05.2017

Richtig wütend wurde auch ich, als bei einer Gedenkminute in Manchester die Menge “spontan” ausgerechnet den Song “Don´t look back in anger” anstimmte. Da werden ihre Kinder abgeschlachtet und sie wollen bloss nicht zornig werden? Wann werden sie denn ein bisschen sauer, vielleicht wenn eine Atombombe fällt? Diese Szene war gruselig symbolträchtig für das, was mit Europas Gehirnen nicht stimmt. Wenn einer Gesellschaft ihre Schutzlosesten und gleichzeitig ihre Zukunft brutalst genommen werden und das Wichtigste für sie ist, keine Wut darüber zu empfinden, hat sie sich aufgegeben. Restlos und endgültig.

S. Barth / 27.05.2017

Ein Wunder, dass so mutige Sätze im öffentlichen Rundfunk gesagt werden dürfen ....

Wilfried Cremer / 27.05.2017

Das Dilemma ist: Jeder weiß, das es diese Anschläge ohne den Islam nicht gäbe. Andererseits darf man keine Religion insgesamt verurteilen, es sei denn, man schafft die Obergrenze für die Größe von Irrtümern ab.

Wolfgang Kaufmann / 26.05.2017

„mutige und auch wütende Strategien gegen den Terror “ – Das wird mit den unterwürfigen linken Wählerinnen nicht zu machen sein; Konflikte sind ja sowas von unweiblich… Sie schauen lieber, welche Männer künftig die Macht ergreifen und dienen sich an.  Laut jüngster Pew Umfrage sollen 62% der deutschen Frauen es ablehnen, einem angegriffenen NATO-Partner militärisch zu Hilfe zu kommen.

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