Anabel Schunke / 04.07.2018 / 06:15 / Foto: Anabel Schunke / 51 / Seite ausdrucken

Der weibliche Selbstbetrug

Vor einigen Monaten lernte ich einen gut aussehenden jungen Mann kennen. Er war Medizinstudent und stammte ursprünglich aus Israel. Meine daran anknüpftende Frage, ob er jüdischen Glaubens sei, verneinte er. Er sei „als Moslem geboren“. Religion spiele jedoch keine Rolle für ihn. Sein Deutsch war ausgezeichnet. Auf das Thema Herkunft kamen wir nur, weil er es für notwendig hielt, mich darüber in Kenntnis zu setzen, dass er „Ausländer“ sei. 

Ich war darüber ein wenig irritiert, weil es mich für gewöhnlich nicht sonderlich interessiert, woher jemand kommt, so lange er nett ist. Davon abgesehen, dass er optisch genauso gut als Deutscher durchgegangen wäre, hätte ich ihn auch nicht gefragt, woher er kommt, wenn er arabisch ausgesehen hätte. So eine Information ergibt sich im Gespräch, oder eben nicht, und ob ich mich mit einem fundamentalistischen Moslem unterhalte, merke ich für gewöhnlich auch so relativ schnell. 

Als ich deshalb nachhakte, weshalb er mir seinen „Ausländer-Status“ so unvermittelt auf’s Auge drückte, entgegnete er, dass es für viele Frauen wichtig bzw. mitunter sogar ein Problem sei, weshalb er lieber gleich mit der Tür ins Haus falle. Erneut reagierte ich etwas irritiert. Nicht nur, weil ein gut aussehender Medizinstudent Mitte 20 meines Erachtens grundsätzlich keine Probleme haben sollte, Frauen kennenzulernen, sondern auch und vor allem, weil wir doch im besten Deutschland aller Zeiten leben. Dem derzeit weltoffensten und vor allem grenzenlosesten Land der Welt. Ein Land, in dem die Willkommenskultur vor allem von Frauen bis heute hochgehalten wird. In dem vielleicht der alte weiße Mann mit seinen bösartigen Komplimenten ein Sexist ist, aber sicher nicht der Geflüchtete, der auf der Domplatte Frauen begrapscht. In dem vor allem junge Frauen den Stempel des „Rassisten“ mehr fürchten als den Verlust der eigenen Freiheit. Und nun soll es ausgerechnet diesen jungen Frauen so wichtig sein, wo ein Mann herkommt und welche Religion er hat? 

Der kollektive Toleranz-Wahn, die Sucht nach der eigenen moralischen Katharsis, die dieses Land wie kein anderes in den vergangenen Jahren erfasst hat, wurde hinlänglich beschrieben. Genauso wie der hysterische Umgang mit jenen, deren Verstand sich als immun dagegen erwiesen hat. Dennoch halte ich es an dieser Stelle für geboten, zu betonen, dass es vor allem junge, nicht selten akademisch gebildete Frauen meiner Generation sind, die sich in Bezug auf „Abweichler“ als besonders hysterisch und ideologisch indoktriniert erweisen. Jedenfalls wurde ich in den letzten drei Jahren von niemandem auf verblödetere Art und Weise als Nazi gebrandmarkt als von anderen, nicht selten politisch vollkommen ahnungslosen jungen Frauen.

Ästhetische „Burkinis für alle“

Zugleich sind es ausgerechnet jene Hüterinnen der guten Moral, deren Leben zumeist die größte Diskrepanz zwischen Wunsch und Wirklichkeit im eigenen Handeln aufweist. Niemand betrügt sich und die Gesellschaft mehr, wenn es um das Thema Migration und kulturelle Toleranz geht, als diese jungen Frauen. Und niemand versündigt sich mehr an den kommenden Generationen von Frauen, deren Freiheit man genauso wie die eigene gerade auf dem Altar des politisch korrekten Zwanges opfert. Dabei treten sie nicht als Urheber der kulturrelativistischen Ideologie auf, aber immer als nützlicher Idiot, wenn es um ihre Verbreitung und den damit einhergehenden Ausbau der Schweigespirale geht. 

Und dennoch besteht, anders als bei den Ideolog_innen, die sich selbst jedwede natürlichen Schutzmechanismen erfolgreich abtrainiert haben und vor lauter Hass auf den eigenen Körper und alles Ästhetische „Burkinis für alle“ in der ZEIT fordern, bei diesen jungen Frauen noch Hoffnung. Die natürlichen Instinkte funktionieren noch.

Denn kaum etwas hat sich als immuner gegen die auferlegte Political Correctness erwiesen als die Parameter, nach denen wir unsere Partner aussuchen. Dating-Apps wie Tinder belegen, was ohnehin immer klar war: Wir sind, trotz emsiger Bestrebungen linker Ideologen, immer noch oberflächlich. Der Typ mit dem Sixpack hat bessere Chancen als der Lauch. Die dünne Frau mehr Erfolg als die Dicke. Der Unternehmer ist beliebter als der Arbeitslose und der Deutsche anscheinend nach den jüngsten kulturellen Verwerfungen bei vielen Frauen wieder höher im Kurs als der muslimische Einwanderer. Oder wieso sonst sehen sich junge Männer mit südländischem Erscheinungsbild seit etwa zweieinhalb Jahren vermehrt gezwungen, auf ihrem Profil zu vermerken, dass sie “keine Flüchtlinge“ sind, und wieso sonst meinte der hübsche Medizinstudent, er müsse mich darauf hinweisen, dass er „Ausländer“ ist? 

Es zeigt sich: Dort, wo sich unser Verhalten der öffentlichen Bewertung entzieht, wo wir uns unbeobachtet fühlen, sind die meisten Dörtes dieser Welt immer noch genau solche „politisch inkorrekten Nazis“ wie du und ich. Nicht selten – und das ist das Absurde – sind sie sogar noch schlimmer. Es zeigt die ganze Verlogenheit eines politischen Wunschtraums, der ob der realen Ereignisse in Form der vielen kulturell bedingten Übergriffe auf Frauen in diesem Land, für immer mehr Menschen – selbst bei gutem Willen – nicht mehr umsetzbar ist.

Jedes Mal, wenn wir die Straßenseite wechseln

Die Diskrepanz zwischen dem, wie man gerne handeln würde und wie man mittlerweile tatsächlich handelt, wird bei uns Frauen weiter ansteigen. Jedes Mal, wenn wir die Straßenseite wechseln, wenn eine Gruppe arabisch aussehender Jungs um die Ecke kommt, wenn wir bei Tinder Mohammed und Ali wegwischen oder unsere Tasche fester an uns ziehen, wenn uns ein farbiger Mann entgegenkommt, werden wir das Scheitern der eigenen Ideale ein bisschen mehr spüren. Bis die eigene Verlogenheit, der Selbstbetrug, unerträglich wird. 

Eine Politik, die an der Grenze nicht mehr differenziert, wird eine Gesellschaft erschaffen, die aus Selbstschutz fortan genauso wenig differenziert. Nicht zu pauschalisieren ist ein Luxus, den man sich nur so lange leisten kann, wie die Politik für Recht und Ordnung sorgt. Und so ist es ausgerechnet die linke Asylpolitik der Kanzlerin, die das Land nicht offener und toleranter, sondern misstrauischer und rassistischer gemacht hat.

Der Zwang des politisch Korrekten, verbunden mit der Gefall- und Harmoniesucht vieler junger Frauen, vermag es aktuell, diese Diskrepanz noch zu verdecken. Aber auch das ist nur eine Frage der Zeit. Das Verhalten vieler junger Frauen hinter den Kulissen des gratismutigen Schaukampfes gegen Rechts zeigt längst, wohin die Reise geht. 

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Andreas Rochow / 04.07.2018

Es ist die entsetzliche,  ja ziemlich ekelhafte Feigheit, die nicht nur Frauen, sondern auch Männer zuhauf davon abhält, das Eigene - und dazu gehört auch die eigene Meinung - zu verteidigen. Ja es gibt nicht wenige Männer, die fürchten, von der Teilhabe am Merkelfilz ausgeschlossen zu werden, und sich deshalb jeglicher Kritik enthalten. Und es werden immer mehr: Redakteure im öffentlich rechtlichen Rundfunk, Funktionäre in abertausend Instituten, Vereinen und Stiftungen, Abteilungsleiter in Unternehmen und Ministerien, Professoren, Pastoren, Aktivisten des EEG und der Integrations- und Beherbergungsindustrie! Nein, es ist mitnichten weibliches Pseudogutmenschentum allein, das die Situation so herdenhaft epidemisch erscheinen lässt. Es ist die mit dem Merkelfilz auf psychologisch perfide Weise verbundene Möglichkeit, seiner Bequemlichkeit, seiner Denkfaulheit (= gefährlichen Dummheit), seinem Eigennutz und seiner Feigheit den Anschein des Altruismus und der aufopfernden Nächstenliebe zu geben. Merkels Gesinnungsmarkt (Geld gegen “rechts”) übt eine große Anziehungskraft (auch) auf Männer und männliche Jugendliche aus!

Frances Johnson / 04.07.2018

Wer, wie meine Tochter, 2015 von drei Männern verfolgt wurde, dabei zweimal die Straßenseite wechselte, was die Verfolger dann auch machten und sich schließlich mitten in den Verkehr stellte, um Aufmerksamkeit zu erzeugen, ja, den Autoverkehr gar als das kleinere Übel betrachtete, weiß von Beginn an, was hier abging. Wir erübrigt sich. Es gab die naiveren Damen mit inzwischen weitgehend erschöpftem Helfertrieb, die Skeptikerinnen und die mit einschlägigen Erfahrungen, auch in Schwimmbädern, die selten ins Fernsehen geladen wurden, warum wohl. Inzwischen ist das Trugbild zerborsten, am meisten durch den Fall Susanna Feldman mit ungehinderter Ausreise des Täters, der offenbar auf Elf- bis Vierzehnjährige spezialisiert ist. Die Grünen hatten bekanntlich nie ein Problem mit der sexuellen Verwertung dieser Altersgruppe, weswegen sie auch immer noch feste hinter der Jungmännerinvasion stehen. Die geplante Fragmentierung von Europa (Eisleben) für kurzfristige Gewinne supranationaler Konzerne wird letztlich an den Versicherungskosten scheitern. Man muss nur überlegen, was der Grund ist, aus dem zu wenig in den instabilen Staaten Afrikas investiert wurde.

G. Langsax / 04.07.2018

Sehr geehrte Frau Schunke, ist es wirklich “rassistisch”, wenn Deutsche sich in Deutschland gegen die Flutung des Landes durch (kultur)fremde Menschen auflehnen und diese Einwanderung ablehnen und sogar bekämpfen? Was ist daran “rassistisch”, wenn man seine eigenen Ressourcen gegen fremden Zugriff verteidigt? Wir Deutschen rauben niemanden etwas, wir werden beraubt! Der Widerstand dagegen ist nicht “Rassistisch”! Das wollen uns nur die Leute einreden, die das deutsche Volk zum Plündern und Brandschatzen freigegeben haben!

Uwe Schäfer / 04.07.2018

Ja, es ist schon seltsam, dass verordnete Ideologie oft das Gegenteil bewirkt. Bei selbst denkenden und erfahreneren Menschen früher, bei nützlichen Idioten oft erst, wenn der Untergang unvermeidlich ist. Das war in den zwei anderen Diktaturen auf deutschem Boden genau so.

Mike Loewe / 04.07.2018

Der Artikel ist sehr optimistisch. Wenn ich die vielen ethnisch gemischten Pärchen in deutschen Innenstädten flanieren sehe, bin ich nicht so optimistisch. Natürlich immer sie deutsch aussehend, er arabisch, nie umgekehrt. In den Ikea-Katalogen der letzten Jahrzehnte rekeln sich auf den Möbeln häufig ethnisch gemischte Familien. Vermutlich sieht es in Frauenzeitschriften, die ja häufig aus denselben Verlagsgruppen stammen wie die Qualitätsmedien,  ähnlich aus, und es tut seine Wirkung. Jedenfalls scheinen sich sehr viele emanzipierte Frauen den “ethnischen” Mann gewissermaßen als modisches Lifestyle-Accessoire zu gönnen, das man gern in der Öffentlichkeit vorführt. Deshalb bin ich leider nicht so optimistisch wie der Artikel.

B.Kröger / 04.07.2018

Jeder hat das Recht Erfahrungen zu machen und zu lernen. Daher ist das “wir” von Frau Schunke völlig in Ordnung. Ich finde ihren Beitrag wieder sehr gut, da er die ganze weibliche Heuchelei aufdeckt.

Marcel Seiler / 04.07.2018

“Eine Politik, die an der Grenze nicht mehr differenziert, wird eine Gesellschaft erschaffen, die aus Selbstschutz fortan genauso wenig differenziert.” Will die Autorin das wirklich sagen? Will sie nicht sagen: “...wird eine Gesellschaft erschaffen, die aus Selbstschutz fortan sehr, sehr genau differenzieren muss?” Denn das ist doch die Quintessenz: Wenn an den Grenzen nicht differenziert wird, steigt die Diskriminierung im Innern stark an: aus reinem Selbstschutz.

Quentin Quencher / 04.07.2018

Das Andere, das Exotische, wirkt mitunter sehr anziehend, weckt nicht selten erotische Gefühle. Das ist wohl bei Männer und bei Frauen nicht sehr verschieden. Dann wenn es aber darum geht eine richtige Partnerschaft zu entwickeln, mit zumindest partieller gemeinsamer Gefühlswelt und gemeinsamen Zukunftsvisionen, dann ist oft schnell Schluss mit der Erotik und die verschiedensten Konflikte tun sich auf. Dies betrifft natürlich nicht nur Partnerschaften, sondern auch das Zusammenleben im weitesten Sinn, also die Gesellschaft. Das Andere, das Exotische, verliert auch hier schnell die Zuneigung, wenn es um persönliche Lebensplanung geht.

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