Der UN-Zukunftspakt für die “globale Transformation”

Bei diesem UN-Zukunftspakt, der im September beschlossen werden soll, ist Deutschland selbstverständlich federführend.

Wussten Sie, dass Deutschland gemeinsam mit Namibia die Verhandlungen für den Zukunftsgipfel der Vereinten Nationen leitet, der am 22. und 23. September in New York stattfindet? Bereits am 26. Januar dieses Jahres veröffentlichten Antje Leendertse als Ständige Vertreterin Deutschlands bei den Vereinten Nationen und Neville Melvin Gertze als Vertreter Namibias den ersten Entwurf für den sogenannten Zukunftspakt, den die Staats- und Regierungschefs dort verabschieden sollen.

Der Entwurf umfasst in der Erstfassung insgesamt 148 Punkte und ist vorausschauend auf den 22. September 2024 datiert. Mittlerweile existiert auch ein 242 Seiten umfassendes kommentiertes Dokument, in das die Stellungnahmen der Mitgliedstaaten eingeflossen sind. Aber auch weitere Interessenträger wie etwa eine NGO-Vertretung, die Business and Industry Major Group oder die LGBTI Stakeholder Group wurden angehört. Die neueste Version des Entwurfs stammt vom 17. Juli. Alle bisherigen Entwürfe sind auf der UN-Webseite eingestellt. Wer möchte, kann die ursprüngliche und die jetzige Version also im Detail miteinander vergleichen.

Der augenfälligste Unterschied zwischen der aktuellen und der Erstfassung besteht darin, dass im überarbeiteten Entwurf nun 58 „Actions“, also Maßnahmen, formuliert sind. Action 53 lautet beispielsweise: „Wir werden die Reform der internationalen Finanzarchitektur beschleunigen, damit sie die Herausforderung des Klimawandels bewältigen kann.“ Der Zukunftspakt orientiert sich generell an den Nachhaltigkeitszielen der Agenda 2030, die von den Vereinten Nationen 2015 beschlossen wurde und einen vollständigen Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft mit dem Ziel der Klimaneutralität vorsieht. 

In der Einleitung wird entsprechend festgestellt, dass sich die Länder der Welt in einer tiefgreifenden globalen Transformation befänden und mit einer wachsenden Zahl von katastrophalen und existenziellen Risiken konfrontiert seien. Damit die Transformation gelinge, müsse das multilaterale System – mit den Vereinten Nationen im Zentrum – gestärkt werden. Wörtlich heißt es: „Wir bekräftigen unser dauerhaftes Engagement für die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung. Wir werden die Fortschritte bei der Verwirklichung der Ziele unverzüglich beschleunigen, unter anderem durch konkrete politische Schritte und eine angemessene Finanzierung.“ Und weiter: „Wir sind uns bewusst, dass eine nachhaltige Entwicklung nur dann gewährleistet werden kann, wenn es uns gelingt, die globalen CO2-Emissionen drastisch zu verringern, um den Temperaturanstieg unter 1,5 Grad Celsius zu halten, und die Entwicklungsländer bei der Anpassung an die negativen Auswirkungen des Klimawandels zu unterstützen.“

Vor allem Big Tech freut sich

Zunächst werden die Mitgliedstaaten also weiterhin auf das Klima-Narrativ eingeschworen und damit die zu ergreifenden Maßnahmen gerechtfertigt. So wird bekräftigt: „Wir erkennen an, dass das Wohlergehen heutiger und künftiger Generationen und die Nachhaltigkeit unseres Planeten von unserer Bereitschaft zum Handeln abhängen.“ Danach werden im Grunde die Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030 abgearbeitet. Die Formulierungen lassen jedoch einen weiten Interpretationsspielraum. Was ist zum Beispiel mit der Aussage gemeint: „Wir fördern gerechte, widerstandsfähige und nachhaltige Ernährungssysteme, damit alle Menschen Zugang zu sicheren, erschwinglichen und nahrhaften Lebensmitteln haben“? (Im englischen Original: „We promote equitable, resilient and sustainable agrifood systems so that everyone has access to safe, affordable and nutritious food.“) Umfassen diese Systeme auch künstliches Fleisch oder Insekten? Beides könnte durchaus im Interesse einschlägiger Konzerne stehen, jedoch nicht unbedingt im Interesse derer, denen diese Nahrungsmittel aufgedrängt würden.

Und wer sind die wahren Nutznießer einer Zusicherung wie dieser: „Wir erleichtern den Beitritt von Entwicklungsländern zur WTO und unterstützen die Liberalisierung und Förderung von Handel und Investitionen“? („We facilitate the accession of developing countries to the WTO and promote trade and investment liberalization and facilitation.“) Die Welthandelsorganisation (World Trade Organization, kurz: WTO) mit Sitz in Genf wird ja nicht ausschließlich von uneigennütziger Menschenliebe angetrieben, sondern vertritt nicht zuletzt auch die Interessen von Stiftungen und global agierenden Unternehmen. Die größten Geldgeber der WTO nach Anteil am Budget waren im Jahr 2023 übrigens die USA, China und Deutschland. 

Auch die Zusicherung, insbesondere Entwicklungsländer durch den Transfer umweltverträglicher Technologien zu unterstützen, freut wahrscheinlich vor allem Big Tech. In diese Richtung weist zudem die Ergänzung, dass in Entwicklungsländern ein für Unternehmen günstiges Umfeld geschaffen werden soll, um Investitionen des Privatsektors via öffentlich-private Partnerschaften (Public Private Partnership, kurz: PPP) zu fördern. Hier kommen dann die Entwicklungsbanken ins Spiel. Multilaterale Entwicklungsbanken sollen nämlich dafür sorgen, dass Entwicklungsländer Zugang zu angemessenen Finanzmitteln erhalten, um die Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030 zu erreichen. So soll etwa die Aufnahme von Krediten erleichtert werden, um damit Investitionen des Privatsektors freizusetzen. Auch von Schuldenerlass ist die Rede. Die ärmeren Länder sollten sich nicht zwischen ihrer wirtschaftlichen Entwicklung und der Bekämpfung des Klimawandels entscheiden müssen, wird betont. Die internationale Finanzarchitektur müsse daher die Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen und nachhaltiger Entwicklung gleichermaßen vorantreiben.

Wessen Interessen soll der Zukunftspakt tatsächlich dienen?

Unter dem Stichpunkt „Globale Politikgestaltung transformieren“ („Transforming global governance“) ist dann in Hinblick auf die politische Umsetzung zu lesen: „Wir werden die Weltordnungspolitik umgestalten und das multilaterale System stärken, damit wir eine sichere, friedliche, gerechte, gleichberechtigte, integrative, nachhaltige und wohlhabende Welt verwirklichen können.“ („We will transform global governance and strengthen the multilateral system to help us achieve a world that is safe, peaceful, just, equal, inclusive, sustainable, and prosperous.“) Dabei sollen natürlich wiederum die Vereinten Nationen eine zentrale Rolle spielen, beispielsweise  mittels verstärkten Rechenschaftspflichten und Umsetzungsmechanismen. Auch die Bedeutung der Generalversammlung als wichtigstes beratendes, politikgestaltendes und repräsentatives Organ der Vereinten Nationen soll gestärkt werden. 

Konkret soll der Generalsekretär unter anderem in den Bereichen Innovation, Datenanalyse, digitale Transformation, strategische Vorausschau und Verhaltenswissenschaften unterstützt werden. Allerdings wird bedauert, dass bislang noch nie eine Frau Generalsekretär war. Darüber hinaus soll ein „Global Digital Compact“ (also ein weltweiter Digital-Pakt) abgeschlossen werden. Schließlich sollen sich die Mitgliedstaaten im September noch zu „tiefgreifenden Reformen der internationalen Finanzarchitektur“ verpflichten, „um die Umsetzung der Agenda 2030 voranzutreiben“ und eine bessere Welt „für die Menschen und den Planeten, für heutige und künftige Generationen zu schaffen“.

Dafür soll auch der Status von zwischenstaatlichen Gremien und relevanten Interessengruppen (sprich: nicht demokratisch legitimierten global agierenden Organisationen) sowie des Privatsektors (sprich: Konzerne) und der Zivilgesellschaft (sprich: NGOs und Stiftungen) gestärkt werden. In nicht näher ausgeführten Krisensituationen müssten jedoch zentrale Notfallplattformen einberufen werden können. Dann müssten die Vereinten Nationen die Führung bei der „kooperativen, koordinierten und multidimensionalen internationalen Reaktion auf komplexe globale Schocks“ übernehmen. Spätestens hier schrillen in Erinnerung an die weltweit koordinierten Corona-Maßnahmen ein paar Alarmglocken. Die finale Version des Zukunftspakts sollte also mit Argusaugen gelesen werden. Vor allem von den Vertretern der Mitgliedstaaten, die dem Pakt im September zustimmen sollen. Eine Frage steht dabei wie der sprichwörtliche Elefant im Raum: Wessen Interessen soll der Zukunftspakt tatsächlich dienen?

 

Martina Binnig lebt in Köln und arbeitet u.a. als Musikwissenschaftlerin (Historische Musikwissenschaft). Außerdem ist sie als freie Journalistin tätig.

 

Quellen: 

Erster und aktueller Entwurf des UN-Zukunftspakts:

https://www.un.org/sites/un2.un.org/files/sotf-co-facilitators-zero-draft_pact-for-the-future.pdf

https://www.un.org/sites/un2.un.org/files/pact_for_the_future_-_rev.2_-_17_july.pdf

Foto: Montage achgut.com

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gerhard giesemann / 16.08.2024

Wenn Transformation bedeutet, “wie wollen wir leben?”, dann ist mir das egal Wenn es aber bedeutet, wie soll ich leben, dann werde ich hellwach, woke up, sozusagen. Im Geist der Kraft und der Liebe und der Zucht. Kollektive Lösungen haben immer schon ins Unglück geführt. Die Verachtung des Individubumms ist die eigentliche Transformation, befeuert vom Einbruch des Islam, gefeiert von den üblichen Verdächtigen. Halt du sie dumm, ich halt sie arm. In verbotener Kollusion. Wird aber immer mehr salonfähig. Man wappne sich.

gerhard giesemann / 16.08.2024

Action 53 lautet beispielsweise: „Wir werden die Reform der internationalen Finanzarchitektur beschleunigen, damit sie die Herausforderung des Klimawandels bewältigen kann.“ Ach was. Besser kann man gar nicht ablenken vom Eigentlichen: Erosionsprozesse Von Daniele Dell’Agli 19.01.2024. Sowohl der Diskurs über die Menschenrechte als auch der über den Klimawandel weigert sich, den Elefanten im Raum zu benennen: die Demografie. Gerade in islamischen Ländern wie Pakistan und Ägypten - aber auch etwa im Gazastreifen - hat sich die Bevölkerung in den letzten siebzig Jahren versechs- oder siebenfacht. Gerade wenn man betont, dass die Prekarisierung menschlicher Existenz heutzutage nicht erst durch politische Repression, Ausbeutung, Krieg und Bürgerkrieg, sondern schon elementar durch den Klimawandel beginnt, muss das Demografieproblem ins Zentrum einer europäischen Migrationspolitik rücken. Wenn sie weiterhin die drei Affen machen, dann setzt es jede Menge Pocken.

Rainer Hanisch / 16.08.2024

Herr Weihmann: Nee, das Wort “Pakt” ruft bei mir auch nur negative Gedanken hervor! Genau wie die vielen “Wenden”. Bis jetzt war alles nur Sch… Seit der “Wende” 1989/90 geht es nur noch bergab. Die jetzige Kaspertruppe ist die Krönung des ganzen. Aber leider besteht keine Hoffnung auf Besserung.

Klara Altmann / 16.08.2024

Das liest sich wie die mit Abstand kreativste und bestorganisierteste Form des organisierten Raub, die mir jemals begegnet ist. Ich vermute, die Mafia ist neidisch angesichts dieses Konzepts. Sie wollen gleich auf einmal unser Geld, unsere Freiheit und unsere Arbeit. Sie wollen uns offensichtlich versklaven im Namen des Klimas, dem wir dann huldigen sollen. Ich melde mich hiermit davon ab, ich eigne mich nicht zur Sklavin und schon gar nicht für solche Herren. Eine bodenlose Frechheit, in dieser Weise durch die Hintertür die Weltherrschaft anzustreben. Die UN ist seit einiger Zeit untragbar, es wird Zeit für ein anderes Gremium, das die Menschen der Welt entsprechend ihrer Bedürfnisse tatsächlich vertritt. Wir haben die UN nicht gewählt, also was maßen diese Menschen sich an, über uns bestimmen zu wollen! Mit Verlaub - ich mag keine organisierte Kriminalität, egal wie die ehrenwerte Gesellschaft sich nennen mag.

gerhard giesemann / 16.08.2024

“Transformation” und Klima-CO2-Wahn dienen nur einem: Ablenkung vom Eigentlichen, der Demografie. Simply and stupid. Kulminiert in dem Begriff “Klimaflüchtling”. Aus Gründen der Klimagerechtigkeit müssen die zu uns flüchten und wir sind verpflichtet, weil wir schließlich das Klima machen. Obwohl wir im globalen Norden mit unseren 1,5-Kind-Frauen alles richtig machen, müssten die im globalen Süden nur kopieren. Dann wäre alles gut, von Jahr zu Jahr besser, wir hätten ca. eine Milliarde Erdenbewohner weniger pro Jahrzehnt - das täte allen sehr gut. Man stelle sich vor, unsere Technik, unser Wissen, unsere Medizin und das bei vielleicht 4 bis 5 Milliarden konstant - das Paradies auf Erden. So aber ist es die Hölle. Angerichtet vom globalen Süden, die uns partout ebenfalls im Dreck sehen wollen, so wie sie. Aus Gerechtigkeit. Porca miseria.

Ilona Grimm / 16.08.2024

@Lutz Liebezeit: Ja, die Refugees sind Besatzer und nehmen sich alle Rechte von Besatzern heraus, weil sie ihnen ebenso wie jenen anderen Besatzern unseres Landes bereitwillig übergeben wurden. Wenn ich zu Fuß in meiner kleinen Stadt unterwegs bin (was immer seltener vorkommt), suche ich sofort nach einer Ausweichroute oder einem offenen Gartentor, sobald mir ein Pulk solcher Besatzer entgegenkommt. Exakt dasselbe Verhalten hat mir meine Mutter den damaligen US-Besatzungssoldaten gegenüber geschildert. Sie wollte auch mit keinem zusammentreffen, weil sie deren Absichten nicht wissen konnte. All das wird uns in allerbösester Absicht und satanischer Freude zugefügt. Ab demnächst dürfen wir auch in der Öffentlichkeit nicht mehr von „Volk“ oder „deutschem Volk“ sprechen, wie ich heute irgendwo gelesen habe. Dann wird sicher auch die rechtsextreme Inschrift am Reichstagsgebäude entfernt und das Reichstagsgebäude wird in irgendwas Wokes umbenannt, weil es ja auch keinen Reichstag gibt. Gäbe es einen, wären Reichsbürger nicht Verfolgungen ausgesetzt.

L. Luhmann / 16.08.2024

“Wessen Interessen soll der Zukunftspakt tatsächlich dienen?” - Er soll denjenigen dienen, die die Macht haben, Geld zu drucken und auch Kriege vom Zaun zu brechen, ohne dafür irgendwelche persönlichen Nachteile befürchten zu müssen. Was auch immer “die da oben” ausbaldowern, es sind immer die Bürger, die absolut alles werden ausbaden müssen.

K.Schönfeld / 16.08.2024

Drei Viertel der UNO-Mitglieder sind richtige Diktaturen, nicht so wie unsere Diktatorenlehrlinge. Und denen soll jetzt alle Macht übergeben werden. Das wird lustig.

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