Die SPD stürzt gerade ab, obwohl sie bei den nächsten Bundestagswahlen die 5-Prozent-Hürde wohl noch einmal schaffen wird. Ein Mensch, der von einer Klippe fällt, schreit einen verzweifelten Todesschrei. So schreit nun auch die verzweifelte SPD, der die Grünen, eine politische Sekte zur Verbreitung säkularer Heilslehren, den Rang als Volkspartei abgelaufen haben. Sie schreit nach einer Legalisierung der Werbung für Abtreibung, ihre Jugendorganisation fordert nun gar eine vollständige Legalisierung der Abtreibung und die Möglichkeit, bis zum 9. Schwangerschaftsmonat abzutreiben. Was hat das zu bedeuten und wie kommt man auf so etwas?
Die Abtreibung ist in Deutschland grundsätzlich illegal, laut §218a StGB in bestimmten Fällen aber straffrei, so dass seit der entsprechenden Gesetzgebung seit 1992 in Deutschland Millionen von Kindern legal abgetrieben wurden, allein im Jahr 2017 waren es 101.200. Die Abtreibung ist grundsätzlich strafbar, weil dadurch ein werdender Mensch getötet wird. Zwar ist ein Fötus vom Zeitpunkt der Zeugung an erst ab etwa der 28. Schwangerschaftswoche (Lungen funktionsfähig) ohne intensivmedizinische Maßnahmen als Frühgeburt mit guter Wahrscheinlichkeit überlebensfähig. Doch die Abtreibung widerspricht dem fünften Gebot “Du sollst nicht töten” und auch dem in Artikel 1 GG formulierten naturrechtlichen Grundsatz “Die Würde des Menschen ist unantastbar”.
Die Abtreibung eines sehr frühen Embryos – der sich noch nicht im Uterus implantiert hat – durch die Anwendung der “Pille für den Tag danach” (hochdosiertes Gestagen Levonorgestrel) oder durch den Einsatz eines Intrauterinpessars ist in ihrer Wirkung mit einem natürlichen Prozess in etwa vergleichbar, weil sich auch spontan viele Embryonen nicht implantieren und “abgehen”. Daher ist diese Art von Abtreibung straffrei. Allerdings ist die Abtreibung nach Beratung (§218a Abs. 4) sogar bis zur 22. Woche straffrei möglich. Zu diesem Zeitpunkt sind alle Organe des Fötus voll ausgebildet, bis zum eigenständigen Leben als Frühgeburt fehlen nur noch 6 Wochen. Ein solches Kind abzutreiben, bedeutet, mit Hilfe von Hormongaben eine Frühgeburt einzuleiten und das Kind zur Sicherheit mit Hilfe der Injektion einer kardioplegischen Kaliumchlorid-Lösung in die Nabelschnur durch Herzstillstand zu töten, damit es die Frühgeburt nicht überlebt. Verbleiben Teile der Leibesfrucht im Uterus, müssen diese danach noch operativ entfernt werden. Bis zur 14. Woche kann man das Kind auch einfach absaugen.
Selbstverwirklichung über alles
Die Jusos fordern nun eine Ausdehnung der straffreien Abtreibung bis in den 9. Monat. Die Vorgehensweise ist – wie oben geschildert – durch Einleitung einer Frühgeburt, allerdings wird der Geburtsvorgang für die Mutter immer extremer, und eine Tötung des überlebensfähigen Kindes ist unbedingt erforderlich.
Selbstverständlich darf es für Straftaten keine Werbung geben, daher verbietet dies §219a StGB. Die Forderung der SPD, den Paragraphen abzuschaffen, kommt daher einer Streichung von §218 sehr nahe, denn welchen Sinn macht es noch, einen Straftatbestand im StGB aufrecht zu erhalten, für den man werben darf? Man führe es sich vor Augen: Die SPD fordert wirklich, dass Werbung für einen Verstoß gegen das Gebot “Du sollst nicht töten”, einer der Säulen der menschlichen Vergesellschaftung, legalisiert wird. Und die Jusos fordern ernsthaft die Legalisierung der Kindstötung im 9. Monat.
In “Moral und Hypermoral” (1969) erläutert Arnold Gehlen, dass eine praktische Ethik sich stets aus verschiedenen Wertprinzipien zusammensetzt, die pluralistisch im Gleichgewicht zueinander stehen. Isaiah Berlin beschreibt die Gleichzeitigkeit sich teilweise widersprechender Werte wie Sicherheit, Gleichheit und Freiheit als Pluralismus (in “Two Concepts of Liberty”, 1958). Beide Denker betonen, das ethische Systeme und damit auch die Vergesellschaftung nicht funktionieren, wenn das Verhältnis der Werte aus den Fugen gerät.
Genau dies ist der SPD und den Jusos widerfahren. Denn in ihrem verzweifelten Schrei nach Aufmerksamkeit und Wählerstimmen setzen sie ganz und gar auf den Wert der Selbstverwirklichung, den sie mit der Vollendung ihres Emanzipationsprojekts gleichsetzen. Dabei verwechseln sie Selbstverwirklichung und Emanzipation mit einer Haltung, die man zutreffend als radikal-egoistisch-puristischen Sexualkonsum charakterisieren kann. Die Geschlechtspartner sollen die tiefste und schönste Form der Sexualität, die zweifellos bei der echten Kindszeugung erreicht wird, genießen, ohne die Verantwortung für den Akt der Zeugung neuen Lebens auf sich nehmen zu müssen: Genuss total ohne Verantwortung, das resultierende lebende Kind wird zum Wegwerfobjekt. Seine Biomasse kann zudem ökologisch einwandfrei entsorgt werden. Die SPD glaubt mehrheitlich, dass dies Wählern als Emanzipationsforderung plausibel erscheint und „fortschrittlich“ ist.
Dabei wird der Fundamentalsatz der Vergesellschaftung, das Tötungsverbot, einfach ignoriert. Diese Haltung ist ein sehr extremes Beispiel eines kollektiven Verlusts des pluralistischen Wertegleichgewichts. Dies ist Ausdruck einer tiefen Dekadenz und Übersättigung. Sie ist typisch für jenen Teil unserer Gesellschaft, der egoistische Individualrechte über alle anderen Werte setzt, bis hin zum Menschen als Biowegwerfmasse.