Rainer Bonhorst / 04.02.2022 / 16:00 / Foto: Tomaschoff / 17 / Seite ausdrucken

Der Stahlhelm – ein deutsches Qualitätsprodukt

Der deutsche Beitrag zur Unterstützung der Ukraine gegen die russische Bedrohung hat den Stahlhelm, ein deutsches Qualitätsprodukt, in den Mittelpunkt unserer Außenpolitik gerückt. Damit erobert die Kopfbedeckung endlich den Platz zurück, der ihr historisch, vor allem in der Außenbetrachtung Deutschlands eigentlich zusteht. Nun, da sich die erste Erregung gesetzt hat, scheint mir eine kurze Würdigung des Stahlhelms angebracht zu sein.

Deutschland war schon früh Stahlhelm-Land. Allerdings ist unser Stahlhelm nicht vom Himmel gefallen. Er hat eine exklusive Vorgeschichte in Form der Pickelhaube. Sie war über eine lange Strecke das Markenzeichen deutscher, vor allem preußischer Kampfbereitschaft und preußischen Mannesmutes. (Es tut mir leid, liebe Freundinnen des Genderns, aber es ist nun mal historisch gesichert, dass die Pickelhaube keine Frau und erst recht keine binäre Person unter sich duldete.)

Allerdings wurde die Pickelhaube eines Tages ihres Pickels beraubt, was keineswegs der gendermäßigen Angleichung geschuldet war. Vielmehr sollte eine praktischere Haube der moderneren Kriegsführung angepasst werden. Auch der pickellose Lederhelm erwies sich, da nicht hart genug, im Ersten Weltkrieg als nicht ganz zielführend. So griff man zum Stahlhelm, dem ehernen Symbol deutschen Wehrwillens.

Ähnlichkeit mit einem umgekehrten Nachttopf

Darüber hinaus bewirkte seine äußere Form, dass er den Feind, jedenfalls den englischen, in die Lage versetzte, den deutschen Soldaten und darüberhinaus auch den Deutschen schlechthin einen griffigen Spitznamen zu verpassen. Nein, ich spreche nicht vom Hunnen sondern vom Jerry. Der Jerry gehört ins vulgäre Englisch und entspricht in etwa dem deutschen Pisspott. Diese etwas unfreundliche Bezeichnung war nicht aus der Luft gegriffen, da der pickellose Stahlhelm durchaus eine gewisse Ähnlichkeit mit einem umgekehrten Nachttopf hat.

Diese Ähnlichkeit ist trotz mancher Variationen im Stahlhelm-Design bis auf den heutigen Tag erhalten geblieben und hat sich – mit gewissen Abweichungen – auch bei den Stahlhelmen anderer Nationen, einschließlich der britischen, durchgesetzt. Ein Design hat nun mal der Funktion zu folgen, und der Stahlhelm kann seine Schutzfunktion am besten in umgestülpter Topfform erfüllen. Ob man ihn darum als Nachttopf bezeichnen muss, ist eine andere Frage. Die Topfform dient ja viel häufiger kulinarischen Zwecken und nur in zweiter Linie dem Stoffwechsel.

Im Übrigen gibt es doch eine sichtbare Variationsbreite. So waren die Stahlhelme der DDR-Soldaten deutlich flacher und schmissiger geschnitten als der gemeine Bundeswehrstahlhelm. Er ergänzte vom Design her kongenial den ebenso schmissigen Stechschritt, der unter dem Osthelm zu bewundern war.

Hätte sich unsere Bundesregierung in der Stahlhelm-Lieferung an die Ukraine vergriffen und würde versehentlich die schickeren Modelle aus alten DDR-Beständen liefern, so wäre der Eklat vollkommen. Zum Glück hat man sich für das topfartige Bundeswehr-Modell entschieden, das kein Entsetzen sondern nur allgemeine Heiterkeit ausgelöst hat. 

Heiterkeit in den angespannten ukrainischen Alltag bringen

Dass nur 5.000 Helme, also eine eher bescheidene Portion, den Weg an die innerukrainische Front finden, hat mit dem Ausrüstungsnotstand der Bundeswehr zu tun. Schließlich kann niemand verlangen, dass man unseren Soldaten die Helme vom Haupt reißt, um in der Ukraine mehr Eindruck zu schinden.

Sollte die Helmlieferung allerdings zum Ziel haben, ein wenig Heiterkeit in den angespannten ukrainischen Alltag zu bringen, so hätte man leicht einen noch stärkeren Lacheffekt erzielen können. Man hätte nur die historische und klassisch preußische Variante wählen müssen: die Pickelhaube. Sollten sich von den Hauben mit Spitze – so die offizielle Beschreibung – in ihrer deutschen Urheimat nicht ausreichend viele finden lassen, so könnte man in Südamerika nachfragen, wo die Pickelhaube immer noch zu zeremoniellen Zwecken benutzt wird. 

Andererseits: Wollte man doch noch den Wunsch der Ukrainer erfüllen, wenn schon keine Waffen, so doch wenigstens 100.000 Stahlhelme von uns zu bekommen, so ließe sich das notfalls auch bewerkstelligen: Indem man die am Kopf entblößte Bundeswehr bis zum Ende des Ukraine-Konflikts im Sinne historischer Kontinuität wieder mit Pickelhauben ausstattet.

Ob Haube, ob Helm: Es wurde höchste Zeit, die lange als zu selbstverständlich missachtete Kopfbedeckung wieder zum Gegenstand von Schlagzeilen und Kommentaren zu machen. Denn wer den Stahlhelm nicht ehrt, ist der Knarre nicht wert.

 

DM 3.1.22     

Foto: Tomaschoff

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D: Schmidt / 04.02.2022

Zur Not tun es auch Motorradhelme. Als Nächstes liefern wir dann 5.000 Pflaster, 5.000 Teddybären und 5.000 Umstandskleider in Tarnfarbe. Mit unserem Land kann man jedenfalls keinen Krieg mehr gewinnen. Vielleicht war das ja auch der Hintergedanke bei dieser Lachnummer.

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