Der Staat weicht vor dem Rosenkranz zurück

Am Mittwochabend glich die Münchner Innenstadt wieder einem Heerlager. Überall schwer bewaffnete Polizei in Kompaniestärke, obwohl die Corona-„Spaziergänger“ an diesem Abend auf Deeskalation setzten und auf die angemeldete Demonstration am Samstag auf dem Münchner Königsplatz verwiesen. Mitten in dem martialischen Getümmel fand sich wieder eine größere Gruppe Gläubiger, die vor der Mariensäule den Rosenkranz beteten. Schon zweimal waren sie hier von der Polizei rüde vertrieben worden. Doch an diesem Abend ließen die Ordnungskräfte die Betenden gewähren, Zähne knirschend.  

Zuvor hatte das Münchner Verwaltungsgericht im Eilverfahren eine von mir angestrengte Klage verhandelt. Zusammen mit einem Staatsrechtler als Prozessbevollmächtigten wollte ich verhindern, dass die Polizei  erneut eine rein religiöse Zusammenkunft untersagt, weil diese angeblich von Corona-Protestlern „unterwandert sei“. Das letzte Gebet auf dem Marienplatz am 5. Januar sei, so die Polizei, deswegen in eine unangemeldete Versammlung „umgeschlagen“ und aufgrund der im ganzen Münchner Stadtzentrum gültigen Allgemeinverfügung gegen Corona-Proteste jeder Art aufzulösen gewesen. Eine abenteuerliche Argumentation, weil die „Spaziergänger“ als solche ja gar nicht erkennbar waren.  

Das Gericht wies zwar den Eilantrag zurück, mit dem die Polizei expressis verbis verpflichtet werden sollte, die Gläubigen am gestrigen Mittwoch unbehelligt zu lassen, einer Sichtweise, der auch der im Beschwerdeverfahren angerufene Bayerische Verwaltungsgerichtshof folgte. Doch ganz erfolglos war die Klage nicht, weil sich die Polizei in ihrer Stellungnahme an das Gericht dazu bereit erklärte, das Gebet am 13. Januar (und wohl auch an den folgenden Terminen) als religiöse Versammlung anzusehen und zu tolerieren, solange „keine weiteren Umstände hinzuträten“. Zu diesen „Umständen“ zählten namentlich „das Auftreten versammlungsrechtlicher Elemente oder anderweitiger sich abzeichnender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung“.

Ein Teilerfolg

Für mich ist die, wenn auch etwas schwammige, Einlassung der Polizei im Rahmen des Verfahrens zumindest ein Teilerfolg. Es dürfte jetzt eine begründete Hoffnung bestehen, dass die Polizei aus ihren gröbsten Fehlern gelernt hat und auch künftig die wöchentlichen, halbstündigen Rosenkranzgebete der Initiative „Deutschland betet Rosenkranz“ nicht mehr behelligen wird. Etwas merkwürdige wirkt die Feststellung des Gerichts, dass für eine generelle Verpflichtung, die Betenden „vor jedweden polizeilichen Maßnahmen zu verschonen“, kein rechtlicher Anlass bestehe. Es geht hier nicht um Gnade, sondern um Recht. Religiöse Versammlungen sind nicht anmeldepflichtig. Außerdem ist die Polizei selbst gehalten, solche Versammlungen vor (strafbewehrten) Störungen zu schützen und nicht mögliche Störer zum Anlass für Maßnahmen gegen die Gläubigen zu benutzen.  

Seit Mitte Dezember hat sich, ich berichtete hier bereits darüber, graswurzelartig die Initiative „Deutschland betet Rosenkranz“ gebildet, die die Gläubigen zu wöchentlichen Rosenkranzgebeten aufruft, um „unser Land, das aktuell eine der schwersten Krisen seiner Geschichte erlebt, der Gottesmutter anzuvertrauen, und um sie um Hilfe für alle Bürger zu bitten“, wie es auf der Homepage der Initiative heißt. Unterdessen gibt es landesweit fast 600 solcher Gebetsinitiativen, die von den Behörden und Ordnungskräften vor Ort zumeist völlig unbehelligt bleiben, manchmal sogar unterstützt werden. In München wurden die Gebete auf dem Marienplatz, wo eine dicht gedrängte Schar von Gläubigen im Herbst 2006 dem damaligen Papst Benedikt XVI. einen überwältigenden Empfang bereitet hatten, im Sinne einer „Null-Toleranz-Politik“ sowohl am 29. Dezember wie am 5. Januar nach kurzer Zeit für beendet und als „nicht angemeldete Versammlung“ für aufgelöst erklärt, was Empörung unter den Gläubigen hervorgerufen hatte.

Am Mittwochabend konnte das Gebet nun wieder stattfinden, allerdings „bewacht“ von massiven Polizeikräften. Diese waren so postiert, dass etwaige „Störer“  aus dem Kreis von Corona-„Spaziergängern“ sofort hätten dingfest gemacht werden können. Religiöse Innigkeit wollte da nur schwer aufkommen. Doch die Staatsmacht ist zurückgewichen, ein wenig, selbst in der unter grünroter Ägide abermals zur unrühmlichen „Ordnungszelle“ des Landes avancierten bayerischen Landeshauptstadt. 

Foto: Corporal Eugene Suarez/U.S. Department of Defense via Wikimedia Commons

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Leserpost

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Dr. Freund / 13.01.2022

Sorry, das sollte heissen: Wer kämpft, kann verlieren…

Dr. Freund / 13.01.2022

Bravo!Wer nicht kämpft, kann verlieren, wer nicht kämpft, hat schon verloren!

HDieckmann / 13.01.2022

Lebt der alte Kardinal Reinhard Marx, Erzbischof von München und Freising, eigentlich noch? Da werden Katholiken/Christen von der Münchener Polizei am Beten gehindert - und wo ist die Stimme des Hirten? Die katholische Kirche hat Corona nicht als Chance genutzt, sondern mit ihrer Staatsgläubigkeit ihren eigenen Niedergang noch beschleunigt.

Michael Fasse / 13.01.2022

Schön, dass gebetet wird! Leider ist die Gottesmutter der falsche Adressat. Der einzige, der unsere Gebete für sich beansprucht, sie hört und annimmt, ist ihr Sohn: Jesus Christus! Der ist nämlich der Mensch gewordene dreieinige Gott! Maria wusste das! Ihr Vermächtnis an die Welt, also die letzten uns übermittelten Worte von ihr, weisen von ihr selbst weg, hin auf IHN: „Was ER euch sagt, das tut!“ (Joh. 2,5). Darum dürfen wir dieser wunderbaren Frau (später im Himmel, wenn wir sie sehen werden) Respekt und Ehre erweisen, sie aber heute niemals anbeten oder mittels Gebet um etwas bitten. Dann setzen wir sie nämlich an die Stelle Gottes und rauben IHM so die Ehre. Das hätte Maria niemals für Gut befunden und strikt von sich gewiesen! Die wackeren Münchener Christen sollten ausschließlich den Herrn Jesus Christus anrufen, frei nach Psalm 50,15 (die „Telefonnummer“ Gottes): „Rufe mich an in der Not, so will ich dich retten und Du sollst MICH ehren.“

Ludwig Luhmann / 13.01.2022

Franziskus, der rote Scheinpapst, wird sich dazu wohl demnächst äußern, denn der Great Reset könnte ausgebremst werden, was den Irregeleiteten, Ausgenutzten, Eingeschüchterten und Verängstigten eine augenöffnende Gelegenheit zum Verschnaufen gewähren würde. In Schwabs Namen - das darf nicht sein! - - - Die Formel „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist und Gott, was Gottes ist”, stellt eine Gefährdung des Great Reset dar. Totalitäre Menschen- und Freiheitsfeinde wie Scholz und Schwab und Gates hassen die christliche Religion, weil sie das Reich Gottes weder besitzen noch unterwerfen können.

Franz Klar / 13.01.2022

Rosenkränzler oder Rosenkreuzer—- „Nichts ist stärker als eine Idee, deren Zeit gekommen ist!“ ( Victor Hugo ) !

Sirius Bellt / 13.01.2022

Immerhin besser als nichts. Lasst doch friedliche Menschen, ob sie nun gemeinsam beten oder gemeinsam laufen wollen einfach in Ruhe. Sogar Herr Haldewang hat mittlerweile verkündet, dass es sich bei der überwiegenden Mehrheit um ganz normale Bürger handelt. Genau diesen Eindruck habe ich auch jeden Montag.

Frank Stricker / 13.01.2022

Sehr geehrter Herr Etscheit, die AFD wird das Urteil gerne im Bundestag umsetzen;  “Freiheit statt Spaltung ” war gestern, stattdessen demnächst, “um 5.45 Uhr wird zurückgebetet” ! Ist Rosenkranzbeten eigentlich eine politische Aktion oder gilt hier der “Notwehrparagraph” gegen eine desolate Ampelmännchenregierung ? Frau Bas weiß sicherlich die Antwort…...

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