Dirk Maxeiner / 14.12.2007 / 10:26 / 0 / Seite ausdrucken

Der sprachliche Öko-Eintopf

Von Maxeiner & Miersch erschienen in DIE WELT vom 14.12.2007

Wir möchten nicht zu den Sprachwarten gehören, die sich damit wichtig tun, dümmliche Anglizismen oder falsch gesetzte Apostrophe anzuprangern. Aber irgendwann reicht es. Bei grünen Themen ist offenbar jeder Sprachblödsinn erlaubt. Aus Klimaschutz, Umweltschutz, Naturschutz und Tierschutz wird in der Berichterstattung eine gefühlige Einheitspampe gerührt, die über nichts informiert aber alles insinnuiert. Und das Schlimme ist, die Redakteure bemerken es nicht und die Leser und Zuschauer scheint es nicht zu stören: Ist doch alles irgendwie „öko“. Man stelle sich vor, ein Journalist würde Kim Jong il als Sozialdemokraten bezeichnen, oder Adullah Öcalan als Türken. Über die Differenz von „islamisch“ und „islamistisch“ gibt es unzählige Abhandlungen. Wenn in einer deutschen Zeitung der aus dem Englischen stammende Begriff „Mittlerer Osten“ gebraucht wird, statt dem deutschen „Naher Osten“, heben empörte Sprachkritiker sofort ihre Zeigefinger. Nur bei grünen Themen bleibt der Wörterdschungel beständig im Nebel des Ungefähren.

Hier eine kurzer Öko-Duden (für die Kollegen zum Ausschneiden): Beim „Umwelt-schutz“ geht es um den Schutz der menschlichen Umwelt und der menschlichen Gesundheit. Ziel des „Naturschutzes“ ist der Erhalt von Landschaften, Ökosystemen und wild lebenden Pflanzen- und Tierarten („Artenschutz“). Beide können gemeinsame Ziele haben, müssen aber nicht. „Ökologie“ ist die Wissenschaft von de Wechselbeziehung der Lebewesen. Doch das unschuldige Wort muss leider für eine Ideologie herhalten. Meint man diese Ideologie, dann sind die Begriffe „Ökologismus“ oder „Environmentalismus“ angebracht. „Tierschützer“ kümmern sich um das Wohl von Tieren in Menschenobhut (hauptsächlich von Haus- und Stalltieren). „Tierrechtler“ (z.B. die Organisation PETA) hingegen vertreten eine Weltanschauung, die Menschenrechte auch für Tiere einfordert. Diese verschiedenen Anliegen können gegeneinander stehen und ihre Vertreter bekämpfen sich häufig. Zum Beispiel haben Naturschützer, Tierschützer und Tierrechtler oftmals sehr konträre Positionen zum Thema Jagd.

Das war doch gar nicht so kompliziert, oder? Wir hoffen dieser kleine semantische Kursus hilft ein wenig und kommen zum Gipfel aller grüner Sprachverwirrung: „Kli-maschutz“.  Mal ganz davon abgesehen davon, ob man das Klima überhaupt schüt-zen kann (schließlich ist „Klima“ nicht mehr als eine statistische Größe), wird mit kaum einem Modebegriff soviel Schindluder getrieben, wie mit diesem. Klimaschutz ist im journalistischen Gebrauch inzwischen ein Synonym für Umwelt- und Naturschutz geworden. Nichts könnte falscher sein. Etliche Klimaschutzmaßnahmen sind mit massiven Naturzerstörungen verbunden. Wer einmal Bilder von den Rodungsflächen in Südostasien gesehen hat, wo Regenwaldgebiete in der Größe Deutscher Bundesländer abgeholzt werden, um Ölpalmen zur Biospritgewinnung anzubauen – der kann eigentlich kaum noch Klimaschutz und Naturschutz für das Gleiche halten. Auch das Aufstauen natürlicher Flussläufe für die Energiegewinnung zeigt deutlich den Gegensatz. Dennoch vermischen selbst Qualitätszeitungen tagtägliche die Begriffe. Ein Boulevardblatt bracht es sogar fertig, die vom Müll lebenden Slumbewohner von Manila zu Opfern des Klimawandels zu erklären. Offenbar ist die Logik versunken, noch bevor der Nordpol schmelzen kann.

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