Dirk Maxeiner / 29.09.2019 / 06:25 / Foto: Pixabay / 77 / Seite ausdrucken

Der Sonntagsfahrer: taz oder Tropenpark?

Nachdem der Klimawandel sich mal wieder bitten lässt, wollte ich am Wochenende eigentlich in den Spreewald zum „Tropical Island“ aufbrechen. „Europas größte tropische Urlaubswelt“ ist in einer riesigen Traglufthalle untergebracht, in der vor 20 Jahren einmal Zeppeline gebaut werden sollten. „Cargolifter“ nannte man damals die Lufttaxis, die sich schnell als mit viel Staatsknete befeuerte Heißluftballons entpuppten. Aber immerhin hat die Menschheit dem Experiment inzwischen einen saisonunabhängigen Erholungsort zu verdanken. Unterm Dach herrscht immer das gleiche Klima und das 2-Grad-Ziel wird zur Begeisterung der zahlreichen Besucher  konstant überschritten. Umgeben von Palmen und Bananenstauden erfreuen sich auch echte Flamingos, Schildkröten und Schmetterlinge bester Gesundheit. Die Schreie der Aras kommen zwar nur aus dem Lautsprecher, dafür schmutzen diese Vögel aber nicht und können auch nicht das sprechen lernen, um anschließend die Besucher zu beschimpfen.

Aufgrund eines Leserhinweises habe ich meine Ausflugspläne dann aber kurzfristig verschoben. Und zwar zugunsten einer Kreuzfahrt durch die Leserbriefspalten der Berliner tagesszeitung, kurz taz genannt. Dort schreien zwar keine Aras, aber die Exotik der Gedankengänge erinnerte mich spontan an den Oberlauf des Amazonas. Insbesondere, da meine Person höchstselbst einer wissenschaftlichen Debatte unterzogen wurde, ungefähr so, als diskutiere Alexander von Humboldt mit seinem Begleiter Aimé Bonpland eine seltene fleischfressende Pflanze. Unter dem Titel „Klimaheldin oder Nervensäge?“ geht es eigentlich um Greta Thunberg und ihre UN-Rede, ich werde lediglich zum Gegenstand der Erörterung, weil ich vergangene Woche auf Achgut.com Gretas Rede in wenigen, mitfühlenden Worten thematisierte (Klima-Exorzismus: „Meine Botschaft ist, dass wir euch beobachten werden“).

Nun war mir nicht bekannt, dass taz-Leser ebenfalls zu exotischen Kreuzfahrten neigen, sprich zur später Stunde, bewaffnet mit einer Taschenlampe, die Seiten von Achgut.com frequentieren, um dem unheimlichen Schrei des Aras in der rechten Echokammer zu lauschen. Dort entdeckten sie ein Pracht-Exemplar des ebenso seltenen wie bedrohlichen Klimaleugners. Bei dieser Spezies  wird momentan darüber diskutiert, ob sie zur biologischen Vielfalt beitragen und deshalb in freier Wildbahn geduldet, oder ob sie unter Verschluss gehalten werden sollten, so wie die letzten Pockenviren. Der letzte Pockenfall trat in Deutschland 1972 auf, 1980 wurde die Welt von der WHO für pockenfrei erklärt. Wann die Weltgesundheitsorganisation den Planeten endlich für klimaleugnerfrei erklären wird, ist noch nicht ganz klar, weil der Klimaleugner tief unter der Oberfläche lauert und plötzlich nach Art der Piranhas im Amazonas ein Pappschild hochhält: "Wir sind mehr."

Hören und denken ist vermutlich auch eingeschränkt

Taz-Leser Reinhard Gutsche hat das Krankheitsbild des Klimaleugners akribisch analysiert und kommt zu folgendem Ergebnis: „Maxeiner ist Klimaleugner – also auf beiden Augen blind – und das hören und denken ist vermutlich auch eingeschränkt – sonst hätten die Gerichte die Klage Maxeiners gegen das Umweltbundesamtes nicht abgewiesen, die ihn für jedermann sichtbar in einer Broschüre als Klimaleugner bezeichnet.“ Der Mann weist damit zu recht darauf hin, dass es sich bei mir um eine Art des Klimaleugners handelt, die noch seltener ist als das extrem gefährdete Sumatra-Nashorn. Das ist mit bis zu zwei Tonnen Lebendgewicht übrigens  so etwas wie der SUV der Tierwelt, in meinem nächsten Leben werde ich damit meine Kinder zur Schule bringen und anschließend rückwärts im Umwelt-Bundesamt einparken.

Es hat mich seinerzeit ein bisschen geärgert, den Prozess gegen das UBA vor dem Verwaltungsgericht in Halle verloren zu haben, inzwischen bin ich den Richtern aber dankbar, dass sie mir zu einem Alleinstellungsmerkmal verholfen haben.

In ganz Deutschland gibt es nämlich nur zwei gerichtlich approbierte Klimaleugner, meinen ehemaligen Kollegen Michael Miersch und mich. Da wir beide uns nicht gegenseitig fortpflanzen können, erwäge ich, beim WWF einen erhöhten Schutzstatus zu beantragen. Ähnlich wie beim Sumatra-Nashorn ist es höchste Zeit für ein Nachzuchtprogramm. Man könnte uns beispielsweise einfangen und nach Borneo verfrachten, wo wir im Fortpflanzungszentrum „Tabin Wildlife Reserve“ mit paarungswilligen Sumatra-Nashornweibchen zusammengebracht werden könnten. Sumatra-Nashörner sind ebenfalls auf beiden Augen ziemlich blind – und das Hören und Denken ist auch eingeschränkt. Eingeborene Wildhüter bezeichnen die Tiere gerne als "zwei Tonnen schlechte Laune". Da geht also was zwischen uns, great minds think alike.

Es wäre sogar eine echte Win-Win-Situation.Taz-Leser Gutsche fragt sich nämlich ernsthaft, „ob diese Klimawandelnegationisten allesamt einfach nur alleinstehende familien- und beziehungslose Kerle im fortgeschrittenen Alter sind, gründlich defizitär sozialisiert ohne die Fähigkeit, weiter als bis zum eigenen Geldbeutel zu denken. Oder sind sie schlicht nur völlig korrumpiert?“ You name it, lieber Reinhard, meine letzte Ausfahrt ist das „Tabin Wildlife Reserve“, ich bin wild entschlossen, mich dort von einer Nashorndame korrumpieren zu lassen, schließlich geht es um den Erhalt der Biodiversität.  

Nun ist es nicht so, dass es unter den taz-Lesern nicht auch Verständnis für so Leute wie mich gibt. Jemand mit dem Pseudonym „Lesebrille“ nimmt mich sogar engagiert in Schutz: „Was haben blinde, taubblinde und/oder lerneingeschränkte Menschen damit zu tun? Ich denk mal nichts. Es wäre schön, wenn behinderte Menschen nicht regelmässig dafür herhalten müssten, um Dummheit, Ignoranz, etc. zu beschreiben.  Denn so wirklich weit von ‚Ey, der ist ja voll behindert‘ ist das nicht.“. Ey, es tröstet mich ungemein, dass ich weder blind, noch taubblind, noch lerneingeschränkt oder anderweitig behindert bin, sondern lediglich dumm und ignorant, mein Geisteszustand also zu keinerlei Sorge Anlass gibt.

Ein weiterer taz-Leser greift sogar zum bewährten Mittel der Dialektik: „Eine Lerneinschränkung zu haben, bedeutet keineswegs den Klimawandel leugnen zu müssen“. Wobei er sich dabei auf gefährliches Terrain wagt, denn umgekehrt wird natürlich auch ein Schuh draus: Keine Lerneinschränkung zu haben, bedeutet keineswegs, den Klimawandel als Katastrophe empfinden zu müssen.  

Das ist zugegeben ein bisschen spitzfindig. Ich schließe mich daher dem Verdikt eines weiteren Diskussionsteilnehmers an, der zu dem salomonischen Urteil kommt, ich hätte das „Gehirn abgeschaltet“. Auch das ist vollkommen richtig beobachtet. Ich besitze nämlich einen  eingebauten Panic-Button, den ich eigens für Sabine angeschafft habe. Immer wenn wir Gäste haben und die anfangen Stuss zu erzählen, tritt sie mir unterm Tisch ans Schienbein, um das Ding zu aktivieren. Ich halte dann die Klappe, um den Weltfrieden nicht zu gefährden. Merke: Einen Verstand, den man abgeschaltet hat, kann man nicht so ohne Weiteres verlieren. Da halt ich es mit Janis Joplin: „Freedom's just another word for nothin' left to lose“.

 

Von Dirk Maxeiner ist in der Achgut-Edition erschienen: „Hilfe, mein Hund überholt mich rechts. Bekenntnisse eines Sonntagsfahrers.“ Ideal für Schwarze, Weiße, Rote, Grüne, Gelbe, Blaue, sämtliche Geschlechtsidentitäten sowie Hundebesitzer und Katzenliebhaber, als Zündkerze für jeden Anlass(er). Portofrei zu beziehen hier.

Foto: Pixabay

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Zeller Hermann / 29.09.2019

Lesenswert und treffend formuliert. Danke.

Winfried Jäger / 29.09.2019

Lieber Herr Maxeiner, was es kümmert es die deutsche Eiche, wenn eine Sau sich an ihr kratzt?

Matthias Braun / 29.09.2019

Wer tiefer gräbt,kann Andere und sich selbst “auf die Schippe” nehmen. Humor hat doch etwas befreiendes.Danke Herr “Sumatra” Maxeiner

Bernhard Freiling / 29.09.2019

Da kann ich die taz doch nur loben. Ob das zu deren Journalistenpflicht gehört? Die Meinung “des Gegners” zu kennen? Man muß sie sich ja nicht gleich zu eigen machen. ;-) Oder ist das nur so eine Art Selbstschutz um sich vor der totalen Verblödung zu retten? Welcher Art sind diese Redaktionskonferenzen, bei denen ständig nur “ja, das sehe ich ganz genau so” oder “dem kann ich mich voll anschliessen” wiederholt wird? Wie langweilig. So langweilig, daß es Manchen deucht, es sei besser, bei “der Welt” anzuheuern oder sich freiwillig der Gefahr der Inhaftierung in der Türkei auszusetzen? /// Zu den Kommentatoren des taz-Artikel fällt mir eigentlich nur eines ein: Wie viele Andere auch, scheinen die eine Modellrechnung nicht mehr von der Wirklichkeit unterscheiden zu können. Modellrechnungen, die auf ständig veränderten Basiswerten beruhen, von denen nicht eine einzige in der Lage ist, in der Rückrechnung wieder exakt auf die der Prognose zu Grunde liegenden Basisdaten zurück zu kehren. /// Es mutet wie ein Witz an: Mit 49 fixen Zahlen kann man sämtliche Möglichkeiten errechnen, die zu einer Übereinstimmung mit der Ziehung der 6 Lottozahlen führen. Mit noch so viel Rechnerkapazität ist es jedoch nicht möglich, vorher zu sagen, welche 6 Zahlen in der NÄCHSTEN Lottoausspielung gezogen werden. /// Unsere Klimafürsten können das offensichtlich. Sie hantieren mit mehr als 49 Daten, dazu sind diese noch überaus variabel. Und trotzdem machen die der Welt weiß - und viel zu viele Menschen glauben denen auch -  sie seien in der Lage, nicht nur das Klima prognostizieren zu können, sondern auch noch den Zeitpunkt, wann dieses in ferner Zukunft eintreten wird. Da weiß ich gar nicht mehr, wie ich das bezeichnen soll: als Irrsinn, Wahnsinn, Größenwahn, ideologische Verblendung, endlose Dummheit oder was? Auf jeden Fall kommt mir da zunehmend der Glaube an und das Vertrauen in „die Wissenschaft“ abhanden.

Bernhard Krug-Fischer / 29.09.2019

Lieber Herr Maxeiner, wieder ein genialer Beitrag. Wie die Zeit vergeht, an den Cargolifter kann ich mich auch noch gut erinnern. Aber jetzt zum Thema. Wäre es nicht besser gewesen in den Spreewald zu fahren? Ich befürchte nämlich, nachdem einige TAZ-Leser anscheinend still und heimlich die Achse lesen, dass diese Leser sich zur Wehr setzen und heute zum Griffel greifen und hierzu einen Kommentar abgeben. Ich schätze mal, die Anzahl der veröffentlichen Leserbriefe wird heute die Schallmauer von 300 durchbrechen und man wird wieder viele neue Namen von Kommentatoren lesen können.

Heiko Stadler / 29.09.2019

Mit der Klimareligion ist es wie mit jeder anderen Religion auch. Man kann daran glauben oder auch nicht. Wer nicht daran glaubt, ist aber kein Klimaleugner, sondern einfach nur ungläubig oder andersgläubig. Was allerdings den Klimaleugner vom Christentumleugner unterscheidet, ist seine kritische Haltung zum Ablasshandel, also den CO2-Abgaben, mit dem man dem tief religiösen Klimagläubigen ebenso tief in die Taschen greifen kann. Der Klimaatheist lässt sich das nicht bieten. Wenn´s um das große Geld geht, hört eben die Religionsfreiheit auf.

Wilhelm Lohmar / 29.09.2019

Da ich nicht einmal den Hauptschulabschluss habe, kann bei mir wohl mit Fug und Recht von einer Lerneinschränkung gesprochen werden. Trotzdem habe ich es bis zur Rente und bis zum weißen alten Mann geschafft. Mit Abitur wäre ich stattdessen womöglich Pädagoge oder Soziologe oder Politologe oder Klimatologe oder ein sonstiger Oge geworden. Meine Lerneinschränkung hat mir das erspart.

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