Dirk Maxeiner / 19.05.2019 / 06:28 / Foto: Nationaal Archief / 65 / Seite ausdrucken

Der Sonntagsfahrer: Steinmeier und die Aluhüte

Am vergangenen Freitag sagte der Bundespräsident im westfälischen Kloster Dahlheim, er sehe im Kampf gegen Verschwörungstheorien und Lügen eine der großen Herausforderungen liberaler Demokratien. Viele Menschen würden daran glauben, dass sich Verschwörer zusammentun, „um dunkle Komplotte zu schmieden“.  Zu dieser Einsicht gelangte Steinmeier angesichts der Eröffnung einer Ausstellung mit dem Titel „Verschwörungstheorien früher und heute“.

Aktuell lässt sich das jahrtausendealte Phänomen beispielsweise in KonstanzKielKleve, und Ludwigslust beobachten. Dort riefen örtliche Aluhüte einen akuten „Klimanotstand“ aus. Vom Bodensee bis zur Ostsee grassiert inzwischen im gemäßigten Habitat deutscher Fußgängerzonen die Wahnvorstellung, dass eine „akute und gegenwärtige Gefahr für Mensch und Umwelt durch den Klimawandel besteht“, sprich, dass der Weltuntergang unmittelbar dräue. Und deshalb müsse man zu dessen Abwehr auch „radikalere Lösungen“ ins Auge fassen. Diese Form von massenhafter Verblendung und Verblödung ist ein in der Geschichte der Verschwörungstheorien immer wieder anzutreffendes Motiv. 

Wandelte sich das Klima in der Vergangenheit nachhaltig und wurden Schlechtwetterperioden zur regelmäßigen Plage, mussten damals wie heute Schuldige gesucht werden. Der führende Hexenforscher Wolfgang Behringer hat herausgefunden, dass die schlimmsten Hexenverfolgungen Ende des 16. Jahrhunderts mit der kleinen Eiszeit zusammenfallen. Auf der Suche nach einem Sündenbock verfielen die verunsicherten Menschen auf die Idee einer Hexenverschwörung. Insgesamt wurden zwischen 1560 und 1782 etwa 60.000 Menschen beiderlei Geschlechts verbrannt, ertränkt oder bei Pogromen getötet. 

Endkampf und apokalyptische Endzeitvorstellungen

Die intellektuellen Eliten nahmen sich rasch des Themas an. Dämonologen des 16. und 17. Jahrhunderts beschworen das nahe Ende der Welt und einen mit den Truppen des Bösen, den Hexen, auszufechtenden Endkampf herauf. Von diesen apokalyptischen Endzeitvorstellungen wurde rasch die gesamte Gesellschaft erfasst.

Alsbald bildete sich eine Kaste von unzähligen Gerichtspersonen, Gutachtern, Kommissaren und Notaren. Sie erlangten durch ihre Rolle in den Hexenprozessen eine enorme gesellschaftliche Machtstellung, aber auch wirtschaftliche Vorteile. Von Herrschern wurden die Prozesse oft instrumentalisiert, um ihre Macht zu festigen – selbstverständlich mit dem Vorwand der Wahrung des „Gemeinen Nutzens“. Stimmen gegen den Hexenglauben wurden mit zunehmender Verfolgungstätigkeit immer leiser, kaum jemand traute sich, seine Bedenken öffentlich oder gar schriftlich zu Protokoll zu geben. Es war einfach höchst riskant, sich gegen den Strom des hexengläubigen Zeitgeistes zu stellen.   

Es ist wunderbar, dass unser Bundespräsident jetzt in dieser Frage Stellung bezieht: „Nein, trotz allen Fortschritts in Wissenschaft und Gesellschaft, trotz aller Aufgeklärtheit und Rationalität: Bis heute glauben viele Menschen daran, dass sich reale oder irreale Verschwörer im Geheimen zusammentun, um dunkle, meist verbrecherische Komplotte zu schmieden.“ 

Als Beispiel drängen sich da Greta und ihr Hofstaat von großen und kleinen Klimasoldaten auf, die an eine Verschwörung alter, weißer Männer gegen ihre Zukunft glauben. Wie sagte Steinmeier so treffend: „Solche Theorien, das wissen wir aus der Forschung, sind nicht nur nicht beweisbar, sie folgen immer demselben simplen Muster: Sie reduzieren höchst komplexe, manchmal auch schwer erklärbare Ereignisse und Sachverhalte auf eine einzige Ursache, die dann als Tatsache verkauft wird.“ 

Auch die Aufklärung habe die Verschwörungstheorien, die früher meist religiös begründet worden seien, nicht besiegen können, meinte Steinmeier: „Und so wundert es kaum, dass heute auch in unserem Land Verschwörungstheorien blühen und gedeihen, ja sogar mehr Verführungskraft und Wirkmacht entfalten als noch einige Jahrzehnte zuvor“. Ein Lob also dem Bundespräsidenten! Oder habe ich etwas falsch verstanden? Wie dem auch sei: Steinmeiers derzeitige Tour durch die deutschen Lande steht unter dem Motto: "Land in Sicht". 

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Leserpost

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Andreas Günther / 19.05.2019

Vor ein paar Tagen traf ich eine gute alte Bekannte: Mitte 50, gutaussehend, erfolgreich im Beruf und dementsprechend selbstbewußt. Politik “ist nicht so ihr Ding”. Irgendwann ließ sich die Politik aber trotz angestrengten Bemühens nicht mehr draußen halten und es gab natürlich Streit. Trotz geringer Kenntnisse in den Bereichen Energie und Klima glaubte sie mehr den Aussagen ihrer Freunde und Bekannten, die auf Kamelen durch Berlin reiten und über Thilo Sarrazin schimpfen. Zum Abschied nahm sie mich in den Arm und sagte: “Nun reg dich doch nicht immer gleich so auf, ich toleriere ja deine Meinung.” Ja, so weit sind wir schon: diejenigen, die keine Ahnung haben, “tolerieren” diejenigen, die sich zumindest bemühen, Zusammenhänge zu begreifen. Und man ist noch froh, dass sie sich auf ein Gespräch einlassen; viele vermeiden dieses, wenn sie wissen, wie man denkt.

Wilfried Cremer / 19.05.2019

Die Wurst Frank-Walter, unser ernster Klimaforscher, will für voll genommen werden. Der Kontrast zu drei, vier überschrägen Vögeln soll dabei für die entsprechende Performance sorgen.

Rolf Lindner / 19.05.2019

Basis der mittelalterlichen Verschwörungstheorien war Unwissenheit und der neuzeitlichen ist es eher Unverstand. Der Unterschied zu damals ist, dass das notwendige Wissen zur Enttarnung der neuen Verschwörungstheorien vorhanden und einfach zu erlangen ist. Das wissen die Verschwörungstheoretiker, weshalb sie Pseudowissenschaften kreieren und deren Lehr- bzw. Leersätze zum Dogma erheben. Im Grunde werden jedoch damals wie heute Gefühle angesprochen, worauf der emotional leichter ansprechbare Mensch auch leichter hereinfällt. Zur Enttarnung der Klimaverschwörer z.B. ist ein Basisverständnis der Physik, Chemie und Geschichte notwendig. Ich habe bewusst nicht Basiswissen geschrieben. Auswendiglernen schafft zwar Einsen im Abitur, aber kein Verständnis dafür, “was die Welt im Innersten zusammenhält”. Die Klimaerwärmungshysterie ist ein eklatantes Beispiel dafür, dass sich trotz allen hinzugewonnenen Wissens und der enorm entwickelten Technik der Mensch in seinem Wesen seit Jahrtausenden wenig bzw. gar nicht verändert hat. Die Klimaverschwörer sollten wenigstens aus der Geschichte lernen, dass sich die von ihnen erzeugte Hysterie gegen sie selbst wenden kann, wenn der Schwindel auffliegt.

Dr. Joachim Lucas / 19.05.2019

Schon Papst Sylvester II datierte, gemäß der Lehre vom 1000jährigen Reich, das Ende der Welt auf den Beginn des Jahres 1000. Nur seinen Gebeten war es zu verdanken, dass es dazu nicht kam. Die heutigen Klimakterier behandeln ihre Spinnereien leider nicht als Privatsache, die man mit Gebeten im Kämmerlein behandeln könnte, sondern belästigen ihre Zeitgenossen mit ihrer Krankheit. Aber Psychosen, die politisch ausarten, sind wohl unausrottbar. Siehe auch Peter der Eremit und die Kinderkreuzzüge oder Flagellanten (sehr sympathische Leute, da sie lediglich autoaggressiv waren). Aber letztlich haben sie alle einfach nur großen Schaden angerichtet.

Johannes Schuster / 19.05.2019

Das nennt nach auch die “Ragnarök - Psychose”, die kommt bei Germanen und Kelten, dann ihren Nachfahren häufiger vor. Entweder es fällt ihnen der Himmel auf den Kopf, oder es kommt das Weltende. Entweder sind es die Juden, das Plastik, das Wetter oder das Fleisch, oder die E- Stoffe, Feinstaub oder sonstige mehr oder minder unsichtbare “Bedrohungen”.  In der Galaxis nennt man das unter grünen Männchen auch die"pan germanische Paranoia”.

Wolfgang Kaufmann / 19.05.2019

Auch dass eine Handvoll Wähler mit der aktuellen Politik nicht zufrieden seien, ist so eine von finsteren Mächten inszenierte Verschwörungstheorie, die zum Glück von der seriösen Presse ignoriert wird. Denn wo kämen wir da hin, wenn Angela, Annegret und Annalena nicht alternativlos wären?

Anders Dairie / 19.05.2019

Herr Bundespräside möge lieber reflektieren, wie er mit dem Wort “Hassprediger”  das diplomatische Vehältnis des deutschen Staats zum Weißen Haus vergiftet hat.  Auf 8 Jahre, die das anhalten wird ?  Deutschland ist vom Lieblingsverbündeten zum Paria degradiert.  Was andere Staatsführer sehr wohl registriert haben. Es ist aus dem Bewussein vertrieben worden, dass das Ranking der Staaten (auch untereinander)  durch den schnellen Zugang in Washingtons Administration bestimmt wird.  Nicht in Paris, Berlin, Moskau, Peking oder sonstwo.  Unermesslichen Schaden hat der Schröder-Beamte dem Land zugefügt. Er möge lieber seine Sünden bekennen als Phrasen zu verbreiten, die ihm Dritte aufschrieben. Von wegen, dass St. die Achtung verdiente, die dem Amt zukommt. Er hat es beschä-digt,  indem er sich auf selbiges versetzen ließ.  Weil die Rolle des Chefdiplomaten und Außenministers für seine Person weggefallen war.

Lutz Herzer / 19.05.2019

Der Begriff “Verschwörungstheorie” ist übrigens ein Meisterstück des Framings. Den Sprachmanipulatoren ist es nämlich im politischen Bereich gelungen, den Begriffsbestandteil “Theorie” in den Rahmen des Begriffs “Phantasie” zu rücken. Hingegen genießt in den Naturwissenschaften das Theoretische nach wie vor Ansehen und Geltung. Den Sinn dessen, was allgemein als Definition des Begriffs Verschwörungstheorie gilt, würde der Begriff Verschwörungsphantasie viel treffender erfassen. Spräche Herr Steinmeier also sprachlich korrekt von Verschwörungsphantasien anstatt von Verschwörungstheorien, würde dies allerdings bei Rezipienten kritische Denkvorgänge auslösen, die unerwünscht sind. Sie wären geneigt, zu hinterfragen, weshalb es sich bei Deutungen und Erklärungen von Ereignissen um Verschwörungsphantasien handeln soll und nicht etwa doch um Verschwörungstheorien oder noch schlimmer: um Verschwörungspraxis.

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