Der sogenannte „Shutdown“ in den USA bewegt die deutschen Medien so, als ob Lidl und Aldi gemeinsam für die nächsten Wochen die Läden heruntergelassen hätten. Trump und die Opposition kloppen sich wie die Kesselflicker, ein Zustand, der hierzulande so lange her zu sein scheint, wie die letzte Schwarzweiß-Fernsehfolge von Jim Knopf und Lukas dem Lokomotivführer. Präsident Trump kündigte an, der Shutdown könne „Jahre dauern“, die demokratische Politikerin Rashida Tlaib bedachte ihn im Gegenzug mit einem herzlichen „Motherfucker“. Bei einem Government Shutdown stellen die Behörden der Bundesregierung ihre Tätigkeit zu großen Teilen ein und erledigen nur noch die als unerlässlich angesehenen Aufgaben. Der Staats- und Verwaltungsapparat fährt herunter, wenn Senat, Repräsentantenhaus und Präsident sich nicht rechtzeitig über Haushaltsmittel für das kommende Jahr einigen. Und so ist das gerade.
Die ausgesuchte mediale Aufmerksamkeit für den Washingtoner Shutdown ist allerdings in sofern erstaunlich, als wir in Deutschland schon seit 2015 einen partiellen Shutdown haben. Das Herunterfahren des Staatsapparates betrifft insbesondere Zoll, Grenzbehörden und Bundespolizei. Die Überwachung der Grenze gilt in Deutschland offenbar nicht als unerlässlich angesehene Aufgabe, denn Regierung und weite Teile der Opposition hießen erst den Grenzkontrollen-Shutdown willkommen und dann einige Millionen Menschen, die in einem Zustand der Massen-Amnesie ihren Pass vergessen hatten.
Obwohl das Instrument eines Shutdown in der deutschen Verfassung eigentlich nicht vorgesehen ist, hat sich Deutschland mit einem nun drei Jahre währenden Ausstieg aus essenziellen Staatsaufgaben eine internationale Spitzenposition erobert, da ist für Donald Trump noch viel Luft nach oben. Die Sicherheit der Bürger wird bei uns inzwischen von denen, die schon länger hier sind und denen, die neu hinzugekommen sind, täglich auf der Straße neu verhandelt. Na bitte, geht doch. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtet indes darüber „Was der Shutdown die Amerikaner kostet“, was ich für eine prima Idee halte. Insbesondere, wenn der zweite Teil der Story demnächst nachgereicht wird: „Was der Shutdown die Deutschen kostet“.
Parkraumbewirtschaftung zur bilateralen Aushandlung
Andererseits hilft alles lamentieren nichts, man kriegt den Ketchup ja nicht zurück in die Tube. Deshalb hilft nur, mutig mit dem Shutdown weiter zu machen. Nachdem die Verfolgung und Abschiebung von Straftätern keinen staatlichen Ehrgeiz mehr hervorrufen, sollte auch die Verkehrsüberwachung samt Radarfallen eingestellt und die Parkraumbewirtschaftung den Bürgern zur bilateralen Aushandlung überlassen werden. Bislang ist die Verantwortungslosigkeit ja ein bisschen ungleich verteilt, da herrscht gewissermaßen eine Gerechtigkeitslücke.
Auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk bietet sich für einen sofortigen Shutdown an. Man muss ja keine Staatsaktion daraus machen, es genügt vollkommen, die Strafverfolgung von Nicht-Gebührenzahlern einzustellen. Dann erledigt sich die Sache in kürzester Zeit von selbst. Die Hälfte der deutschen Bevölkerung praktiziert ja ohnehin schon das Kleber-Fasten, demnächst sind es dann eben alle. Ein bisschen Entgiftung und Entschlackung kann der Volksgesundheit nur zuträglich sein.
Ein Shutdown der staatlichen Bevormundungs- und Gängelungszentralen könnte vielfältige Synergien auslösen und zu einem unvergleichlichen Konjunkturprogramm für die Bundesrepublik heranwachsen. Zwei einfache Beispiele: Jeder, der seinen Energieausweis vergessen hat, wird künftig straffrei gestellt. Die ziselierten deutschen Bau- und Dämmvorschriften werden – um Neulingen den Bau von preiswerten Wohnungen zu erleichtern – nicht weiter überwacht und damit an die übersichtliche Rechtslage in Syrien und Afghanistan angepasst. Das bringt uns billigen Wohnraum und einen Bauboom, gegen den selbst Shanghai alt aussieht. Jeder darf nach seinem Gusto bauen, egal ob nach Feng Shui, Sharia oder EnEV, ist ja ohnehin alles Religion.
Bereicherung des Kulturbetriebes und der Autoindustrie
Das gilt natürlich auch für viele Ministerien, Behörden und die Nationalmannschaft. Die Außerbetriebstellung von Jogi Löw, Peter Altmaier und Svenja Schulze dürften die Erfolgsaussichten des Landes in keiner Weise schmälern, ganz im Gegenteil. Es ist beispielsweise eine sofortige Belebung der Wirtschaft zu erwarten, wenn die Rolladen im Bundes-Umweltministerium und Umwelt-Bundesamt heruntergelassen werden. Klimapredigten übernehmen die großen Landeskirchen, für die Verbreitung von physikalischer Esoterik sind die Buchhandlungen in den Szenevierteln wieder alleine zuständig. Dies führt zu einer sofortigen Bereicherung des traditionellen Kulturbetriebes und gleichzeitig zur Genesung der Automobilindustrie. Eine echte Win-Win-Situation. Und als kleines Schmankerl für Sonntagsfahrer: Dieselbesitzer dürfen ihre Umweltplakette an der Grenze zur Reinluftzone aus Versehen in den Gully werfen. Danach beantragen sie einen Status als Umweltflüchtling.
Der Shut-Down des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung beendet die Praxis, Geld bei den Armen in den reichen Ländern einzutreiben, um es an die Reichen in den armen Ländern zu verteilen. Dies wäre womöglich auch der effektivste Schritt, den die Bundesrepublik zur Beseitigung der Fluchtursachen dortselbst machen könnte, weil die korrupten Herrschaften ebenfalls vom Volke stillgelegt würden.
Wenn man sich erst einmal mit der Idee des Shutdown angefreundet hat, dann kommt man sich angesichts der Behörden- und Ministerienliste vor wie ein Achtjähriger in einem riesigen Bonbonladen. „Bundesministerium der Verteidigung“, „Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw)“. Candy! Die weiße Flagge hissen können wir auch selbst. „Bundesministerium des Inneren“. Von dem heißt es: „Seine wichtigste Aufgabe ist der Schutz der Bürger, die innere Sicherheit“. Lolipop, Lolipop! “Beauftragter der Bundesregierung für Kultur und Medien“. Kamelle, Kamelle! Was es alles gibt. Also: Shutdown, sofort! Merkt keiner, ich schwör.
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