Dirk Maxeiner / 10.07.2016 / 06:00 / Foto: Improbcat / 1 / Seite ausdrucken

Der Sonntagsfahrer: Schwarz fahren statt schwarz sehen

Es wird ja in diesen Tagen ziemlich viel schwarz gesehen, auch auf der Achse. Wie ich letzte Woche schon schrieb, geht mir das manchmal auf den Frack, aber dieses Kleidungsstück ist ja ironischerweise meist auch schwarz. Es ist eben nicht alles schlecht, was schwarz aussieht. Denken wir nur an das kleine Schwarze (französisch petite robe noire), das ist laut Wikipedia „ein Kleid, das zu vielen Anlässen getragen werden kann, da der Schnitt klassisch-elegant ist, bis maximal Knielänge geht und die Farbe neutral schwarz gehalten ist“. In den 1920er Jahren kreierte es Coco Chanel den Klassiker in der Damenmode, warum Karl Lagerfeld bis heute rumlaufen muss wie ein Schornsteinfeger auf Ecstasy. Der ideologische und ästhetische Gegenentwurf zum kleinen Schwarzen ist das große Schwarze mit Sehschlitz, so zeitgemäß wie ein alter Gaffelsegler, der seiner Versenkung vor Cap Horn entgegen sieht.

Schwarz macht schlank und geht sozusagen immer, auch beim Auto, da ist es eine der beliebtesten Autofarben, obwohl Weis im Moment wieder Boden gut macht. Da man sich als Achse-Autor sozusagen immer mit einem Bein im Reich der Finsterniss befindet, muss natürlich zunächst die Frage geklärt werden: Wo gibt es das schwärzeste Schwarz? Bei Mercedes, BMW, Porsche? Nein, da muss man schon etwas weiter reisen als bis Untertürkheim oder Zuffenhausen: Das sogenannte „absolute Schwarz“ herrscht im Weltraum. In physikalischer Definition ist es die Farbe eines nichtleuchtenden Körpers, der alles Licht schluckt.

Stellt sich also die Frage: Ist Schwarz überhaupt eine Farbe?

Stellt sich also die Frage: Ist Schwarz überhaupt eine Farbe? Da die genaue Antwort theoretisch ausufern würde, möchte ich hier eine lebenspraktische Antwort geben: Schwarz wird von uns selbstverständlich als Farbe empfunden. Es ist sozusagen eine unbunte Farbe. In der Psychologie wird mit Schwarz häufig das Ende oder die Leere assoziiert.

Kein Wunder also das Mad Max und ähnliche apokalyptische Reiter grundsätzlich Schwarz fahren. „Mad Max ist ein Alptraum aus Blut und Grauen, der seiner Faszination der Gewalt erliegt“, heißt es bei Wikipedia über den Film, „dem Regisseur war jedes noch so abgegriffene Mittel recht, um den Zuschauer atemlos in seinem Kinosessel zu fesseln“. Ich würde das als eine glasklare Empfehlung werten. Mad Max stiehlt den letzten 600 PS starken Ford Falcon V8 der Polizei und nutzt das schwarze Mobil für einen gnadenlosen Rachefeldzug. Das Hassmovie kommt bestimmt mal wieder spät abends im Fernsehen, nachdem im heute Journal die Gutenacht-Andacht gelesen wurde. Stilecht ist das Zuschauen aber nur, wenn man die GEZ-Gebühren nicht bezahlt. Schließlich sind Schwarzsehen und Schwarzhören die Rache des kleinen Mannes an Claus Kleber und den Wegelagerern der Gebühreneinzugszentrale.

Das Attribut Schwarz verweist oft auf ebenso verbotene wie lohnende Tätigkeiten, man denke nur an Schwarzarbeit, Schwarzhandel oder Schwarzmarkt. Ein schwarzer Supersportwagen, der mit Schwarzgeld bezahlt wurde, stellt selbstverständlich ein besonders authentisches Automobil dar. Er ist gewissermaßen absolut schwarz, siehe oben Weltraum. Damit keiner auf krumme Gedanken kommt, sollte man diese kleine Ironie allerdings für sich behalten. Lionel Messie in einem schwarzen Lamborghini wäre insofern ein ideeles Gesamtkunstwerk. Leider fährt er einen weißen Maserati, ist ja nicht doof der Junge. Den schwarzen Lambo hat statt dessen Ronaldo, während Wolfgang Schäuble sich einer schwarzen Null rühmt.

Schwarz gilt als der christlichen Demut angemessene Farbe, viele Mönchsorden kleideten sich in schwarz und etablierten es damit als Farbe konservativer Kräfte. Wer schwarz wählt, wählt normalerweise konservativ, aber nicht bei Angela Merkel, die gute Frau ist eher eine Ampelanlage, die mal auf rot und mal auf grün springt. Wenn Schwarz und Weiß zusammengehören - wie beispielsweise bei einem Druckerzeugnis -  dann entsteht eine Farbkombination, die der Mensch bis vor ein paar Jahren mit Eindeutigkeit, sogar mit Wahrheit verbunden hat. Inzwischen ist das hierzulande allerdings umgekehrt, besonders wenn SÜDDEUTSCHE ZEITUNG, STERN oder SPIEGEL draufsteht. Auch eine Fotografie in Schwarz-Weiß deutet in seiner psychologischen Wirkung scheinbar auf einen höheren dokumentarischen Wert hin und erscheint wichtiger als ein buntes Foto. Schwarz und Weiß sind die Farben objektiver Tatsachen. Diese Angaben sind wie immer ohne Gewähr.

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Hjalmar Kreutzer / 10.07.2016

Erinnert mich an folgenden alten DDR-Witz: Fragt ein Volkspolizist seinen Genossen auf Streife: ” Du, ist Schwarz eine Farbe?” - “Ja, na klar.” - ” Und ist Weiß eine Farbe?” - “Natürlich, Genosse, warum fragst Du?” - “Dann habe ich mir gestern einen Frabfernseher gekauft!”

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