in der Hanauer Tiefgarage Am Markt gibt es jetzt drei „Vielfalt-Parkplätze“, nah am Ausgang platziert, kameraüberwacht und gut erkennbar an den Regenbogenfarben. Neu ist die Verbindung von Automobil und Regenbogen freilich nicht.
Die Hessenschau berichtete in dieser Woche, in der Hanauer Tiefgarage Am Markt gebe es jetzt drei „Vielfalt-Parkplätze“, nah am Ausgang platziert, kameraüberwacht und gut erkennbar an den Regenbogenfarben. Sie sind laut Hanauer Parkhaus Gesellschaft für alle Menschen gedacht, die ein besonderes Bedürfnis nach Schutz und Sicherheit im öffentlichen Raum verspürten. Zudem seien sie ein Zeichen für Toleranz. „Die Parkplätze sollen dafür sensibilisieren, dass sich Menschen überhaupt im öffentlichen Raum unwohl fühlen müssen," erklärt Silas Kropf vom Verein CSD Hanau.
Die Zustimmung der Bevölkerung – und da schließe ich mich ausdrücklich an, obwohl ich nicht in Hanau wohne – ist überwältigend. Angesichts der strategisch günstigen Lage der Parkplätze dürften große Teile der Hanauer Automobilisten geradewegs ins diverse Lager wechseln. Ein junger Mann kommentiert den Facebook-Eintrag der Hessenschau voller Begeisterung: „Ich würde da parken und zwar quer“.
Hanau ist mir aus meiner Frankfurter Zeit als ein Ort bekannt, an dem man eher selten parken möchte, obwohl es das Parkhaus am Markt schon seit 1966 gibt, da stand die Stadt als großer Truppenstützpunkt noch unter dem Schutz der US-Armee, weil die Deutschen grundsätzlich das Bedürfnis nach Schutz und Sicherheit verspürten, nicht nur beim einparken. Ansonsten bin ich mir sicher: Auch der atomare Schutzschirm wird sehr bald in allen Farben des Spektrums leuchten. Ich wundere mich, dass die PR-Berater von Joe Biden da noch nicht drauf gekommen sind, das wäre ein echter „Unique Selling Point“ gegenüber Wladimir Putin und Xi Jinping.
Der Gedanke an das spektral behütete Parken ruft in mir unweigerlich positive Erinnerungen hervor, denn ich habe schon einmal mit einer Boeing 747 millimetergenau unterm Regenbogen eingeparkt. Das war in den 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts, als die Lufthansa ihre Direktverbindung von Frankfurt nach Las Vegas eröffnete – die ich eher zufällig gebucht hatte. Die Flughafenfeuerwehr erwartete uns mit ihren Wasserkanonen und formte zur Begrüßung einen riesigen Wasserdom über dem XXL-Parkplatz. Und da in Las Vegas immer die Sonne scheint, wurde der Regenbogen gleich mitgeliefert. Ich bin somit einer der ersten Queerparker dieser Republik – und dieses historische Verdienst kann mir auch niemand mehr rauben.
Die Zahl meiner Follower stieg stark an
Es war überhaupt eine ziemlich wilde Zeit, und ich parkte gerne und häufig vor dem Pulverfass in Hamburg St. Georg, ein Ort, an dem man es mit der geschlechtlichen Zuordnung noch nie besonders genau genommen hat. Ich fuhr damals eine Alfa Romeo Giulia 1300, die sich mit Olivia Jones gut verstanden hätte. Das optische Tuning bestand kurzzeitig in ein paar grünen Highheels, die ich nachts aus dem Sperrmüll gezogen und anschließend mit Sekundenkleber auf dem Dach fixiert hatte. Obwohl es noch kein Facebook gab, stieg die Zahl meiner Follower daraufhin stark an. Besonders die der Uniformierten.
Mein segensreiches Wirken in der Motor-Redaktion des Stern führte mich dann schließlich vom Affenfelsen (so wurde das damalige Redaktionsgebäude an der Alster genannt) nach Frankfurt zu einem damals legendären Porsche-Tuner namens Rainer Buchmann. Bei ihm traf sich ebenfalls der eher leicht verruchte Teil der Frankfurter Society, aber auch seriöse Geschäftsleute wie ein Lotteriebesitzer aus Curaçao, dessen Leibwache mir aber ein wenig zu hochgerüstet schien. Die Herren konnten es mit einem russischen Atombomber locker aufnehmen. Ich fühlte mich unter ihrem Schutzschirm so sicher wie in Abrams’ Schoß.
Rainer Buchmanns Markenzeichen – welch ein Visionär – war der Regenbogen, der sich in bunten Wellen über die Flanken seiner Porsche-Kreationen schwang. Auto-Bild schrieb über den Rainbow-Porsche: „Der 911, den Porsche sich nicht traute“. Die sexuell ein wenig eindimensional veranlagten Zuffenhausener verpassten die einmalige Chance, den Dienstwagen der Bewegung zu bauen, 50 Jahre später hecheln sie jetzt hinterher.
Das Maß der Dinge war stattdessen zumindest zeitweise der französische Hersteller Matra-Simca mit seinem vom französischen Modemacher André Courrèges aufgerüsteten „Bagheera“, und zwar nicht bunt, sondern ganz in Weiß. Für das Ménage-à-trois besaß dieser Sportwagen drei nebeneinander angeordnete Vordersitze. Wikipedia beschreibt diesen Meilenstein der Automobiltechnik wie folgt: „Eine Dreiecksbeziehung, Dreierbeziehung, Triade, Ehe zu dritt oder auch ménage à trois (französisch Dreierverhältnis) ist eine nicht-monogame Liebesbeziehung, Partnerschaft oder eine Sexualbeziehung, bei der drei Personen involviert sind." Auch die technischen Details werden sehr gewissenhaft erläutert: "Im strengeren Sprachgebrauch bezeichnet Dreiecksbeziehung eine Beziehung, bei der alle drei Personen zueinander Beziehungen unterhalten (so wie in einem Dreieck jeder Eckpunkt mit jedem anderen Eckpunkt verbunden ist). Die Dreiecksbeziehung als Form der Polyamorie ist zu unterscheiden vom flotten Dreier, der die Sexualpraktik zwischen drei Personen beschreibt."
Zu Courrèges’ Ruhm und Ehre trug bei, dass er den in London erfundenen Minirock in Paris salonfähig gemacht hatte. Vorgeblich war der Bagheera für die Dame von Welt gedacht. In den Türverkleidungen waren abknöpfbare Handtaschen mit André Courrèges Schriftzug angebracht. Bei einer Testfahrt durch Paris musste ich feststellen, dass ich auffiel wie Kaiserin Sissi in der Hochzeitskutsche, auf dem Weg zur Vermählung mit Franz Josef.
Mein Freund Peter, der damals als Fotograf in Paris lebte und mich begleitete, hatte den Bagheera ebenfalls ins Herz geschlossen und gab ihm sogleich einen Kosenamen: "La cage aux folles". Das war eine Anspielung auf den Dragqueen-Klassiker „Ein Käfig voller Narren". Gewisse Kreise pfiffen uns in unserem Käfig bei jedem Ampelstopp anerkennend nach, das Leben kann wirklich lustig sein. Alles was uns damals in Paris fehlte, war ein Parkplatz. Aber den gibts ja jetzt in Hanau.
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