Dirk Maxeiner / 02.12.2018 / 06:28 / Foto: Aleksandr Markin / 67 / Seite ausdrucken

Der Sonntagsfahrer: Nur Fliegen ist schöner

Am Himmel war die Hölle los. Am Donnerstag sollte die Bundeskanzlerin mitsamt einer größeren Gruppe von Groupies nach Buenos Aires zum G20-Gipfel düsen. Aus dem vorweihnachtlichen Incentive-Trip wurde erstmal nichts, weil der Regierungs-Airbus „Konrad Adenauer“ anfing zu spinnen. Die Kommunikation zum Boden sei praktisch komplett ausgefallen, hieß es und man kehrte zum Flughafen Köln-Bonn zurück.

Das verstehe ich nicht so ganz, weil die Kommunikation unserer Regierung mit dem Bodenpersonal doch schon seit Jahren komplett ausgefallen ist. Business as usual, warum die Aufregung? Merkels Antenne ist schon lange putt, geht doch offensichtlich auch ohne Verbindung nach unten. Der Pilot hatte aber noch ein Satelliten-Telefon, mit dem er den Tower erreichen konnte. Pilot an Tower: "Wir schaffen das". Tower an Pilot: "Hase, Du bleibst hier".

Die Kanzlerin betreute gerade eine traute Runde sogenannter Medienvertreter in einem Konferenzabteil des Fliegers, als die Kunde vom Kommunikationsabriss überbracht wurde. Die Journos konnten aber auch nicht helfen, weil sie ebenfalls schon seit längerer Zeit keine Signale mehr von der Erde empfangen. 

Jedenfalls waren alle froh, mal was Aufregendes schreiben zu können. Unsere mediale Elite risikiert auf solchen Flügen nämlich stets Kopf und Kragen, um die Kanzlerin hautnah bejubeln zu können. Selbst mittendrin im Horror! Einmal im Leben Kriegsberichterstatter! „Gibt es einen Zusammenhang mit den jüngsten Hacker-Attacken gegen Bundeswehr, Botschaften und Bundestagsabgeordnete?“ raunte gar eine Dame von den „Aachener Nachrichten“. Ein bisschen Verschwörung darf‘s heutzutage immer sein. Sollte der Regierungs-Airbus mit Hatespeech von Rechts zum Absturz gebracht werden? Oder mit einem Luftgewehr aus Chemnitz?  

Bleiben wir noch einen Moment in Dunkeldeutschland. Schließlich stammte die erste Regierungsmaschine mit dem Namen „Konrad Adenauer“ aus ehemaligen DDR-Beständen. Die Bundesregierung übernahm den Airbus A 310 im Jahre 1991 von der Fluggesellschaft „Interflug“ und verpasste ihm eine neue Lackierung. Die aktuelle Konrad Adenauer (seit 2011) ist ebenfalls ein Gebrauchtteil, sie wurde von der Lufthansa ausgemustert. Ihre Pannenbilanz nähert sich allmählich dem der deutschen ICE-Flotte an. Zusammen mit dem Hauptstadtflughafen BER repräsentieren die „Konrad Adenauer“ und „die Deutsche Bahn“ den bemerkenswerten Zustand der deutschen Infrastruktur. Schland ist Weltmeister im Nicht-Fliegen, Nicht-Fahren und Nicht-Fertigstellen! Und was prima funktioniert, wird verboten, etwa Diesel-Autos. Die Zeitmaschine nähert sich ihrem Ausgangspunkt und das Land dem Weltniveau aus Interflug-Zeiten. Die deutsche Benchmark 2018 lautet: Infrastruktur-Ost vor 1989, immer schön auf Verschleiß fahren.

Mit ausgestrecktem Daumen an der Runway

Bedauerlicherweise haben seitdem die Kontakte nach Moskau ein wenig gelitten, sonst hätte die Bundeskanzlerin samt ihrer Entourage bei Wladimir Putin um einen „Lift“ nachfragen können, schließlich hatte der mit seiner Ilyushin Il-96 fast die gleiche Route. Die Russen besitzen fünf davon und die fliegen immer. Auch verfügt das Flugzeug über erstklassige Kommunikationstechnik und ein Raketenabwehrsystem. Zudem gibt es eine Notkapsel zur Rettung lupenreiner Demokraten in Krisensituationen. Da könnte Angela Merkel schon mal ein bisschen üben. Köln-Bonn wäre für Wladimir nur ein halbes Stündchen Umweg gewesen, und es hätte ihm sicherlich gut gefallen, die Deutschen mit ausgestrecktem Daumen an der Runway zu sehen. 

Die Bundeswehr kennt das ja schon. Weil wir In Deutschland nix mehr haben, das zuverlässig fliegt (abgesehen von Verfassungsschutz-Präsidenten), chartert unsere Truppe von den Russen Flugfrachter, um im Krisenfall schweres Gerät zu transportieren. Jetzt hat das russische Charterunternehmen allerdings den Vertrag gekündigt. Sollte die Bundeswehr beispielsweise militärische Umstandsmoden an das Schwarze Meer schicken wollen, um die Eskalation zwischen Russen und Ukrainern zu entschärfen, dann ruft die deutsche Generalität erstmal in Moskau an. Sie erbittet dort dann eine Iljuschin, um Ursulas Abschreckungs-Bataillone ins Feld zuführen. 

Und jetzt noch eine kleine Chronik, wo der Kontakt zum Boden in dieser Woche ansonsten noch ausgefallen ist, allerdings ohne dass die Betreffenden deshalb notgelandet sind: 

  • Der Migrationspakt wurde von einer Mehrheit im Bundestag gutgeheißen, weil ab 5.000 Metern Flughöhe Verpflichtungen keine Verpflichtungen mehr sind. 
  • Die Türme der deutsche Bank wurden von 170 Beamten durchsucht, weil man ab 150 Metern Gebäudehöhe das Geschäft nach Art libanesischer Hauptstadtclans organisiert. 
  • Die IT-Messe „Cebit“ wurde beerdigt, weil sich die Digitalisierung im politischen Wolkenkuckucksheim ohne Publikum viel besser planen lässt.
  • Die Bundes-Bildungsministerin ließ uns aus dem 14. Stock wissen, es gäbe beim Ausbau des Mobilfunknetzes keinerlei Eile. “5G ist nicht an jeder Milchkanne notwendig”, bügelte sie Klagen über Funklöcher und langsame Handynetze ab. Sonst wird das Bauernpack noch frech.
  • Die Grenzwerte für Stickoxide in Innenräumen werden abgesenkt, damit sie auf der Straße nicht höher gesetzt werden müssen. Diesel-Besitzer hatten immer wieder darauf hingewiesen, dass in Innenräumen höhere Stickoxid-Grenzwerte erlaubt sind als auf der Straße. Das war aber volkspädagogisch kontraproduktiv. Der Plebs da unten muss in Zukunft also nicht nur zu Fuß gehen, sondern möglicherweise auch auf der Straße schlafen.

Und zum Schluss noch ein echtes Highlight: Die EU-Kommission und die nationalen Regierungen haben einen abgestimmten Aktionsplan erarbeitet, um Europa zur „weltweit führenden Region“ von künstlicher Intelligenz aufsteigen zu lassen – er soll in den kommenden Tagen vorgestellt werden. 

Für die Deutschen ist das absolut kein Problem, Deutschland wird längst von künstlicher Intelligenz regiert. Reste natürlicher Intelligenz gibt’s nur noch beim Fußvolk.

Von Dirk Maxeiner ist soeben in der Achgut-Edition erschienen: „Hilfe, mein Hund überholt mich rechts. Bekenntnisse eines Sonntagsfahrers.“ Ein ideales Geschenk für Schwarze, Weiße, Rote, Grüne, Gelbe, Blaue, sämtliche Geschlechtsidentitäten sowie Hundebesitzer und Katzenliebhaber, gleichsam als Zündkerze für das Fest der Ruhe und Besinnlichkeit. Portofrei zu beziehen hier.

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Steffen Huebner / 02.12.2018

Keiner hat sie vermißt, es ging beim G20 offensichtlich auch ohne Merkel alles seinen Gang. Nur die ständigen Pleiten, Pech und Pannen sind doch peinlich gegenüber der Weltöffentlichkeit. Das wohl aber tragischste Versagen in der Historie der Bundeswehr- Flugbereitschaft geschah 1997 beim Zusammenstoß einer gerade modernisierten Flugbereitschafts-Tubolev 154 über Namibia mit einer amerikanischen Militärmaschine. Dabei starben zehn Besatzungsmitglieder, zwölf Marinesoldaten und zwei mitfliegende Ehefrauen von Crewmitgliedern.  Da über Afrika die Radarüberwachung durch Fluglotsen große Lücken aufweist, gibt es international festgelegte Flughöhen (sog. Flugflächen) für Hin- und Rückflugrichtungen z.B. nach Südafrika. Ursache war die den Piloten der Bundeswehrmaschine im Flugplan falsch vorgegebenen Flughöhe durch eine Verwechselung der Hin- und Rückflughöhen. Die Bundesrepublik mußte Entschädigungen an die Hinterbliebenen zahlen.

Gabriele Klein / 02.12.2018

.... soll das nun heißen dass dem Furz auf kleinstem Raum ein Bußgeld folgt, sofern er nicht mit Hilfe einer Klimaanlage durch geschicktes re-cycling   am Austritt in die freie Natur gehindert wird?  Hmmmm…....die Klimaanlagen der DB, einer “Tochter” der deutschen Regierung, dürften dann wohl zukünftig funktionieren, um dem “Ausstoß” in den Sitzen erster Klasse,  reserviert für BC 100 Inhaber der deutschen Regierung, gerecht zu werden…..........

A. Witzgall / 02.12.2018

Ein heimatlicher Automobilzulieferer hat eben auch seine Arbeitszeit Grenzwerte um zunächst mal 10 % abgesenkt, durch Kurzarbeit. Wäre schön, wenn Annalena, Robert und Konsorten persönlich mit eigenem Geld ausgleichen würden. Vielen Dank schon mal im Voraus.

Uta Buhr / 02.12.2018

Ohne die Achse und ihre zum größten Teil geistreichen, oft witzigen Kommentare wäre ich angesichts dieses völlig vom Kurs abgekommenen Narrenschiffs “Doofdeutschland” schon lange in eine tiefe Depression verfallen. Der heutige Beitrag von Dirk Maxeiner rettet mich über diesen trüben Tag. Er ist an beißendem Sarkasmus nicht zu übertreffen. Wunderbar, dass hier auch der Familie Hase aus Chemnitz erneut ein Denkmal gesetzt wurde. Einen herzlichen Dank an den Autor mit der Bitte um weitere aufmunternde Beitrag.

Sabine Schönfelder / 02.12.2018

Sie können aus politischen Fäkalien humorvolle Goldfäden formulieren! Bewundernswert! Habe weder Hund noch Katze, aber Ihre anzügliche Federführung macht mich neugierig auf Ihr neuestes Werk. Schönen Sonntag!

Archi W Bechlenberg / 02.12.2018

Eine Sternstunde (nicht verwandt oder verschwägert mit einem gewissen Magazin im freien Fall) der Zustandsbeschreibung des Landes 2018. In einer späteren Verfilmung könnte man noch aus dem Nichts Frau Bär auftauchen lassen. “Braucht jemand ein Lufttaxi?”

Norbert Rahm / 02.12.2018

Nach der verspäteten Ankunft hat Angela Merkel erstmal ein Steak gegessen, und ist im Anschluss sofort wieder zurückgeflogen, bevor die Flugbereitschaft wieder bereit oder ein Gericht sie zurückholen wollen könnte. Die Bilder von Angela Merkel beim Verlassen von “Don Julio” mit rotem Lichtschein um den Mund (extrablutig) sind übrigens köstlich.

Christa Blessing / 02.12.2018

Einfach köstlich, Herr Maxeiner. Herzlichen Dank für den Aufsteller. Bei der herrschenden politischen Tristesse ist es wundervoll, solch einen Beitrag geniessen zu können.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen

Es wurden keine verwandten Themen gefunden.

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com