Dirk Maxeiner / 05.04.2020 / 06:15 / Foto: Bildarchiv Pieterman / 103 / Seite ausdrucken

Der Sonntagsfahrer: Licht am Ende des Tunnels

Man darf die Hoffnung nicht fahren lassen. Dieser Sonntagsfahrer besteht deshalb nur aus guten Nachrichten. Man nennt das „Constructive Journalism". Ich habe mich deshalb gestern total konstruktiv auf die Seite „Aktuellen Luftdaten“ des Umweltbundesamtes begeben.

Dort findet sich die Luftqualität vieler großer Städte mit den einzelnen Messstationen. Ich habe mir einige mit den schlechtesten Werten in großen Städten angesehen. Straßen also, wo nach Ansicht der Bundesumwelthilfe und ihrer politischen Reichsverweser die Menschen in Vor-Corona-Zeiten reihenweise von den Balkonen gekippt sein müssten, geplagt vom Feinstaub und vom Dieselqualm. Ich war so hoffnugsvoll gestimmt wie die Jünger, die Jesus über den See Genezareth folgten.

Da das Wirtschaftsleben und der Autoverkehr mittlerweile – vorsichtig gesagt – eingeschränkt sind, müsste die Luftqualität sich von Anfang März bis Anfang April an den neuralgischen Punkten eigentlich drastisch verbessert haben. Doch Stickoxid und Feinstaub sind vielerorts immer noch da, oft sogar mit ansteigendem Trend. Exemplarisch hier die Belastung auf der Hamburger Stresemannstraße laut „Luft.hamburg.de“. Da geht es in den letzten vier Wochen nämlich rauf und runter wie eh und je. Und ich stehe staunend vor einem großen Rätsel der Menschheit. So wird es womöglich auch unseren Enkeln gehen, wenn sie in 50 Jahren genüsslich an der Strandpromenade von Boltenhagen liegen und sich wundern, warum ihre bekloppten Großeltern das Klima retten wollten. So wie ich mich heute wundere, warum die bekloppten Deutschen ihre erfolgreichste Motorentechnologie entsorgt haben. Statt Selbstzünder produziert das Land nun Rohrkrepierer am laufenden Band.

Umsonst nach Bukarest und Erivan verschickt

Der gegenwärtige Großversuch mit der Käfighaltung des gemeinen Bürgers ist zugleich ein Fest für die Wissenschaft. Solche Vergleichsdaten gab es bislang allenfalls für die amerikanische Luftfahrt vor und nach dem 11. September. Mal sehen, ob sich ein paar Wissenschaftler finden, die diese Statistiken fachkundig auswerten, vielleicht haben wir unsere Diesel ja vollkommen umsonst nach Bukarest und Erivan verschickt. 

Grundsätzlich befinden wir uns ja in einem Zustand, den Klimaretter für wünschenswert halten und gerne in die Zukunft fortschreiben würden. Die Zeit des "radikalen Verzichts" für die "ökologischen Vandalen" ist gekommen. Falls sie dieser Tage  vor dem Supermarkt in der Schlange stehen, betrachten sie es als Anschauungsmaterial dafür, welcher Gewinn an Lebensqualität uns ins Haus steht. Wir sind auf dem besten Wege, das Klima durch "Suffizienz" zu retten und sehen dem Endheil entgegen.

Bio-Hühner und Borkenkäfer haben in der Welt der "Großen Transformation" mehr Freiheiten als der Mensch. Doch – und das ist die nächste gute Botschaft – noch nicht mal die Viecher können was damit anfangen. Burkhard Roloff etwa, Landwirtschaftsexperte beim BUND, beobachtet, dass die Hühner ihren Stall praktisch nicht verlassen. "Den Hühnern müssten Anreize geschaffen werden, dass sie rauslaufen, also es müssten Unterstände gebaut werden und vor allem Hecken, Büsche oder Bäume gepflanzt werden. Das sind Fluchttiere, die haben sonst Angst vor Greifvögeln." Oder, wie Peter Altmaier es sagt: "Oberstes Ziel der Wirtschaftspolitik in dieser Lage muss nun sein, Unsicherheit abzubauen. Kein gesundes Unternehmen sollte wegen Corona in die Insolvenz gehen, kein Arbeitsplatz sollte verlorengehen. Wir spannen daher ein umfassendes Schutzschild für Beschäftigte und Unternehmen." Liebe Bankrott-Gemachte, lauter Good News: Unter dem breiten Federkleid der Chefglucke ist für alle Platz, kommt, piep, piep.

Welch ein Glücksmoment: Die humane Käfighaltung ist durchgesetzt, wir streben dem finalen Paradies der flugunfähigen Werktätigen entgegen. Keine Malle-Flüge mehr, keine Autos, keine Früchte aus fernen Ländern, keine Reisen und keine Bundesliga. Ganz so, wie sich das der Spiegel schon mal erträumt hat: "Das Pausenbrot für die Kinder in Joghurtgläser stecken und dann mit einer Wollsocke verpacken, damit sie im Ranzen nicht zerspringen. Spülmittel selbst herstellen, aus Kernseife, Soda und Wasser. Alles nur, um auf Plastikverpackungen zu verzichten."

Es hat wirklich wunderbar geklappt, und Spiegel-Chef Steffen Klussman verkündet die nächste frohe Botschaft: Kurzarbeit und einen harten Sparkurs. Die planmäßig abgeschaffte Automobilindustrie und Reisebranche kündigen solidarisch ihre Anzeigenaufträge, die großen Energieversorger haben ja schon länger fertig, es läuft alles nach Plan. Mission accomplished!

"Das wäre ein fatales Signal" 

Angesichts von so viel guten Nachrichten, bleiben mir nur noch zwei Schlussbemerkungen. Eine globale und eine lokale. Die globale: Die nächste Klimakonferenz in Glasgow wurde abgesagt, weil ja alle Forderungen bereits konsequent in die Praxis umgesetzt sind. Die arbeitslosen Deligierten gelten allerdings als schwer vermittelbar, fürs Spargelstechen scheinen sie nicht geeignet zu sein.

Und nun die  lokale Nachricht. Die Elektro-Roller, über die ich bisher beim Verlassen meiner Wohnstatt des Morgens gestolpert bin, sind verschwunden. Einem Bericht von Die Welt entnehme ich, dass in dieser Branche "Nur die Hoffnung bleibt". Auch Oliver Mackprang, Chef des Carsharing Anbieters Miles, sieht der Zukunft so entschlossen entgegen wie der Führer dem Kessel von Stalingrad, macht aber weiter "um den Kritikern nicht recht zu geben". Der Car-Sharer kleidet seine Philosophie in folgende trotzige Worte: "Würden wir unser Angebot jetzt einstellen, wäre das ja das  Eingeständnis, dass es in Krisenzeiten doch besser ist, ein eigenes Auto zu haben. Das wäre ein fatales Signal." 

Möglicherweise wäre es in Krisenzeiten auch besser, ein eigenes AKW zu haben, eine eigene Armee, eine eigene Medikamenten-Produktion. Aber wir sollten weiterhin darauf verzichten, um den Kritikern nicht recht zu geben. Schöner als mit diesem Satz kann man die gegenwärtige deutsche Politik nicht auf den Punkt bringen. 

Von Dirk Maxeiner ist in der Achgut-Edition erschienen: „Hilfe, mein Hund überholt mich rechts. Bekenntnisse eines Sonntagsfahrers.“ Ideal für Schwarze, Weiße, Rote, Grüne, Gelbe, Blaue, sämtliche Geschlechtsidentitäten sowie Hundebesitzer und Katzenliebhaber, als Zündkerze für jeden Anlass(er). Portofrei zu beziehen hier.

Foto: Bildarchiv Pieterman

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Leserpost

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Wolfgang Nirada / 05.04.2020

Den linksgrünen Volltrotteln geht nicht mal dann ein LED-Lichtlein auf wenn sie vor dem Supermarkt stehen und der dieselgetriebene LKW mit dem heißbegehrten Klopapier kommt nicht und kommt nicht… Aber - kleiner Tip: das Parteiprogramm der GRÜNEN ist für solche Zwecke auch bestens geeignet…

Nikolai Birkenau / 05.04.2020

@Dr. Karl Wolf Nun, es könnte nicht mehr lange dauern, da werden auch unsere Kinder keine Supermärkte und Überholspuren mehr kennen. Hilft das den Kindern in Afrika irgendwie weiter? Oder uns?

Karla Kuhn / 05.04.2020

“Die Zeit des “radikalen Verzichts” für die “ökologischen Vandalen” ist gekommen.!”  Die “ökologischen Vandalen” , (die Vandalen waren nicht so schlimm, wie es ihnen nachgesagt wird)  und Verzicht ?? Nachdem was ich in den letzten zwei Wochen beim einkaufen erlebt habe, müssen die Vandalen dagegen echte Waisenknaben gewesen sein !  Werner Geiselhart, solche Typen wie Krischer wollen sicher auch mal zu Wort kommen.  Der ist mir unbekannt. Ich habe mir heute den neuesten Vortrag von Prof. Krall angehört, wenn nur ein Teil davon eintritt, dann gute Nacht Deutschland- für die ehemalige Mittelschicht und natürlich für die ganz Armen. “....wenn sie in 50 Jahren genüsslich an der Strandpromenade von Boltenhagen liegen und sich wundern, warum ihre bekloppten Großeltern das Klima retten wollten.”  Das sind dann meine URENKEL, falls sich einer meiner vier Enkelbuben samt ihren Freundinnen/ Frauen überhaupt mal entschließen sollte mir wenigsten eins zu “schenken.” Und da sie ganz genau ihre Großmutter samt Einstellung kennen, die sie mit mir teilen, werden sie sich wahrscheinlich aus dem sicheren Ausland nur wundern, WARUM WIR das SOO lange geduldet haben ! Andreaa Bayer, danke für Ihre wunderbare “Satire.”  Wenn die “bösen alten Männer” keine Brut gezeugt, hätten. wäre die Welt bereits ausgestorben !! In den Bussen etc. seh ich kaum noch “strahlende Kinderaugen”, meistens gestreßte Mütter, die wahrscheinlich ihre Kinder (“BRUT”) abgeben müssen, um sich mit dem Mindestlohn über Wasser zu halten. Die “große Merkel -Transformation” wird - so sehe ich das- völlig anders ausgehen, als Merkel sich das gewünscht hat,  aber ihr kann es- genau wie uns “ALTEN WEISEN !!” egal sein, weil wir nämlich dann in der “KISTE” liegen. Damit muß sich dann die (meistens Helikopter) “Brut” rumschlagen. “Schöner als mit diesem Satz kann man die gegenwärtige deutsche Politik nicht auf den Punkt bringen.”  TRAURIGER, Herr Maxeiner !!

Friedrich Richter / 05.04.2020

Ich sehe unsere Enkel durchaus in 50 Jahren in Boltenhagen: Als Touristen, um sich das Land anzusehen, aus dem ihre Grosseltern einst ausgewandert sind, und um sich zu sagen, dass sie Glück mit ihren Grosseltern hatten, denn sonst würden sie jetzt nicht in einem freien, hochentwickelten Land leben (davon wird es auch in 50 Jahren einige auf der Welt geben).

B. Kurz / 05.04.2020

@M.Schneider ... Ich befürchte auch, dass es so kommen wird, wie Sie schreiben. Dieses Volk macht mir mehr Angst als Corona! Bis es soweit ist, genieße ich aber noch, dass der Kampf gegen Räächts und für’s Klima jetzt noch eine Weile warten muss.    @Dr. Karl Wolf ... Wenn das alles ist, was Sie aus dem Artikel herauslesen, beglückwünsche ich Sie zu Ihrem sanften Gemüt.

Mats Skinner / 05.04.2020

„Ich sehe Licht am Ende des Tunnels!“ ruft hoffnungsvoll der Proktologe, ist aber vielleicht nur der geöffnete Mund, wenn er zu weit mit dem Endoskop durch den Körper gefahren ist… Ihr Enkel werden nicht bis Boltenhagen, sondern es nur mit dem Lastenfahrrad von Berlin bis zum Wandlitzsee schaffen, da man die Ostsee ohne Autos nicht mehr erreichen kann. Angst ist kein guter Berater: Wenn ich alle meine politischen Entscheidungen ausschließlich davon abhängig mache, ob sie dem politischen Gegner nutzen könnte, dann bin ich bald bis zur Unbeweglichkeit eingeschränkt. Und übrigens Palmsonntag – heißt er nur, weil wir da all derer gedenken sollen, die uns mal wieder auf die selbige gebracht haben.

G. Kramler / 05.04.2020

So lasset uns frohen Mutes schlafen gehen und demütig den Tag erwarten, an dem uns die Kanzlerin aller Tage und Nächte offenbaren wird, in welcher post-demokratischen, post-ökonomischen, post-irgendwas-noch, Gesellschaft wir in Zukunft leben wollen sollen.

Jens Richter / 05.04.2020

Morbus luxuriosus. Ich beantrage den Eintrag ins ICD-10 (unter F20 ff). Wohlstandsirre entwickeln überwertige Ideen bis hin zur manifesten Paranoia, wenn ihnen eine Einschränkung ihrer Spaßwelt abverlangt wird.

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