Dirk Maxeiner / 06.06.2021 / 06:00 / Foto: Pixabay / 47 / Seite ausdrucken

Der Sonntagsfahrer: Klimaraserei mit Lumpi

Die Deutschen müssen sich eigentlich keine Sorgen um den Nachwuchs machen. Zumindest nicht, wenn man die Anzahl der Haustiere betrachtet: In zwölf Millionen deutschen Haushalten leben insgesamt rund 34,9 Millionen Tiere, wenn Fische und Terrarien-Bewohner mitgezählt werden, sollen es sogar 39 Millionen sein. Die Anzahl der Kinder unter 14 Jahren erscheint mit 11 Millionen dagegen gering. 

Jetzt sind die Haustiere ins Gerede gekommen, weil die Annalena sie angeblich verbieten will, was aber nicht stimmt. Da hat der Hamster nochmal Glück gehabt. Und die Kinder auch, denn die lieben nun mal Tiere. Haustiere gibt es nämlich überdurchschnittlich häufig bei Familien mit Schulkindern. Wobei nicht klar ist, ob die Haustiere wegen der Kinder oder die Kinder wegen der Haustiere angeschafft wurden. Ist ja auch egal.

Auf ein Kind im Vorschulalter kommen gleich mehrere Haustiere. Hund, Katz & Co feiern diese Erfolge, obwohl eigentlich alles gegen sie spricht: keine Tagesmütter, keine Krippenplätze, kein Anspruch auf einen Platz im Hunde- und Katzengarten, keine Vereinbarkeit mit der Berufstätigkeit, keine Ganztagsschule, kein Hunde- oder Katzengeld. Ja überhaupt keinerlei politische Flankierung, ganz im Gegenteil: Der Hund kostet sogar Steuern. Allerdings darf er im Gegensatz zu Kindern auch während des Lockdowns ohne Maske nachts Gassi geführt werden. Seit Corona steht das Tierwohl irgendwie über dem Kindeswohl.

Wie jeder aus unserer Kolumne „Woher kommt der Strom?“ weiß, sind Hamsterräder außerdem das Rückgrat der Energiewende und somit unantastbar. Leider hat das niemand meinem Dackel Lumpi erzählt, der mir in meiner Kindheit ein Hamster-Trauma beschert hat. Des Nachts öffnete er den Käfig und erwürgte den unschuldigen kleinen Nager herzlos. Anschließend apportierte der Verbrecher ihn brav und legte ihn vor mein Bett. 

Vielleicht erinnert der eine oder andere sich an die berühmte Szene aus „Der Pate“ („Godfather“), in der die ehrenwerte Gesellschaft einem wohlhabenden, aber in Ungnade gefallenen Herren den abgetrennten Kopf seiner Lieblingsstute unter der Bettdecke serviert. Genauso ging es mir mit Lumpi und dem Hamster. Ich wollte Lumpi eigentlich meucheln, er war aber schneller um die Ecke als ein Hase bei der Treibjagd. Den Hamster nahm das Untier mit, so dass ich noch nicht einmal ein würdiges Begräbnis veranstalten konnte.

Zum Glück war mir damals noch nicht klar, was heute dank der Süddeutschen Zeitung wissenschaftlich bewiesen ist: Die Ökobilanz eines Hundes entspricht einer jährlichen Autofahrleistung von 3.700 Kilometern, die einer Katze 1.400 jährlichen Fahrkilometern. Da ich im Jahr etwa 12.000 Kilometer zurücklege, genügt es also vollkommen, drei Dackel tot zu fahren, um astrein und vorbildlich klimaneutral unterwegs zu sein. Auf dem Lande ist man ja eher robust im Denken, und so meldet "inFranken.de": „Ein Kind schadet dem Klima mehr als 24 Autos“. Ich gebe zu, jetzt wird es allmählich makaber, denn kleine Kinder darf man nur totfahren, wenn sie Adolf heißen: So wie in diesem (inzwischen unautorisierten) Mercedes Werbespot.

Besser ist es natürlich, wenn die kleinen Racker gar nicht erst auf die Welt kommen, darüber klärt verdienstvollerweise die WDR-Jugendseite Seite „Quark“ auf – pardon kleiner Scherz – „Quarks“. „Wie klimaschädlich sind Kinder wirklich?“ wird dort gefragt, „denn unter dem Hashtag #birthstrike bei Twitter tauschen sich Menschen über Kinder und den Klimaschutz aus“. Weiter heißt es: „Sie wollen aus Angst vor den Folgen des Klimawandels keine Kinder in diese Welt setzen. Sie wollen keine Kinder in die Welt setzen, weil deren pure Existenz den Planeten weiter zerstört. Sie wollen keine Kinder in die Welt setzen, um mehr Zeit für Klimaschutzaktivitäten zu haben.“ Die einzige Frage, die nicht beantwortet wird, ist diese: Für wen wollen die den Planeten eigentlich erhalten, wenn da keiner mehr „Mama" brabbelt? Für Lumpi und den bösen Wolf? Und was hilft das, wenn drei Lumpis schlimmer sind als ein Auto?

Aber vielleicht hat ja jemand eine bewusstseinserweiternde Idee. So wie beispielsweise ein Geoökologe von der TU-Berlin. Der hat die Umweltauswirkungen der Vierbeiner in verschiedene Kategorien eingeteilt. Um die gesamte Ökobilanz eines deutschen Durchschnittshundes mit 15 Kilogramm Gewicht und einer Lebenserwartung von 13 Jahren zu erstellen, wurde zum Beispiel erfasst, inwieweit das Leben der Hunde Auswirkungen auf den Klimawandel, die Versäuerung der Böden oder die Wasserverschmutzung hat.

Heraus kam laut Bayrischem Rundfunk: „Besonders umweltbelastend ist die Herstellung von Hundefutter. Sie fällt in fast allen untersuchten Kategorien negativ auf, schneidet aber bei den klimaschädlichen Gasen besonders schlecht ab. Auch die Ausscheidungen der Tiere tragen in vielerlei Hinsicht zu einer Belastung der Umwelt bei“. Zunächst mal zum Thema Hundefutter: Wenn ein Hund zwei Katzen frisst, ist er komplett klimaneutral. Das wird Lumpi anspornen. Und jetzt zu den klimaschädlichen Gasen. Was machen wir bloß mit den Elefanten? Die kann man ja nicht so ohne weiteres totfahren, obwohl es sich echt rechnen würde: Ein toter Elefant als Kerbe am Kotflügel macht dich lebenslang zum Umweltengel.

 

Von Dirk Maxeiner ist in der Achgut-Edition erschienen: „Hilfe, mein Hund überholt mich rechts. Bekenntnisse eines Sonntagsfahrers.“ Ideal für Schwarze, Weiße, Rote, Grüne, Gelbe, Blaue, sämtliche Geschlechtsidentitäten sowie Hundebesitzer und Katzenliebhaber, als Zündkerze für jeden Anlass(er). Portofrei zu beziehen hier.

Foto: Pixabay

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W. Hoffmann / 06.06.2021

Ich finde, da wird völlig außer Acht gelassen, welche Gutschrift man für den “Unfalltod” eines vielfliegenden deutschen Vorbildpolitikers (l/m/a) bekommt. Da kriegen Sie zu den Jahreskilometern Marke “Corvette” noch gratis eine Million Freiflugmeilen dazu. Auf gehts! Das ist selbstverständlich reine Satire, gell.

Hjalmar Kreutzer / 06.06.2021

Wie viele heiße Luft absondernde Klimaaktivist:innen und ÖR-Redakteur:innen muss ich mit einer B-Klasse, Diesel, 6 Jahre alt, Schadstoffklasse 4, plattfahren, damit meine Klimabilanz wieder auf Null ist? Wie viele kämen für mein künftiges Enkelkind und den Dackel der werdenden Mutter hinzu? Wie groß, wie laut müssen diese Aktivist:innen und Redakteusen sein?

Walter Weimar / 06.06.2021

Wenn die Herstellung von Hundefutter so klimaschädlich ist, dann ist ersatzweise der Verweis auf Kinder doch nahe. Deren “Herstellung” ist noch nicht klimatechnisch erwähnt. Es hätte zwei weitere positive Effekte: Hund die fressen bellen nicht (weil störend) und das Geschrei der Ranzen wäre auch weniger. Dritter Punkt, die Eltern hätten wieder mehr Zeit zum kiffen.

U. Unger / 06.06.2021

Tierisch lustig! Das mit dem keine Kinder in die Welt setzen gibts schon lange! Die erste mir bekannte politisch motiviert bekennende Aussage stammt von 1979: “Der ganz normale Wahnsinn” . Eine Fernsehserie von Helmut Dietl. Heutige Erklärungen sind genauso komisch. Ich danke für morgentliche Heiterkeit, Herr Maxeiner.  MfG uu

Gerald Schwetlik / 06.06.2021

Das schlimmste an diesem grandiosen Artikel ist, dass die Zitate alle korrekt sind und diese dummen Vollhorste nicht einmal merken, wie dumm ihre Ergüsse sind.

M. Schraag / 06.06.2021

Wie ist die Ökobilanz eines vielfliegenden grünen PolitikerIns? Statt eines Elefanten ...

Dr. Joachim Lucas / 06.06.2021

Mit dem “Klima-Argument” lässt sich alles verbieten. Man sieht ja wie irre die Leute schon denken. Aber an Geldscheine hat noch niemand gedacht. Denn in ihnen manifestiert sich ja geleistete Arbeit (jedenfalls noch bei einigen). Sie verkörpern also einen großen “CO2-Fußabdruck”. Der 5er weniger, der 200er mehr. Also Geld abschaffen ist die Lösung! Nicht mehr arbeiten! Und der Staat versorgt uns über das hinaus, was wir, die Erde natürlich ausbeutend, aus unserem Balkonacker an Kartoffeln usw. herausholen. Mit dieser Lösung treffe ich bestimmt den Nerv und das infantile Argumentationsniveau dieser Leute. Da wären wir dann so auf dem Niveau der Roten Khmer oder der Grünen Jugend.

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