Ich weiß gar nicht, was die Aufregung soll. Die grüne Bürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, Monika Herrmann, hat ein Video verbreitet, auf dem vorgeführt wird, wie man Leihräder knacken kann. Na und? So etwas nenne ich Bürgernähe und ausgleichende Gerechtigkeit. Warum sollen immer nur die Anderen klauen dürfen? Angela Merkel klaut den Grünen die Themen und vergisst, die Folgen zu bezahlen, Familienministerin Franziska Giffey klaut ein Drittel Ihrer Doktorarbeit, der Juso-Vorsitzende Kevin Kühnert will reihenweise Wohnungen klauen. Der Gebildete nennt das nur anders. Wohnungen werden in der talkenden Klasse „enteignet“ oder „verstaatlicht“, Doktorarbeiten „angeeignet“. Aus Gründen der Abwechslung können auch die Begriffe „sozialisieren“ und „vergesellschaften“ angeführt werden.
Die kommende CO2-Steuer, von vereinzelten Widerständlern auch "Daseinssteuer" genannt, wird dann dazu führen, dass es absolut keine Lebenssituation mehr gibt, in der man vor staatlichen Kleptomanen sicher ist. Die erste Hälfte des Jahres ist Klauen in Deutschland ja ohnehin schon offizielle Regierungspolitik. Schätzt zumindest der Bund der Steuerzahler, der jeweils im Sommer den „Steuerzahlergedenktag“ ausruft. Bis zu diesem Tag arbeitet der Bürger ausschließlich für die staatlichen Langfinger, danach darf er seinen Lohn behalten. 1960 fiel der Steuerzahlergedenktag auf den 1. Juni, vergangenes Jahr auf den 18. Juli. Wir werden also inzwischen 6 Wochen länger beklaut als in den goldenen Sechzigern. Angesichts dieser Tatsache wird der gemeine Bürger ja wohl noch ein Leihfahrrad vergesellschaften dürfen. Für die detaillierte Video-Anleitung mein aufrichtiger Dank! Zumal der Schritt zur Sozialisierung der Drahtesel aufgrund anderer Berliner Regierungs-Aktivitäten demnächst ohnehin notwendig sein könnte. Beispielsweise für Leute, denen der Staat gerade ihren alten Diesel weggenommen hat. Ab jetzt wird zurückgeklaut, besonders in Berlin.
Regine Günther beispielsweise, Senatorin für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, überrascht immer wieder mit kreativen Vorschlägen zur vollständigen Stilllegung der Hauptstadt. Eigentlich will sie die den Leuten die Autos komplett klemmen, sie nennt das „ein neues Konzept für urbane Mobilität“. Bei dem dient das geklaute Fahrrad als innovative Mobilitäts-Drehscheibe. Ihre Idee vom finalen Autoklau wurde allerdings nur mit verhaltener Begeisterung aufgenommen, weshalb Frau Günther jetzt auf eine noch bessere Idee kam: Berliner Autofahrer sollen vor dem Autofahren als Citymaut erst ein Nahverkehrsticket kaufen, zur Strafe sozusagen. Der Wirksamkeit dieser Methode steht freilich die Berliner Generalstaatsanwältin im Wege: Die will die Gerichte der Stadt entlasten – und den Straftatbestand des Schwarzfahrens abschaffen. Autofahrer, die ohne BVG-Ticket erwischt werden, gehen also ohne Fahrschein straffrei aus. Da haben wir nochmal Glück gehabt.
Warum klauen Russen immer zwei Autos?
Die Idee des Bike-Sharing sollte man indes weiterentwickeln, beispielsweise indem man Monika Herrmanns Fahrrad mitgehen lässt. Die ist ganz stolz darauf, dass es in ihrem Bezirk keine „personenbezogenen“ Dienstwagen mehr gibt. Man beachte die Wortwahl: Es gibt in Friedrichshain-Kreuzberg durchaus noch Dienstwagen, nur keine „personenbezogenen“ mehr. Das „personenbezogene“ Automobil kommt in Berlin inzwischen ohnehin aus der Mode, denn In keiner Stadt werden so viele Autos gestohlen wie in Berlin. Bislang lautete ein gruppenspezifisch diskriminierender Witz: „Warum klauen Russen immer zwei Autos? Weil sie auf dem Rückweg durch Polen kommen“. Die künftige Version heißt: „Warum klauen Russen immer drei Autos? Weil sie auf dem Rückweg durch Polen kommen. Und das erste in Berlin vergesellschaftet wurde“.
Ein überklebtes Porsche Werbe-Plakat an der Urania brachte die gesellschaftliche Pionierleistung der Kleptomanen unlängst auf den Punkt: „Klaut Autos statt Fahrräder“. Das sei „gut fürs Klima, top fürs BIP und einfach sympathisch“. Gezeichnet: „Bundesministerium für alle und den Menschenverstand“. Fußnote: „Klauen mit Verantwortung. Teilnahme ab 18 Jahren“. Das hat sowohl mein linkes als auch mein rechtes Herz höher schlagen lassen.
Früher beschäftigte mich in meinen Tagträumen die Frage, welches Auto ich mir gerne kaufen würde. Jetzt träume ich davon, welches Auto ich gerne klauen würde. Ich finde, diese Veränderung beschreibt recht gut die Hinwendung zu einem zukunftsgewandten Deutschland, in dem dein Besitz täglich neu ausgehandelt wird. Da muss man einfach dabei sein. Die nachgeborenen Gretas und Kevins müssen sich jedenfalls ob der Anpassungsfähigkeit der älteren Generation warm anziehen. Frei nach dem Kalauer: „Klauen Deine Eltern? Du siehst so mitgenommen aus.“
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