Dirk Maxeiner / 03.02.2019 / 06:15 / 44 / Seite ausdrucken

Der Sonntagsfahrer: Hurra, ein Weltraumgesetz!

Ja, das ist doch mal eine Ansage: Deutschland will bis 2020 ein nationales Weltraumgesetz verabschieden, man muss sich das als so eine Art legislatives Lufttaxi vorstellen. Es geht dabei allerdings nicht um die Frage, ob der Islam zum Weltraum gehört oder ob E.T. und seiner Verwandtschaft eine privilegierte Einreise gestattet sein sollte. Es geht eher um Ausreisewillige, das werden ja immer mehr. Denen sollen möglichst wenig bürokratische Hürden für private Investitionen ins All in den Weg gelegt werden, heißt es. „Weltraum-Bergbau wird zum Milliardengeschäft“, freut sich die Bildzeitung.

Allein der Trabant „Amun“ soll laut dem „Bundesverband der deutschen Industrie“ Rohstoffe im Wert von rund 20 Milliarden Dollar mit sich führen. Ein gewissermaßen salomonischer Fortschritt: Die Bagger werden im Hambacher Forst abgebaut und in eine Umlaufbahn befördert. Die Rohstoffe kommen künftig nicht mehr mit dem Binnenschiff, sondern per Raumschiff. Das nennt sich Hightech-Strategie.

Es schafft Arbeit für Außerirdische und Unterirdische und stellt sicher, dass der Nachschub an Gesetzen nicht abreißt. Deutschland ist ja gewissermaßen durchgeregelt, allein der Bund hat, grob geschätzt, rund 2.000 Einzelgesetze mit über 50.000 Einzelnormen. Es gibt überdies viele tausend Rechtsverordnungen mit weiteren 50.000 Einzelvorschriften. Deshalb ist der Schritt in den Weltraum nur logisch, damit das gesetzproduzierende Gewerbe nicht in Not gerät.

Da kann Greta nicht mit der Bahn hinterherfahren

Auf dem Planeten Merkel gibts nichts mehr zu tun, der Atomausstieg ist perfekt, der Kohleausstieg auch, Fracking praktisch verboten, selbst gentechnisch erzeugte Bio-Rohstoffe wie die Industriestärke-Kartoffel Almflora wurden abgewürgt. Da bleibt für Kohle und Kartoffeln nur das All. RWE und E.ON, demnächst auch die Autoindustrie und die moderne Landwirtschaft, werden auf den Mond geschickt und finden in fernen Galaxien eine neue Heimat. Auf dem Weg dorthin möchte man ihnen keine unnötigen Hürden in den Weg stellen, das ist sehr nobel. Außerdem kann ihnen Greta nicht nachstellen, die fährt ja nur Bahn. 

Statt Greta warten rund 15.000 Asteroiden in der näheren Umgebung auf die Deutschen Rohstoff-Pioniere. Mit einer russischen Sojus-Rakete dauert die Reise dahin kaum länger als Steinmeiers Rückkehr aus Äthiopien. Zum Glück gibt's keine deutschen Staatsraketen. Steinmeier wird wohl per Anhalter durch die Galaxis eilen, um dort Frieden und Besonnenheit anzumahnen. Die Anschaffung einer Dienst-Sojus kommt aus ökologischen Gründen nicht in Betracht, die ist ja mit rund 80 Tonnen Kerosin und 194 Tonnen flüssigem Sauerstoff so eine Art Weltraum-Diesel. 

Fast 300 Tonnen Treibstoff bringen das Ding mit einer Schubkraft von vier Mega-Newton in den Orbit. „Grob vergleichbar mit 26 Millionen PS“, sagt der deutsche Astronaut Alexander Gerst. Dabei schafft das Ding 28.000 Kilometer pro Stunde. Ich fahnde bei ebay bereits nach einer gebrauchten Sojus, denn ich möchte  unbürokratisch mit 26 Millionen PS am Stuttgarter Neckartor vorbeirauschen und zum letzten Mal Staub aufwirbeln. 

„Die Regierung greift nach den Sternen“, schreibt Bild, schließlich wolle Deutschland im All „ganz vorne mitspielen und das auch gesetzlich verankern“ (deshalb brauchen wir vor der nächsten Fussball-WM auch ein nationales Strafraumgesetz). Vor wenigen Wochen schickte das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt schon mal einen Satelliten mit Gewächshaus ins All, auf dem Tomaten sprießen sollen, die mit dem Urin von Astronauten bewässert werden. Schon daran sieht man, dass dringender Regulierungsbedarf besteht. Deutsche Stehpinkler im Weltraum, das geht gar nicht.

Also das mit dem Pinkeln ist ein ethischer Grenzfall. Ich erinnere mich daran, dass vor Jahren die Forderungen nach Schließung des Münchener Forschungs-Reaktors Garching unter anderem damit begründet wurden, dass dort mit Strahlung behandelte Krebs-Patienten auf dem Nachhauseweg auf einen Autobahnparkplatz urinieren – und das schöne Bayern so verstrahlen könnten. Da müssen dringend Grenzwerte her. Wenn die Jungs aus dem All mit der Kohle zurückkommen, müssen sie vermutlich für zehn Jahre in Quarantäne. In der Zeche Zollverein sind aber noch Stollen frei.

Die Windräder hängen an der Decke

Der Weltraum-Einstieg erinnert mich übrigens ein bisschen an den Atomkraft-Ausstieg. Angela Merkel kommentierte den 2011 mit der Anmerkung, Deutschland sei „Vorreiter zur Schaffung eines neuen Zeitalters". Inzwischen kommt das Wallstreet-Journal zu dem Schluss, das Deutschland „weltweit die dümmste Energiepolitik" betreibe, Frau Merkel hatte also recht mit dem neuen Zeitalter. Ist halt ein verdammt gutes Gefühl und Balsam für die deutsche Seele: Wir sind Vorreiter! Moralisch, technisch und überhaupt. Und die Welt muss uns hinterherreiten. Jetzt sogar in den Weltraum. Ich bin sicher, keiner wird ein besseres Weltraumgesetz als wir haben. Die Amerikaner, die Russen und die Chinesen werden uns um unser neues Weltraumgesetz beneiden. Ansonsten sind sie gegenüber unserer Hightech-Strategie ziemlich ignorant, denn in diesen Ländern hängen die Windräder meistens an der Decke und fächeln dir eine kühle Brise zu. 

Die leben da nach dem Lenin'schen Motto: Vertrauen ist gut, ein Notstromaggregat besser. Gibt es bei ebay schon für ein paar hundert Euro (noch). Ja, ich weiß, ich nerve: Die Warnungen vor winterlichen Blackouts und Zusammenbrüchen der Stromnetze sind im Lande der Weltraum-Gesetzgebung nur Panikmache von beleidigten Atom-Fuzzis. Die haben den Ausstieg nicht verwunden, diese Ewiggestrigen.

Und Leute mit Notstromaggregat sind ohnehin verdächtig. Das habe ich jetzt schriftlich. Von der Bundesregierung. Ich bin nämlich ein „Prepper“. Das sind laut Bundesregierung Leute, „die sich Vorräte (Lebensmittel, Dinge des alltäglichen Bedarfs, eventuell auch Waffen zur Verteidigung) anlegen, um auf Katastrophen (Naturkatastrophen, politische Umstürze, Kriege) vorbereitet zu sein.“ Das steht in der Antwort auf eine Anfrage von FDP-Bundestagsabgeordneten. Aus polizeilicher Sicht handele es sich bei „Preppern“ um Personen und Gruppen, „die sich mittels eigens darauf ausgerichteter Maßnahmen, die weit über das vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) empfohlene Maß hinausgehen, auf Katastrophenszenarien vorbereiten und bei denen gleichzeitig waffenrechtliche oder staatsschutzrelevante (alle Phänomenbereiche) Erkenntnisse vorliegen.“ Ein mit Raviolidosen gefülltes Kellerregal legt zumindest den Anfangsverdacht auf eine AfD-Mitgliedschaft nahe. Da hab ich aber Glück gehabt. Ich besitze nur ein Kellerdepot mit 250 Dosen Becks-Bier, das reicht für vier Wochen Blackout. In Verbindung mit einem Waffenschein oder einem Panzerspäh-Fahrzeug wäre ich womöglich ein Fall für den Verfassungsschutz. Ein Glück, dass ich Angst vor Feuerwaffen habe. Allerdings ganz besonders dann, wenn die anderen sie besitzen. Aber vielleicht stelle ich mir zur Sicherheit auch eine Sojus in den Vorgarten. 

Von Dirk Maxeiner ist soeben in der Achgut-Edition erschienen: „Hilfe, mein Hund überholt mich rechts. Bekenntnisse eines Sonntagsfahrers.“ Ein ideales Geschenk für Schwarze, Weiße, Rote, Grüne, Gelbe, Blaue, sämtliche Geschlechtsidentitäten sowie Hundebesitzer und Katzenliebhaber. Portofrei zu beziehen hier.

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Bernhard Krug-Fischer / 03.02.2019

Lieber Herr Maxeiner, und wieder (wie immer)  ein köstlicher Beitrag. Allerdings frage ich mich manchmal, soll ich jetzt lachen oder weinen. Früher war es ja so, dass so manche Regierungen sich in die Außenpolitik „geflüchtet“ haben, wenn innenpolitisch nichts mehr ging. Beim jetzigen Außenminister ist es anscheinend so, dass man jetzt in den Weltraum vorstoßen muss. Traurig. Ich hoffe doch sehr, dass dann das Gesetzt vor Ort im Weltraum in einer „never come back“-Raumstation verabschiedet wird. Und nach der Verabschiedung können dort die ersten Gesetze für das Paralleluniversum geschrieben werden.

Rudolf George / 03.02.2019

Jenen Bürgern, denen man glaubhaft machen kann, dass eine Industrienation ihren gesamten Strom aus Windrädern gewinnen kann und damit die Welt vor der nur so abwendbaren Klimakatastrophe rettet, die zukünftige Wirtschaftskraft durch den Massenzuzug von Unqualifizierten, denen ab Tag 1 ein Sozialvollversorgungsanspruch zusteht, gesichert werden kann, es unsere Gesellschaft bereichert, wenn wir unser Zusammenleben jeden Tag neu aushandeln müssen, und schließlich das vordringlichste Problem unserer Zeit darin besteht, im Namen der Gendergerechtigkeit für abermillionen von Euros die Sprache zu verhunzen und Stehpissoirs für Frauen zu bauen, denen kann man auch glaubhaft machen, dass unsere Zukunft im All liegt. Schon Kaiser Wilhelm träumte von „unserem Platz an der Sonne“. Ich erwarte daher, dass seine Nachfolger als Teil des Weltraumgesetztes nun eine der Sektsteuer ähnliche Abgabe ersinnen werden, um „unseren Platz im All“ zu sichern. Bei der Schaffung von Steuertatbeständen sind Politiker bekanntermaßen um Dimensionen kreativer als beim Bau von Flughäfen oder Konzertsäalen, oder überhaupt der Erkennung und Lösung von tatsächlichen Problemen.

Karla Kuhn / 03.02.2019

Ich muß noch eine Frage stellen, bekommen wir dann alle die “elastische Schwangerschaftskleidung” der Soldatinnen an ? Denn, wie ich gelesen habe, sollen sich doch viele junge Menschen nicht für die BW eignen.  Übrigens, nicht nur Ihr Artikel ist sehr erheiternd, auch die vielen Leserbriefe sind es.

Karla Kuhn / 03.02.2019

“Ein mit Raviolidosen gefülltes Kellerregal legt zumindest den Anfangsverdacht auf eine AfD-Mitgliedschaft nahe. Da hab ich aber Glück gehabt. Ich besitze nur ein Kellerdepot mit 250 Dosen Becks-Bier, das reicht für vier Wochen Blackout.”  Einfach nur noch KÖSTLICH !! (Die Raviolis und das Bier. !!)  Machen Sie sich keine Sogen, Ihnen fehlen die “blonden Zöpfe.” Ich lach mich kaputt, “ “... die weit über das vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) empfohlene Maß hinausgehen,...” Da muß ich doch schnell mal meine imaginären Dosen zählen, denn ich möchte weder als “Nazi” noch als “Prepper” in der “Akte” stehen, mir hat schon der “imperialistische Klassenfeind” gereicht !!  „Die Regierung greift nach den Sternen“, schreibt Bild, schließlich wolle Deutschland im All „ganz vorne mitspielen und das auch gesetzlich verankern“  GANZ VORNE MITSPIELEN UND AUCH NOCH GESETZLICH VERANKERN !! Nee das überstrapaziert meine Lachmuskeln. Vom BER fliegt noch nicht mal nach über 10 Jahre ein Flieger ab! Die Digitalisierung hinkt aber GANZ VORNE mitspielen !! HERRLICH !! Jetzt überlege ich ernsthaft, ob ich auf meine alten Tage nicht doch noch ein “Prepper” werde. WAS wäre der Sonntag ohne Ihre KÖSTLICHKEITEN.

Claudius Pappe / 03.02.2019

Rückwärts immer (in die DDR Zeit) vorwärts nimmer (in die Bonner Republik Zeit) Immer wenn du denkst es geht nicht schlimmer, dann wird es dann noch dümmer. GELBE WESTEN ,im Osten und auch im Westen

Max Schmidt / 03.02.2019

@Nicolaisen: Nee, Nee denn Becks Bier ist Antigender-Bier, weil “Becks Bier löscht Männerdurst”

Marc Blenk / 03.02.2019

Lieber Herr Maxeiner, am deutschen Wesen soll das All genesen. Im ‘Restaurant am Ende des Universums’ (Sie erinnern sich), gibt es dann ja auch endlich für alle Geschlechter und Spezies eine eigene Toilette. Selbst die Kosmonautin C. Roth in dritter Karriere hätte da ein Örtchen zur Verfügung. Ach ja, und die Weltraumkost wird natürlich halal sein. Don’t panic.

Donald Adolf Murmelstein / 03.02.2019

Vergleichen Sie doch einmal die täglichen Berichte (Zeitungen, Internet, TV)  in Deutschland, Frankreich, Spanien und Italien miteinander, Bei genauer Analyse müßte Ihnen sofort auffallen, daß jedes Land die sogenannten “europarelevanten Angelegenheiten” wie EU-Wahlen, Illegale Einwanderung (Umvolkung), Verschuldung etc. politikintern-propagandistisch auslegt. Von einer gemeinsamen EU-Linie der europäischen Völker ist da nicht ein Hauch zu spüren. - Interessant wäre doch sich einmal zu fragen, wo “unsere” Eliten” ihr Geld gebunkert haben. Nehmen wir aus der Geschichte das Beispiel Italien während des Faschismus (1920-1945). Obzwar das italienische Königshaus Savoy mit der faschistischen Regierung gemeinsame Sache machte (siehe Eroberung Abessinien usw.) lagerte sein Geld und Gold auf einer englischen Bank. Die einzige Garantie, daß das Haus Savoy das Geld zurückbekam, war das Italien den Krieg verlieren würde. Man könnte auch sagen, die einzige Angst die das italienische Königshaus hinsichtlich ihres Geldes hatte war, daß Italien den Krieg gewinnen würde. (siehe auch Brexit)

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen

Es wurden keine verwandten Themen gefunden.

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com