Dirk Maxeiner / 24.06.2018 / 06:20 / Foto: U.S.NARA / 50 / Seite ausdrucken

Der Sonntagsfahrer: Hilfe, die AfD ist meiner Meinung!

Bento, das Goldene Blatt für alle unter 80-jährigen, macht sich bisweilen Sorgen um das deutsche Familienglück. Einfühlsame Ratgeber beantworten Fragen wie diese: „Meine Familie wird immer rechter. Kann ich das ändern?“ Gut, dass es Bento und seine engagierten Pfegekräfte gibt, da weiß ich wenigstens, wohin ich mich jetzt vertrauensvoll wenden kann. Der Grund für meine schwere Identitätskrise: Die AfD ist meiner Meinung. Und ich kann das nicht ändern! Es war also alles umsonst: Erst hab ich den Schäferhund abgeschafft und mich dann von Dschingis Khan scheiden lassen. Und jetzt das. Die AfD ist meiner Meinung! Gleichsam aus heiterem Himmel. Um das tragische Ausmaß des Verhängnisses zu beschreiben, muss ich ein wenig ausholen. Nicht um meine zweifelhaften Verdienste um das Vaterland hervorzuheben, sondern weil es aus Gründen der Dramaturgie nicht anders geht.

Die Sache reicht zurück ins Jahr 2007, als ich beschloss, die Klimakatastrophe ganz persönlich zu bewältigen. Nix ordnet die Gedanken besser als ein Manuskript, und so schrieb ich das Buch „Hurra wir retten die Welt! – wie Politik und Medien mit der Klimaforschung umspringen“. Um es kurz zu machen, sei der Inhalt mit einem Zitat aus dem Vorwort umschrieben: "Eine Politik, die nicht in der Lage ist, die Krankenkassenbeiträge zu stabilisieren, gibt nun vor, die Welttemperatur in 100 Jahren um zwei Grad regulieren zu können". 

Seitdem ist der Meeresspiegel um eine Daumenbreite angestiegen und auch sonst hat sich nichts Dramatisches getan. Außer, dass die alarmistischen Prognosen mit weiteren elf Jahren Realität abgeglichen werden können und immer älter aussehen. Das Buch ist vergriffen und wird – Vorsicht Eigenlob – wie alter Wein immer besser. Politisch fährt der Dampfer ungerührt weiter, bis ihm die Kohle ausgeht. Ich verfolge das Ganze mit fatalistischem Gleichmut, man soll nicht gegen Windmühlen kämpfen, besonders nicht in Deutschland. Allein gegen 30.000 Windräder, das schaffe ich in meiner Restlaufzeit nicht. Nur ab und zu, wenn es besonders arg wird, muss eine kleine Blutgrätsche sein, macht ja manchmal auch Spaß.

Muss ich jetzt widerrufen?

Es hatte also alles seine Ordnung. Doch dann schickt mir ein Leser vor ein paar Tagen diesen Video-Clip aus dem Bundestag. Der Abgeordnete Dirk Spaniel erklärt in pädagogisch wertvoller Weise, wie sinnfrei, kontraproduktiv und utopisch die deutsche Klimaschutzpolitik ist und sagt:

„Wie weit sich dieses Parlament von der Realität entfernt hat, erkennt man daran, dass in den letzten Jahren niemand die CO2-Ziele in technisch realisierbare Maßnahmen abgeleitet hat.... für das Parlament eines modernen Industriestaates ist die permanente Vortäuschung der Machbarkeit des Energiewende-Märchens ein absolutes Armutszeugnis.“

Das erinnerte mich ein wenig an längst vergangene Talkshows, in denen ich als Partypupser auftreten durfte und im Prinzip das gleiche erzählte.  Etwa 2007 bei „Hart aber Fair“, 2012 bei Beckmann und Maybritt Illner. Die Altmaiers, Trittins und Röttgens in der Runde waren darob zuverlässig empört. Inzwischen richten sie in anderen Ämtern oder Funktionen nachhaltigen Schaden an.

Und jetzt rechnet doch tatsächlich jemand im Bundestag mit dieser Politik ab. Ist da einer bei der FDP aufgewacht, von mir aus auch bei der Linkspartei? (Die Grünen erwähne ich nicht, weil die nicht praktisch bildbar sind). Nein, so jemand gibt es bei denen schon lange nicht mehr, und deshalb nimmt mein Schicksal eine harte Kurve: Dieser Dirk Spaniel ist Abgeordneter der AfD! Und von der muss man sich doch abgrenzen! Aber wie soll ich das machen? Muss ich jetzt mein Klimabuch verbrennen? Widerrufen? Muss ich ARD und ZDF bitten, meine Talkshow-Aussagen zu löschen? Muss ich irgendwo eine Kerze anzünden, auf dass ich nicht vom Reich der Finsternis verschlungen und bei Facebook auf den Index gesetzt werde? 

Doch ich sage euch, es kommt noch schlimmer, denn in einem der letzten Sonntagsfahrer schrieb ich„Liebe Amerikaner, macht euch keine Sorgen. Ihr braucht unsere Autoindustrie gar nicht zu ruinieren. Das schaffen wir selbst. Aus Freude am kaputt machen!“ Und was erzählt dieser Spaniel im Bundestag zu den geplanten CO2-Grenzwerten und Prüfverfahren, die technisch unmöglich zu erreichen sind? Genau das. 

Für einen Kompaktwagen wie einen Opel Astra, so Spaniel, werden ab 2020 bis zu 10.800 Euro Strafzahlung fällig. Und weiter: "Diese Zwangsverteuerung trägt entweder der Kunde, für den Autos zunehmend unerschwinglich werden, oder der Autohersteller, der durch diese Zusatzbelastung nicht mehr rentabel arbeiten kann. Was das für die Arbeitsplatzsituation bedeutet, kann sich jeder selbst ausmalen". Breite Bevölkerungsschichten würden „auf subtile Weise von der individuellen Mobilität ausgeschlossen“.

Das ultimative Sakrileg

Die ganz große Mehrheit der deutschen Medienschaffenden berichtete kein Wort darüber, schließlich muss man sich von der AfD abgrenzen. Tapfer! Die Jungs vom Newsdeck verzichten lieber auf ihren Opel-Astra und gehen zu Fuß. 

In meinem Falle ist es leider zu spät, da hilft auch keine Wanderung nach Santiago di Compostela mehr. Denn ich habe das ultimative Sakrileg begangen. Ich habe auch noch ein Loblied auf den deutschen Ingenieur gesungen. Damit habe ich mich erneut schwerster AfD-Propaganda schuldig gemacht, denn welchem Berufsstand gehört Spaniel wohl an? Bingo! Bei Wikipedia heißt es:

„Er studierte Chemieingenieurwesen und Maschinenbau an der Technischen Universität Clausthal und an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen und Mechanical Engineering an der Michigan State University in den USA. Er schrieb seine Doktorarbeit über Brennstoffzellenfahrzeuge an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen und bei DaimlerChrysler. Er war dann Versuchs- und Entwicklungsingenieur für Fahrdynamik bei DaimlerChrysler. Seit 2004 arbeitet er in verschiedenen Leitungsfunktionen in der Pkw-Entwicklung der Daimler AG.“

Also, jetzt wird es ganz mühsam: Denn nicht nur ich muss mich von Dirk Spaniel abgrenzen, sondern auch das deutsche Ingenieurswesen, die deutschen Naturwissenschaften, die Michigan State-University, die RWTH Aachen, Daimler und Opel. Die Opposition im Bundestag hat sich von Spaniel ja bereits abgegrenzt, schließlich applaudierte, mal abgesehen von seinen Parteigenossen, kein Mensch. Und die anderen packen das Thema auch nicht an, weil der Gedanke, die deutsche Autoindustrie könne politisch gegen die Wand gefahren werden, ja gewissermaßen AfD kontaminiert ist.

So ähnlich läuft das ja auch beim Zensurgesetz des Heiko Maas und vielen anderen haarsträubenden Entwicklungen. Um sich von der AfD abzugrenzen, verzichtet die restliche Opposition auf die Opposition. Welch großartige Taktik. Und so gehen diese Parteien dann demnächst in Städten wie Rüsselsheim und Wolfsburg in den verdienten Ruhestand, die Wähler in Hartz4 und wir alle zu Fuß. Hauptsache, wir haben uns von der AfD abgegrenzt.

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Alfons Kuchlbacher / 24.06.2018

Grünen technische Wahrheiten erklären zu wollen, ist wie einem Blinden Farben zu erklären.

Patricia Hillemann / 24.06.2018

Herrlich Herr Maxeiner! Da frage ich mich doch in Bezug auf diese Strafaktion ab 2020: Ist das Blödheit hinsichtlich der Folgewirkungen dieser Strafen oder Absicht? Wird eine hinter der CO 2-Reduzierung liegende Agenda verfolgt? Wie werden Politiker beraten, woher haben Sie Daten zur technischen Machbarkeit ihrer Gesetze, Verordnungen und Strafexzesse? Halten diese Politiker das Dt. Volk für so blöd, dass diese falschen Daten und deren Umsetzbarkeit nicht ans Licht kommen? Was soll das Ganze? Wer wählt so was?

Franck Royale / 24.06.2018

Gibt es eigentlich in der Opposition außer bei der AfD noch irgendeinen Abgeordneten mit entsprechender technischer Ausbildung, einen Ingenieur, gar einen promovierten? Ich meine, die verstehen vielleicht einfach nicht wovon Spaniel redet. Bei der CDU/CSU sitzen nach kurzer Recherche noch welche, bei den Grünen braucht man gar nicht erst suchen - da sollte man froh sein, wenn die überhaupt eine Ausbildung abgeschlossen haben.

Hjalmar Kreutzer / 24.06.2018

Ach ja, Herr Maxeiner, so ist das mit den Etiketten. AfD gleich rechts, rechts gleich böse, AfD böse. Auf der anderen Seite wird stolz verkündet, man sei links oder im Zweifel links, was eher gesellschaftlich anerkannt ist. Aber was bitte ist denn an Äußerungen oder Handlungen jetzt links oder rechts? Im Parlament müssen nun einmal aus Blickrichtung des Präsidenten Abgeordnete auf der linken Seite, in der Mitte oder auf der rechten Seite sitzen, und in doesem Kontext halte ich „rechts“ für legitim. Herr Spaniel oder auch Herr Limburg liefen mit ihren Ansichten bei anderen Parteien vor die ideologisch-politisch-korrekte Wand. Andere hätten nie den Weg aus dem erlernten Beruf in Wirtschaft, Technik oder Wissenschaft in die Politik und in die AfD gewählt, wäre die Politik der etablierten Parteien nicht so katastrophal ideologisiert.  Man vergleiche die Abschlüsse in Berufsausbildung, Hochschule oder Universität in der AfD-Fraktion mit denen der anderen Fraktionen. Dank an Sie für die Erinnerung nicht nur an Ihre Bücher, sondern auch an die Fernsehsendungen. Einen schönen Sonntag!

Klaus Metzger / 24.06.2018

Rot/Grüne Politik ist ein Frontalangriff auf unseren Wohlstand und unsere Freiheit, was irgendwie das Gleiche ist. Alle Grünen Wenden führen ins Nichts, die Energiewende, die Verkehrswende, die Agrarwende. Und bis der Bürger es merkt, ist es zu spät. Schuld ist der sogenannte Qualitätsjournalismus. Er glänzt durch Rechercheverweigerung, ja ist Teil des politischen Komplotts gegen die Bürger. Vom Gebühren-TV bis zum Spiegel, still ruht der See. Und dass die letzte Hoffnung die AfD ist, macht die Sache auch nicht besser.

Marion Sönnichsen / 24.06.2018

Herzlichen Dank für diese Zusammenstellung. Ab und zu bedarf es Beispiele, um sich das ganze Ausmaß des deutschen Desasters vor Augen zu führen. Anlässlich eines runden Geburtstages, da sagte Herr Broder im Interview mit dem Schweizer Journalisten A. Meyer, in der CDU gäbe es nicht nur Kofferträger und Idioten. Da gäbe es auch ganz vernünftige Leute, von denen wir heute noch nicht einmal die Namen kennen. Ich gehe davon aus, die „vernünftigen„ Leute gibt es auch in anderen Altparteien wie der Linken zum Beispiel (Wagenknecht, Lafontaine). Aber warum sind all diese „vernünftigen“ Leute nicht bereit zum Widerstand? Der Anfang eines Widerstandes wäre schon gemacht, wenn die fähigen Politiker der Altparteien Anträge der AfD im Bundestag sichtbar unterstützen oder sichtbar zu AfD Reden applaudieren würden.

Dr. med. Christian Rapp / 24.06.2018

Wenn Politik ideologisiert ist, bleibt ihr zum Machterhalt nur die Abgrenzung von Sachverstand und Vernunft. ...man sollte beizeiten mal jemanden fragen, der sich auskennt….

Archi W. Bechlenberg / 24.06.2018

Eigentlich doch ganz einfach: Die AFD lobt jeden noch so bizarren Unfug der Anderen über den grünen Klee (“großartiger Ansatz”, “genau der richtige Weg”, “endlich packen Sie es an”, “wir beglückwünschen Sie zu Ihrer Weitsicht” blabla.) Und schon wird von den Anderen der eigene Mumpitz zu “rechts” und “nationalistisch” blabla umdefiniert und das Gegenteil umgesetzt. Und schwupp, Politik mit Sinn und Verstand ist da.

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