Als Liebhaber alter Autos ist man sozusagen immer im Dienst. Auch im Urlaub, oder wenn man sonst wie unterwegs ist. Und da der eigene Untersatz bei Reisen in die weite Welt meist zuhause bleiben muss, sucht der Altauto-Freund in der Ferne entsprechenden Ersatz. Vor Jahren war das auch noch problemlos möglich. Ich erinnere mich an wunderbare Fahrten mit den roten Londoner Doppelstockbussen. Ziellos gings durch die Stadt, hier sprang man auf die offene Plattform auf, da wieder herunter. Tempi Passati: Außer auf einigen „Heritage Lines“ wurden die alten „Routemaster“ ausrangiert. Viele fristen inzwischen als mobile Kneipen oder Jahrmarkt-Stände ein unwürdiges Dasein.
Zum Glück gibt’s noch das London Taxi, das so schön auf der Stelle wenden kann. Aber auch da muss man um die Zukunft fürchten, die Firma rutschte in die Insolvenz und versucht sich mit chinesischem Kapital über Wasser zu halten. Ebenfalls in Konkurs gegangen ist das Unternehmen Checker, das die ikonografischen New Yorker Taxis produzierte. Da bleiben dem Nostalgiker nur noch die vielen Kinofilme wie Martin Scoreses „Taxi Driver“, in denen das Checker-Cab eine tragende Rolle spielte.
Ein wenig ungehalten wurde ich dereinst bei einem Los Angelos Besuch. Der Taxifahrer musste aus der Ukraine eingewandert sein - und zwar drei Minuten bevor ich zustieg. So stürzte er sich mit seinem Ford Crown Victoria ohne GPS aber mit bedingungslosem Glauben an seinen und meinen Schutzengel ins Gewühl, gut gelaunt und in die falsche Richtung. Der robuste alte Ford wurde viele Jahre von Taxifahrern und Cops bevorzugt, muss aber inzwischen gesichtslosen Neufahrzeugen weichen.
Die Topografie erinnerte zusehens an Beirut. Ich blickte in ausgemergelte Hausfassaden und tippte heftig auf eine "No-Go-Area". Ich setzte das schwärzeste Gesicht auf, das ich habe und wurde doch immer blasser. An einer verfallenden Kreuzung im tiefen East-LA lungerten ein paar Kerle herum. Und was macht dieser Wahnsinnige von einem Taxifahrer? Er kurbelt das Fenster runter und fragt seelenruhig nach dem Weg. Vor lauter Spaß an einem total Wahnsinnigen vergaßen sie völlig, uns auszurauben und zu erschießen.
Mumbai ist dagegen richtig nervenschonend. Aber auch hier müssen die Charakterdarsteller weichen. Der Premier Padmini, ein Lizenzbau des Fiat 1200 GranLuce Berlina aus den 60er Jahren, wird wegen seines Schadstoff-Ausstosses nach und nach ebenfalls aus dem Verkehr gezogen. Schade, denn die Fahrer staffierten ihre Autos mit skurilen Dingen wie Leopardensitzen und durchsichtigen Plexiglas-Lenkrädern aus.
Wacker hält sich hingegen der Hindustan Ambassador, ein Lizenzbau des Morris Oxford von 1956, dessen größtes Biotop Neu Dehli ist. Ich habe den knudelligen Exilbriten bei einem kürzlichen Besuch gleich für einen ganzen Tag gebucht, schließlich muss man die feine britische Art erhalten, auch wenn das nur noch in Indien möglich ist.
In Buenos Aires habe ich vor ein paar Jahren noch einen alten Peugeot 504 erwischt, sein Fahrer versicherte mir glaubhaft, das Teil habe mehr als eine Million Kilometer auf den Achsen. Während argentinischen Peugeots wegen fortgeschrittener Arthritis allmählich von selbst aus dem Straßenverkehr verschwinden, wurde den Käfer-Taxis „Vocho“ in Mexiko-City gewaltsam ein Ende bereitet. Die sind jetzt verboten, angeblich weil man bei einem Überfall auf der Rückbank ohne hintere Türen in der Falle sitzt. Kleiner Seitenhieb: Den Käfer zu verbieten ist natürlich einfacher als Überfälle zu verhindern. Diese Idee könnte auch den deutschen Behörden zur Gewalt-Prävention eingefallen sein. Wir sind eben doch nicht alleine auf der Welt.