Dirk Maxeiner / 22.04.2018 / 06:29 / Foto: Pixabay / 19 / Seite ausdrucken

Der Sonntagsfahrer: Golfstrom mit Glatteis

Die Sonne kracht, die Biergärten sind rammelvoll, die Mädchen leicht bekleidet (außer in bereits Minirock-befreiten Zonen). Es besteht Grund zur Freude, die Erhitzung der Atmosphäre zeigt einmal mehr ihre schönsten Folgen. Selbst die Eisbären in den Zoos sind gut gelaunt, offenbar haben sie noch nicht mitgekriegt, dass sie demnächst aussterben sollen. Während die Süddeutsche Zeitung noch den ausgelutschten Drops von den verhungernden Bärchen serviert, ist der Tagesspiegel schon auf einem anderen Trip: Dem Eisbären stehen goldene Zeiten bevor!

Denn, so haben Ausflüge in die weite Welt der Klima-Hochrechungen ergeben, der Golfstrom verlangsamt sich, und Europa wird alsbald unter einer Eisdecke bibbern. Die FAZ meldet, der Klimawandel hinterließe „radikaler denn je seine Spur in den Datenreihen“. Der gleiche FAZ-Autor schrieb vor zehn Jahren zu zweifelhaften Studien auf diesem Gebiet „Wissenschaft funktioniert anders“.

Datenreihen sind bekanntlich geduldig, das Narrativ vom Ableben des Golfstroms ist prinzipiell seit Jahrzehnten genauso ausgelutscht wie das der Eisbären, die sterben, auch nur in den Datenreihen. Im richtigen Leben erfreuen sie sich bester Gesundheit und konnten sich sogar vermehren. Auch die Wahrscheinlichkeit für ein Versiegen des Golfstroms im 21. Jahrhundert liegt nahe bei null.

Der Golfstrom wird nämlich nicht nur von der sogenannten thermohalinen Zirkulation befördert, sondern auch vom Windsystem über dem Nordatlantik und von der Erdrotation in Schwung gehalten. Der Ozeanograf Carl Wunsch vom Massachusetts Institute of Technology sprach einmal die güldenen Worte: „Wer den Golfstrom wirklich zum Stillstand bringen will, muss entweder die Winde abschalten oder die Erde anhalten. Oder beides“. 

Ohnmacht und Hybris – und nix dazwischen

Hat sich der FAZ-Autor in Sachen Golfstrom eines besseren belehren lassen? Oder ist er Teil einer zunehmenden Hysterisierung und Moralisierung von Wissenschaft, die er im oben bereits verlinkten Beitrag so beschreibt: „Tatsächlich motiviert die Klimaforschung derzeit mit ihren Datenanalysen so etwas wie eine ‚neue Radikalität‘ im ökologischen Denken. Ein Vokabular, das nicht nur auf Parteitagen auftaucht, sondern auch vom Generalsekretär der Vereinten Nationen, António Guterres, auf einer UN-Pressekonferenz jüngst verwendet wurde: Die Schlagzeilen würden dominiert von Spannungen und Konflikten auf der Welt, sagte Guterres in New York, ‚die Wahrheit aber ist, dass der Klimawandel die größte systemische Bedrohung für die Menschheit ist‘“.

Also sprach der Klima-Papst: Ihr sollt keine andere Katastrophe neben mir haben! Was sind schon kleinliche Problemchen wie Völkermord, Armut oder Rückfall ganzer Weltregionen in religiöse Wahnvorstellungen gegen das große Klima-Apokalypsen-Narrativ internationaler Apparatschiks. Das schöne an diesem Katastrophen-Alarm ist doch, dass man damit jede Zwangsmaßnahme im Hier und Jetzt begründen kann, die Erfolgskontrolle aber erst in 100 Jahren möglich ist. Die größte systemische Bedrohung für die Menschheit ist deshalb eine Nomenklatura, die die Menschheit ganz direkt und ohne Umweg über die CO2-Emissionen ins Unglück stürzt. In Deutschland haben sie sich beispielsweise mit großem Erfolg daran gemacht, im Namen künftiger Heilserwartungen die wirtschaftliche Grundlage dieses Landes und seinen Wohlstand zu zerstören. Ich sage nur: Energiewende.

Die drohende Klimakatastrophe wird zu einem Überzeugungs- und Glaubensystem, das gesellschaftlichen Sinn stiften soll. Eine von Glaubwürdigkeitskrisen geschüttelte Politik hat die Weltrettung zur neuen Utopie erkoren. Sie können nicht einmal die Grenzen des Landes bewachen, glauben aber, die Temperaturentwicklung des Planeten per ordre de Mufti begrenzen respektive steuern zu können. Die Herrschaften schwanken zwischen Ohnmacht und Hybris – und leider ist nichts mehr dazwischen.

Wenn man die sich widersprechenden „Narrative“ vom Ende des Golfstroms und vom Ende der Eisbären zusammen nimmt, dann zeigt dies im Übrigen nicht nur Hysterisierung und Moralisierung der Klima-Debatte, sondern auch eine religiöse Immunisierung gegen Botschaften, die dem herrschenden Dogma zuwiderlaufen könnten. Denn: Egal ob es kälter oder wärmer wird oder ob alles so bleibt wie es ist (die unwahrscheinlichste Variante, weil das Klima sich im Verlauf der Erdgeschichte immer wieder geändert hat), die Klima-Paniker werden in jedem Falle behaupten, sie hätten recht. 

Wenn nicht nur eine Katastrophe, sondern auch ihr Ausbleiben als Folge des sündhaften menschlichen Treibens gedeutet werden, dann zeigt dies eine völlige Immunisierung gegen rationale Argumente. So entsteht eine sich selbst abdichtende Weltsicht, die sich schließlich zu einer prinzipiell nicht falsifizierbaren Annahme verhärtet. Die Logik erinnert ein wenig an den mittelalterlichen Gottesbeweis: Wenn eine gefesselte Hexe im Wasser unterging, war sie keine Zauberin, aber dennoch tot. Schwamm Sie obenauf, dann handelte es sich hingegen eindeutig um eine Hexe, woraufhin sie ebenfalls vom Leben in den Tod befördert wurde.

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Wolfhard Herzog / 22.04.2018

Ob der Golfstrom langsamer geworden ist, erschließt sich sicher nicht aus Simulationen. Hier gilt noch immer das geflügelte Wort John von Neumanns: “With four parameters I can fit an elephant, and with five I can make him wiggle his trunk.” Man kann das Vorgehen der PIK-Forscher vielleicht auch einprägsamer charakterisieren: “Garbage in, garbage out”. Zum Glück gibt es Messungen zum Golfstrom, die die Thesen von der Verlangsamung falsifizieren: Rossby u.a.: “On the long-term stability of Gulf Stream transport based on 20 years of direct measurements”,Geophys. Res. Lett., 41, 114–120. Das Abstract des Papers beginnt eindeutig: “In contrast to recent claims of a Gulf Stream slowdown, two decades of directly measured velocity across the current show no evidence of a decrease.” @Eberhard Sturm: Mit dem Abkühlen (???) der Erde können wir uns also noch Zeit lassen. Btw., wie stellen Sie sich das vor? Alle lassen im Sommer ihre Kühlschränke offen?

Eberhard Sturm / 22.04.2018

Wenn der Golfstrom langsamer geworden ist, dann hat das ja wohl nicht daran gelegen, dass sich die Erde langsamer dreht oder dass die Winde nachgelassen haben, sondern dass der Salzgehalt des Nordatlantiks auf Grund der Abschmelzung von Grönland- und Nordpoleis geringer geworden ist! Wir sollten also alles tun, um die Erdtemperaturen zu verringern - unabhängig davon, ob der Klimawandel menschengemacht ist!

Werner Arning / 22.04.2018

Es ist herrlich, wenn man Dinge beschließen darf, die man wiederum mit Dingen begründet, die nur vermutet werden. Ganze Ideologien, ganze Religionen, staatliche Maßnahmen, Unterdrückung ganzer Völker, Mord und Totschlag, Folter, Eroberungen, alles lässt sich so herrlich rechtfertigen, so gut begründen. Alles zum Wohle der Menschen. Alles für ihr Seelenheil oder wahlweise für zukünftige Generationen. Oder für den Erhalt Gottes Natur (da wird der alte Herr dann plötzlich wieder bemüht). Es lässt sich herrlich leben, hat man nur die von allen nicht infrage gestellte Begründung. Dann hat man die Absolution zu tun, was man für geboten hält. Und es lässt sich prächtig daran verdienen. Keiner kann die Behauptungen widerlegen und wer es versuchen sollte, landet auf der Abschussliste. Da will keiner hin, also machen alle mit. Es sei denn, man steht schon drauf. Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich frei und ungeniert. Der FAZ-Autor steht noch nicht drauf.

Joachim Lucas / 22.04.2018

Der ganze Humbug über den Golfstrom, Eisbären usw. dient nur dazu den Klimawandel herbei zu beten. Vor zwei Tagen hatte ich tatsächlich ein Gespräch mit einer Frau auf der Straße, die behauptete es gäbe nicht mehr so viele rothaarige Iren, die wären jetzt wegen des Klimawandels dunkelhaariger. Was soll man dazu noch sagen? Wer den Golfstrom begreifen will, sollte sich mal mit der Corioliskraft beschäftigen. Wie die funktioniert, kann jeder am eigenen Waschbecken nachprüfen - dieses mit Wasser füllen und dann den Stöpsel ziehen. Am Ende des Ablaufens gibt es einen Wasserwirbel, der sich auf der Nordhalbkugel der Erde immer im Uhrzeigersinn dreht. So entstehen unter anderem Wind- und Meeresströmungen. Anders hätte Kolumbus seine Fahrten nicht so ohne weiteres unternehmen können. Ergo: Die Physik gilt auch für die, die nicht dran glauben wollen oder nichts davon verstehen.

Klaus Metzger / 22.04.2018

Den geschwubbelten Artikel in der FAZ habe ich auch gelesen. Er wurde vom Feuilleton verantwortet. Das ist ja per se für seine Grün-Rote Weltsicht berüchtigt. FAZ, SZ, TAZ, FR, Gebühren-TV, alles ein Einheitsmedienbrei. Ganz allgemein muss man sagen, dass einem die links-liberale Neue Züricher Zeitung im deutschen Medienumfeld, heutzutage wie Westfernsehen in der DDR vorkommt.

Dr. Bredereck, Hartmut / 22.04.2018

Sehr geehrter Herr Maxeiner, es gibt Gott sei Dank auch noch seriöse Betrachtungen und Darstellungen zum Thema “Klimawandel”. Wenn Sie zufällig mal nach Halle/Saale kommen, empfehle ich den Besuch des Landesmuseums für Vorgeschichte. Dort kann man die Sonderausstellung “Klimagewalten - Treibende Kraft der Evolution” besichtigen (noch bis 21.05.2018). Die auch für Kinder sehr attraktive Ausstellung zeigt anschaulich, dass das sich stetig wandelnde Klima über Millionen Jahre, die treibende Kraft der Evolution war und ist. Auf jegliche ideologische Diskussion wird verzichtet und Fakten stehen im Vordergrund.

Wilfried Cremer / 22.04.2018

Den Golfstrom kann man leicht abstellen, indem man die Meerenge zwischen Kuba und Florida zuschüttet. Da zwängt er sich nämlich stark verdichtet durch. Die Bärenfreunde werden schon Mittel und Wege finden,  das zu bewerkstelligen.

Kai Pfeiffer / 22.04.2018

Wie immer sehr schön aufgespießt, vor allem die zunehmende „Unfalsifizierbarkeit“ des gesamten Gedankengebäudes der „Church of global Warnung“. Eine Korrektur sei jedoch erlaubt, beim zitierten Hexentest ist ja niemals eine der bemitleidenswerten Frauen oben auf geschwommen. Das Perfide der Methode lag laut Hexenhammer vielmehr in der Anwendung der Folter: - gestand die „Hexe“ unter der Folter war sie schuldig der Hexerei, da sie es ja selbst zugegeben hatte - gestand sie NICHT unter der Folter, war offensichtlich, dass nur der Satan ihr diese nahezu unmenschliche Kraft dazu hatte geben können, somit war sie auch schuldig Somit war die Beobachtung a genau wie nicht(a) der Beweis der These, womit wir wieder bei der Church of global warming wären.

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