Dirk Maxeiner / 07.10.2018 / 06:20 / Foto: Pixabay / 32 / Seite ausdrucken

Der Sonntagsfahrer: Geisterbahn oder Grottenbahn?

Letztes Wochenende wurden zwei junge Männer auf dem Münchner Oktoberfest auffällig: Sie brachen in die Schaltzentrale und den Werkstattraum der Geisterbahn ein. Hier manipulierten die beiden den Generator und lösten dadurch einen Not-Halt der Waggons aus. Die zwei müssen sich jetzt wegen schwerem Diebstahl verantworten. 

Ich überlege, ob ich nicht ein wenig zu ihrer Resozialisierung beitragen kann. Schließlich komme ich mir schon länger wie in einer Geisterbahn vor und suche dringend jemand, der sie anhalten kann. Kurz und gut, Jungs: Ich habe einen Job für euch. Könntet Ihr euch als nächstes vielleicht das Berliner Daemonium vornehmen? 

Aber eins nach dem anderen. Wikipedia beschreibt das Phänomen so:

„Eine Geisterbahn ist eine meist in einer völlig abgedunkelten Halle verkehrende, elektrisch angetriebene Bahn, bei der die Fahrgäste von mehr oder minder gruseligen, mechanisch, elektromechanisch oder pneumatisch betriebenen Effekten erschreckt werden sollen. Im Unterschied zur Achterbahn ist die Fahrt einer Geisterbahn meist sehr gemächlich. In manchen Geisterbahnen ergänzen gruselig verkleidete Angestellte die mechanischen Gruseleffekte“.

Wobei selbst die Geisterbahn schon politisch korrekt ist: „Dennoch ist der Grusel für die ganze Familie geeignet, denn auf die Verherrlichung von Gewalt wird verzichtet“, heißt es auf einer Seite zum Oktoberfest.  Zu den größten transportablen Geisterbahnen in Deutschland gehören das „Daemonium“ sowie die Bahnen „Geisterschlange“ und „Monster Brut“. 

So etwas kann man allerdings auch ohne Oktoberfest oder eine andere Kirmes haben. Spätestens nach Einschalten der Tagesschau ist der Deutsche mittendrin in Daemonium und Monster Brut. Erleben Sie das Gruseln in einer vollkommen neuen Dimension und lassen Sie sich in Angst und Schrecken versetzen! Auf dem Kassenhäuschen steht GEZ, die Monatskarte kostet 17.50 Euro und jeder Kirmes-Besucher muss sie lösen, egal ob er mitfährt oder nicht.

Der Eingang zur Hölle erfolgt dann durch eine riesige Merkel-Raute, dahinter lauert ein finsterer Altmaier und Katrin Göring-Eckardt kreischt von der Seite. Volker Kauder steigt aus einer Gruft auf,  Andrea Nahles und Ralf Stegner spuken als Gothic-Paar durch den Tunnel. Zahlreiche Hexen, Teufel und Gespenster schließen sich an, sogar Jakob Augstein hat ein Gastspiel als Horrorclown. Ich wette so eine politische Geisterbahn  (Monster-Grokonium) wäre der Renner auf der Wies'n! Ich erwäge bereits eine Zweit-Karriere als Schausteller.

„Das Konzept „Geisterbahn“ verfolgt das Ziel, durch das plötzliche Erscheinen und das plötzliche Verschwinden der Figuren den Adrenalinspiegel zu erhöhen und somit Gänsehaut, das heißt, ein Thrill-Erlebnis zu erzeugen“, schreibt Wiki. Und das bieten die in Berlin jeden Tag! Gruselerlebnisse im XXL-Format mit Endlos-Schleife. Bedauerlicherweise kann man aus dieser Geisterbahn nicht aussteigen. 

Die erste Geisterbahn entstand übrigens 1933 im Wiener Wurstelprater, sie hieß „Geisterschloss“. Als Vorgänger der Geisterbahnen gelten die „Grottenbahnen“, die auch erstmals im Wiener Prater zu sehen waren. Grottenbahnen zeigen in den meisten Fällen Figuren aus Märchen, Sagen und Geschichten und Geisterbahnen mit Figuren aus Horrorfilmen, Gruselgeschichten und anderen Schockern.

Das Konzept „Grottenbahn“ verfolgt hingegen das Ziel, in einer nostalgischen Atmosphäre, in welcher die Zeit stillzustehen scheint, Märchen und Geschichten zu erzählen. Also beispielsweise: „Griechenland ist gerettet“ oder auch „Wir bekommen Menschen geschenkt“. Neudeutsch heißt so etwas „Narrative“. Ich würde jetzt mal sagen: Die Grenze zwischen Geisterbahn und Grottenbahn ist in der deutschen Politik fließend.

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Karla Kuhn / 07.10.2018

“Ich überlege, ob ich nicht ein wenig zu ihrer Resozialisierung beitragen kann. Schließlich komme ich mir schon länger wie in einer Geisterbahn vor und suche dringend jemand, der sie anhalten kann. Kurz und gut, Jungs: Ich habe einen Job für euch. Könntet Ihr euch als nächstes vielleicht das Berliner Daemonium vornehmen? ”  Einfach WUNDERBAR !  “So etwas kann man allerdings auch ohne Oktoberfest oder eine andere Kirmes haben. Spätestens nach Einschalten der Tagesschau ist der Deutsche mittendrin in Daemonium und Monster Brut. Erleben Sie das Gruseln in einer vollkommen neuen Dimension und lassen Sie sich in Angst und Schrecken versetzen! Auf dem Kassenhäuschen steht GEZ, die Monatskarte kostet 17.50 Euro und jeder Kirmes-Besucher muss sie lösen, egal ob er mitfährt oder nicht.”  “Also beispielsweise: „Griechenland ist gerettet“ oder auch „Wir bekommen Menschen geschenkt“. Neudeutsch heißt so etwas „Narrative“. Ich würde jetzt mal sagen: Die Grenze zwischen Geisterbahn und Grottenbahn ist in der deutschen Politik fließend.”  Ein Sonntagsfahrer ganz nach einem Geschmack, herrlich !

F. Schirmer / 07.10.2018

Geniale Geschäftsidee, kann man irgendwo investieren ? Claudia Roth fehlt natürlich noch…  

Gabriele Klein / 07.10.2018

Das ists!!  Mein Beitrag des Monats !!! Er kommt auf Platz 1 meines Favoriten.. Ein dreifach Hoch auch den Co Autoren für die ergänzenden Kommentare….. Hoffe es werden noch ein bisschen mehr…......... Die Claudia, ja die fromme Claudia würde ich lächelnd mit einem Kopftuch neben einen Henker mit Guillotine setzen die sich langsam nach unten bewegt und somit den Geisterfahrer ob er nun “wollte” oder nicht treffen “könnte”.......also irgendwie so wie in der Gruselgeschichte “Pit and the Pendulum” von Edgar Allen Poe… (soll laut Wikipedia ihre Wurzeln in der hl. Inquisition haben ....) Über dem Haupte der Claudia darf die Parole “Keine Todesstrafe ohne Ausnahme” oder “Keine Diskriminierung bei Todesstrafe…“nicht fehlen. Als Hintergrund ganz verschwommen das “JA”  zum Preis für den Spuk unisono seitens der schwarzen und roten Roben deutscher Gerichte und Geschichte…......Denn der hohe Preis für die Geisterfahrt rechtfertigt sich genauso, wie die Kurtaxe für die Behandlung danach…. .  Auf einen kleinen Fehler (betrifft nur die Finanzen des Gruselkabinets) sei allerdings hingewiesen….  Der Eintrittspreis wird nicht nur von jedem entrichtet der die Kirmes betritt z.B. wegen der “Zuckerwatte….”  sondern von jedem, der sie betreten “könnte” ganz egal ob er nun “Zuckerwatte” essen oder Geisterbahn fahren will oder auch nicht…........

Marc Blenk / 07.10.2018

Lieber Herr Maxeiner, eigentlich habe ich nichts gegen solcherart Volksbelustigung. Allerdings wird man heute zur Zahlung verpflichtet, obwohl man sich nicht einmal auf den Weg zur Großkirmes gemacht hat und wird dann noch, wenigstens virtuell festgeschnallt und durch diese real existierende Horrorwelt durch gejagd. Das ist nicht schön, das ist auch nicht unterhaltend. Das grenzt eher an politmediales Waterboarding. Allerdings hat mich ihr Text amüsiert.

Gabriele Schulze / 07.10.2018

Geisterbahnen waren oder sind zum Erschrecken und Gruseln da, damit der Bursche die Maid trösten und in den Arm nehmen kann. Diese Funktion erfüllt die Achse!

W. Schwarz / 07.10.2018

Aus dem Monster-Grokonium gibt’s kein Exit. Man muss auf ein komplettes Blackout warten und mit viel Mühe gerettet werden. Höchstens darf man noch einen Abstecher in das Kriminalmuseum, Kuriosenkabinett und Spiegelkabinett (die ÖR Medien) machen, das Sexmuseum ist politisch korrekt versiegelt. Über all dem wacht der Calafati (sozusagen als BP) und gibt weise Sprüche dazu.

Dr. Inge Frigge-Hagemann / 07.10.2018

Herrlich, Herr Maxeiner! Sie haben mir den Sonntag verschönt!

Robert Bauer / 07.10.2018

Daß die erste Geisterbahn im Jahre 1933 eröffnet wurde, macht sie an sich schon verdächtig. Die Entstehung der bundesdeutschen Geisterbahn reicht allerdings, und hier ist Maxeiner zu korrigieren, in eine Zeit weit vor Merkel zurück. Der erste politische Geisterfahrer war Willy Brandt. Als man dann in den 70ern merkte, daß er nicht allein in verkehrter Richtung unterwegs war, institutionalisierte man das Ganze eiligst und fertig war die Bonner Geisterbahn, medial begleitet von Kinderschrecks wie Rudolf Augstein und Ernst-Dieter Lueg. Im Gegensatz zu den meisten anderen billigen Fahrvergnügen für das gemeine Volk wechselte sie ihren Standort nur einmal.

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