Letztes Wochenende wurden zwei junge Männer auf dem Münchner Oktoberfest auffällig: Sie brachen in die Schaltzentrale und den Werkstattraum der Geisterbahn ein. Hier manipulierten die beiden den Generator und lösten dadurch einen Not-Halt der Waggons aus. Die zwei müssen sich jetzt wegen schwerem Diebstahl verantworten.
Ich überlege, ob ich nicht ein wenig zu ihrer Resozialisierung beitragen kann. Schließlich komme ich mir schon länger wie in einer Geisterbahn vor und suche dringend jemand, der sie anhalten kann. Kurz und gut, Jungs: Ich habe einen Job für euch. Könntet Ihr euch als nächstes vielleicht das Berliner Daemonium vornehmen?
Aber eins nach dem anderen. Wikipedia beschreibt das Phänomen so:
„Eine Geisterbahn ist eine meist in einer völlig abgedunkelten Halle verkehrende, elektrisch angetriebene Bahn, bei der die Fahrgäste von mehr oder minder gruseligen, mechanisch, elektromechanisch oder pneumatisch betriebenen Effekten erschreckt werden sollen. Im Unterschied zur Achterbahn ist die Fahrt einer Geisterbahn meist sehr gemächlich. In manchen Geisterbahnen ergänzen gruselig verkleidete Angestellte die mechanischen Gruseleffekte“.
Wobei selbst die Geisterbahn schon politisch korrekt ist: „Dennoch ist der Grusel für die ganze Familie geeignet, denn auf die Verherrlichung von Gewalt wird verzichtet“, heißt es auf einer Seite zum Oktoberfest. Zu den größten transportablen Geisterbahnen in Deutschland gehören das „Daemonium“ sowie die Bahnen „Geisterschlange“ und „Monster Brut“.
So etwas kann man allerdings auch ohne Oktoberfest oder eine andere Kirmes haben. Spätestens nach Einschalten der Tagesschau ist der Deutsche mittendrin in Daemonium und Monster Brut. Erleben Sie das Gruseln in einer vollkommen neuen Dimension und lassen Sie sich in Angst und Schrecken versetzen! Auf dem Kassenhäuschen steht GEZ, die Monatskarte kostet 17.50 Euro und jeder Kirmes-Besucher muss sie lösen, egal ob er mitfährt oder nicht.
Der Eingang zur Hölle erfolgt dann durch eine riesige Merkel-Raute, dahinter lauert ein finsterer Altmaier und Katrin Göring-Eckardt kreischt von der Seite. Volker Kauder steigt aus einer Gruft auf, Andrea Nahles und Ralf Stegner spuken als Gothic-Paar durch den Tunnel. Zahlreiche Hexen, Teufel und Gespenster schließen sich an, sogar Jakob Augstein hat ein Gastspiel als Horrorclown. Ich wette so eine politische Geisterbahn (Monster-Grokonium) wäre der Renner auf der Wies'n! Ich erwäge bereits eine Zweit-Karriere als Schausteller.
„Das Konzept „Geisterbahn“ verfolgt das Ziel, durch das plötzliche Erscheinen und das plötzliche Verschwinden der Figuren den Adrenalinspiegel zu erhöhen und somit Gänsehaut, das heißt, ein Thrill-Erlebnis zu erzeugen“, schreibt Wiki. Und das bieten die in Berlin jeden Tag! Gruselerlebnisse im XXL-Format mit Endlos-Schleife. Bedauerlicherweise kann man aus dieser Geisterbahn nicht aussteigen.
Die erste Geisterbahn entstand übrigens 1933 im Wiener Wurstelprater, sie hieß „Geisterschloss“. Als Vorgänger der Geisterbahnen gelten die „Grottenbahnen“, die auch erstmals im Wiener Prater zu sehen waren. Grottenbahnen zeigen in den meisten Fällen Figuren aus Märchen, Sagen und Geschichten und Geisterbahnen mit Figuren aus Horrorfilmen, Gruselgeschichten und anderen Schockern.
Das Konzept „Grottenbahn“ verfolgt hingegen das Ziel, in einer nostalgischen Atmosphäre, in welcher die Zeit stillzustehen scheint, Märchen und Geschichten zu erzählen. Also beispielsweise: „Griechenland ist gerettet“ oder auch „Wir bekommen Menschen geschenkt“. Neudeutsch heißt so etwas „Narrative“. Ich würde jetzt mal sagen: Die Grenze zwischen Geisterbahn und Grottenbahn ist in der deutschen Politik fließend.