Dirk Maxeiner / 23.05.2021 / 06:00 / Foto: GillyBerlin / 14 / Seite ausdrucken

Der Sonntagsfahrer: Fehlzündung im Gedächtnishain

Diese Kolumne handelt schwerpunktmäßig vom heiligen Blechle. Da der Heilige Geist am heutigen Pfingstsonntag über die Menschen gekommen sein soll, will ich aber mal ein Auge zudrücken und auch ihn in angemessener Weise würdigen. Der Gute soll ja mit einem ziemlichen Getöse vom Himmel herabgekommen sein mit „Zungen wie von Feuer“ und außerdem fließend in mehreren Sprachen parliert haben. Ägypter, Römer, Kreter oder Araber seien „außer sich vor Staunen" gewesen, heißt es in der Apostelgeschichte, „denn jeder hört die Jünger in seiner eigenen Muttersprache reden“. Das war schon mal deutlich besser organisiert als eine deutsche Erstaufnahme-Einrichtung. 

Heute würde der Heilige Geist wahrscheinlich das Orakel von Deepl benutzen, es kann so ziemlich jede Sprache übersetzen, außer Angela Merkel. Aus irgendwelchen Gründen macht der Heilige Geist einen weiten Bogen um Berlin, es liegt womöglich am Mietpreisdeckel, der den Berliner Horizont nach oben abschirmt wie die israelische Raketenabwehr.

Da der „Heilige Geist" nur schwer fassbar ist, hat man ihn sich zuerst als junges Mädchen vorgestellt, später als Mann mit drei Gesichtern. Inzwischen schickt er der irdischen Belegschaft drei Tage vor Pfingsten eine Liste zum Ankreuzen, ob er männlich, weiblich, nicht binär oder genderqueer über die Empfänger kommen soll. Ansonsten gelten für ihn die gleichen Besuchsregeln wie für die Außengastronomie: Anmeldung, Schnelltest nicht älter als 48 Sunden, wahlweise zweimal geimpft.                      

Der Augsburger gilt als eher unsentimental

Ich persönlich habe beschlossen, den Heiligen Geist in Augsburg erscheinen zu lassen – und zwar auf japanisch. Das mache ich seit Jahren so. Wobei ich gleichzeitig die Kurve zum heiligen Blechle kriege. Der Ort unserer Begegnung ist stets der Rudolf-Diesel-Gedächtnishain, keine zehn Minuten von meiner Heimstatt enfernt. Der Selbstzünder-Gedächtnishain ist ein öffentlich zugänglicher japanischer Garten, der zu Ehren von Rudolf Diesel errichtet wurde. Er befindet sich am südwestlichen Rand des Wittelsbacher Parks und besteht seit 1957. Magokichi Yamaoka, Gründer des japanischen Maschinenbauunternehmens Yanmar, besuchte im Zuge einer Europareise Augsburg und wollte dort den Erfinder des Dieselmotors ehren, vielleicht ein paar Blumen ablegen oder so.

Da es in Augsburg jedoch kein Ehrenmal von Rudolf Diesel gab – der Ausgburger gilt als eher unsentimental und der Prophet nichts im eigenen Lande –, fasste Yamaoka den Entschluss, selbst eine Gedächtnisstätte zu errichten. Sie sollte seinerzeit sowohl den 100. Geburtstag Rudolf Diesels und den 60. Jahrestag des Dieselmotors ehren als auch „das Freundschaftsband zwischen dem deutschen und dem japanischen Volk festigen“. Der Gedächtnishain wurde zunächst in Japan aufgebaut. Nach einigen Wochen erfolgte der Transport nach Augsburg. Dort errichtete man die Anlage in der exakt gleichen Anordnung im Wittelsbacher Park. 1957 erfolgte schließlich die feierliche Übergabe des japanischen Gartens.

Der gute Herr Yamaoka darf sich geehrt fühlen, dass die Ausgburger das Geschenk überhaupt angenommen haben. Als ein örtlicher Mäzen der Stadt 2001 eine Skulptur des Malers und Bildhauers Markus Lüpertz schenken wollte, schickte die Stadt die Skulptur kurzerhand wieder zurück. Lüpertz' „Aphrodite“ erinnerte die Augsburger möglicherweise an die soeben wieder frisch gekürte grüne Spitzenkandidatin für die Stadt. Ich persönlich wähle übrigens seit vielen Jahren die „Goldene Gans“, ein helles Bier, das die Augsburger Lokalpolitik seit 1346 in einem milden Licht erscheinen lässt. 

„Shitsukên da yo“ oder neudeutsch „Leave me the fuck alone“

Doch zurück in den Rudolf-Diesel-Gedächtnishain, in dem ich dem Heiligen Geist heute morgen ein japanisches „Ohayougozaimasu, Heiliger Geist!“ („Guten Morgen, Heiliger Geist!") entgegenrief. Offensichtlich war ich nicht der erste Kunde, er muss zuvor einen Besuch bei Markus Söder gemacht haben. Oder er hat das Parteiprogramm der Grünen gelesen. Oder, noch schlimmer, beides. Jedenfalls gab es am Himmel eine Selbstzündung wie von einem MAN-Schiffsmotor, es rumpelte, paffte und nagelte, als galoppierten 100.000 Pferdestärken über mein Haupt. Und dann sprach der heilige Geist folgendermaßen zu mir: „bakamono (Dummkopf), baka-yarō (Mistkerl), baka onna (blödes Weib), baka ni suru (zum Narren halten), bakageta nedan (absurder Preis)“.

Nachdem das Freundschaftsband zwischen dem Heiligen Geist und mir sowie zwischen dem deutschen und dem japanischen Volk dermaßen gefestigt wurde, mache ich mir jetzt ernsthaft Sorgen um den Rudolf-Diesel-Gedächtnishain. Denn die Wiedertäufer haben sich warmgefahren wie díe Söderteska in ihrem Wasserwerfer.

Im vergangenen Jahr musste das Traditionshotel „Drei Mohren“ dran glauben und behaust die Gäste fortan grammatikalisch desparat als „Maximilian‘s“. Der alte Name des Hauses war eine historisch begründete Hommage an drei vornehme Reisende aus Abessinien. Aktuell geht es dem „Zigeunerbach“ an den Kragen, er plätschert durch ein örtliches Naherholungsgebiet. Hier lagerten einst Viehhirten, die Ochsen von Ungarn nach Augsburg trieben. Der Name sei den Bürgern „nicht mehr vermittelbar“ sagte die Bürgermeisterin. Eine echte Fehlzündung im Gedächtnishain.

Es ist also nur eine Frage der Zeit, bis Rudolf der Diesel seinen Mitaugsburgern ebenfalls „nicht mehr vermittelbar“ ist und dem Klimakiller die Parkrabatten gestutzt werden. Die Dieselkraft ist eine Erfindung des 19. Jahhunderts und soll jetzt durch die Windkraft ersetzt werden. Die gab es schon im 9. Jahrhundert und sie diente damals dem gleichen Zweck wie heute – als Gebetsmühle. Zum Abschied bat der Heilige Geist mich noch, den Sittenwärtern ein fröhliches japanisches „Shitsukên da yo“ zuzurufen, auf neudeutsch  „Leave me the fuck alone“ . Oder auch: „Oh, Herr wirf Hirn vom Himmel.“

 

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Leserpost

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Karl Dreher / 23.05.2021

Herr, wirf’ Hirn vom Himmel ... Das möchte ich unterstreichen, aber auch ergänzen: Bitte ziel’ genau, damit es die “richtigen” trifft - die mit den entsprechenden Mangelerscheinungen. Grob gezielt auf “Merkellinksrotgrün wäre auch schon von Vorteil.

N.Lehmann / 23.05.2021

Die Pfingstkuh Greta von Thunfisch wollte uns heimsuchen, aber Gott meint es gut mit uns und wir werden von unserm liebgewonnenen Trabbi (Pappe) aus der Uckermark widerfahren. Von Kardinal-Fehlzündungen absolut keine Spur.  Andere Frage: “Darf man in dieser schrecklichen Pandemie eigentlich pupsen?”

Ralf.Michael / 23.05.2021

In diesem Sinne, Herr Maxeiner, ,.... ogenki de ne ;o))      Und noch schöne Feiertage !

Mathias Rudek / 23.05.2021

Danke, wie immer, Herr Maxeiner, für die eine oder andere, neue Erkenntnis.

Friedrich Richter / 23.05.2021

Mir ist der heilige Geist gestern schon erschienen. Bin beim Einhandsegeln mit einer kleinen Jolle bei Starkwind und herrlichem Sonnenschein auf dem Lac Léman bei einer zu forsch angegangenen Halse gekentert. Als alter weisser Mann, der weiss, dass man sich selbst helfen muss, habe ich es irgendwie geschafft, das Boot wieder aufzurichten, reinzuklettern und weiterzusegeln, aber Lust auf ein zweites Mal hatte ich nicht, zumal der Wind noch stärker wurde und die strahlende Sonne nicht wärmte. Wollte mir der heilige Geist sagen, dass man sich auf Wind und Sonne allein nicht verlassen kann? Das wäre nicht nötig gewesen, das wusste ich schon. Hätte er das nicht besser der nordischen Schönheit bei ihrer Atlantiküberquerung erklären können?

Kurt Schrader / 23.05.2021

Lieber Herr Maxeiner, den wenigen noch nicht ausgerauften Haaren ist Goldene Gans ja auch das einzig geeignete Stärkungsmittel…

Rudhart M.H. / 23.05.2021

Das ist gar nicht zum Lachen ! Das ist zum Angst bekommen , denn leider scheint es alternativlos gegen die Wand zu gehen?!

E Ekat / 23.05.2021

Fugger, ein Weisser, die ganze Stadt muß verschwinden.

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