Dirk Maxeiner / 27.02.2022 / 06:15 / Foto: Pixabay / 43 / Seite ausdrucken

Der Sonntagsfahrer: Ende einer Kaffeefahrt

„Mann vergisst Frau" lautet eine beliebte Autobahn-Meldung, wenn der Ehepartner versehentlich auf der Rastplatz-Toilette zurückgelassen wurde. Manchmal gucken auch Männer hinterher. Beispielsweise BND-Chef Bruno Kahl in Kiew. 

Sonntagsfahrer zeichnen sich durch eine übermäßig langsame Fahrweise aus, tragen meist einen Hut und haben einen Wackeldackel oder eine umhäkelte Klopapierrolle auf der hinteren Hutablage. So oder so ähnlich lauten gängige Vorurteile gegen diese mir so nahestehende Spezies. Mitunter gehört auch eine gewisse Vergesslichkeit zum Charakteristikum. Ich vergaß nach meinem Umzug von Frankfurt nach Augsburg beispielsweise meine neue Heimat und fuhr von Berlin tapfer nach Frankfurt statt nach Augsburg, was mir aber erst kurz hinter Hanau dämmerte. 

Mein Freund Clauspeter vergaß auf der Autostrada in Italien nicht seinen Wohnort, sondern seine Frau. Und so konnte sie nach einem Toilettenbesuch nur noch zusehen, wie das schöne VW-Cabriolet samt Clauspeter am Horizont verschwand. Auf diese Art vergessene Ehefrauen gehören zum festen Repertoire jedes Lokalreporters, zumal sich das Elend der Welt mit solchen Episoden stets humoristisch durchbrechen lässt. „Nach etwa 50 Kilometern fiel ihm auf, dass er seine schwangere Lebensgefährtin aus Versehen hatte stehen lassen", berichtet bespielsweise BR24 von der A3 bei Pommersfelden. „Irgendwas habe ich vergessen", sei dem jungen Autofahrer nach einer Schrecksekunde von einer halben Stunde eingefallen.

Es gibt aber nicht nur den Brüller „Mann vergisst Frau", sondern auch „Frau vergisst Mann", wobei ich bei Letzterem mitunter den Eindruck habe, dass dies absichtlich geschieht. Die Süddeutsche Zeitung berichtet aus dem Raum Füssen: Als sich ein Stau aufgelöst hatte, habe die Frau Gas gegeben – und nicht daran gedacht, dass ihr Mann zum Rauchen ausgestiegen sei. Die Polizei in Bayern wurde dann etwas später über einen kettenrauchenden Fußgänger auf der Autobahn 7 im Grenztunnel Füssen informiert.

„Dissertation über Elemente des katholischen Denkens“

Sehr gerne vergessen werden auch Rentner auf sogenannten Kaffeefahrten, die nach dem Besuch des stillen Örtchens dem davonfahrenden Bus hilflos hinterherhumpeln. Meistens werden sie erst nach Tagen vermisst, was ein bezeichnendes Licht auf die gesellschaftlichen Verhältnisse wirft. Dabei fällt mir doch glatt BND-Chef und Oberst der Reserve Bruno Kahl ein, der einen kleinen Ausflug nach Kiew machte, um dort „dringende Gespräche zur aktuellen Lage" zu führen. Während er die Hintergründe der Lage erörterte, änderte die Lage sich ausgesprochen vordergründig, was den ins Gespräch vertieften Geheimdienstlern aber offensichtlich nicht aufgefallen war.

Kahl verbrachte offenbar eine ruhige Nacht, vielleicht träumte er zufrieden von seiner „Dissertation über Elemente des katholischen Denkens in der säkularen politischen Theorie von Carl Schmitt", mit der er sich nachhaltig für seinen Job qualifizierte. Das deutsche Führungspersonal zeichnet sich eben durch Nerven aus Stahl aus. Ja und dann war sie weg, die Evakuierungs-Einheit, mit der sich die anderen aus dem Staub gemacht hatten. Man sollte halt in Kabul oder Kiew ab und zu aus dem Fenster blicken. Und nachschauen, ob noch jemand im Klohäuschen sitzt.

Kahl wurde dann mit Mitgliedern seiner Delegation und anderen deutschen Offiziellen in einem weiteren, kurzfristig zusammengestellten Fahrzeugkonvoi außer Landes gebracht. „Inzwischen hat er einen Grenzübergang erreicht. Er ist wieder in der EU und wird noch heute in Berlin erwartet“, beschrieb der Spiegel das glückliche Ende der Kahlschen Butterfahrt.

„Wir sind gerade dabei, Lösungswege zu entwickeln, um beispielsweise unsere Szenarioanalysen weiter zu verbessern", sagte der BND-Chef, allerdings nicht in Kiew, sondern im Oktober des letzten Jahres, nach einer anderen überstürzten Abreise, „in Bezug auf den überraschend schnellen Machtwechsel in Afghanistan hat der BND Schwachstellen im Hinblick auf die Prognose identifiziert".

Es habe sich gezeigt, „in welch rasanter Geschwindigkeit sich Lagebilder verändern können“, verriet Kahl das Ergebnis intensiver geheimdienstlicher Erwägungen. Das hat meine Oma übrigens auch immer gesagt, wenn Opa einen zuviel gebechert hatte und vom Stuhl fiel.

 

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A. Ostrovsky / 27.02.2022

@Belo Zibé : Aus Fehlern kann man lernen. Aber nicht nur aus Fehlern. Wer sagt es dem Bruno? Dieser Typ beschafft übrigens die Erkenntnisse über die Lage, auf deren Grundlage unsre Anna und die Lena ihre Beschlüsse fällen. Oliver SWIFTS Reisen, sage ich da. Oder war das Gulliver im Riesenland?

A. Ostrovsky / 27.02.2022

@Heribert Glumener : Entschuldigung, in Kiew Schüsse? Man hat ihm erzählt, man kenne einen, der einen kennt, der offenbar glaubt, in Kiew wären Schüsse zu hören gewesen. War ich denn etwa der Einzige, der sich über 11 Stunden den Livestream vom Maidan angesehen und angehört hat? Wozu mache ich das eigentlich :-) Nun kommt mir nicht mit der Geschichtem die hätten nur das Mikrofon nicht aus dem Fenster gehalten. WARUM DENN NICHT! Wollten die nicht, dass wir Schüsse hören, wegen der Geheimhaltung? Bin ich schon verrückt, oder ist es der ganze andere Rest der Welt? WELT meldet, es wäre den ukrainischen Truppen gut gelungen, die Bilder von den Kampfhandlungen nicht in die Öffentlichkeit zu bringen. WIESO DENN DAS? Wieder wegen der Geheimhaltung? Oder sind die nur einfach verrückt? Oder sind das alles Frauen, die weder sagen können, was sie wollen, noch was überhaupt los ist? Wieso wollen die die Beweise für die Kampfhandlungen der Russen nicht zeigen, wenn sie angeblich statt finden? Weil sonst ein Teil der Deutschen verunsichert werden könnte? Ist das wirklich deren wichtigstes Ziel?

Klaus Keller / 27.02.2022

An Dr Stefan Lehnhoff. Der BND berichtet an das Kanzleramt. Das ist notwendig weil das Außenministerium von der Opposition, ubs, dem Koalitionspartner geleitet wird und sich beide wechselseitig nicht über den Weg trauen. Der Verfassungsschutz sollte ursprünglich das Innenministerium kontrollieren. Der MAD sich selber und die Bundeswehr. Es war im übrigen ein später enttarnter Stasioffizier beim MAD der in den 1980ern die Ruf­mord­kam­pa­gne gegen den Bundeswehrgeneral Kießling startete. Das hat später aber keinen Interessiert.

Dr. Lore Brüggemann / 27.02.2022

Danke, Herr Maxeiner, für diesen Artikel, der sehr dazu beigetragen hat, meinen Humor - der unter der Nachrichtenlast der letzten Tage etwas ins Wanken geraten war - wiederzufinden.

Klaus Keller / 27.02.2022

Das Ende einer Kaffeefahrt kann sein das man die demente Uroma im Cafe an der Autobahn sitzen lässt, in der Erwartung das sie von einem fürsorglichen Gemeinwesen versorgt wird. Granny dumping nannte man das in den USA. Übertragen auf den BND Chef könnte es bedeuten das man ihn los werden wollte und jemand im Übereifer die Sache später vermasselt hat.

Heribert Glumener / 27.02.2022

Aus für gewöhnlich bestens unterrichteten Kreisen erfuhr ich, dass dem BND-Chef Bruno Kahl der Schreck ordentlich in die Glieder und vor allem ins Gedärm gefahren ist, als in Kiew von weit her Schüsse zu hören waren. Die Jungs waren dann mal ganz schnell weg, Kahl hingegen verblieb in der Hocke. Gut, dass er später noch rauskam.

Karla Kuhn / 27.02.2022

“Das hat meine Oma übrigens auch immer gesagt, wenn Opa einen zuviel gebechert hatte und vom Stuhl fiel.”  HEEEEERLICH. Danke Herr Maxeiner, Sie übertreffen sich jeden Sonntag aufs neue. MIR wäre nicht aufgefallen, wenn der “geniale” Herr Kahl noch immer in Kiew hocken würde, hat den tatsächlich jemand vermißt ?  Ja, Herr Pappe, darum habe ich dem Geschwätz einiger deutscher Politiker eh nicht geglaubt, das DEUTSCHE Waffen NICHT in die Ukraine geschickt werden sollen. Aber die UNGLAUBLICH KOMPETENTE Verteidigungs Ministerin Lambrecht (irgendjemand hatte sie als “kleine, ältliche grauhaarige Frau” beschieben) eine gelernte Juristin, weiß offenbar, WIE Zusagen ins Gegenteil verkehrt werden können ! Dazu die “geniale” AM und der ebenso “geniale” Habeck, WAS soll uns da noch passieren ? R. Reger. “Dorftrottel”. Die Leserbriefe tragen auch zu meiner guten Stimmung bei. Den Scholz lasse ich aus, ich frage mich WER dem seine “Reden” schreibt. Ich habe mir tatsächlich mal paar Minuten dieses m. E. nichtssagende Geschwätz angetan. NIE WIEDER ! Ich tue mir auch das ganze Corona Geschwafel nicht an, von Zeit zu Zeit frage ich in der Familie, ob sich etwas gravierndes verändert hat, das wars. Ich bin nur erstaunt, daß auch hier auf der Achse immer noch viele Leser diese “Inzidenzien” überhaupt noch glauben. Das ganze Zahlentheater und vor allem die RECHTSWIDRIGEN Maßnahmen basieren auf dem TEST, der KEINE Infektionen anzeigen kann !! Zwei Jahre Elend für viele Menschen, vor allem für die KINDER, die alten Menschen und den ALTEN-PFLEGEHEIMBEWOHNERN und für große Teile der Wirtschaft, außer den meisten Pharmafirmen, vermutlich Impfärzten und etlichenTypen , die sich am Maskenzirkus (STAUBMASKEN) bereichert haben.

Ludwig Luhmann / 27.02.2022

Kahls Mumu- und Koksvorrat muss enorm gewesen sein!

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