Dirk Maxeiner / 21.02.2021 / 06:00 / Foto: Torsten Edelmann / 71 / Seite ausdrucken

Der Sonntagsfahrer: Die Macht der Nullen

Die deutsche und europäische Politik wird in rasch wachsendem Tempo von Nullen erobert. Nur ein paar Beispiele: „Null Covid“ („Zero Covid“) heißt eine Initiative „für einen solidarischen europäischen Shutdown“. „Null CO2" („Zero CO2“), träumt von einer kohlenstoffneutralen Mobilität. Und die höchstoffizielle europäische „Vision Null“ („Vision Zero“) soll die Zahl der Toten im Straßenverkehr auf Null reduzieren. Wenn man alle drei Null-Visionen zusammen nimmt, kommt das sogenannte Null-Leben zustande. Keine Viren mehr, kein Ausatmen mehr, kein Verkehr mehr. 

Der – von uns aus gesehen – nächste Ort im Universum, auf dem dieses politische Ideal nachhaltig verwirklich wurde, ist der Mond. Zero-Atmosphäre. Lockdown seit 4,5 Milliarden Jahren. Keine Verkehrstoten. Abgesehen von der ins All geschickten Hündin Laica, die seit dem 3. November 1957 in ihrer Kapsel tot die Erde umkreiste und später beim Eintritt in die Erdatmosphäre verglühte. Die russische Hündin war gleichsam der erste Verkehrstote im All. 

Doch kehren wir zurück ins irdische Jammertal. Die „Vision Zero“ („Null Vision“) der Europäischen Union trifft rein sprachlich die Lage auf den Punkt, Ursula von der Leyen wurde ja bekanntlich EU-Kommissionspräsidentin, weil sie Nichts durch Null teilen kann. Ist aber nicht so gemeint. Vielmehr schwebt die „Vision Zero“ wie immer im Gewande der Welt- und Menschheitsrettung durch den Orbit. Wer das Kleingedruckte liest, entdeckt allerdings einen weiteren Baustein zur Abschaffung des Autos. Sprich: Des Sonntagsfahrers.

Das Auto als eine Tracking-App für alles und jeden 

Die Logik ist letztendlich bestechend und die immer gleiche Anwendung des Vorsorge-Prinzips: Wer Null wählt, kann auch nicht die falsche Partei ankreuzen. Wer Null nach oben will, kann auch nicht abstürzen. Wer Null fährt, kann auch nicht vom Wege abkommen.

Aus dem Auto als ein Symbol der Freiheit wird zügig eine Tracking-App für alles und jeden. Die Umerziehung erfolgt stufenweise. Die künftige Euro7-Norm ab 2025 ist für das Gros der Verbrennungsmotoren technisch nicht realisierbar. Sie können dann direkt vom Fließband in Stuttgart oder Wolfsburg ins Frankfurter Senckenberg- oder ins Berliner Naturkunde-Museum befördert werden. T-Rex und S-Klasse finden dann Seit’ an Seit’ ihren letzten Parkplatz, ersterer verschieden an den Folgen einer Vulkan-Eruption, letzterer an einem Ausbruch menschlicher Dummheit. 

Aber damit nicht genug. Im Zeitraum von 2022 bis 2024 werden innerhalb der EU für Kraftfahrzeuge insgesamt bis zu 30 „Fahrerassistenzsysteme“ („FAS“) verpflichtend. Ein Anfang ist ja bereits gemacht. Seit dem 1. Januar ist für alle neu zugelassenen Autos eine Verbrauchsüberwachung in Echtzeit Pflicht. Die Daten müssen an die EU übertragen werden. Das soll angeblich Kunden die Durchsetzung von Ansprüchen gegen die Hersteller wegen Mehrverbrauchs gegenüber den Prospektangaben erleichtern. Eine Sprachregelung für Dummchen und Abiturienten aus Bremen und Berlin. Wer noch alle Radkappen beisammen hat, begreift allerdings schnell: Damit lässt sich mühelos eine ökologisch-sozial-gerechte-und-überhaupt-Maut einführen, der Gebührenzähler sitzt gleich neben der Tankuhr. 

Ein Spanner vom chinesischen Geheimdienst im Handschuhfach

Und weiter im Programm: Der „Unfalldatenschreiber“ wird als Mitfahrgelegenheit für den Staatsanwalt programmiert. Die Blackbox spuckt dann gleich die Anzahl der Punkte und gegebenenfalls die Bewährungsstrafe aus, außer für Mitglieder von Schwefel-Parteien, die kommen gleich in Einzelhaft. Der „Intelligente Tempoassistent“ bremst die Karre automatisch auf die von der Verkehrszeichenerkennung diktierte Geschwindigkeit. Nein heißt nein und 30 heißt 30. Ich finde, das untergräbt Ehrgeiz und Engagement – und den systemischen Vorteil eines Porsche (Die merken das aber erst, wenn es zu spät ist).

Das „Driver Monitoring System“ ist ebenfalls eine ausgesprochene Spaßbremse. Die Firma Bosch beispielsweise hat ein System zur Serienreife entwickelt, mit dem der gesamte Innenraum von Kameras beobachtet wird. Und auf den Fahrer gerichtet, befindet sich sogar eine im Lenkrad. Falls Du in der Nase bohrst. Vor allem aber: Good by, Liebe im Auto. Irgendein Spanner vom chinesischen Geheimdienst sitzt immer im Handschuhfach.

Ich persönlich lerne jetzt prophylaktisch Mandarin. „Du bist ein schimmelndes Ei!“ („Ni shi hun dan!“). „Nide muquin shr ega da wukwei! („Deine Mutter ist eine große Schildkröte!“) „Dein Herz ist schwarz!“ („Ni xin tai hei le!“) Und vor allem: „Wi xiwang ni man man si, dan kuai dian xia di yu.“ („Ich wünsche Dir einen langsamen Tod, aber eine schnelle Fahrt in die Hölle!“) Die sollen in Peking ruhig wissen, dass es tief im Bayrischen noch Spuren von intelligentem Leben gibt.

Es ist daher nur folgerichtig, aus der Bundeshauptstadt eine geschlossene Anstalt zu machen. Die entsprechenden Initiativen sind auf einem guten Weg, nach Abschaffung des Privateigentums könnte die Kasernierung der Untertanen erfolgen. Doch das reicht natürlich nicht. Es muss auch verhindert werden, dass sie woanders Luft schnappen, getreu dem Bonmot von Einstein: „Der Horizont vieler Menschen ist wie ein Kreis mit Radius Null“. Der Berliner Null-Auto-Initiative schwebt „die größte autoreduzierte Innenstadt der Welt“ vor. Den Insassen soll nur noch zwölfmal im Jahr eine Fahrt mit dem eigenen Auto gestattet sein. Aber warum ausgerechnet zwölf?

Zwölf Gedanken finde ich für Berlin ziemlich ambitioniert

Ich habe den Theologen meines Vertrauens befragt und siehe, er sagte mir: "Zauberei war in der Antike nicht so etwas für den Kindergeburtstag wie heute oder etwas für ganz dubiose esoterische Sachen. Man konnte auf der Straße Zauberpapyri kaufen, es war relativ normal, Zaubersprüche zu verwenden. In denen spielte dann die Zwölf auch eine große Rolle. Etwa, dass man einen Spruch zwölfmal sagte oder dass zwölf Dämonen auftraten. In der philosophischen Bewegung der Gnosis gab es die Vorstellung von zwölf Gedanken, die Gott dachte, bevor er die Welt erschuf."

Zwölf Gedanken finde ich für Berlin ziemlich ambitioniert, selbst wenn sie der liebe Gott hat. Aber zumindest einer davon ist gar nicht schlecht. „Wir möchten, dass die Menschen bei offenem Fenster schlafen können“. Das illustrieren die Initiatoren auf ihrer Homepage mit  einer idylischen Zeichnung, die direkt aus Mittelerde stammen könnte: Mit stumm geschalteten Straßenbahnen, geräuschlosen Stadtmusikanten, mäuschenstillen Kneipenbesuchern, tonlosen Partygängern und lautlosen Kindern. 

 

Von Dirk Maxeiner ist in der Achgut-Edition erschienen: „Hilfe, mein Hund überholt mich rechts. Bekenntnisse eines Sonntagsfahrers.“ Ideal für Schwarze, Weiße, Rote, Grüne, Gelbe, Blaue, sämtliche Geschlechtsidentitäten sowie Hundebesitzer und Katzenliebhaber, als Zündkerze für jeden Anlass(er). Portofrei zu beziehen hier.

Foto: Torsten Edelmann CC BY-SA 2.5 via Wikimedia Commons

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Jürgen Keil / 21.02.2021

Zur Zeichnung aus “Mittelerde”; 1. Gedanke: “Berlin autofrei”? Wenn schon, dann auch gleich menschenfrei. Ruuuhe! Ich kann das laute, grüne Geschwätz von Balkon zu Balkon nicht mehr ertragen. 2. Gedanke: Vor einer Woche lagen noch 30 cm Schnee. Das Lastenfahrrad müßte also mit Schneeketten ausgerüstet werden. Aber vorher muß der pferdegezogene Schneepflug den “Hohenzollerndamm” - heißt der wirklich noch so? - noch freiräumen. 3.Gedanke: „So viel Platz zum Spielen!“ Die Kinder spielen auf der Straße. Die Straßenbahn kommt! Macht nichts, die hat einen Kindernotbremssensor. Aber da muß sie ja so oft anhalten? Fahrplan? Kein Problem: „Den Glücklichen schlägt keine Stunde!“ Zum Thema des Artikel generell: Hunde wollt ihr ewig leben?

E Ekat / 21.02.2021

Unsere Gesellschaft hat es zugelassen, daß niemand die Konsequenzen, die Folgen seines Geplappers verantworten muß. Damit konnte sich das Gelaber ausweiten wie ein Virus, wie derzeit Covid-19.  Eine für die eigene Existenz gewährte Folgenlosigkeit des eigenen Gelabers wurde zur Normalität, zerlegte zunächst die Familien, steckte den Nachwuchs an, welcher sich Laber-Derivate schaffte und mit der Zeit die Laber-Schaltstellen der Gesellschaft übernahm. Die Freiheit vor der Konsequenz eigenen Fehlverhaltens, die Vermeidung der Verantwortung für eigene Forderungen, für eigenes Tun und Handeln:  so etwas stellt den direkten Gegensatz dar für jede Existenzgrundlage jeder Gesellschaftsform. Das werden die Herrschaften als erstes lernen, wenn sie in ihrer NWO angekommen sind.

toni Keller / 21.02.2021

Nun ja wenn man sich das Bild genauer anschaut, dann muss man feststellen, wird ganz schön laut werden das autofreie Berlin!  Und ja unsere “neues” Auto hat auch diverse Assistenzsysteme, nun ja trotz mehrmaliger Reklamation funktionieren sie nicht immer. Besonders die “automatische Bremse” hat noch nie funktioniert und die Interpretation der Verkehrszeichen hat auch so ihre Grenzen. Von daher bin ich da recht gelassen. Etwas anderes macht ebenfalls Hoffnung, wenn das Autofahren dann endgültig nur noch Privilegierten erlaubt sein wird, dann wird es mit der Überwachung der Menschen via Assistenzsysteme wieder schwierig, weil die dann eben genau nicht mehr im Auto sitzen werden, auch das gibt Hoffnung. Ansonsten finde ich diese Zero irgendwas Leute, die sollen einfach mal erwachsen werden, was arbeiten, oder einfach mal ihrer Großmutter helfen, bzw sonstwie körperlich arbeiten, vielleicht haben sie irgendwo noch eine alte Tante die dringend das Haus geputzt und das Unkraut gejätet habe muss, vielleicht hilft es ja. Am lustigsten finde ich die Zero CO2 Leute, weil ohne Co2 nix grün, aber Photosynthese ist ja so ein schwieriges Wort und außerdem muss man dazu rudimentär im Chemieunterricht ein klein wenig aufgepasst haben und Chemie ist auch so ein schweres Wort und dazu ganz böse.

Arnold Balzer / 21.02.2021

Betr. „Driver Monitoring System“  Die Minispione mit Isolierband zu sabotieren wurde bereits vorgeschlagen. Aber schon das bereits oktroyierte Standort-Spionage- und automatische Notrufsystem ist ein Tracker par excellence, denn wer versichert mir, dass nicht ständig meine Fahrten mit dem PKW verfolgt und registriert werden?  === Es ist erstaunlich, was alles heutzutage am sonst so rigiden Datenschutz vorbei in Überwachungsgesetze geschrieben wird! Dagegen, eine dashboard camera, wie sie in Russland so beliebt ist um Straftaten von Polizei und Unfallverursachern zu dokumentieren, sind bei uns immer noch verboten. Das musste bekanntlich eine geschädigte Autofahrerin erfahren, deren korrekt geparkter Wagen beschädigt wurde. Das Fahrerflucht registrierende Video wurde vor Gericht nicht anerkannt - aus Datenschutzgründen!

Yon Bureitxa / 21.02.2021

In diesem Land (+EU) rennen einfach zu viel NULLEN durch die Gegend.

Arnold Balzer / 21.02.2021

Im zitierten WELT-Artikel zur Null-Auto-Initiative sind folgende Ausnahmen aufgeführt: “für den öffentlichen Nahverkehr, den Lieferverkehr, für Rettungsdienste, Polizei und Feuerwehr oder mobilitätseingeschränkte Menschen”. FRAGE: Ist die Aufzählung vollständig? Wenn ja, dann Gute Nacht! Dann haben die Senats-Nullen die Müllabfuhr vergessen! Bei Fahrverbot für die Stadtreinigung wird sich nach einer Woche schon der Müll auf den Straßen dermaßen stapeln, dass die Leute nicht mehr bei offenem Fenster schlafen können/wollen. Oder sollen die ihren Müll mit ihren Lastenfahrräder selber zum nächsten BSR-Recyclinghof fahren? LOL

Walter Elfer / 21.02.2021

Na, immerhin geht die Regierung mit den Nullen schonmal voran.

Arnold Balzer / 21.02.2021

Lieber Herr Maxeiner, bei den vielen Zero’s, die Sie anführen, wäre noch “Cancel Culture” mitzuzählen, denn eine gecancelte culture ist letztlich auch Zero Culture.

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