Die deutsche und europäische Politik wird in rasch wachsendem Tempo von Nullen erobert. Nur ein paar Beispiele: „Null Covid“ („Zero Covid“) heißt eine Initiative „für einen solidarischen europäischen Shutdown“. „Null CO2" („Zero CO2“), träumt von einer kohlenstoffneutralen Mobilität. Und die höchstoffizielle europäische „Vision Null“ („Vision Zero“) soll die Zahl der Toten im Straßenverkehr auf Null reduzieren. Wenn man alle drei Null-Visionen zusammen nimmt, kommt das sogenannte Null-Leben zustande. Keine Viren mehr, kein Ausatmen mehr, kein Verkehr mehr.
Der – von uns aus gesehen – nächste Ort im Universum, auf dem dieses politische Ideal nachhaltig verwirklich wurde, ist der Mond. Zero-Atmosphäre. Lockdown seit 4,5 Milliarden Jahren. Keine Verkehrstoten. Abgesehen von der ins All geschickten Hündin Laica, die seit dem 3. November 1957 in ihrer Kapsel tot die Erde umkreiste und später beim Eintritt in die Erdatmosphäre verglühte. Die russische Hündin war gleichsam der erste Verkehrstote im All.
Doch kehren wir zurück ins irdische Jammertal. Die „Vision Zero“ („Null Vision“) der Europäischen Union trifft rein sprachlich die Lage auf den Punkt, Ursula von der Leyen wurde ja bekanntlich EU-Kommissionspräsidentin, weil sie Nichts durch Null teilen kann. Ist aber nicht so gemeint. Vielmehr schwebt die „Vision Zero“ wie immer im Gewande der Welt- und Menschheitsrettung durch den Orbit. Wer das Kleingedruckte liest, entdeckt allerdings einen weiteren Baustein zur Abschaffung des Autos. Sprich: Des Sonntagsfahrers.
Das Auto als eine Tracking-App für alles und jeden
Die Logik ist letztendlich bestechend und die immer gleiche Anwendung des Vorsorge-Prinzips: Wer Null wählt, kann auch nicht die falsche Partei ankreuzen. Wer Null nach oben will, kann auch nicht abstürzen. Wer Null fährt, kann auch nicht vom Wege abkommen.
Aus dem Auto als ein Symbol der Freiheit wird zügig eine Tracking-App für alles und jeden. Die Umerziehung erfolgt stufenweise. Die künftige Euro7-Norm ab 2025 ist für das Gros der Verbrennungsmotoren technisch nicht realisierbar. Sie können dann direkt vom Fließband in Stuttgart oder Wolfsburg ins Frankfurter Senckenberg- oder ins Berliner Naturkunde-Museum befördert werden. T-Rex und S-Klasse finden dann Seit’ an Seit’ ihren letzten Parkplatz, ersterer verschieden an den Folgen einer Vulkan-Eruption, letzterer an einem Ausbruch menschlicher Dummheit.
Aber damit nicht genug. Im Zeitraum von 2022 bis 2024 werden innerhalb der EU für Kraftfahrzeuge insgesamt bis zu 30 „Fahrerassistenzsysteme“ („FAS“) verpflichtend. Ein Anfang ist ja bereits gemacht. Seit dem 1. Januar ist für alle neu zugelassenen Autos eine Verbrauchsüberwachung in Echtzeit Pflicht. Die Daten müssen an die EU übertragen werden. Das soll angeblich Kunden die Durchsetzung von Ansprüchen gegen die Hersteller wegen Mehrverbrauchs gegenüber den Prospektangaben erleichtern. Eine Sprachregelung für Dummchen und Abiturienten aus Bremen und Berlin. Wer noch alle Radkappen beisammen hat, begreift allerdings schnell: Damit lässt sich mühelos eine ökologisch-sozial-gerechte-und-überhaupt-Maut einführen, der Gebührenzähler sitzt gleich neben der Tankuhr.
Ein Spanner vom chinesischen Geheimdienst im Handschuhfach
Und weiter im Programm: Der „Unfalldatenschreiber“ wird als Mitfahrgelegenheit für den Staatsanwalt programmiert. Die Blackbox spuckt dann gleich die Anzahl der Punkte und gegebenenfalls die Bewährungsstrafe aus, außer für Mitglieder von Schwefel-Parteien, die kommen gleich in Einzelhaft. Der „Intelligente Tempoassistent“ bremst die Karre automatisch auf die von der Verkehrszeichenerkennung diktierte Geschwindigkeit. Nein heißt nein und 30 heißt 30. Ich finde, das untergräbt Ehrgeiz und Engagement – und den systemischen Vorteil eines Porsche (Die merken das aber erst, wenn es zu spät ist).
Das „Driver Monitoring System“ ist ebenfalls eine ausgesprochene Spaßbremse. Die Firma Bosch beispielsweise hat ein System zur Serienreife entwickelt, mit dem der gesamte Innenraum von Kameras beobachtet wird. Und auf den Fahrer gerichtet, befindet sich sogar eine im Lenkrad. Falls Du in der Nase bohrst. Vor allem aber: Good by, Liebe im Auto. Irgendein Spanner vom chinesischen Geheimdienst sitzt immer im Handschuhfach.
Ich persönlich lerne jetzt prophylaktisch Mandarin. „Du bist ein schimmelndes Ei!“ („Ni shi hun dan!“). „Nide muquin shr ega da wukwei! („Deine Mutter ist eine große Schildkröte!“) „Dein Herz ist schwarz!“ („Ni xin tai hei le!“) Und vor allem: „Wi xiwang ni man man si, dan kuai dian xia di yu.“ („Ich wünsche Dir einen langsamen Tod, aber eine schnelle Fahrt in die Hölle!“) Die sollen in Peking ruhig wissen, dass es tief im Bayrischen noch Spuren von intelligentem Leben gibt.
Es ist daher nur folgerichtig, aus der Bundeshauptstadt eine geschlossene Anstalt zu machen. Die entsprechenden Initiativen sind auf einem guten Weg, nach Abschaffung des Privateigentums könnte die Kasernierung der Untertanen erfolgen. Doch das reicht natürlich nicht. Es muss auch verhindert werden, dass sie woanders Luft schnappen, getreu dem Bonmot von Einstein: „Der Horizont vieler Menschen ist wie ein Kreis mit Radius Null“. Der Berliner Null-Auto-Initiative schwebt „die größte autoreduzierte Innenstadt der Welt“ vor. Den Insassen soll nur noch zwölfmal im Jahr eine Fahrt mit dem eigenen Auto gestattet sein. Aber warum ausgerechnet zwölf?
Zwölf Gedanken finde ich für Berlin ziemlich ambitioniert
Ich habe den Theologen meines Vertrauens befragt und siehe, er sagte mir: "Zauberei war in der Antike nicht so etwas für den Kindergeburtstag wie heute oder etwas für ganz dubiose esoterische Sachen. Man konnte auf der Straße Zauberpapyri kaufen, es war relativ normal, Zaubersprüche zu verwenden. In denen spielte dann die Zwölf auch eine große Rolle. Etwa, dass man einen Spruch zwölfmal sagte oder dass zwölf Dämonen auftraten. In der philosophischen Bewegung der Gnosis gab es die Vorstellung von zwölf Gedanken, die Gott dachte, bevor er die Welt erschuf."
Zwölf Gedanken finde ich für Berlin ziemlich ambitioniert, selbst wenn sie der liebe Gott hat. Aber zumindest einer davon ist gar nicht schlecht. „Wir möchten, dass die Menschen bei offenem Fenster schlafen können“. Das illustrieren die Initiatoren auf ihrer Homepage mit einer idylischen Zeichnung, die direkt aus Mittelerde stammen könnte: Mit stumm geschalteten Straßenbahnen, geräuschlosen Stadtmusikanten, mäuschenstillen Kneipenbesuchern, tonlosen Partygängern und lautlosen Kindern.
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