Dirk Maxeiner / 19.01.2020 / 06:25 / Foto: Matti Blume / 48 / Seite ausdrucken

Der Sonntagsfahrer: Die Crashtest-Dummies

Bei der Suche nach Fotos von Volkswagen-Chef Herbert Diess stieß ich auf eine Reihe Gruppenfotos vom letztjährigen Genfer-Automobilsalon. Die posierenden Volkswagen-Manager gleichen sich mitunter bis aufs Haar, beziehungsweise das nicht mehr ganz vorhandene und modisch kurz rasierte Haar. Die asketischen Figuren entsprechen dem Modell Marathonläufer und werden durch blaue Anzüge von engem, jugendlichem Zuschnitt betont. Das modische Ideal scheint Bundes-Außenminister Heiko Maas zu sein. Der ist auch beim Brillengestell Leading Edge. 

Die Uniformität wird durch scheinbar gewagte Akzente aufgelockert, die aber kein karrieretechnisches Risiko mehr darstellen. Dazu gehört der Dreitagebart und der Verzicht auf einen Schlips, bei semioffiziellen Anlässen darf es auch mal eine Jeans sein, Marke Dieter Zetsche. Das bringt etwas Startup-Dynamik. Vertreter kreativer Unternehmenszweige, beispielsweise Designer, dürfen auch braune Schuhe oder solche aus Wildleder tragen. Imageförderlich ist auch ein Fitnessband am Handgelenk, gibt es doch Auskunft darüber, dass hier ein gesunder Körper einem gesunden Unternehmen rund um die Uhr zur Verfügung steht.

Ein Muss ist mittlerweile die Bühnentauglichkeit. Ausgerüstet mit einem Headset schreitet der Konfirmand auf der Bühne hin und her und verkündet dem Publikum Dinge, die er von einem Teleprompter abliest oder gut auswendig gelernt hat. Er darf dabei alles sagen, nur nicht die Wahrheit. Das nennt man freie Rede und ist karrieretechnisch State oft the Art.

Und jetzt machen wir halt irgendwas mit digital

Er sollte dann solche Sätze von sich geben: „Das Auto ist nicht länger nur Transportmittel. Und das bedeutet auch: Die Zeit klassischer Automobilhersteller ist vorbei.“ Oder auch: „Das Automobil wird in Zukunft das komplexeste, wertvollste, massentauglichste Internet-Device“. Ebenfalls immer gut: „Der Umbau vom Automobilkonzern zum digitalen Tech-Konzern – das ist eine gigantische Herausforderung“. Falls jemand bei Volkswagen beschäftigt ist, sind das für die Karriere güldene Worte, die man nicht oft genug wiederholen kann. Schließlich hat sie der VW-Vorstandsvorsitzende Herbert Diess der Belegschaft gerade persönlich mitgeteilt.

Menschen, die aus dem Konfirmandenanzug rausgewachsen sind, erinnern sich an ähnliche Wegweisungen der Vergangenheit. Erst sollte die „Dienstleistungsgesellschaft“ das ewige Glück bringen, dann die „Sharing Economy“. Das haben auch alle nachgebetet. Nicht nur VW, sondern auch BMW und Mercedes. Allerdings berichtet aktuell das Handelsblatt:

„BMW und Daimler geben Carsharing-Geschäft in Nordamerika auf. Der kostenintensive Aufbau von Mietwagenflotten lohnt sich für die Autohersteller nur in wenigen Metropolen... Kein Jahr ist es her, da galt noch die Devise ‚The sky ist the limit‘ und die damaligen Chefs von BMW und Daimler, Harald Krüger und Dieter Zetsche, verkündeten die Fusion ihrer Mobilitätsdienste Car2go und DriveNow."

Das Ganze ahnten sicherlich auch einige der Führungs-Konfirmanden, aber sie beließen den Widerspruch bei Dreitage-Bart und braunen Schuhen. Und jetzt machen sie halt irgendwas mit digital.

Da das Klonen in Deutschland verboten ist, muss es irgendwo eine Casting-Agentur geben, die den Führungs-Nachwuchs aussucht. Und zwar unter grober Missachtung von Inklusion und Diversität. Ich wünsche mir daher nichts sehnlicher als einen leicht übergewichtigen jungen Mann mit am Bauch heraushängenden Hemdzipfeln, abgelaufenen Schuhsohlen und, sagen wir mal, Huawei-Migrationshintergrund, der vor der versammelten Volkswagen-Belegschaft aufsteht, und sagt: „Aber Herr Diess, Telefonzellen werden doch gerade abgeschafft, warum wollen sie nun welche mit Rädern bauen?“  

Die Volkswagen Casting-Agentur scheint übrigens – spiegelbildlich – auch für die Volkswagen-Kritiker tätig zu sein. Hier ist der Typus der höheren Tochter mit Migrationshintergrund Marion-Dönhoff-Gymnasium in Blankenese die verbindliche Führungsfigur. Luisa Neubauer und Annalena Baerbock gehören schon rein äußerlich zu den wohlversorgten weißen jungen Frauen mit Dreiwetter-Taft, die mit dem deutschen Lastenfahrad durch die Weltgeschichte kurven. Ich kann mir sie sehr gut in einer Rosamunde-Pilcher-Verfilmung vorstellen, beim Striegeln des Reitpferdes. Insofern harmonieren sie aufs trefflichste mit den unbedarften Brumm-Brumm-Konfirmanden, die alles tun werden, außer den höheren Töchtern mal herzhaft zu widersprechen. Zusammen sind sie die perfekte Besatzung fürs Traumschiff. 

 

Von Dirk Maxeiner ist in der Achgut-Edition erschienen: „Hilfe, mein Hund überholt mich rechts. Bekenntnisse eines Sonntagsfahrers.“ Ideal für Schwarze, Weiße, Rote, Grüne, Gelbe, Blaue, sämtliche Geschlechtsidentitäten sowie Hundebesitzer und Katzenliebhaber, als Zündkerze für jeden Anlass(er). Portofrei zu beziehen hier.

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Reinhold Schmidt / 19.01.2020

Lieber Herr Maxeiner, meinen Sonntag haben Sie, wie schon so oft, wieder ein wenig sonniger gemacht. Diesen Bubis im Konfirmationsanzug darf man nicht über den Weg trauen, weil sie nur die halbe Wahrheit sagen.  Z.B. fehlt bei der Aussage: “VW setzt voll auf die E-Mobilität” der Nachsatz “natürlich nur in Deutschland”. Schließlich will man hier an Subventionen abgreifen, was man kriegen kann. Dass reine E-Mobilität Produktion für die deutschen Standorte mindestens eine Halbierung, wenn nicht noch schlimmer, der Wertschöpfung und damit entsprechend die Entlassung mindestens der Hälfte der Belegschaft bedeutet, wird nicht erwähnt. Aber VW ist, wie auch BMW, Daimler, Audi,  ja ein globaler Konzern. Bei uns wird damit eine der letzten deutschen, weltweit führenden Hochtechnologie, Dieselantriebe,  ja sturmreif geschossen. Und das bei einem riesigen, künftigen Weltmarkt, oder kann sich irgend einer E-Mobilität im den Weiten Afrikas, Asiens oder Südamerikas vorstellen? Aber VW hat sich, wie die anderen Konzerne, mit entsprechenden Produktionskapazitäten außerhalb Deutschlands ja bereits entsprechend darauf eingestellt. Die offene Frage ist natürlich, ob deutsche Automobilkonzerne ihre führende Rolle in der Dieseltechnologie und bei Premiumprodukten in der Welt halten können, wenn diese Produkte in Deutschland nicht mehr zur Anwendung kommen (man denke an die Geschichte des Transrapid).

Fridolin Kiesewetter / 19.01.2020

Die VW-Manager sollten sich mal den alten VW-Industriefilm “Aus eigener Kraft” von 1954 ansehen (in youtube abrufbar). Da können sie vielleicht noch was lernen. Der stammt nämlich aus einer Zeit, als Deutschlands Industriekapitäne noch nicht wohlstandsverblödet waren.

Werner Arning / 19.01.2020

Man wünschte sich so sehr, dass es wieder um die Sache gehen möge und nicht um die (coole) Außendarstellung. Und schon gar nicht um eine zeitgeistgerechte grüne Außendarstellung. Da vergeht einem ja die Lust am Autofahren.

Karla Kuhn / 19.01.2020

Andreas Müller, das VIERTE Geschlecht ? Das erste m, das zweite w und das dritte d, wenn keines von den dreien zutrifft, muß es ja das VIERTE sein ! Oder ?? Sind das Drillinge auf dem Foto ?  FALLS Auto nur ein richtig toller OLDTIMER ! Alle anderen sind für mich SPIONE und davon hatte ich in der DDR MILLIONEN !! Und vor allem KEIN TESLA ( etliche von denen sollen ja einfach weiterfahren) !! Übrigens, lt. SPIEGEL, will MICROSOFT RÜCKWIRKEND KLIMANEUTRAL werden !!  TOLL, zurück in die Vergangenheit !  Durch die “Einheitspartei”  scheint das ja schon prima zu funktionieren ! !

Peter Kreiterling / 19.01.2020

Hauptsache Zeitgeist. Bei den Klamotten kein Problem. Sieht zwar Sch…. aus, aber so what. Im Job wird es dann schon enger. Das Setzen des Herrn Diess auf die Karte Elektro-Mobilität wird ein Flop und Volkswagen, wenn nicht ruinieren, so doch enormen Schaden zufügen. Und natürlich massiv Arbeitsplätze kosten. Die Gründe sind bekannt und auch bei Achgut hinreichend thematisiert worden: Technologie, benötigte Rohstoffe und Infrastruktur, Recycling etc.. Herr Diess guckt sich dann das Ergebnis, gut versorgt, im Maas-Anzug vom Genfer See aus an.

Horst Kruse / 19.01.2020

Es ist trostlos . Auch die Elite der deutschen Auto - Manager ergeht sich -und zwar nicht nur in ihrem Outfit - in erbarmunsloser. Anpassung an den Zeitgeist .

Sirius Bellt / 19.01.2020

@ Wolf von Fichtenberg. Vorzüglich beschrieben. Danke.

Heiko Engel / 19.01.2020

Einfach mal € 10,— investieren, im MA möglicherweise günstiger, und von Günter Ogger „ Nieten in Nadelstreifen“ erstehen. Lohnt sich ungemein. Ist zwar aus den 90-gern des vorigen Jahrhunderts, aber hochaktuell. Und Günzi weiß wovon er redet , denn er gehörte dem Trotteltrupp der scheinbaren Selbstherrlichkeit auch einmal an. Figuren, deren Job meine Oma ohne VWL - und BWL - Studium nach vierzehntägiger Einweisung aus dem Unterarm schüttelt. Käser, Diess etc. haben Intellektuell bisher noch nicht einmal verarbeitet, dass sie Austauschmaterial sind. Diese Pfeifen sind NICHT die Eigentümer, der von ihnen bedauerlicherweise geleiteten Unternehmen. Konformisten und damit, schon aufgrund ihrer Fähigkeiten zur freiwilligen Anpassung zwangsläufig prädestiniert zum Faschismus. Nur mit Anpassung ist es in diesem Lande überhaupt möglich derartige Positionen zu erreichen; niemals durch individuelle Leistung. Denn hätten diese Flaschen etwas auf dem Kasten wären sie Freiberufler oder selbst und ständig. Da das unmöglich für sie ist, wird sich schon nach durchgewurschteltem Studium im Großkonzern versteckt. Ekliges Pack. Desweiteren stellen die deutschen Konzerne nicht die Masse der Arbeitsplätze in diesem Drecksstaat. Das erledigt der Mittelstand. Wo Verantwortung und unternehmerische Entscheidung noch von Herz und mit Verstand getroffen werden. Werden müssen, denn die soziale Hängematte verfrühstücken ja oben genannte Beherrscher des Marktes. Arno Grün schrieb in „Wahnsinn der Normalität“ 1989 , dass der Grad der Verentmenschlichung zwangsläufig am größten sein muss, je höher der Aufstieg in einer Hierarchie erfolgt. Mann / Frau muss sich eben weit von sich selbst entfernen, um die Spitze zu erreichen. Idealerweise weiß Mann / Frau garnicht wo und wer Mann / Frau selber ist. Gibt da noch so einen Artisten als CEO der LH.. Der ist sich auch noch nie begegnet. Aber dazu zeitnah mehr.  Ähnlich wie beim Staat und seinem Personal: zu schlecht, zu präsent, zu unfähig und zu teuer.

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