Dirk Maxeiner / 17.05.2020 / 06:01 / Foto: Pixabay / 47 / Seite ausdrucken

Der Sonntagsfahrer: Deutschland, ein Standschaden

Gebrauchtwagenhändler und Oldtimer-Besitzer wissen: Autos gehen nicht vom Fahren kaputt, sondern vom Stehen. Die Anschaffung von Fahrzeugen, die schon Monate oder gar Jahre nicht bewegt wurden, sollte man sich zweimal überlegen, so schön sie auch aussehen mögen. Das gleiche gilt für den Erwerb ungenutzter Häuser und für die Wahl von Politikern, deren letzter Kontakt mit dem wahren Leben vor ein paar Jahren stattfand.

Der Zahn der Zeit nagt im Stillstand besonders tückisch, und es geht bei Wiederinbetriebnahme in kurzer Folge kaputt, was kaputt gehen kann. Das nennt man Standschaden, es fängt bei den Reifen an und endet am Auspuff. Angela Merkel und die ihren beispielsweise brauchen dringend einen neuen Keilriemen für die Lichtmaschine, damit die Erleuchtung wieder funktioniert. Wer rastet, der rostet, gilt schließlich auch für menschliche Exemplare, die längere Strecken auf der Couch oder im Präsidium der SPD verbringen und dabei eine gepflegte Sklerose großziehen. Auch alte Freundschaften sollte man vorsichtig reaktivieren, weil die Verhärtung mitunter auch Ansichten und Meinungen befällt, Saskia Esken etwa lässt grüßen.

Ich erinnere mich daran, dass ich meinen geliebten alten Cadillac mangels Zeit mal über ein Jahr in den Dornröschenschlaf versetzte. Das tat ihm gar nicht gut. Die Verhärtung von Organen und Gewebe hatte heimlich Dichtungen und Gummischläuche befallen. Der treue Fleedwood sprang zwar brav an, auf der ersten Ausfahrt platzte dann aber ein Kühlschlauch. Gottseidank tat er dies mit lautem Getöse wie ein isländischer Geysir, und ich konnte den Motor abstellen, bevor er anfing zu glühen wie das Magma des Eyjafjallajökull.

Komplexe Systeme und Maschinen aller Art müssen laufen, und wenn sie es zuverlässig tun, sollte man möglichst die Finger davon lassen. „Never change a winning team“, sagt der Engländer. Wenn ein Formel-1-Rennwagen über die gesamte Distanz zuverlässig wie ein Schweizer Uhrwerk seine Runden zieht, sollte man noch nicht einmal den Lieferanten irgendeiner trivialen Schraube wechseln. Es sind oft Pfenniggegenstände, die kaskadenartig Probleme bis zum vollkommenen Ausfall verursachen. 

Dann kamen die inselbegabten Gesellschaftsklempner

Und damit wären wir bei der MS Deutschland, einem wirtschaftlichen und gesellschaftlichen System von prinzipiell tadelloser Schönheit, das über viele Jahre so zuverlässig lief wie der Silberpfeil von Lewis Hamilton und einen Rekord nach dem anderen ablieferte. Dann kamen die inselbegabten Gesellschaftsklempner und fingen ohne Not an, daran rumzufummeln, bis die Kiste stotterte wie ein VW-Käfer, dem am  dritten Zylinder ein Ventil verbrannt ist. Die Kompression der Wohlstandsmaschine ging flöten, weil Energiewender und Autohasser, Technikfeinde und Klimaretter, Gutmeinende und Dummbeutel die Schrauben überdrehten und vergaßen, den Ölstand zu kontrollieren.

Und jetzt haben sie einen ganz großen Moment: Der ohnehin schon malade Motor der MS Deutschland wurde wegen einer Grippe der Fahrgemeinschaft komplett abgestellt und die ganze Fuhre in der Garage hochgebockt. Man nennt das Lockdown. Und jetzt glauben die dafür verantwortlichen Illusionisten tatsächlich, man müsse irgendwann nur den Schlüssel umdrehen und die Maschine würde weiterlaufen wie einst im Mai. Bedauerlicherweise sind die Mechaniker, die ihnen dabei helfen könnten, aber längst pleite oder werden verstaatlicht, was auf das selbe herauskommt. 

Zu allem Überfluss wollen die Neunmalklugen nur noch klimafreundlichen Bio-Sprit in den Tank füllen und glauben tatsächlich, die alte Kiste könnte dann auch noch fliegen. Das ist ungefähr so, als ob man einem sibirischen Tiger mit dem Betäubungspfeil erlegt, ihm alle Zähne zieht und glaubt, er erwache als Vegetarier. Willkommen im Parkhaus der Illusionen. 

 

Von Dirk Maxeiner ist in der Achgut-Edition erschienen: „Hilfe, mein Hund überholt mich rechts. Bekenntnisse eines Sonntagsfahrers.“ Ideal für Schwarze, Weiße, Rote, Grüne, Gelbe, Blaue, sämtliche Geschlechtsidentitäten sowie Hundebesitzer und Katzenliebhaber, als Zündkerze für jeden Anlass(er). Portofrei zu beziehen hier.

Foto: Pixabay

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Frank-Michael Goldmann, Dänemark / 17.05.2020

Deutschland, ein Standschaden? Deutschland, ein Totalschaden! Pfiat Euch!

Friedrich Richter / 17.05.2020

Da wurde die Benzinleitung gekappt, damit bei der Verbrennung nicht mehr soviel NOx und CO2 entstehen, dann wurde der Auspuff zugestopft, damit kein Feinstaub mehr entweicht, dann wurde daran gegangen, Energie überhaupt abzuschaffen. Da sich demnächst sowieso kein Rad mehr gedreht hätte, kam Corona als Sündenbock nicht ungelegen. Nun schwant den Mechanikerdarstellern langsam, dass allzu plumpe Ausreden doch nicht geglaubt werden. Habe gestern mal wieder deutsches Fernsehen durchgestanden und einen leichten Wandel in der Berichterstattung registriert: Waren es bisher Chaoten, Verschwörungstheoretiker und Rechte, die die Demonstrationen bevölkerten, sind es jetzt überwiegend normale Bürger, allerdings in Gefahr, von Rechten unterwandert zu werden. Morgen werden es laut Staatsmedien verantwortungsbewusste Bürger sein, und übermorgen wird die Regierung versuchen, vorneweg zu marschieren. Irgendwie kommt mir als altem Ostdeutschen das alles bekannt vor.

Matthias Böhnki / 17.05.2020

Dem gelernten Ost-Zweitakter-Beweger stand ja immerzu ein Schadensbild besonders ominös vor Augen: die ” weggeflochene Koppdichtung”, also übersetzt Kopfdichtung hinüber. Dieses Schadensbild sehe ich jetzt auch wieder vermehrt bei unseren Politentscheidern.

Mathias Rudek / 17.05.2020

Danke Herr Maxeiner, einfach originell dargestellt und gut geschrieben. Das versüßt gleich meine Golfrunde.

Bechlenberg Archi W. / 17.05.2020

Ich vermelde einen aktuellen Standschaden: während zwei Wochen Standzeit hat die Alarmanlage still und heimlich die Batterie so leer geschlürft, dass mein Versuch, gestern eine Runde zu drehen, bereits im Keim erstickt war. Jetzt hängt der Akku am Ladegerät, ich lese derweil im Internet die aktuellen Verschwörungstheorien und drehe dann später eine doppelt so große Runde. Sofern die Erde nicht flach und eckig ist - dann cruise ich eben ein paar Stunden um den Block.

H. Nietzsche / 17.05.2020

Zum aufgebockten Auto kommt der Fahrer, der keine Lust aufs Fahren mehr hat. Weil beim Fahren was passieren könnte. Und der auf die Fußballer zeigt, weil die aus der Reihe tanzen. Wir sind so geworden, wie die Hintermänner von Greta T.  es wollen.

Sabine Lotus / 17.05.2020

Der staatlich verordnete Generalstreik. Jetzt ist er halt da.

Walter Elfer / 17.05.2020

So ist es, Herr Maxeiner. Mit dem Marsch durch die Institutionen begann der schleichende, gewollte Zerfall der MS Schland. Das betraf beides - Wirtschaft und die Gesellschaft. Den meisten war es egal oder sie haben davon profitiert. Und nun? Tja, nun haben wir schon lange den Zenit überschritten. Das Volk hat es jahrelang gebilligt, obgleich es genug warnende Stimmen gab. Und jetzt haben wir den “Kampf gegen Rechts” erfolgreich etabliert. “Rechts” steht für Freiheit, freie Wirtschaft und Eigenverantwortung. All das ist jetzt Nazi und sowas von extrem. Und es braucht einen Lockdown, um das den Leuten klar zu machen. Allein dafür müßte man dankbar sein. Aber anstatt innezuhalten, sich zu sammeln und dann das Ruder herumzureißen, wird es offensichtlich noch schlimmer gemacht. Mitleid mit Deutschland? Nein, nun nimmer. Man bekommt das, was man verdient. Und man hat sich das selbst bestellt.

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