Zunächst ein wichtiger Warn-Hinweis: Sie dürfen diese Kolumne derzeit noch lesen, aber bitte nicht den Nachbarn vorsingen. Das ist nämlich verboten. Wegen der Aerosolbildung. Die Bundesregierung tut deshalb auch alles, damit Ihnen das Lachen vergeht. Und das nur zu Ihrem Besten.
Und damit zur Sache. Die Woche verging wie im Fluge, nämlich auf der Autobahn. Den Versuch der Deutschen Bahn mir eine erneute Bahncard anzutragen, habe ich abgewimmelt wie eine Drückerkolonne, die an der Haustür Spenden für Bischof Bedford-Strohm sammeln will. Die neuen Beförderungsbedingungen mit maskenbedingt hyperventilierenden Fahrgästen verursachen bei mir Unwohlsein und Schwindelgefühl wie einst der Neigezug Pendolino auf der kurvigen Saale-Strecke. Der fuhr zwar schneller musste aber auch öfter Pause machen, weil der ein oder andere Fahrgast aus der vulnerablen Gruppe einen Notarzt brauchte. So etwas nennt man „Rache der Technik“, vergleichbar den seinerzeit neuen Skistiefeln, die zuverlässig das Fußgelenk schützten, und den Bruchpunkt nach oben ins Knie verlegten. Ähnlich läuft das ja auch mit Grippe und Corona.
Weiter trug zu meiner Bahnallergie bei, dass die schnelle Direktverbindung zwischen Augsburg und Berlin offenbar an oder mit Ronald Profalla verschieden ist. Wer die Strecke bislang bequem und ohne umsteigen zurücklegen wollte, konnte das bis vor ein paar Monaten dreimal täglich in etwa viereinhalb Stunden tun. Jetzt ist man ohne Zugwechsel beschauliche siebeneinhalb Stunden unterwegs. Das entspricht gefühlt dem Kursbuch von 1930 auf dem Weg nach Ostpreußen. Die Dampflokomotiven-Baureihe 01 (1925 -1936) war ja auch schon 130 km/h schnell und musste zwischendrin nur ab und zu Wasser und Kohle tanken, so ähnlich wie im Moment der deutsche Einzelhandel.
Ich habe mich deshalb komplett wieder auf das sogenannte Automobil zurückbesonnen, ein in Deutschland zuerst erfundenes und demnächst zuerst verbotenes Transportmittel für Einzelpersonen und Familien. Ein schlechtes Gewissen habe ich in meinem Dampfwagen nicht, schließlich brach gestern in Island in der Nähe von Rejkavic der Vulkan Krýsuvík aus. Das passierte das letzte mal vor 900 Jahren, allerdings gab es damals noch keine Feinstaub-Plakette. Das Schwefeldioxid des Krýsuvík reicht ähnlich wie das der Lokomotive Baureihe 01 vermutlich für eine Million Jahre Stuttgart Neckartor. Wie beim Corona-Managment kommt jetzt alles auf das Vulkan-Managment an. Aus Vorsorge-Gründen sollten die Flugzeuge in Europa am Boden bleiben, besonders die mit dem Osterreiseziel Mallorca.
Die eingeschränkte Sauerstoffzufuhr erfordert ihren Tribut
Als Alleinreisender Automobilist höre ich meist Autoradio und erhalte, wie sie bereits merken, einen komprimierten Überblick darüber, wie es es so denkt respektive nicht denkt in den deutschen Nachrichtensprechern und Radiomoderatoren von Bayern über Thüringen und Sachsen bis nach Berlin. Die eingeschränkte Sauerstoffzufuhr erfordert auch hier ihren Tribut.
Doch es drang auch der ein oder andere hoffnungsfrohe Aspekt an mein Ohr. Beispielsweise hat sich die sprichwörtliche deutsche Pünktlichkeit von der Bahn auf das Corona-Meldewesen verlagert. So meldete das RKI gestern „16.033 Neuinfektionen und 207 Tote – Inzidenz jetzt bei 99,9“. Die Just-in-time Produktion von Inzidenzzahlen zum Corona-Gipfel am morgigen Tage ist eine bewundernswerte Leistung. 99,9 Prozent sind eine echte Punktlandung vor dem fahrplanmäßigen überschreiten der 100er-Marke. Einen Tick besser gemanagt wurde das lediglich bei Wahlen zum obersten Sowjet 1962 mit einem Ergebnis zwischen 99,84 und 99,98 Prozent.
Da fällt mir ein: Braucht vielleicht irgendwer ein Beatmungsgerät? Vielleicht als Überraschung für Ostern? Hier gäbe es aktuell Tippitoppi-Maschinen aus einer Krankenhausauflösung ab schlappen 550 Euro. Ist aber sicher nicht die letzte Gelegenheit, weil ja allein 2020 mehr als 20 Krankenhäuser geschlossen worden sein sollen. Und es werden laufend mehr. Wer lieber neue Geräte mag, von wegen Garantie und Hygiene und Neuwagengeruch und so: Vielleicht sind noch welche da.
Zuschlagen bevor sie mitsamt der dazugehörigen Betten unauffindbar sind wie die hier. Die Vermissten sind – meines Halbwissens nach – auch noch nicht wieder aufgetaucht, weder die Betten noch die Pinunzen. Aber es sind ja erst acht Monate seit der Anfrage vergangen. Ein Fall für die Krimiserie „Cold Case – kein Opfer ist je vergessen“.
Die Krise als Chance für ein nachhaltigeres und erfüllteres Leben
Für den erfolgreichen Bettenabbau und die potentielle Überlastung der Intensivstationen sollte sich weiterhin Obervolksfürsorger Lauterbach kümmern, der sich seit Jahren selbstlos für den Abbau von Betten und Personal engagiert. Der im Vorsatz verlinkte Beitrag stammt von 2013 – und der Leser ist als netter Mensch der Meinung, sowas sei verjährt? Finde ich eigentlich auch, aber der Klabauterbach ist ein Mehrfachtäter und wurde 2019 erneut aufällig. Als Bewährungshelfer schlage ich Jens Spahn vor, der hatte Karlchen schon mal durchschaut, ist aber seitdem einer Amnesie anheim gefallen. Vielleicht kannten die Beiden sich aber auch noch nicht gut genug.
Wie ich höre, soll der Bürger die Krise als Chance für ein nachhaltigeres und erfüllteres Leben betrachten. So wie dieser clevere Händler in Emmendingen, der seine Boutique auf Klopapier, Klosauger und Schnaps umgestellt hat und jetzt den Lockdown dank seinem vollsowjetischen Warensortiment elegant umfährt. Deutschlands Zukunft schimmert hier auf wie die Morgensonne über Pjöngjang. Dieser positive Ansatz überzeugt mich und ich will ich gerne dabei sein. Ich erwäge deshalb den Erwerb eines günstigen Beatmungsgerätes als Turbo für meinen vulnerablen Volvo, die Batterie dafür kommt in den Kofferraum. Dann hab ich endlich einen Hybrid und kriege ein paar tausend Euro Elektroautoförderung.
Alternativ käme ein Kirmes-Rennautosimulator in Frage, der die Förderungs-Kriterien meines Erachtens ebenfalls glasklar erfüllt. Abgasfrei und mit neuem TÜV und mit 20.000 Euro extrem günstig zu haben (Schausteller stürzen sich ja gerade reihenweise von der obersten Gondel ihres Riesenrades). Genau mein Beuteschema ist auch ein Kinderkarussell von 1958 mit zeitgenössischen E-Mobilen und Raketen. Für 44.900 Euro ist das Karussell Marke Hennecke ein Schnäppchen, elektrisch und viel schöner als ein Tesla. Fährt im Kreis wie Peter Altmeier und passt mit nur 7 Metern Durchmesser in meinen Vorgarten.
Ein Dank an Leser H.N für die Hinweise zu den Beatmungsgeräten!
Von Dirk Maxeiner ist in der Achgut-Edition erschienen: „Hilfe, mein Hund überholt mich rechts. Bekenntnisse eines Sonntagsfahrers.“ Ideal für Schwarze, Weiße, Rote, Grüne, Gelbe, Blaue, sämtliche Geschlechtsidentitäten sowie Hundebesitzer und Katzenliebhaber, als Zündkerze für jeden Anlass(er). Portofrei zu beziehen hier.