Dirk Maxeiner / 23.02.2020 / 06:27 / Foto: Earth Rise/Nasa / 39 / Seite ausdrucken

Der Sonntagsfahrer: Als die Farbe Blau verboten wurde

Man nannte sich bunte Republik. Die Menschen liebten es farbig. Man schwenkte Regenbogen-Fahnen, trug rote Schuhe und violette Haarsträhnchen. Jede Farbe war erlaubt, die Farbenhersteller des Landes unterhielten sogar ein Institut, das die farbigen Vorlieben der Bürger wissenschaftlich untersuchte. Als persönliche Lieblingsfarbe der Bürger hatte sich mit 19 Prozent Blau herausgestellt, gefolgt von Grün (14 Prozent) und Rot (13 Prozent). Frauen und Männer, Jung und Alt unterschieden sich in ihren Vorlieben. Entsprechend bunt ging es zu, es gab nur wenig Einschränkungen.

So war es nicht gerne gesehen, wenn jemand blau machte. Und es war verboten, blau zu fahren. Blau hatte überhaupt einen zwiespältigen Ruf, einerseits galt es eine Farbe der Hoffnung, andererseits als Zeichen der Kälte. Man entspannte sich zur blauen Stunde und log das Blaue vom Himmel. 

Der mit Abstand beste natürliche Grundstoff für die Farbe Blau kam aus Indien und hieß Indigo. Gewonnen wird er aus einer kleinen Staude, sie ist 150 Zentimeter hoch. Indigo gelangte mit den ersten Seefahrern im 16. Jahrhundert aus Indien nach Europa. Es war 30-mal ergiebiger als heimische Rohstoffe und wurde von den heimischen Bauern als unlautere und bösartige Konkurrenz angesehen. So wurde das indische Blau in immer mehr Staaten verboten, 1654 erklärte der deutsche Kaiser Indigo zur „Teufelsfarbe“. 

Doch es war nicht zu erkennen, ob etwas mit heimischem Färberwaid oder Indigo blau gemacht worden war. Die Nürnberger Färber mussten deshalb jedes Jahr schwören, keinen Indigo zu verwenden. Dieser Schwur war nicht nur eine Ehrenerklärung. Auf die Verwendung von Indigo stand die Todesstrafe. Sie setzte sich aber trotzdem durch. 1897 entwickelten die Techniker der BASF dann künstliches Indigo-Blau und fegten die natürliche Konkurrenz vom Markt. 

Weg mit dem Prisma!

Dem Blau wohnte dann lange nichts mehr teuflisches Inne. Doch es entstand eine ferne Regenbogen-Republik auf dem Kontinent Utopia, die eine neue Farbenlehre entwickelte. Das Credo hieß: Bunt kann man nur ohne Blau sein. Blau ist des Teufels, und es besteht die Gefahr, dass ganze Bevölkerungsschichten blau kontaminiert werden. Das beste wäre, Blau aus der Farbskala zu verbannen. 

Als erster Schritt wurde ein geometrisches Gebilde namens „Prisma“ verboten. Denn im weißen Licht – welches die Sonne zur Erde sendet – befinden sich alle Farben. Darunter sowohl die Farben, die wir aus dem Alltag kennen, als auch für das menschliche Auge nicht sichtbare Bereiche. Das „Prisma" zerlegt weißes Licht in seine Einzelteile und heraus kommt das Farbspektrum. Die Antwort war also ganz einfach: Kein Prisma mehr, kein Farbspektrum mehr, kein Blau mehr.

Ein bisschen musste dann noch daran gearbeitet werden, den Regenbogen ohne Blau hinzukriegen. Da es nicht gelang, entschied man sich für die Pflicht zum weggucken. 

Ansonsten hatte man eine galaktische Idee: Astronauten operieren im Dunkel, weil dort oben im All das Licht der Sonne nicht mehr zerstreut wird. Sie sehen das Blau unseres Himmels von oben. Das liegt an einer ganz besonderen Substanz. Der irdische Sauerstoff absorbiert das weiße Licht der Sonne dergestalt, dass die blauen Wellenlängen übrig bleiben. Ohne die Luft zum Atmen würde unser Planet nicht blau, sondern hellrot leuchten. Und die Ozeane wären hellbraun. Das war die Lösung.

 

Von Dirk Maxeiner ist in der Achgut-Edition erschienen: „Hilfe, mein Hund überholt mich rechts. Bekenntnisse eines Sonntagsfahrers.“ Ideal für Schwarze, Weiße, Rote, Grüne, Gelbe, Blaue, sämtliche Geschlechtsidentitäten sowie Hundebesitzer und Katzenliebhaber, als Zündkerze für jeden Anlass(er). Portofrei zu beziehen hier.

Foto: Earth Rise/Nasa

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Hans-Peter Kimmerle / 23.02.2020

Wie die meisten Deutschen durch Urlaub in Bayern wissen, sind die bayerischen Landesarben weiß-blau. Nach den nächsten Landtagswahlen wird voraussichtlich die blaue Raute im Bayernbanner durch die Farbe “grün” ersetzt. Herr Söder arbeitet mit seinen Hilfstruppen schon eifrig an diesem “Paradigmenwechsel”. Bis dorthin werden die Schützenvereine als gefährlichstes “rechtes” Bollwerk verboten sein. Der Horst und die Claudia werden das schon irgendwie richten.

H.Wess / 23.02.2020

Und unsere Königin,  die Blinde aller Einäugigen,  gibt hierzu noch Malunterricht!

Jürgen Keil / 23.02.2020

Heute Morgen las ich, dass einer Umfrage zufolge die Mehrheit der Deutschen der AFD eine Mitschuld an den Verbrechen in Hanau gibt. Wer heut zu Tage noch den Ergebnissen von Umfragen vertraut, kann, auch hier wieder diese Farbe, nur blau sein. Am frühen Morgen?Dabei sollte bekannt sein, dass Alkohol ein Gift ist. In größeren Mengen genossen trübt er den Verstand. Andererseits ist die auf uns einprasselnde Hypermoralisiererei nur noch im Suff zu ertragen. Was tut man denn nun nur? Ich nehm jetzt einen Laphroaig.

Andreas Rochow / 23.02.2020

Ein wunderschönes Farbenspiel, das demonstriert, wie man Probleme auch ganz ohne Politik lösen kann.

Roland Gossert / 23.02.2020

Ich frage mich, ob die Linken auch beim Kampf gegen den rechten Terror, die Polizisten meinen, die sie mit Steinen bewerfen und teilweise sogar krankenhausreif prügeln? Es ist schon karnevalsreif wenn der größte Unruhe- und Brandstifter in der Öffentlichkeit so tut, als habe er als Einziger die Kompetenz Brände zu löschen. Das erinnert mich irgendwie an die braune Vergangenheit.

Ernst-Günther Konrad / 23.02.2020

Uih, Sie trauen sich aber was. Sie schreiben ein Essay zu einer Farbe, die eigentlich nicht mehr genannt werden darf. Einer Farbe, die demnächst in ihrer Gesamtheit staatlich beobachtet werden soll. Dessen einzelne Farbnuancen bereits als verdächtig eingestuft sind. Könnte es sein, dass der Farbname demnächst zum Unwort des Jahres gekürt werden soll? Es soll Politiker geben, die das “graue” vom Himmel lügen. Ich wies gerade heute Morgen in einem Kommentar bei Cicero darauf hin, dass es schon sehr verdächtig ist, wie häufig gerade CDU-Veranstaltungen stattfinden, bei den im Hintergrund Plakate, Bilder, Schriftzüge in einer fragwürdigen Farbe abgebildet werden und ja selbst die Kazlerin trägt Hosenanzüge der Farbe, die nicht genannt werden darf. Vielleicht liegt es auch daran, dass gerade die CDU versucht, an ihre Altvorderen mit der “bösen” Farbe zu erinnern. Die haben halt zuviel von Merkels TCH geraucht und sozialistischen Wein getrunken. Wird man davon nicht…..? Es heisst ja, man muss sich die Welt saufen. Das erklöärt natürlich die Farbwahl der CDU für ihre Darstellungen in der Öffentlichkeit. Keine Angst CDU, das was ihr da gerade treibt ist nbicht geeignet, Euch mit denen zu verwechseln, deren Politik ihr früher selbst betrieben hat. Ups, ich spreche hier von früher. Bin ich jetzt ein “ewiggestriger” der noch nicht an CDU-Demenz leidet. Gehe eine rauchen, muss nachdenken.

Justin Theim / 23.02.2020

Eine wesentliche Eigenschaft des blauen Lichts im Prisma haben Sie vergessen: Blau wird am wenigsten gebeugt! Ist also wenig beugsam… Wie in der Politik!

Rainer Berg / 23.02.2020

Endlich mal einer, der es auf den Punkt bringt. Die Farbe “blau” einfach verbieten. Ein Verbot mehr oder weniger, was macht das schon noch aus. Danke Herr Maxeiner; ich bin schon gespannt auf Ihr Buch - ich lache gern - und nach allem, was ich von Ihnen gelesen habe bin ich mir sicher, dass ich das auch werde.

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