Dirk Maxeiner / 23.02.2025 / 06:00 / Foto: Montage achgut.com / 48 / Seite ausdrucken

Der Sonntagsfahrer: Oberleitungsschaden

Auf dem Weg in ein verlängertes Wahlwochenende wurde ich Opfer eines Oberleitungsschadens, der zumindest metaphorisch auch die politischen Oberleitenden dieses Landes ereilt hat. Hier ein paar Fahrplanhinweise für die Post-Wahl-Ära.

Zwischen Berlin und Leipzig wurde ich am Donnerstag schwer zurückgeworfen – und das auf dem Weg in ein verlängertes Wahl-Wochenende. Für den Streckenabschnitt zwischen Berlin und Leipzig braucht der ICE 693 nach Fahrplan eine Stunde und 20 Minuten. Um 15:20 Uhr geht’s in Berlin-Hauptbahnhof los und um 16:42 Uhr betritt man in Leipzig dunkeldeutschen Boden. Gestoppt wird nur in Berlin-Südkreuz und in Wittenberg. Auf der Fahrt fliegen einsame Gemarkungen wie Thyrow, Scharfenbrück oder Forst Zinna vorbei – ohne dass jemand ihre Schönheit und Anmut zur Kenntnis nehmen würde. Diesmal war es anders.

Der Zug kam mitten in der Pampa zum Stehen, langsam aber sicher wie der nordeuropäische Eispanzer, der während der letzten Kaltzeit in der Gegend zum Stillstand kam, wovon sie sich nicht wirklich erholt hat. Zunächst sprach der Zugbegleiter Psalm 1 der Bahn-Durchsagen: „Wegen eines vorausfahrenden Zuges kommt es zu einer Verzögerung“. Nach zehn Minuten folgte dann Psalm 2: „Wegen eines Oberleitungsschadens verzögert sich unsere Weiterfahrt auf unbestimmte Zeit“. Es war also Zeit für Psalm 23 der Bibel: „Der Herr ist mein Hirte, nichts wird mir fehlen“. 

Prompt wurde der Zugführer dabei beobachtet, wie er die vordere Fahrkabine verließ und sich auf den mühevollen und beladenen Weg in den Fahrstand am Ende des Zuges machte. Darin verschwand er. Nach einer Weile fuhr der ICE wieder los – und zwar in Richtung Berlin, woher wir gerade gekommen waren. Es ging langsam tastend zurück, weil ein Zug entgegen der eigentlichen Fahrtrichtung nur auf Sicht fahren und dabei die Höchstgeschwindigkeit einer Karfreitags-Prozession nicht überschreiten darf. Schließlich erreichten wir Ludwigsfelde, wo der Zug den Berliner Außenring erreichte, eine Bahnstrecke, die der DDR zur Umfahrung von West-Berlin diente.

Bis zur Endstation auf dem falschen Gleis bleiben

Von dort ging es über eine alte Parallelstrecke wieder Richtung Leipzig. Entschleunigt und hoffnungsvoll verfolgte ich den Lauf der stilvoll am Horizont untergehenden Sonne. Dabei konnten die Zuginsassen nicht nur Fuchs und Hase Gute Nacht sagen, sondern hatten zuvor auch noch viel später gestartete ICE-Züge beobachten können, die auf der modernen Fahrtrasse, die wir unvorsichtigerweise verlassen hatten, mit Karacho in Richtung Leipzig donnerten. Der Schaden war inzwischen offenbar behoben worden. Es wurde uns von fach- und ortskundigen Reisenden bedeutet, dass wir leider bis zur Endstation auf dem falschen Gleis bleiben müssten, übrigens eine historisch belegte deutsche Spezialität (nach vier Stunden erreichten wir Leipzig, wo die Weiterfahrt ausgesetzt wurde). 

Der Aufenthalt auf dem falschen Gleis weckt natürlich gewisse Assoziationen zur heutigen Bundestagswahl und den Weg, auf dem Deutschland selig zu werden gedenkt. Die anderen sausen mit Karacho an uns vorbei, doch die Beteiligten sind offenbar entschlossen, bis zur Endstation dabei zu bleiben. Auch der Begriff „Oberleitung“ ist metaphorisch einladend. „Eine Oberleitung, Fahrleitung oder seltener Fahrstromleitung respektive Kontaktleitung dient bei Bahnen zur Versorgung der Triebfahrzeuge mit Bahnstrom“, berichtet Wikipedia, „auf den elektrischen Triebfahrzeugen befinden sich Stromabnehmer, die in Kontakt mit der Oberleitung stehen“. 

Ein Oberleitungsschaden liegt also vor, wenn die Stromabnehmer nicht mehr im Kontakt mit der Oberleitung stehen – was zugleich eine treffliche Beschreibung für den Zustand einer Bundesregierung und der herrschenden Parteien ist, die die Verbindung zum gemeinen Volk respektive Stromabnehmer verloren haben. Spätestens seit 2015 haben sie den Zug auf ein Parallelgleis geleitet, von dem sie jetzt nicht mehr herunterkommen. Es geht also weiter bis zur Endstation – vorausgesetzt, niemand zieht die Notbremse. 

Da tragen die einsamen Stationen, die ab morgen am falschen Gleis liegen, so einladende Namen wie „Weiterso“ und „Willkommen“, „Große Transformation“ und „Klimarettung“, „Merzgrün“ und „Habeck-Mitte“. Von Habeck-Mitte gibt es dann eine Busverbindung in den Ortsteil Verbrennerverbot, die derzeit aber nicht zur Verfügung steht, weil der E-Bus abgebrannt ist.

Die Frage für die kommenden Monate und Jahre lautet nun, wer steigt an welcher Station vorzeitig aus, weil ihm die Sache doch zu mulmig wird? Zumal die Endstation kein Mensch kennt, ich tippe aber mal auf Jena-Paradies und empfehle für den Gang zur Wahlurne Psalm 97: "Dem Gerechten muss das Licht immer wieder aufgehen".

 

Dirk Maxeiner ist einer der Herausgeber von Achgut.com. Von ihm ist in der Achgut-Edition erschienen: „Hilfe, mein Hund überholt mich rechts. Bekenntnisse eines Sonntagsfahrers.“ Ideal für Schwarze, Weiße, Rote, Grüne, Gelbe, Blaue, sämtliche Geschlechtsidentitäten sowie Hundebesitzer und Katzenliebhaber, als Zündkerze für jeden Anlass(er). Zu beziehen hier.

Foto: Montage achgut.com

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Albert Pelka / 23.02.2025

Und auch die parteipolitisch ausgepufftesten winkeladvokatischen Wirdemokratischen Kreischattacken zur Verhinderung eines nahenden Faschismus’ und gegen die unmittelbare Machtübernahme der sogenannte Nazi-Schlampe und inflagrante Hitlerwiedergängerin Alice W. ,  andern Ufer, von und auch von jenseits der Deutschen Landesgrenzen zur direktdemokratischen Schweiz, reißen mitunter parlamentarische Höllenschlunde derart auf, das sie so maches der SPD-Spitzen-Kreischorgane recht erheblich heiser und letztlich zum Ausschuss, aller erdenklichen Ausschüsse machen , und dass sie letztlich im Falle einer deutlich andersbegabten Saskia Espen dazu führen, dass dieses Schreckenskreischinstrument der espede ganz klar zurück in das sozialprekäre innerparteiliche Aus geschossen ist, und schnöde wieder den Sozialhilfeeinrichtungen anheim fallen wird müssen. Selbiges bedroht auch den mehr als “bemühten” Herrn Dr. Labberbach , bekannt und übelbeleumundet als quasselstrippiger Dauer-Untermieter der Markus-Lanz-Volks-nudging-Entitäten des ZDFect.pp.-Zwangsabgabenkartells.

Michael Blum / 23.02.2025

Die letzten zehn Jahre werden wir noch als ein Zuckerschlecken betrachten, wenn man sich vorstellt, was in den nächsten zehn Jahren auf uns zukommt. Und wir sind es selbst schuld. DieWahlbeteiligung war so hoch wie nie, was zunächst einmal ein gutes Zeichen für das Funktionieren der Demokratie ist. Aber auf welche dumpfen Parolen von links wie rechts so viele hören, das lässt einen erschaudern. Die Vernunft bleibt auf der Strecke, während die Dummen und Radikalen im ICE vorbeirauschen.

Albert Pelka / 23.02.2025

Und schwupp die-wupp recht tief hinunten, sieht man das Wackelkdackel-FDPchen tunken, ach,  mausetot das Schlotter-Ampel-wobble-Pelvis, zunichten ist der Lindner-Dauer-Dackelwackel-Elvis. Aber er hat doch die Haare so schön! Und zur Hochzeit, beim nächstes mal, lädt er eben die größten Versichungsfinanzfuzzies und direkt die “Chume, chum geselle min”-Warburg-Banker statt das Oläffchen sich ein. Und , ätscht, die fahren zumindest als 2t-Wagen auch Porsche und können mit ihm fachsimpeln , Claro, nobless oblige!

Sam Lowry / 23.02.2025

p.s.: Ob bei der Wahlbeteiligung alles mit rechten Dingen zuging? Trotz fehlender Briefwahlstimmen? Im ganzen Leben nicht!!!

W. Renner / 23.02.2025

Wären Sie mal mit dem Schlauchboot übers Mittelmeer gefahren. Die Wahrscheinlichkeit pünktlich anzukommen und auch noch Geld dafür zu kriegen, ist wesentlich höher.

Albert Pelka / 23.02.2025

Die espede ist voll des Glücks, dass sie zurück zum leibhaftigen August Bebekl gefunden hat, und weit unter der magischen Möllemannlinie von 17% auf hehren %Werten landeten , die zuletzt 1887 vom kämpfenden Proletariat errungen wurde, Friedrich Engels, ja der von den BlauenMarxEngelsbänden, lebte da noch. aber eben aus lauter Häme und Spott über die hasenfüßigen SPD-Sozialaristokratische Emporkömmlinge viel lieber davon entfernt im vibrating London.

Albert Pelka / 23.02.2025

Pistorius wird, unter Brunzelkrantler Merz,  der neue Feministische Kriegserklärungs-Außenminister gegen den Russen-Untermensch in der Geites-Nachfolger der Großen Staatsmännin Annalena zu Baerbock-Tot-Quasselhausen, aber nur wenn Lindi, das D-Day Schweindl,  über die 5%_linie drüberschrammt, und falls er nicht viel mehr Bock als wie als lebender SPD-Toter zum Regieren auf eine der viele abgelegten Altkanzler-Schröder-SPD-Ehehälften , die grad wieder auf den Heiratsmaarkt im Umlauf sind,  lieber in einen neuen Ehekriegshafen und heim ins Pistorius-Schrumpfespede-Privatier-Reichlein führen mag.

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