Dirk Maxeiner / 30.03.2025 / 06:00 / Foto: Montage achgut.com / 55 / Seite ausdrucken

Der Sonntagsfahrer: Autofahren nur noch im Homeoffice

Der Autofahrer ist Kummer gewöhnt. Die bisher bekannten Koalitionspapiere von CDU/CSU und SPD zeigen: Daran wird sich auch künftig nix ändern. Das nennt man Planungssicherheit!

„Wenn man nicht mehr weiter weiß – gründet man nen Arbeitskreis“, lautet eine einschlägige Regel. Die Methode hat sich bei der Simulation von Verantwortlichkeit bewährt, so auch in den aktuellen Verhandlungen zu einer Regierungsbildung. Gleich 275 Personen in 16 Arbeitsgruppen, gebildet von CDU, CSU und SPD, sind gekreist und haben Ergebnisse produziert, die man hier nachlesen kann. Man hätte das Zusammenschreiben politischer Platitüden auch mühelos irgendeinem KI-Programm überlassen können. Es steckt nämlich kein einziger neuer Gedanke darin, dafür aber eine Menge alter Wieselworte wie "Aktionsplan", "Reform", "Paradigmenwechsel", "Milieuschutzgebiete", "Zielbild", "Verschlankung", "Fachkompetenz", "Leitmarkt", "klimaneutral", Resilienzstärkung", "Rechtspopulisten", "Strategie", "gesellschaftlicher Zusammenhalt", "Vielfalt", "Toleranz" oder "Humanität".

Es ist den Kreisenden so eindrücklich gelungen, als Ziel ihrer Politik zusammenzutragen, was die Mehrheit der Wähler garantiert nicht will. Die haben eine Currywurst bestellt und kriegen eine Gurke mit veganer Mayo hingehalten, selbstverständlich im Rahmen der "beitragsfreien, bioregionalen und klimafreundlichen Kitaverpflegung für alle Kinder... wobei regionale Ernährungsräte entscheidende Unterstützung leisten" (Arbeitsgruppe 7, Familie, Frauen, Jugend, Senioren und Demokratie).

Unfreiwillig aber ausführlich wird in diesem Zeitzeugnis das Loch beschrieben, in dem dieses Land sitzt und als Lösung des Problems der Beschluss gefasst: Um aus dem Loch wieder herauszukommen, müssen wir weitergraben, aber mit verstärkter Anstrengung. Vielleicht schaffen wir es ja, so schnell zu buddeln, dass wir bis zum Ende der Legislaturperiode auf der anderen Erdseite in Australien das Licht der neuen Welt erblicken.

Als Sonntagsfahrer hat mich naturgemäß der Arbeitskreis „Verkehr und Infrastruktur, Bauen und Wohnen“ interessiert. Zu meiner Erleichterung ist der Unterpunkt III „Verkehr“ überschaubar. Einleitend heißt es kurz, „Mobilität“ müsse bezahlbar, verfügbar und umweltverträglich sein, womit zumindest die Förderung von Wanderwegen konsensfähig ist. 

Im Zweifelsfall war es die Uschi

Das Wort „Auto“ kommt in dem Papier nur einmal vor („ein wichtiges Fortbewegungsmittel“), die Zerstörung des wichtigen Fortbewegungsmittels mittels Verbrennerverbot wurde ja bereits von der Vorgänger-Regierung nach Brüssel ausgelagert, mangels Zuständigkeit sollte diese Frage aber kein Hindernis auf dem Weg zu Merzens Krönungsmesse sein. Im Zweifelsfall war es die Uschi.

Nur für die Akten: Im Papier der Arbeitsgruppe 2 ("Wirtschaft, Industrie und Tourismus") wird Uneinigkeit darüber thematisiert, ob das Verbrennerverbot zurückgenommen werden müsse. Die vermeintliche Arbeiterpartei SPD plädiert konsequent dafür, ihren Schutzbefohlenen in Wolfsburg, Ingolstadt oder Zwickau zu erbaulichen Stunden auf den Fluren der Arbeitsämter zu verhelfen. Von der CDU/CSU ist nur rituelle Gegenwehr zu erwarten, denn wie heißt es im Verkehrskapitel: „Im Straßenverkehr orientieren wir uns am Zielbild der Vision Zero“. Will sagen: Autofahren am besten nur noch im Home-Office. 

Im Weiteren sind die Arbeitskreisenden der Meinung: „Die Infrastruktur muss leistungsfähig gemacht werden, um die Resilienz zu stärken und die Klimaziele zu erreichen“. Während die Infrastruktur, also beispielsweise die gesperrte Ringbahnbrücke in Berlin oder die eingestürzte Carolabrücke in Dresden, bisher dazu gedacht waren, das Stadtzentrum zu erreichen oder abends nach Hause zu fahren, hat sich das nun geändert: Solche Bauwerke dienen in erster Linie dazu, Klimaziele zu erreichen. Stellen sie Ihr Navigationsgerät also auf zwei Grad Nord und fahren dann immer geradeaus bis Grönland. Und packen sie ein paar Wollsocken ein, um ihre Resilienz zu stärken. 

Außerdem wird ein Konjunkturprogramm für die Hersteller wetterfester Bekleidung aufgelegt: „Den Rad- und Fußverkehr werden wir als Bestandteil nachhaltiger Mobilität stärken und fördern“. Hoffnung besteht auch für das Fuhrgewerbe: „Dem Fahrermangel wirken wir entgegen durch eine Reform der Berufskraftfahrerqualifikation und attraktivere Rahmenbedingungen, wie z.B. gut ausgestattete Lkw-Stellplätze und bessere Kontrollen von Sozialstandards“. Will sagen: Berufskraftfahrer müssen künftig nicht mehr zwingend lesen und schreiben können, hupen genügt. Außerdem sollten Verkehrsschilder auch Angaben in Suaheli enthalten, bekanntlich eine der am weitesten verbreiteten Verkehrssprachen. 

Transportbedürfnisse der Großwindrad-Branche

Die Zwecke der Verkehrsberuhigung werden überdies auf ideale Weise mit den Transportbedürfnissen der Großwindrad-Branche verschränkt: „Die Genehmigung von Schwerlast- und Großraumtransporten beschleunigen wir“. Unklar ist dabei ob auf 15 oder 25 km/h beschleunigt wird.

Einen Dissens zwischen den Koalitionären gibt es in der Frage eines Tempolimits. CDU/CSU: „Ein generelles Tempolimit auf deutschen Autobahnen lehnen wir ab“. SPD: „Wir führen ein generelles Tempolimit von 130 km/h auf Autobahnen ein“. Aber es wird sich sicher ein Kompromiss finden, bei dem jede der beiden Parteien ihr Gesicht wahren kann.

Als Vorbild könnte ein Schachzug aus den Zeiten der ersten großen Koalition dienen. Die SPD hatte vor der Wahl eine generelle Mehrwertsteuererhöhung abgelehnt und Merkel wollte sie um zwei Prozent erhöhen. Heraus kamen: drei Prozent Erhöhung. Der Kompromiss zwischen zwei Prozentpunkten und keiner Erhöhung lag mithin bei drei Prozentpunkten. Machen Sie sich in Sachen Autobahn-Tempolimit also auf folgendes gefasst: Der Kompromiss zwischen keinem Tempolimit und einem Tempolimit von 130 km/h liegt bei einem Tempolimit von 100 km/h. 

Und damit man das Tempolimit für alle und die Sozialstandards für Trucker auch besser kontrollieren kann, wird die Nutzung von Mobilitäts-, Fahrzeug- und Mautdaten „weiterentwickelt“, sprich das vollverwanzte Auto gegen seinen Benutzer in Stellung gebracht. „Wir machen Deutschland zum Leitmarkt für autonomes Fahren“, heißt es. In einfacher Sprache: Renitente Insassen, besonders, wenn sie eine falsche Partei wählen, können fürderhin automatisch zur Blutprobe ins Krankenhaus, nach Guantanamo oder in die Irrenanstalt verfrachtet werden. 

Optimierung des Rechts der Vermögensabschöpfung

Näheres wird beispielsweise von der Arbeitsgruppe 1 „Inneres, Recht, Migration“ ausgeführt: „Wir erlauben zu Strafverfolgungszwecken den Einsatz von automatisierten Kennzeichenlesesystemen im Aufzeichnungsmodus“. Sollte ihr Finanzamt auf diesem Wege feststellen, dass sie ein paarmal zu oft die Grenze zur Schweiz überfuhren, könnte es für ihren tiefergelegten AMG-Mercedes kritisch werden: „Wir regeln, dass beim Einziehen von Vermögen unklarer Herkunft künftig eine vollständige Beweislastumkehr gilt und setzen die Empfehlungen der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Optimierung des Rechts der Vermögensabschöpfung um“. Ich sehe bei den Betroffenen allerdings eine gewisse Chance, "Vermögen unklarer Herkunft" als "Sondervermögen" umzudeklarieren.

Wie sagte Olaf Scholz, der Herr habe ihn selig, mal so schön: „You never walk alone“. Daraus wird jetzt: "You never drive alone". Im Koalitionssprech klingt das so: „Für bestimmte Zwecke sollen unsere Sicherheitsbehörden, unter Berücksichtigung verfassungsrechtlicher Vorgaben und digitaler Souveränität, die automatisierte Datenrecherche und -analyse sowie den nachträglichen biometrischen Abgleich mit öffentlich zugänglichen Internetdaten, auch mittels künstlicher Intelligenz, vornehmen können.“ Die staatliche Fürsorge kennt keine Grenzen, wobei man den Angehörigen einiger Berufe besondere Aufmerksamkeit widmen möchte: "Wir prüfen, inwiefern eine Strafbarkeit für Amtsträger und Soldaten, die im Zusammenhang mit der Dienstausübung antisemitische und extremistische Hetze in geschlossenen Chatgruppen teilen, eingeführt werden kann“. 

Bitte denken Sie also ab sofort daran, dass es sich bei ihrem Aufenthalt im Auto um die Teilnahme an einer geschlossenen Chatgruppe handelt.

 

Dirk Maxeiner ist einer der Herausgeber von Achgut.com. Von ihm ist in der Achgut-Edition erschienen: „Hilfe, mein Hund überholt mich rechts. Bekenntnisse eines Sonntagsfahrers.“ Ideal für Schwarze, Weiße, Rote, Grüne, Gelbe, Blaue, sämtliche Geschlechtsidentitäten sowie Hundebesitzer und Katzenliebhaber, als Zündkerze für jeden Anlass(er). Zu beziehen hier.

Foto: Montage achgut.com

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W. Renner / 30.03.2025

Armin Laschet ist immerhin für Tempo 97 in der Stadt.

B. Zorell / 30.03.2025

Politikrt wälzen Probleme, die es ohne sie nicht gäbe.

Wolfgang Richter / 30.03.2025

” SPD: „Wir führen ein generelles Tempolimit von 130 km/h auf Autobahnen ein“. Aber es wird sich sicher ein Kompromiss finden, bei dem jede der beiden Parteien ihr Gesicht wahren kann.” - Analog zur 2005 abgelehnten Mehrwertsteuererhöhung also als Kompromiß hier die 65 Km/h. Wo schon 30 Km/h innerstädtisch angedacht sind. Soviel sollte uns das Weltklima wert sein, auch wenn es in Hinterindien klimatisiert.

sybille eden / 30.03.2025

Kleine Korrektur, lieber Herr Maxeiner, die “erste Koalition ” von CDU und SPD war 1966 -69. BK war Georg Kiesinger und Brandt war Aussenminister. P.S. Gibt es dieses Koalitionspapier eventuell auch als Klorolle ? So würde es sich doch wunderbar verkaufen und die Parteien hätten noch eine schöne Einnahmequelle !

Emil.Meins / 30.03.2025

Wenn man, wie auf den Fotos erkennbar, eine Saskia Esken an den Koalitionsgesprächen ernsthaft teilnehmen darf, könnte man gleich den Strick nehmen, auf den Speicher gehen und ein vorstehendes Balkenende suchen. Lasset alle Hoffnung auf Besserung fahren, ihr armen Schweine da draußen, ihr seid verloren, Ihr habt es nur noch nicht gemerkt. Oder mit den Worten väterlicherseits: Man möchte auf der Sau ausreiten, und vor Einbruch der Nacht nicht mehr heimkehren. Und der feige Grinser, Türken-Armin Laschet, der mal eben mit 97 km/h durch die 50er Zone raste, gibt als Entschuldigung vor, “er habe sich verfolgt gefühlt”. Und so eine Figur will Außenminister werden…..Gibt es nur noch Luschen? Armin, du hochwirksames Emetikum, nimm Annalena und Saskia mit und geh’ über den Jordan, ganz schnell! Und den Robert auch. Und, und, und….. ==> Oh, Herr, gib Kraft!

B.Jacobs / 30.03.2025

Unter einem anderen verschwurbelten Begriff, gemäß dem Motto Krieg ist Frieden, will die grüne Lumpenpartei Wehrpflicht für alle von 18 bis 67 Jahren einführen. Es wird mobil gemacht und wir sollen ein halbes Jahr entweder an der Front oder als Zivilschutzhelfer dienen. Wer jetzt noch nicht merkt, wohin die Talfahrt geht, dem ist nicht mehr zu helfen.

Dieter Rose / 30.03.2025

@T. Schneegaß Sie meinen die uuU? Ui, ui,ui!!!

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