Dirk Maxeiner / 18.12.2022 / 06:15 / Foto: Pixabay / 63 / Seite ausdrucken

Der Sonntagsfahrer: Schneeschippen im Aquarium

Die Weltgemeinschaft und Myriaden von Wissenschaftlern sind sich tutto completto so was von einig, dass das Klima gerettet werden muss. Sie können sich allerdings nicht darauf verständigen, ob nun ein kalter oder ein warmer Winter eine Katastrophe ist. Und dann wäre da noch die Sache mit dem Aquarium.

Ich stehe jetzt morgens immer ein bisschen früher auf, um Schnee zu schippen. Das ist eine ebenso sportive wie kontemplative Tätigkeit und führt zu einem leicht wohligen Muskelkater. Gestern schickte mir die Vorsehung sogar einen winzigen Schneepflug vorbei. Er steht in den Diensten der Stadt Augsburg und räumt Radwege, schwer zugängliche Flächen und dergleichen. Das Ding kann wie ein Miniatur-Panzer beinahe auf der Stelle drehen. Die Steuerknüppel bediente ein junger Mann mit offensichtlichem Migrationshintergrund dermaßen virtuos, dass ich mich in der Vorstellung eines türkischen Volkstanzes wähnte. Als ich mit meinen dicken Handschuhen applaudierte, gab es dann noch eine private Zugabe: Zack, Drehung rechts, Zack, Drehung links, einmal vor, einmal zurück und schon war meine Toreinfahrt schneebefreit und ich arbeitslos. Dauerte keine 20 Sekunden. Kleine Geste, große Wirkung: Beim nächsten Mal werde ich meine Grundsteuer gerne bezahlen. 

Vor sieben Uhr bist du ansonsten ziemlich allein mit dem Schnee, und es kommen dir lauter interessante Gedanken. Prinzipiell wie beim Duschen, nur ist es dabei wärmer. Ganz ausgiebig geduscht wurde am vergangenen Freitag im Berliner Radisson-Hotel in der Spandauer Straße 3. Das im Foyer befindliche Riesenaquarium „AquaDom“ platzte, und eine Million Liter 26 Grad warmes Wasser ergossen sich mitsamt dem Inventar, den Zierfischen und einigen Mitarbeitern in Richtung Kanalisation.

Was beim Schneeschippen zu den folgenden Assoziationen führte. Erstens: Zierfischen wird eine deutlich höhere Duschtemperatur zugestanden als dem deutschen Durchschnittsbürger. Zweitens: Den Mitarbeitern war es an diesem Morgen vermutlich zum ersten Mal richtig warm. „Bild“ spekulierte sogar„War es vielleicht zu kalt? Am Morgen herrschte in Berlin eine Außentemperatur von -9 Grad. Im Dezember 2012 barst die zentimeterdicke Scheibe eines Open-Air-Haifischbeckens in einem Einkaufszentrum in Shanghai. 16 Menschen wurden verletzt. Ursache war damals eine Kombination von Temperatur-Unterschied und schwachem Material“.

18 Jahre Aquarium, 16 Jahre Merkel

In der Tat gilt „Materialermüdung“ als wahrscheinlichste Ursache für das Platzen des bunten Paradieses, schließlich sei das Aquarium schon 18 Jahre alt. Was zwangsläufig zu Gedankensprung Nummer 3 führt: Die Herrschaft von Angela Merkel begann vor 17 Jahren, und das bunte Paradies Deutschland weist inzwischen ebenfalls deutliche Anzeichen von Materialermüdung auf. Es steht zu befürchten, dass es demnächst ebenfalls unvermutet platzen könnte, zumal die Insassen stumm bleiben wie die Fische im AquaDom.  

Die Tierterror-Organisation Peta bezeichnete den Vorfall als riesengroße, menschengemachte Tragödie“ und kündigte an, eine Strafanzeige gegen die Verantwortlichen des Aquariums zu erstatten. Es sei offenbar fahrlässig mit dem Leben von rund 1.500 Fischen umgegangen" worden. „Wir müssen davon ausgehen, dass alle Fische leider verstorben sind", sagte ein Sprecher der Berliner Polizei einfühlsam, er benutzte allerdings nicht die Worte „plötzlich und unerwartet“.

Plötzlich und unerwartet überkam uns auch der strenge Winter, denn es waren sich noch im November „alle Experten“ einig, dass die Klimaerwärmung ihren Lauf nehmen werde, das US-Wettermodell der NOAA war ganz vorne dabei. Auch die Langfrist-Prognose des deutschen Wetterdienstes stellte für die ersten beiden Wintermonate Dezember und Januar eine Abweichung von +1,0 bis +2,0 Grad in AussichtDaswetter.com bangte zeitgeistmäßig alarmiert, es werde seit Monaten ein zu milder Winter berechnet: „Die neueste Prognose des europäischen Wettermodells für den Winter 2022/23 in Deutschland ist nun veröffentlicht worden, und die Wetteraussichten für Dezember, Januar und Februar sind in der Tat fatal.“  

Vier Wochen später haben die Experten es sich anders überlegt

Mit „fatal“ ist ein warmer Winter gemeint. Prompt klebt die letzte Generation ja auf den Straßen. Vier Wochen später haben die Experten es sich anders überlegt, vermutlich ebenfalls beim Schneeschippen: „Wettermodelle deuten auf den kältesten Winter seit zehn Jahren hin. Die Temperaturen könnten in den nächsten Monaten deutlich sinken“. Ja die Wettermodelle, die sind launisch. Und Erika sowieso, wie das Kältehoch getauft wurde. Unsere herrschenden Klimaretter sind darob ein wenig wetterwendig und längst auf einem anderen Trip„Habeck optimistisch für den Winter – wenn das Wetter mitspielt“, schreibt das Redaktionsnetzwerk Deutschland. Und damit ist ein Winter gemeint, am besten so mollig wie ein Bad im AquaDom. Alles andere wäre eine Katastrophe.

Ich halte hiermit fest: Die Weltgemeinschaft und Myriaden von Wissenschaftlern sind sich tutto completto so was von einig, dass das Klima gerettet werden muss. Sie können sich allerdings nicht darauf verständigen, ob nun ein kalter oder ein warmer Winter das Armageddon bedeutet. Das stellt mich als Klimaleugner vor eine echte Herausforderung, weil ich gar nicht mehr weiß, was ich nun leugnen soll.

Ist aber egal, Schuld lastet in jedem Fall auf meinen Schultern. Sagt zumindest Klaus Müller. Die Energievorräte schwinden, und der Chef der Bundes-Netzagentur tadelt die Verbraucher: „Liegt an kalten Temperaturen & Gasverstromung, belastet aber die Gasspeicher & darf nicht den ganzen Winter anhalten.” Funktionsträger Klaus Müller ist übrigens ein typisches Gewächs vom grünen Hofe. Demütig verbeugend schleiche ich mich davon wie einst Inspektor Columbo, der sich allerdings im Abgang noch einmal umdrehen würde: „Eine Frage hätte ich da noch“. Und die könnte lauten: Wer hat eigentlich vor zwei Jahren ohne Not das voll funktionsfähige und sichere Kernkraftwerk Philippsburg gesprengt? Waren das die Verbraucher? 

„Wiedereinsetzen Brücke mit zwei Ankern"

Nach dem Schneeschippen leere ich dann immer noch den Postkasten vorne am Tor. Gestern lagen drei Briefe drin. Einmal von Vattenfall. Der Strompreis steigt ab 1. Januar von 25,57 auf 37,27 Cent/kWh. Der zweite Brief stammt von meiner Krankenkasse. Die „Barmer“ will mich für einen „gesunden Lebensstil“ belohnen: „Wer im Fitnessstudio trainiert, einen online Entspannungskurs nutzt oder sich impfen lässt, sammelt Punkte und kann diese in eine Geldprämie einlösen… jährlich 100 Euro und mehr.“ Brief eins und Brief zwei ergeben sozusagen Kostenneutralität: Wenn ich mich für die Barmer impfen lasse, kann ich Vattenfall den Strom bezahlen. Es sei denn, dass eine Myokarditis die gegenseitigen Geschäftsbeziehungen plötzlich und unerwartet beendet. 

Das wäre eigentlich schade, denn ich habe gerade eine Reparatur durchführen lassen. Im dritten Brief steckt deshalb die Rechnung vom Zahnarzt. Macht 43,75 Euro mit der Leistungsbeschreibung: „Wiedereinsetzen Brücke mit zwei Ankern, Adhäsive Befestigung“. Ich sehe mich hier in einer staatsbürgerlichen Vorbildfunktion, denn wie meldete der Spiegel Anfang des Jahres: „Deutschlands Brücken sind noch maroder als befürchtet“.

 

Von Dirk Maxeiner ist in der Achgut-Edition erschienen: „Hilfe, mein Hund überholt mich rechts. Bekenntnisse eines Sonntagsfahrers.“ Ideal für Schwarze, Weiße, Rote, Grüne, Gelbe, Blaue, sämtliche Geschlechtsidentitäten sowie Hundebesitzer und Katzenliebhaber, als Zündkerze für jeden Anlass(er). Portofrei zu beziehen hier.

Foto: Pixabay

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E. Albert / 18.12.2022

Der Bauträger hatte bestimmt bereits einschlägige Erfahrung mit dem Bau von Kölner U-Bahnen gesammelt…(vgl. Einsturz Kölner Stadtarchiv)

Chr. Kühn / 18.12.2022

Brauchen die Gesäßviolinen eigentlich noch Kleber, oder frieren die inzwischen von alleine fest und er (ja, das ist ein vollständiger teutscher Satz)?

Andreas Zöller / 18.12.2022

@Alois Fuchs Besten Dank für Ihre ausführliche Antwort. Jetzt spare ich gerne beim Duschen. Keiner soll fahren, wie im Goggomobil. Nur nebenbei, habe gesehen es gibt jetzt auch dieselbetriebene Heizungen zum nachrüsten für E-Autos. Tolle Sache, erhöht die Reichweite. Und die Scheiben bleiben frei. Erhöht die Verkehrssicherheit. Man kennt das Problem ja noch,  als Käferfahrer. Also, Gute Fahrt auf allen Wegen! Und, auch beim laden locker bleiben!

Roland Magiera / 18.12.2022

Je schlechter die Politik, desto mehr muss das Klima gerettet werden und desto dringender die Gefahr von rechts. Schaun mer mal, wie lange die arbeitende Bevölkerung noch so schön ruhig bleibt, wenn sie wegen der Inflation weiterhin gerade genug Geld verdient, sich nur noch die nötigsten Dinge leisten zu können und gleichzeitig den Sozialstaat in ungeahnte Höhe und Breite wuchern sieht.

Bernhard Krug-Fischer / 18.12.2022

In der Berliner Morgenpost konnte man zu dem Unglück folgendes lesen: „Am Vortag habe er noch beobachtet, wie zwei Taucher das Aquarium geputzt hätten. „Das war super interessant. Da habe ich noch Fotos gemacht.“ Da ergeben sich doch einige Fragen: Wurden die Fotos schon zur Beweissicherung vom BKA gesichtet??  Hat Putin die Taucher geschickt?? Waren die Taucher Reichsbürger?? War das eine „Generalprobe“ für einen Umsturz?? Oder war gar die letzte Generation hier am Werk??

Alois Fuchs / 18.12.2022

@Andreas Zöller: Ich kann Ihnen noch ein paar fundierte Zahlen liefern. Von der Gesamtkapazität von 93,4 kWh können Sie nur 83,7 kWh nutzen. Da man zur Schonung des Akkus nur von 10% bis 80% aufladen sollte, laden Sie je Ladevorgang nur 60 kWh und kommen damit - wenn Sie die sportliche Limousine wie ein Goggo aus den 50 Jahren bewegen - etwa 350 km weit (WLTP 475 km Reichweite. Wenn Sie Ihren Jahresverbrauch von 2.700 kWh in das Auto laden, können Sie also ca. 12.500 km fahren wie im Goggo. Dafür müssen Sie 45 Mal an die Ladesäule, stehen dort jeweils 20 Minuten, pro Jahr also 15 Stunden. Zusammengefasst: Sie brauchen mit dem Audi e-tron GT also viel Geduld oder es wird teuer, sehr teuer, denn: Wer kauft sich mind. 100.000 € ein Auto mit 476 PS, einer Beschleunigung auf 100 km/h von 4,1 sec und einer Höchstgeschwindigkeit von 245 km/h (abgeregelt), um damit im Jahr 12.500 km wie im Googo zu fahren. Und dann wird’s dreckig, sehr dreckig beim derzeitigen Energiemix, der noch ein paar Jahre so bleiben dürfte.

Albert Schultheis / 18.12.2022

Mal eine Frage, werter Herr Maxeiner, waren da auch solche Klebe-Aktivisten evtl direkt an das Aquarium angeklebt? Wäre doch logisch, oder? Zumal in Balien. Und was ist dann mit denen passiert, als ihnen das Glas um die Ohren flog? Lagen die dann auch wiec die Fische auf dem Boden und schnappten nach Luft?

Kurt Schrader / 18.12.2022

“Wir müssen davon ausgehen, dass alle Fische leider verstorben sind”… … eine Meldung, die in Zukunft alle unter deutscher Flagge fahrenden Fischtrawler in die Welt funken sollen, um damit zu zeigen, wie bewusst man in diesem Lande inzwischen mit dem Tod von Lebewesen umgeht…

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