Merz, Habeck und Scholz wollen gemeinsam im Schlafwagen zur Macht fahren. Aber wer weiß, vielleicht wird der Zug aufs falsche Gleis geleitet oder bleibt auf der Strecke stehen. Soll in Deutschland ja vorkommen.
Dramatisch erklingt dystopische Sphärenmusik mit steigendem Pulsschlag. Im Raum herrscht Dunkelheit. Befinden wir uns im Bunker? Im U-Boot 96? In einer von Hitchcock arrangierten Duschszene? Die Schemen eines Stuhles werden erkennbar. Ein Scheinwerfer wird eingeschaltet, grelle Spots leuchten in einem Kreis um den Stuhl auf und blenden den Betrachter. Der leere Stuhl wirft bedrohlich lange Schatten. Dann hallen die Schuhe einer Person auf dem Boden. Schwarz und schemenhaft nähert eine Gesalt sich dem Stuhl. Wer nimmt da Platz? Hannibal Lecter? Darth Vader? Lord Voldemort? Langsam wird der Mann auf dem Stuhl erkennbar – nun in wärmerem Licht ausgeleuchtet. Puuh. Es ist nur der Robbi aus Lübeck. Genauer: Robert Habeck, 55 Jahre alt, noch Minister für Wirtschaft und Klimaschutz der Bundesrepublik Deutschland.
Habecks Auftritt erfolgt als Gastspiel zusammen mit Friedrich Merz und Olaf Scholz, die sich nach ihm genauso geheimnisvoll auf dem Stuhl niederlassen. Arrangiert wurde der Stuhlgang in einem 15-Minuten-Videoclip von Joko und Klaas, das auf Pro Sieben ausgestrahlt wurde und am vergangenen Freitag, den 13., auf Youtube schon rund 350.000-mal angeschaut wurde. Titel: „Politik und Anstand“. Das ist dem Sinne nach ein sogenanntes „Oxymoron“ wie „weiser Narr“, „lebendige Ruine“, „Minuswachstum“ oder "Fleischkäse".
Habeck ist ganz in Schwarz gekleidet, das macht schlank. Im Weltraum gibt es das „absolute Schwarz“, es ist in der physikalischen Definition die Farbe eines nichtleuchtenden Körpers, der alles Licht schluckt. Robert Habeck sitzt schwarz da und ist sichtlich von sich selbst ergriffen. Seine Haltung ist schnurgerade, er stützt die Hände auf die Knie und sieht dem Betrachter tief in die Augen, spricht ihn direkt an: „Sehr geehrte Damen und Herren, ich bin heute hier, um ihnen etwas zu versprechen, aber ich bin heute auch hier, um ihnen etwas nicht zu versprechen“. Dafür ist er übrigens schon seit seinem Amtsantritt am 8. Dezember 2021 hier, und die Ergebnisse können als lebendige Ruinen besichtigt werden.
"Man trifft sich mindestens zweimal im Leben"
Außerdem ist Habeck schwer versöhnlich und spricht: "Man trifft sich mindestens zweimal im Leben". Das stimmt: Einmal, wenn man die Grünen wählt und das zweite Mal im Arbeitsamt. Aber so meint der Robert es nicht. Die Worte sind eher an Friedrich Merz und Olaf Scholz gerichtet. Im Wahlkampf sei das wie im Handball: Man kämpfe hart, aber nach dem Abpfiff müsse man sich „die Hand reichen und abklatschen“. Das sind ja wunderbare Aussichten.
Zumal die beiden anderen genau das Gleiche erzählen. Nach Habeck erklingt aus dem absoluten Schwarz der zackige Schritt von Friedrich Merz, der in blauem Anzug und rotem Schlips auftritt. „Sie werden heute überrascht sein, mich heute Abend hier zu sehen“, sagt er, obwohl kein Mensch überrascht ist. Jeder Mensch lebt halt in einer Blase, der Merz allerdings in der falschen. Lässig schlägt er das rechte Bein über das linke Knie, so wie man das im Aufsichtsrat von Blackrock macht, wenn man mal vertraulich miteinander redet und ein Unternehmen über die Klinge springen lässt. Und auch Merz wird es ganz warm ums Herz, wenn er an den Wahlkampf denkt: „Wir werden auch weiterhin den Regeln des Anstandes und des persönlichen Respektes folgen“. Dies scheint offenbar etwas ganz Besonderes zu sein, das man dem gemeinen Volke nicht oft genug nahebringen kann. Das könnte allerdings zurückfragen: Ja was denn sonst?
Olaf Scholz wirkt wie immer, aber ohne Schlips, so werden die Unterschiede im politischen Wettbewerb deutlich herausgearbeitet. Seine Darbietung ist so gut einstudiert wie der dramatische Rausschmiss von FDP-Lindner. Auch Scholz sitzt gerade mit leicht nach vorne gebeugtem Oberkörper. Er berührt nur mit den Schuhspitzen den Boden, so als seien seine Beine zu kurz. Scholz verspricht „Ehrlichkeit und Transparenz“, welche er bei seinem Auftritt im Cum-Ex-Untersuchungsausschuss völlig neu definierte. Er will „ein Versprechen an uns selbst“, und zwar „dass wir die wichtigsten Regeln des demokratischen Miteinander einhalten“. Wobei die Choreographie nicht ganz hinhaut: Aus dem Dunkeln leuchten hinter ihm rechts und links zwei Scheinwerfer auf, so als säße er auf den Gleisen der Berliner U-Bahn und ein Zug rase von hinten heran.
Nicht geschafft, eine Anstandsdame aufzubieten
Ist das etwa der Grund für das dystopische Setting? Irgendwas muss da draußen im Dunkeln lauern, aber welchen Namen hat das Grauen? Sie seien „keine Feinde“, sagen Merz, Habeck und Scholz. Aber wer ist der Feind? Wer sind die „Anderen“ (Habeck), „die die Regeln brechen wollen, um unsere Demokratie zu zerstören“? Irgendwo im Dunkel des Raumes verstecken sich „Lügen, Desinformation, erfundene Beschuldigungen, Angst, Misstrauen, und Spaltung“ – ausgenommen bei den drei Herren auf der Bühne. Merkwürdigerweise haben sie es nicht geschafft, wenigstens eine Anstandsdame aufzubieten. Auch die AfD, das BSW und die FDP finden nicht statt.
Sind sie die Feinde? Oder ist es vielleicht doch der ungezogene Wähler, der auf „X“ Verbalinjurien verbreitet und weder mit Habeck, Merz noch Scholz „abklatschen“ will? Dem wird von den Dreien ungefähr ausgerichtet: „Wir machen jetzt ein bisschen Wahlkampf-Gedöns, und danach reichen wir uns die Hand und klatschen uns selbst ab – als gemeinsame Regierung“. High Five! Kurz gesagt: „Es ist vollkommen egal, was ihr wählt, ihr kriegt in jedem Fall uns“. Oder auch: „Am besten geht ihr gar nicht erst wählen, dann kann auch nix Falsches rauskommen“. Respektive: „Wer uns nicht wählt, ist nicht Teil des demokratischen Spektrums und sollte eigentlich auch nicht wählen dürfen“.
Die gegenwärtige deutsche Demokratie könnte glatt von Henry Ford erfunden worden sein. Der entdeckte 1913, dass schwarze Farbe schneller trocknete als jede andere Farbe. Schwarze Autos konnten schneller produziert werden und waren daher rentabler. Also strich er ab 1914 alle Farbvarianten für seine beliebten T-Modelle. Von da an sagte er: "Jeder Kunde kann ein Auto in jeder Farbe haben, solange es schwarz ist." Und jeder Deutsche kann jetzt jede politische Farbe wählen, das Ergebnis wird aber schwarz-grün-rot sein.
Merz, Habeck und Scholz wollen gemeinsam im Schlafwagen zur Macht fahren. Aber wer weiß, vielleicht wird der Zug aufs falsche Gleis geleitet oder bleibt auf der Strecke stehen. Soll in Deutschland ja vorkommen, ein Drittel der Züge ist nicht pünktlich oder fährt gar nicht erst los.
So hilft dem veränderungswilligen Zeitgenossen nur die Hoffnung auf zwei Volksweisheiten und den Genossen Zufall. Die erste Weisheit kennt jeder: „Man soll das Fell des Bären nicht verteilen, bevor er erlegt ist“. Und die zweite steht in einem Gedicht von Bert Brecht, das sich „Ballade von der Unzulänglichkeit menschlichen Planens“ nennt: „Ja, mach nur einen Plan! Sei nur ein großes Licht! Und mach dann noch ’nen zweiten Plan. Geh’n tun sie beide nicht“.
„Es ist eine Regierung voller Idioten“
Es gibt zum Beispiel eine große Unbekannte. Das ist das befreundete Ausland, wobei ich Dunkeldeutschland nicht mitzähle. Die Sorge um den maladen deutschen Toleranzsimulanten im Kern Europas wächst, und der Ton wird dem deutschen Moralweltmeister gegenüber schon etwas weniger diplomatisch. „Lügen, Desinformation, erfundene Beschuldigungen, Angst, Misstrauen, und Spaltung“ kommen plötzlich aus Regierungszentralen in Stockholm, Oslo oder Washington, wo man leider keine morgendlichen Hausdurchsuchungen durchführen kann.
„Ich bin wütend auf die Deutschen“, sagt die schwedische Energieministerin Ebba Busch, weil der Energiewende-Irrsinn sich auch für unsere europäischen Nachbarn als toxisch erweist. Von einer „absolut beschissenen Situation“ spricht Norgwegens Regierung und will die Stromtrasse nach Mitteleuropa kappen, während das Wallstreet-Journal von der "dümmsten Energiepolitik der Welt" spricht.
„Euer arroganter Weg ist f****ing over“, lässt Ryan Air-Chef Michael O’Leary in Berlin ausrichten. Ryan Air ist die größte Airline Europas, und der Chef meint: „Deutschland befindet sich in einem gravierenden Niedergang. Die deutsche Regierung hat keine Ahnung. Es ist höchste Zeit für Neuwahlen.“ Und dann noch einen oben drauf: „Es ist eine Regierung voller Idioten“. Deutschen Rentnern sei ausdrücklich abgeraten, diese Passage aus einem Vortrag auf "X" zu retweeten, besonders wenn sie im Bereich der Staatsanwaltschaft Erlangen wohnen.
Der Trump-Vertraute Elon Musk betitelte sowohl Olaf Scholz als auch Robert Habeck mit dem Kosewort „Narr“. Das ist sehr milde im Vergleich zu dem, was Bundespräsident und Scholz-Spezi Frank-Walter Steinmeier dem amerikanischen Präsidenten Donald Trump an den Kopf geworfen hat. Er nannte den amerikanischen Präsidenten „Hassprediger“ – und verglich ihn mit der AfD, wie man das so macht, wenn jemand anderer Meinung ist.
Da fällt mir ein: Saß vielleicht Godfather Donald Trump bei Joko und Klaas im Dunkel des Raumes? Als der am 5. November die US-Wahlen gewann, flog einen Tag später am 6. November die Ampel-Koalition auseinander, als sei ein amerikanischer Marschflugkörper eingeschlagen. Übrigens: Ex-US-Botschafter Richard Grenell registrierte immer sorgfältig Lügen, Desinformation, Hass und Hetze deutscher Regierungspolitiker gegenüber seinem Chef. Und der wird am 20. Januar erneut in sein Amt eingeführt. Da ist man doch besonders gespannt auf die vier Wochen danach bis zur Bundestagswahl. Wie sagt Robert Habeck so schön: „Man sieht sich im Leben mindestens zweimal.“
Dirk Maxeiner ist einer der Herausgeber von Achgut.com. Von ihm ist in der Achgut-Edition erschienen: „Hilfe, mein Hund überholt mich rechts. Bekenntnisse eines Sonntagsfahrers.“ Ideal für Schwarze, Weiße, Rote, Grüne, Gelbe, Blaue, sämtliche Geschlechtsidentitäten sowie Hundebesitzer und Katzenliebhaber, als Zündkerze für jeden Anlass(er). Zu beziehen hier.