Sie wollen Ihre Meinung sagen? Befolgen Sie dazu einfache Prinzipien der Verschlüsselung. Ein Satz mit Olaf Scholz klingt dann so: „Die Kopfstütze braucht die Zentralverriegelung, denn sie fürchtet die Ölwanne". Ein sprachlicher Leitfaden.
Rund zwei Drittel der Deutschen trauen sich angeblich nicht mehr zu sagen, was sie denken. Es könnte ja der Falsche zuhören. So ging es mir jedenfalls neulich im Intercity-Zug nach Heidelberg. Das Abteil war voll besetzt, und ich nahm in aller Kürze und mit beinahe flüsternder Lautstärke ein Telefonat entgegen. Ein Kollege wollte mit mir über einen Text sprechen, und ich bat ihn, das bitte zu verschieben, bis ich sprechen könne. Nur einen – wie ich dachte – kryptischen Hinweis machte ich vorab: „Er hat nicht Ratten gesagt, sondern Rattenfänger.“ Daraufhin sank die Temperatur im gut geheizten Abteil auf etwa 20 Grad unter Null, und die zuvor freundliche Stimmung gefror zu Blöcken wie frisch gemolkene Milch im sibirischen Oimjakon.
Da lob ich mir doch das Autofahren, besonders alleine oder in Begleitung der Familie. Wobei einer aus dem Kreise der Lieben mich sogleich darauf aufmerksam machte, dass sowohl unsere Mobiltelefone als auch das an der Windschutzscheibe befestigte Navigationsgerät unsere Unterhaltung möglicherweise aufmerksam verfolgen. Oh, oh, oh, meinte Sabine. Wir hatten uns über allerlei Despektierliches unterhalten, beispielsweise die jüngste Wahnsee-Konferenz bei Potsdam. „Worüber haben die da eigentlich geredet?“, fragte der Jüngste in der Runde. Ich antwortete mit ernstem Gesichtsausdruck: „Da hat ein Herr Sellner aus den Hitlertagebüchern vorgelesen.“ Und fügte mit fachmännischer Miene hinzu: „Damit hat er natürlich das Copyright des Stern verletzt.“ Rückfrage: „Und was macht der Stern jetzt?" Antwort: „Der hat sich Hilfe geholt von Helene Fischer, Udo Lindenberg und dem Volkswagen-Chef.“ Und was sagen die? „Nicht mit uns“. Es war eine wirklich sehr lustige Ausfahrt, und wir hatten viel Zeit, von Augsburg bis Kleve sind es nämlich fast 700 Kilometer, besonders freitags.
Früher haben wir auf solchen Fahrten immer „Kennzeichen raten“ gespielt, diesmal dachten wir darüber nach, wie wir Thomas Haldenwang, im Folgenden „Alexa“ genannt, ein Schnippchen schlagen könnten. Alexa stammt aus Wuppertal, ist 63 Jahre alt und sehr vielseitig interessiert. Alexa sitzt in WLAN-Lautsprechern, Glühbirnen, TV-Geräten, Saugrobotern, Autos, Wanduhren. „Auch 2023 steckt überall Alexa drin!“, lobt Computer-Bild, „viele plaudern gern mit Alexa und stellen sich passende Geräte ins Wohnzimmer, in die Küche oder auf den Nachttisch“.
Nach der achten Runde Kölsch
Wir beschlossen: Es muss eine sprachliche Verschlüsselung her, das hat ohnehin Konjunktur. Ist ja prinzipiell auch nix Neues. Sprachen nur für Eingeweihte schießen aus dem Boden wie das Gras aus dem Balkontopf von Cem Özdemir. Die einen stoßen irgendwelche Guttural- und Hickslaute aus wie nach der achten Runde Kölsch im Goldenen Kappes. Sie nennen das Gendersprache. Die anderen unterhalten sich auf Äthiopisch, was auch nicht gerade nach Inklusion klingt. Das gemeine Volk redet derweil von Geschenken, Facharbeitern und Goldstücken, meint aber etwas ganz anderes und grinst sich einen. Da wir gerade nichts anderes zur Hand hatten, nahmen wir die Betriebsanleitung aus dem Handschuhfach, hielten nach originellen Begriffen Ausschau und beschlossen, sie zur Grundlage unserer Enigma zu machen.
Zunächst waren Politiker und sonstige Personen und Gruppierungen dran, die wir ins Herz geschlossen haben. Mein Beifahrer suchte aus der Betriebsanleitung einen Begriff aus – und die Anderen mussten spontan assoziieren, welchen Politiker oder welche Partei sie damit verbinden. Und los ging's: „Anhängerkupplung“. Wie aus der Pistole geschossen kam die Assoziation: „FDP“. Kommentar: „Schlepptau des Irrsinns.“ Und so ging es weiter: Ersatzrad: „Friedrich Merz“.... Hardtop: „Ursula von der Leyen“....„Reserveleuchte“: Robert Habeck. Des Weiteren wurden in einer ersten Runde genannt:
Colorverglasung: Bundespressekonferenz
Drosselklappe: Rolf Mützenich
Federbein: Christian Lindner
Kopfstütze: Olaf Scholz
Ölwanne: Björn Höcke
Stahlschiebedach: Marie Agnes Strack-Zimmermann
Standlicht: Philipp Amthor
Sonnenblende: Ricarda Lang
Pleuelstange: Alice Weidel
Wahndreieck: Karl Lauterbach
Zündkerze: Saskia Esken
Zentralverriegelung: Nancy Faeser
Aus diesen Worten lassen sich nun einfache garantiert Alexa-sichere Sätze bilden. Beispielsweise: „Die Kopfstütze braucht die Zentralverriegelung, denn sie fürchtet die Ölwanne, das Wahndreieck und die Zündkerze machen auch so genug Ärger.“ Sie haben nix verstanden? Eben. Aber ich.
In einer zweiten Runde haben wir dann selbst ganz frei Begriffe gesucht, die uns irgendwie gefallen haben und die wir uns gut merken können. Wie nennt man in einem vollbesetzten Zug beispielsweise die Unterkellerung von Gaza, ohne gleich die Häscher der Hamas am Hals zu haben? Richtig: „Eurotunnel“. Und wie nennt man die Freunde vom halbstaatlichen Flottenverband Correctiv? Richtig: „Saunafloß“. Um bei der Marine zu bleiben, kann man dann noch Sahra Wagenknecht einflechten. Aber wie? Ganz einfach: „Panzerkreuzer Aurora“.
Dirk Maxeiner ist einer der Herausgeber der Achse des Guten.Von ihm ist in der Achgut-Edition erschienen: „Hilfe, mein Hund überholt mich rechts. Bekenntnisse eines Sonntagsfahrers.“ Ideal für Schwarze, Weiße, Rote, Grüne, Gelbe, Blaue, sämtliche Geschlechtsidentitäten sowie Hundebesitzer und Katzenliebhaber, als Zündkerze für jeden Anlass(er). Zu beziehen hier.
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