Der Milliardärs-Erbe Raoul Roßmann will keine Teslas mehr für seine Drogeriekette kaufen. Es stört ihn, dass Tesla-Boss Musk Donald Trump unterstützt. Momentaufnahme einer deutschen Geisterfahrt.
Raoul Roßmann (39) ist Sprecher, Geschäftsführer und Erbe der gleichnamigen Drogerie-Kette, irgendwo um die vier Milliarden Euro schwer. Vergangene Woche habe ich mit „Meridol sicherer Atem“ (6,45 Euro), „Seborin Aktiv Hair“ (2,99 Euro) und Nivea Men Rasierschaum (2,29 Euro) zu seinem Wohlstand beigetragen. Was zeigt, dass man mit kleinen Sachen ziemlich viel Geld verdienen kann, man muss nur genug davon verkaufen.
Die rund 50.000 Mitarbeiter freut es – und auch junge Talente, sprich „Influencer“ wie Maxim Giacomo („Produkte die eure tägliche Make-up Routine revolutionieren werden“) oder „Like a Daisy in Spring“ („Ich schenke euch ganz viel Liebe“) zeigen die Fürsorge der Firma auch für die nachwachsende Kundschaft. „Als Familienunternehmen nehmen wir unsere Verantwortung für zukünftige Generationen wahr. Gemeinsam mit unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern können wir einiges bewegen und nachhaltige Prozesse und Denkweisen in Gang setzen, um so unseren Beitrag für eine nachhaltigere Zukunft zu leisten“, beschreibt Raoul Roßmann einen der zentralen Werte seines Unternehmens. Sehr gut passend zur nachhaltigen Denkweise ist etwa der Beitrag: „Was kauft eine Sechstklässlerin bei Rossmann für 50 Euro?“
Werte hält man bei Rossmann traditionell hoch, egal ob es sich um warmen oder kalten Kaffee handelt, etwa indem man sich heimlich über Kaffeepreise abspricht oder politisch „ein Zeichen setzt“. Das war schon beim Senior so, der lief in Pandemie-Zeiten zu großer Form auf: „Unternehmer Dirk Roßmann fordert Impfpflicht für alle – Wirtschaft wird kollabieren“, ließ der alte Roßmann wissen und machte auch klar, wer aus dem Kreis der Guten ausgeschlossen gehört: „Dass heute eine Minderheit eine Mehrheit diktiert beim Impfen, geht überhaupt nicht.“ Schlecht alt werden tun auch die schriftstellerischen Bemühungen des Seniors, der in großem Stil Klima-Romane produziert, um der Menschheit den Weg der Tugend zu weisen. Ein solches Werk aus dem Jahre 2020 handelt davon, wie der russische Präsident Wladimir Putin die Welt vor dem Klima-Untergang rettet und dafür den Friedensnobelpreis erhält.
Äußerungen, so rabattfähig wie eine Palette Stützstrümpfe
Auch beim Junior-Chef hat sich ein zeitgeistiger Gratismut herausgebildet, denn seine sämtlichen Äußerungen zur Rettung der Welt und Verfassheit der Regierenden sind so rabattfähig wie eine Palette Stützstrümpfe:
„Auch wenn viele Menschen unzufrieden mit der aktuellen Regierung sind, beweist die starke zivilgesellschaftliche Reaktion nach den Enthüllungen durch Correctiv, dass wir in einer stabilen Demokratie leben. Das macht mir Mut“.
"Schauen wir in die Vergangenheit, so haben sich Industrielle und Unternehmer fatal verhalten, indem sie sich aus dem Diskurs rausgehalten haben, nicht Stellung bezogen und teils selbst rechtsnational waren. Die Geschichte darf sich nicht wiederholen. Deswegen zeige ich, zeigen wir als Familie Roßmann, auch öffentlich Flagge."
Ein Wattetupfer, mit dem Maxim Giacomo nach Daisy wirft
Letzte Woche glaubte der junge Roßmann dann moralische Fleißmärkchen in Sachen Donald Trump und Elon Musk sammeln zu müssen. Man werde künftig keine E-Autos von Elon Musks Firma mehr erwerben, teilt das Unternehmen mit. Wörtlich heißt es aus dem Fürsorge-Hauptquartier in Burgwedel:
„Elon Musk macht keinen Hehl daraus, Donald Trump zu unterstützen. Trump hat den Klimawandel wiederholt als Schwindel bezeichnet – diese Haltung steht in krassem Gegensatz zur Mission von Tesla, durch die Produktion von Elektroautos einen Beitrag zum Umweltschutz zu leisten“.
Und weiter:
„Aus diesem Grund wird das Unternehmen Rossmann zukünftig keine Tesla-Fahrzeuge mehr für seinen Fuhrpark anschaffen. Den aktuellen Bestand an Tesla-Fahrzeugen wird Rossmann aus Gründen der Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung weiterhin nutzen. Jedoch wird das Unternehmen bei zukünftigen Fahrzeugbestellungen auf alternative Hersteller und Modelle setzen“.
Ich habe beim Lesen dieser Zeilen den Eindruck, dass der gute Raoul sich dann doch ein wenig zu ernst nimmt und obendrein ein paar Missverständnissen erlegen ist. Fangen wir mal mit dem nicht unwesentlichen Detail an, dass die Firma Rossmann nur 34 Teslas besitzt. Die Ankündigung ist also wirtschaftlich so bedrohlich wie ein Wattetupfer, mit dem Maxim Giacomo nach Daisy wirft. Und sie wird Elon Musk getroffen haben wie die Kunde von der Venus, dass Rossmann für die Eröffnung seines neuen Flagship-Stores da oben keine Space-X-Rakete bestellen werde.
Eine echte Win-Win-Situation
Aber das nur nebenbei. Raoul Roßmann scheint mir tatsächlich dem Glauben anzuhängen, dass der Kauf eines Teslas irgendwie dem Klima nutzt, sprich CO2 einspare. Ich verzichte hier auf despektierliche Ökobilanzen von E-Mobilen und die damit verbundenen Glaubenskämpfe. Die braucht man für ein wenig Aufklärungsarbeit nämlich gar nicht.
Zwei Meldungen genügen völlig: „Tesla verdient 1,9 Milliarden US-Dollar mit CO2-Zertifikaten“. Weil man ausschließlich Elektroautos verkauft, erhält Tesla eine große Zahl an CO2-Zertifikaten. Diese kann der Hersteller für gutes Geld an die Konkurrenz verkaufen, die in China, den USA und Europa die CO2-Vorschriften nicht erfüllen können. Einfach gesagt: Das CO2, dass Mister Roßmann nicht produziert, kommt stattdessen beispielsweise aus einem Fiat-Chrysler, denn dieses Unternehmen unterhält eine enge Ablasshandelsbeziehung mit Tesla.
Dort baut man so prächtige Mobile wie den Dodge Hellcat mit 717 PS. Eine echte Win-Win-Situation: Roßmann hat ein gutes Gewissen und der Petrolhead in USA genügend Power. Und alle sind glücklich. In der Gesamtbilanz wird aber kein einziges Gramm CO2 eingespart. Wenn Donald Trump im Zusammenhang mit dem Klimaschutz von „Schwindel“ spricht, liegt er zumindest metaphorisch gar nicht so falsch.
Die Abneigung gegen Donald Trump muss man in Deutschland ja gar nicht mehr begründen, sie gehört zum festen Mindset der Gutmeinenden zwischen Kiel und Rosenheim. Elon Musk war bis vor kurzem noch der Darling der großen Transformatoren, die neue Tesla-Fabrik in Grünheide sei "ein ganz wichtiges Zeichen", sprach Olaf Scholz bei der Eröffnung, "nicht nur für Deutschland, sondern für die ganze Welt". Spätestens seit der Übernahme von Twitter (heute "X") kühlte die Liebe des Establishments zu Elon Musk ab wie ein Eisautomat, der alle paar Sekunden einen Würfel ausspuckt. Unlängst machte Musk auch noch publik, dass die EU ihn nötigen wollte, seine Plattform in ihrem Sinne zu zensieren. Seitdem läuft die Sache nach einem Bonmot von Winston Churchill: "Man hat sie (die Deutschen) entweder an der Gurgel oder zu Füßen".
Aus der Kurve getragen wie ein Formel 1
„Was sagt das über Führungsqualitäten, wenn im kriselnden Deutschland die Spitze eines Unternehmens wie Rossmann erklärt, es würde auf den teuren Tesla-Kauf verzichten, um die Welt vor Donald Trump zu schützen?“ fragt die Wirtschaftswoche verwundert. Mit aller Demut möchte ich dazu bemerken, dass die Spitze eines solchen Unternehmens intellektuell ein bisschen herausgefordert wirkt. Musk sagt, was er denkt. Roßmann sagt, was er denkt, das er sagen soll. Das ist der Unterschied zwischen einem Vertreter der Meinungsfreiheit und einem Untertanen. Der Untertan merkt das tief in seinem Inneren natürlich selbst und nimmt übel.
Gegenüber „Die Welt“ wird Roßmann dann angesichts von kritischen Nachfragen aus der Kurve getragen wie ein Formel 1 aus der Parabolica: „Mich stört enorm, dass ausgerechnet der Tesla-Gründer Elon Musk den Klima-Leugner Donald Trump unterstützt. Als deutscher Staatsbürger bin ich dazu verdammt, dieser Kakofonie in den USA tatenlos zuhören zu müssen – ohne eine Wählerstimme zu haben. Deshalb wollte ich im Rahmen meiner Möglichkeiten ein Statement setzen… verriet der teutsche Staatsbürrrrger der Welt “, „es sei ein symbolischer Akt“.
„Wann merkt man eigentlich als Kind, dass man einen Milliardär zum Vater hat?“, wurde Raoul Roßmann (39) vor einiger Zeit vom Manager-Magazin gefragt. Ich will hier mal selbst eine Antwort geben. Man merkt es, wenn man auf kritische Fragen von Journalisten antwortet: „Denken Sie lieber einmal über Versäumnisse Ihrer Zunft nach“. Und sich dann noch zu kurz gekommen fühlt: „Herr Musk setzt zig Postings pro Woche ab. Und wenn ich mich einmal äußere, wird mir Cancel Culture vorgeworfen oder Schlimmeres“. Achgottchen, das klingt ja wie: „Der Musk hat auch in den Sandkasten gepinkelt und zwar viel mehr“. Vokabeln wie "Klimaleugner" passen im übrigen prima in die mittelalterliche St. Petri Kirche in Burgwedel, einst angelegt als freier Wehrturm mit Schießscharten.
Deshalb noch zwei kurze aber prägnante Antworten zur Frage, was der Unterschied zwischen Raoul Roßmann und Elon Musk ist. Erstens: Musk redet intelligenteren Stuss. Zweitens: 220 Milliarden.
Dirk Maxeiner ist einer der Herausgeber von Achgut.com. Von ihm ist in der Achgut-Edition erschienen: „Hilfe, mein Hund überholt mich rechts. Bekenntnisse eines Sonntagsfahrers.“ Ideal für Schwarze, Weiße, Rote, Grüne, Gelbe, Blaue, sämtliche Geschlechtsidentitäten sowie Hundebesitzer und Katzenliebhaber, als Zündkerze für jeden Anlass(er). Zu beziehen hier.
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