Reisen bildet, egal ob mit dem Flugzeug, dem Auto oder dem Gummiboot, weshalb ich Sie heute auf einen kleinen Ausflug durch die Lande mitnehmen will, der auf den fernen Andamanen-Inseln seinen Ausgang nimmt.
Die indische Polizei hat einen US-Bürger wegen des unerlaubten Betretens einer Andamanen-Insel festgenommen, die von der isolierten Volksgruppe der Sentinelesen bewohnt wird. Der 24-Jährige habe eine Kokosnuss und eine Dose Diät-Cola als „Gabe“ auf den Strand abgelegt. Der Reisende war ein Angehöriger der aufstrebenden Berufsgruppe der "Influencer" und suchte die dort endemische Volksgruppe mit einem Gummiboot auf, eine Unart, die sich auch an anderen Gestaden der Welt breitmacht. Er dokumentierte seinen ungebetenen Besuch per Go-Pro-Kamera, warum er unschwer bei seinem schändlichen Tun überführt werden konnte.
Die Angehörigen des indigenen Volks auf North Sentinel im Indischen Ozean lehnen nämlich jeden Kontakt mit der Außenwelt ab, wofür mein Verständnis mit jedem zusätzlichen Lebensjahr exponentiell zunimmt. Die Organisation Survival International, die sich für den Schutz indigener Völker einsetzt, kritisierte die Aktion des US-Bürgers aufs Schärfste, erstens, weil er dort Krankheiten einschleppen könnte und zweitens, weil die Einheimischen dazu neigen, solche Besucher mit Pfeil und Bogen ins Jenseits zu befördern.
Caroline Pearce, die Direktorin von Survival International, sagte: „Die Sentinelesen haben ihren Wunsch, keinen Kontakt zu Außenstehenden zu haben, über die Jahre hinweg unglaublich deutlich gemacht – ich bin sicher, dass sich viele noch an den Vorfall von 2018 erinnern, bei dem ein amerikanischer Missionar, John Allen Chau, von ihnen getötet wurde, nachdem er auf ihrer Insel gekommen war, um sie zum Christentum zu bekehren.“
Schutz vor Missionar*innen und Social Media-Influencer*innen
Die Frau spricht mir komplett aus dem Herzen: „Es ist eine gute Nachricht, dass der Mann in diesem jüngsten Vorfall verhaftet wurde, aber es ist gleichzeitig sehr beunruhigend, dass es ihm Berichten zufolge überhaupt möglich war, auf die Insel zu gelangen. Die indischen Behörden sind gesetzlich verpflichtet, dafür zu sorgen, dass die Sentinelesen vor Missionar*innen, Social Media-Influencer*innen, Menschen, die illegal in ihren Gewässern fischen, und allen anderen, die versuchen könnten, mit ihnen in Kontakt zu treten, sicher sind."
Die Sentinelesen ernähren sich von Kokosnüssen, Wurzeln, Pflanzenknollen, verschiedenen Blättern und wahrscheinlich Kochbananen, außerdem stehen Fisch, Bienenhonig und eine Wildschweinart auf dem Speiseplan. Nach dem klugen Überlebensmotto "Die Wurst bleibt hier" exportieren sie diese Produkte aber nicht und setzen so ein Zeichen gegen Trumps Strafzölle. Aber das nur nebenbei. Ich finde, die Küche der Inselbewohner sowie ihre heimatverbundene Lebensart ist von der bayerischen gar nicht so weit entfernt, besonders wenn die Ureinwohner im Englischen Garten die Tracht ablegen.
Womit wir zu des Pudels Kern vordringen: Als jemand, der freitags den Bürgersteig vor der Haustür kehrt, ein Messer ausschließlich in der Küche benutzt, pünktlich Steuern und sein klein Häuschen abbezahlt, täglich um 18 Uhr sein erstes helles Bier trinkt und sich auf eine Schweinshaxe freut sowie den Mitmenschen bei einer Begegnung ein freundliches "Grüß Gott" zuwirft, fühle ich mich ebenfalls einem endemischen und gefährdeten Stamm zugehörig, der ein Anrecht auf den Schutz durch Behörden und von Survival International hat, zumal mir der Einsatz von Pfeil und Bogen untersagt ist.
Ersetzen Sie bitte „Sentinelesen“ durch „ganz normale Menschen, die einfach in Ruhe gelassen und weder überwacht noch zwangsbeglückt werden wollen“ und „Influencer“ durch „Grüne“, "Volkserzieher" und "Politiker". Ich bin der Meinung, dass der Stamm meiner Nachbarn und meiner selbst auf unserer Insel der Seligen dringend geschützt werden müssen vor "Missionar*innen, Social Media-Influencer*innen, Menschen, die illegal in unseren Gewässern fischen und allen anderen, die versuchen könnten, mit uns in Kontakt zu treten". Laut Survival International ist es "internationales Recht", die Gebiete unkontaktierter Völker "anzuerkennen und zu schützen.“ Ich fordere die Beteiligten der künftigen Bundesregierung hiermit auf, dieses Recht sofort in der Koaltionsvereinbarung festzuschreiben oder – noch besser – mit Zweidrittel-Mehrheit in die Verfassung zu verankern.
"Hausaufgaben sind eine Klassenfrage"
Wegen ihrer abweisenden Haltung ist vom Lebensstil der Sentinelesen nur wenig bekannt, weil sie U-Boote und Gummiboote, wie gesagt, zuverlässig versenken, man ist also weitgehend auf Vermutungen angewiesen. Ich halte es aber für wahrscheinlich, dass beispielsweise das örtliche Schulsystem keine Hausaufgaben kennt. Dieses pädagogische Prinzip hat sich nun bis ins Karl-Liebknecht-Haus in Berlin herumgesprochen und fand Eingang in einen "Fünfpunkte-Plan" von "Die Linke" zur Einführung einer "Einheitsschule".
Hausaufgaben seien „eine Klassenfrage“, sagte Linken-Chef Jan van Aken dem „Stern“ laut Meldung vom Donnerstag. Kinder von Akademiker-Eltern seien hier im Vorteil gegenüber anderen Kindern. „Lernen gehört in die Schule, nicht ins Wohnzimmer“, meint van Aken. „Wer Eltern hat, die helfen können, kommt weiter. Wer nicht – bleibt zurück. Wer kein eigenes Zimmer hat, keine Ruhe, keine Unterstützung, bekommt schlechtere Noten.“ Dies sei „keine individuelle Schwäche, das ist strukturelle Ungerechtigkeit“. Hier bestätigt sich einmal mehr der alte Ratschlag "Man kann in der Auswahl seiner Eltern nicht sorgfältig genug sein".
Das Elend begann bereits mit der Verschriftlichung der Sprache bei den alten Ägyptern und Sumerern, deren Oberschicht-Kinder in sogenannten "Tafelhäusern" Keilschrift büffeln mussten, was in der Tat auf eine Klassenfrage hindeutet. Wobei sich das Problem möglicherweise auch von selbst löst, weil zunehmend TikTok an die Stelle der Keilschrift tritt, das Schreiben und Lesen also ganz von selbst wieder abgeschafft wird – und somit eine weitere strukturelle Ungerechtigkeit der Vergangenheit angehört. Spätestens wenn alle doof sind, ist die Welt gerettet.
Zum Ausgleich bietet sich eine Reform der Stundenpläne an. Statt englische Vokabeln lernen die Kinder der Sentinelesen beispielsweise schon früh, eine Kokusnuss von einem Wildschwein zu unterscheiden, was unter Umständen lebensrettend sein kann, in unseren Breitengraden aber leider nicht mehr vorausgesetzt werden darf, wie sich am Wahlergebnis für Friedrich Merz und die CDU/CSU anschaulich zeigt.
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Liechtenstein wurde Donnerstag abgeschaltet
Ein dem "isoliertesten Volk der Welt" ähnliches Territorium befindet sich übrigens eineinhalb Stunden von den Pfahlbauten am Bodensee entfernt in Liechtenstein. Einen Flugplatz, einen Hafen oder eine eigene Autobahn findet man in der von 2.500 Meter hohen Bergen wie Grauspitz oder Schwarzhorn abgeschirmten Region vergebens. Die dort eingeborenen Liechtensteinesen hielten kürzlich eine Volksabstimmung ab, um Missionar*innen, Social Media-Influencer*innen, und insbesondere öffentlich-rechtlichen Wesen, die versuchen könnten, mit ihnen in Kontakt zu treten, abzuwehren. Die Stammesangehörigen reagieren auf Rundfunkgebühren und die davon bezahlten Aliens nämlich mindestens so allergisch wie die Sentinelesen auf christliche Missionare.
"Sie lehnten den staatlichen Zuschuss für Radio Liechtenstein ab und entschieden sich für eine Privatisierung", berichtete die Frankfurter Rundschau. Diese sei jedoch gescheitert: "Der einzige öffentlich-rechtliche Radiosender in Liechtenstein gehört somit der Vergangenheit an". Nach fast 30 Jahren wurde der Sendebetrieb am vergangenen Donnerstag um 18.00 Uhr eingestellt.
Alarmiert ob der dramatischen Folgen der in Liechtenstein abhanden gekommenen Grundversorgung konsultierte ich daraufhin sämtliche Webcams in Vaduz und um das Schloss des Fürsten herum und konnte beruhigt feststellen: Alle ortsansässigen Briefkästen funktionierten zuverlässig wie immer, und es zeigte sich erfreulich intelligentes Leben, das eine Kokusnuss von einer Wildsau unterscheiden kann.
Dirk Maxeiner ist einer der Herausgeber von Achgut.com. Von ihm ist in der Achgut-Edition erschienen: „Hilfe, mein Hund überholt mich rechts. Bekenntnisse eines Sonntagsfahrers.“ Ideal für Schwarze, Weiße, Rote, Grüne, Gelbe, Blaue, sämtliche Geschlechtsidentitäten sowie Hundebesitzer und Katzenliebhaber, als Zündkerze für jeden Anlass(er). Zu beziehen hier.