Falls jemand noch ein paar zusätzliche Argumente für das Auto mit Verbrennermotor braucht, der Blackout in Spanien und Portugal hat sie geliefert.
Die EU ist nie verlegen um hübsche oder bombastische Formulierungen, wenn es um neue Zielsetzungen zur Rettung der Menschheit oder des Planeten geht. Eine davon heißt „Net-Zero“ und steht für eine Industrie, die unter dem Strich kein Kohlendioxid mehr verursacht. Zur Erläuterung des „Net-Zero Industry Act“ heißt es auf einer einschlägigen Seite: „Dies bedeutet, dass die EU ihre Produktionskapazitäten für Technologien ausbauen muss, die den Übergang zu sauberer Energie unterstützen und bei ihrem Betrieb extrem niedrige, keine oder negative Treibhausgasemissionen verursachen“.
Das Ganze ist ein Teil des sogenannten „Green Deals“, den Ursula von der Leyen umherschwenkt wie die Jungen Pioniere die DDR-Fähnchen am 1. Mai, dem „Internationalen Kampf- und Feiertag der Werktätigen für Frieden und Sozialismus“: Der Grüne Deal kann es ideengeschichtlich mit Maos Großem Sprung nach vorn, Morgenthaus Plan zur Renaturierung Deutschlands und dem Täuferreich zu Münster aufnehmen.
Nun begab sich vergangene Woche ein Ereignis, das „Net-Zero“ für die Bevölkerung endlich erlebbar machte. Ich gratuliere hiermit Spanien und Portugal, das „Net-Zero“-Ziel bereits anno 2025 erreicht zu haben – und nicht erst, wie vorgesehen, im Jahre 2050. Im Rahmen eines landesweiten Blackouts auf der iberischen Halbinsel wurde der Große Sprung nach vorn geradezu vorbildlich ins Werk gesetzt: Alles stand still. Zero Emissionen. Zero Elektrizität. Zero Antworten. Ein durchschlagender Erfolg. Großartig! Danke! Congratulations! Felicidades!
Das Instrument der Wahl ist der sogenannte „Slow Cooker“
Die Spanier und Portugiesen waren für die wegweisende Umstellung ihrer Lebensumstände allerdings mental und lebenspraktisch noch nicht ganz vorbereitet. Es ging einfach zu schnell. Wenn man den Frosch ins kochende Wasser wirft, springt er heraus – was nicht im Sinne des Erfinders ist. Aus rein pädagogischen Gründen empfiehlt es sich, den Finalzustand in kleinen Schritten herzustellen, das politische Instrument der Wahl ist hierfür der sogenannte „Slow Cooker“.
Der ist ein elektrisches Kochgerät, das Lebensmittel bei niedrigen Temperaturen über einen längeren Zeitraum gart. Die Grundfunktion des Geräts lautet dem Fachhandel nach: „Langsames Kochen, bei dem sich Aromen intensiv entfalten und die Zutaten zart werden“. Die Bürger der Bundesrepublik befinden sich seit etwa 20 Jahren energiepolitisch im Slow Cooker, altdeutsch auch „Schongarer“ genannt, was man beispielsweise daran merkt, dass die Temperaturen in winterlichen Wohnungen immer geringer werden. Auch die Schimmel-Aromen entfalten sich viel intensiver.
Aber frieren mussten die Spanier und Portugiesen wenigstens nicht. Die Hähnchen und Eisportionen in den Tiefkühltruhen der Supermärkte allerdings auch nicht, was denen gar nicht gut bekommen ist. (Der gesamte wirtschaftliche Schaden summiert sich nach derzeitigen Schätzungen auf rund 5 Milliarden Euro, ruinierte Anlagen und Hochöfen noch nicht einmal mit eingerechnet.) Die Spanier sind zwar stolz auf ihre Solar- und Windkraftwerke, wollten aber dennoch mit der U-Bahn nachhause fahren und dort eine Paella aus dem Gefrierfach holen. Also wurden gute alte und fossile Gaskraftwerke und die gute alte Wasserkraft angeworfen, um das kollabierte Stromnetz Schritt für Schritt wieder in Schwung zu bringen, was nach einem Tag auch gelang.
Drei Rosenkränze für seinen Seat-Diesel
Als Meister der Resilienz erwiesen sich einmal mehr auch die fossilen Autos mit Verbrennungsmotor, sofern sie noch genügend Sprit im Tank hatten. Also genau jene Fahrzeuge hielten die Versorgung aufrecht, die nach den Vorstellungen der EU verboten werden sollen, damit künftig dann – vom Krankenwagen bis zur Feuerwehr – wirklich gar nichts mehr geht. Deshalb betete der Spanier drei Rosenkränze für seinen Seat-Diesel, zündete in der Almudena-Kathedrale drei Kerzen an und kaufte einen Reservekanister – und manchmal auch zwei.
Als zumindest ein Grund für den plötzlichen und unerwarteten Netz-Ausstieg kristallisiert sich inzwischen überflüssiger Solarstrom heraus, der nirgendwo mehr abgeworfen werden konnte, wie der Ballast aus einem sinkenden Fesselballon. Aber das liegt alles ziemlich im Dunkeln, was es wohl auch soll, obwohl der Blackout ja eigentlich für beendet erklärt wurde.
Luz Sela, politische Journalistin bei okdiario, nähert sich dem Kern der Sache mit der wirklich poetischen Formulierung: „Die grüne Energiepolitik der Regierung beruht auf einem theoretischen Modell, das in der praktischen Umsetzung Lücken aufweist, wie der historische Stromausfall dieser Woche gezeigt hat“.
Der letzte Jahresbericht des staatlichen spanischen Netzbetreibers Red Eléctrica räumte ebenfalls Lücken in der Umsetzung ein, so dass das Risiko des „Verlusts der zuverlässigen Stromerzeugungskapazität infolge der Stilllegung konventioneller Kraftwerke (Kohle, Gaskraftwerke, Atomkraftwerke)“ besteht. Red Eléctrica erkannte damit offiziell zum ersten Mal an, dass „die Abschaltung von konventionellen Erzeugungseinheiten wie Kohle-, Gas- und Atomkraftwerken (aufgrund regulatorischer Anforderungen) eine Verringerung der verlässlichen Erzeugungskapazität sowie der Stabilität und Trägheit des Stromnetzes bedeutet“.
Wie wäre es mit einem Vaterländischen Verdienstorden?
Wo habe ich das bloß schon mal gelesen? Ah, das war im vergangenen Jahr auf Achgut.com und bezog sich auf Deutschland: „Netzbetreiber warnen: Stromnetz kollapsgefährdet wie nie“. Aber in Deutschland kann so etwas natürlich nicht passieren, bei uns stürzen ja auch keine Brücken ein, sie sinken lediglich sanft in ihr Flussbett. „Die Bundesnetzagentur hält einen Stromausfall wie in Spanien für "sehr unwahrscheinlich“, sagte vorsorglich Deutschlands führender Schonkocher und Chef der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, in der „Tagesschau".
Auch der spanische Regierungschef Sánchez von der Partido Socialista Obrero Español und Vorsitzender der Sozialistischen Internationale bemühte sich redlich, die Intelligenz seiner Untertanen zu unterschätzen. Er sagte: „Die Bürger müssen wissen, dass die Atomkraftwerke in dieser Krise keineswegs eine Lösung waren, sondern ein Problem, weil sie abgeschaltet waren und große Energiemengen umgeleitet werden mussten, um ihre Kerne stabil zu halten“. Kurz danach wechselte er das Argument und behauptete, sie seien „angeschaltet“ gewesen. Also egal wie herum: Abgeschaltete Atomkraftwerke sind keine Lösung, sondern ein Problem, und angeschaltete Atomkraftwerke ebenfalls. Selbst im Schein einer Taschenlampe erkennt der wissensdurstige Bürger, dass hier etwas verborgen werden soll. Zero-Antworten zu Net-Zero.
Grundsätzlich: In den USA werden inzwischen Atomkraftwerke reanimiert, um die gigantischen KI-Rechenzentren zuverlässig mit Strom versorgen zu können. In welchem Teil der Milchstraße muss man leben, um in einer solchen Situation 250 Millionen europäische Autos unverdrossen auf Flatterstrom umstellen zu wollen? Wie wäre es stattdessen mit einem Vaterländischen Verdienstorden für das resiliente Automobil, das auch in Krisen aller Art die öffentliche Ordnung und den Transport von Menschen, Waren und Hilfsgütern aufrechterhält? Zumal sich fossiler Kraftstoff gut speichern und bunkern lässt, vielleicht sollten die Tankstellen aber mit Handpumpen oder Diesel-Generatoren für den Notfall krisenfest gemacht werden.
Kraftwerks-Sprengungen als Volksfest
Eigentlich sollte jeder Staat in bewegten Zeiten ein engagierter Prepper sein. Ein "Prepper" (von englisch "to be prepared", also "vorbereitet sein"), so lehrt mich eine Google-Anfrage, „ist eine Person, die sich auf verschiedene Arten von Katastrophen oder Notfällen vorbereitet, oft durch das Anlegen von Vorräten, die Entwicklung von Überlebensfähigkeiten und die Suche nach Wissen über Notfallszenarien“. Deutschland macht das genaue Gegenteil. Auch von dem, was es seinen Bewohnern als „persönliche Krisenvorsorge“ empfiehlt. Faktisch verbietet oder zerstört dieses Land preiswerte, bewährte und resiliente Technologien und inszeniert Kraftwerks-Sprengungen als Volksfest. Zivilisations-Sabotage als Massenevent.
Die gleichen Raketenwissenschaftler, die solchen Wahn ins Werk setzen, haben jetzt ein neues Steckenpferd entdeckt: „Deutschland muss bis 2029 kriegstüchtig sein“. Egal wie man dazu steht, zeugt es von großem Humor, praktisch gleichzeitig die Verbrenner-Autos auszumustern. Was das eine mit dem anderen zu tun hat?
Fragen Sie ihren Arzt oder Apotheker oder auch Patrick Sensburg, Oberst der Reserve und Chef des Verbandes der Reservisten der Deutschen Bundeswehr. Der beschrieb den Ausrüstungsstand der Bundeswehr: „In der Reserve fehlt es an allem, auch an einem vernünftigen Fuhrpark; müssten wir heute die aktiven Soldaten in einem Ernstfall unterstützen, müssten Reservisten mit ihren Privatfahrzeugen an die Front fahren".
Bis der bayrische Gebirgsjäger aus Garmisch mit seinem elektrischen VW-ID 3 im Baltikum angereist ist, dürfte der Krieg allerdings vorbei sein. Ich empfehle deshalb dringend, das Verbrenner-Verbot für "Krisen-Reaktionsfahrzeuge" sofort auszusetzen und Diesel-Fahrzeuge mit 1.000 Kilometer Reichweite für Reservisten steuerlich zu fördern. Als wehrertüchtigende Sofortmaßnahme, damit keiner was verpasst.
Dirk Maxeiner ist einer der Herausgeber von Achgut.com. Von ihm ist in der Achgut-Edition erschienen: „Hilfe, mein Hund überholt mich rechts. Bekenntnisse eines Sonntagsfahrers.“ Ideal für Schwarze, Weiße, Rote, Grüne, Gelbe, Blaue, sämtliche Geschlechtsidentitäten sowie Hundebesitzer und Katzenliebhaber, als Zündkerze für jeden Anlass(er). Zu beziehen hier.