Elon Musk mutierte in kurzer Zeit vom Heiland zum Paria der Umweltschickeria. Die hat am Steuer ihres Tesla plötzlich kein gutes Gewissen mehr, sondern ein schlechtes – und fühlt sich im Ablasshandel betrogen.
Ich habe mich vor ein paar Jahren bereits mit der grundlegenden eschatologischen Frage beschäftigt: Welches Auto würde Jesus fahren? Daraufhin erhielt ich zahlreiche Zuschriften mit sachdienlichen Hinweisen. Die Achse-Leser bestachen dabei durch Fachkenntnis – und durch den entschiedenen Willen, sich in Sachen zweifelhaften Humors von niemandem unterbieten zu lassen, noch nicht mal von mir. „Er fuhr einen Märtyrer“ (gesprochen: „Mehrtürer“) schrieb mir einer, und ein anderer wusste: „In der englischen Übersetzung der Bibel heißt es ‘he came of his own accord’, also Honda. Muss wohl Sammler gewesen sein“.
Ich selbst stieß im Alten Testament auf eine automobile Vorliebe aus dem christlichen Umfeld. Vom Propheten Elia wird berichtet: „Siehe, da kam ein feuriger Wagen mit feurigen Rossen, die schieden die beiden voneinander. Und Elia fuhr im Wetter gen Himmel.“ Dies deutet auf einen Selbstzünder hin. Beim Diesel trifft dies allerdings nur auf den Motor zu, beim Tesla auf das ganze Auto.
Womit wir bei Elon Musk wären. Der machte ja in Kreisen guter Menschen bis vor einiger Zeit dem Papst als irdischer Stellvertreter des Herrn Konkurrenz und wäre eine Zierde für jeden Kirchentag gewesen. Katrin Göring-Eckardt hätte sicherlich die Einladung angenommen, mit Elon in einer feurigen Rakete gen Himmel zu fahren, vielleicht im Duett mit Margot Käßmann, die Grenzerfahrungen bis zu 1,54 Promille beisteuern könnte.
„Der Herr und Erlöser elektrisiert die Welt“
Pro – Das Christliche Medienmagazin berichtete 2020 von der Gründung der „Church of Tesla“, die sei nämlich „nicht nur Satire“. „Der Herr und Erlöser elektrisiert die Welt“, lautet das Glaubensbekenntnis daselbst. Laut PRO feiert die Tesla-Gemeinde seitdem den „Elon Musk-Tag“ und zwar jeweils „am 20. April des Jahres“. Oh, oh, das in deutschen Landen ein wenig vorbelastete Datum hat offenbar noch keiner bemerkt, sonst bekäme der Elon mächtig was auf die Batterie, genau wie man neulich eine Zuneigungsgeste gegenüber seinem Publikum partout als Hitlergruß missverstehen wollte.
Elon Musk mutierte in unserem moralischen Hochlohnland nämlich vom Heiland zum Teufel, denn statt mit Katrin Göring-Eckardt zum Mars zu fliegen, was ich sehr begrüßt hätte, unterhielt er sich auf „X“ mit Alice Weidel. Ich kritisiere lediglich die Reihenfolge: Er hätte Frau Göring-Eckardt erst zum Mars expedieren und sich anschließend mit Frau Weidel unterhalten sollen. First things first, Mister Musk. Ansonsten kann ich ihm zu seiner Kommunikationsstrategie nur gratulieren, denn ist der Ruf erst ruiniert, twittert es sich gänzlich ungeniert.
Mittlerweile spaltet Tesla, was aber nicht am Spaltmaß liegt. Wobei die Lage ein wenig unübersichtlich ist. Der Frontverlauf stellt sich annäherungsweise so dar: Diejenigen, die bislang keinen Tesla gekauft haben, finden Elon Musk plötzlich gut, und sind bereit ihm seine Autos zu verzeihen. Und diejenigen, die sich einen Tesla gekauft haben, finden Musk plötzlich schlecht, und sind nicht mehr bereit, ihm seine Autos zu verzeihen.
Verwirrt wie eine Elefantenherde
Das liegt daran, dass er ihr Image als astrein bunte und achtsame Vorbildmenschen rücksichtslos in die Tonne getreten hat. Seine Mitteilungen auf „X“ lösen regelmäßig Fliegeralarm aus, weil der Mann uneinschüchterbar ist und gegen den Ratschlag einschlägiger PR-Berater handelt: „Entschuldigen, um Schaden vom Unternehmen abzuwenden, bloß keine negativen Schlagzeilen“. Stattdessen: „Wenn Sie Dir blöd kommen, musst Du noch eins draufsetzen.“ Ich möchte dies hiermit Friedrich Merz zur Nachahmung empfehlen. Die bisherigen Inhaber der moralischen Lufthoheit sind durch eine solche Taktik verwirrt wie eine Elefantenherde, der das Leittier abhandengekommen ist.
Geisterfahrer wie etwa der mittellose Drogerieketten-Multimillionär Raoul Roßmann pinkeln Musk an, wie ein Dackel die Eiche, was dieser aber noch nicht einmal ignoriert. Man werde künftig keine E-Autos von Elon Musks Firma mehr erwerben, teilt er mit: „Elon Musk macht keinen Hehl daraus, Donald Trump zu unterstützen. Trump hat den Klimawandel wiederholt als Schwindel bezeichnet – diese Haltung steht in krassem Gegensatz zur Mission von Tesla, durch die Produktion von Elektroautos einen Beitrag zum Umweltschutz zu leisten“.
Roßmann will „bei zukünftigen Fahrzeugbestellungen auf alternative Hersteller und Modelle setzen“. Ich empfehle dem Seifenhandel als Alternative eine Sammelbestellung bei Ola Källenius von Mercedes-Benz, der das Unternehmen mit seiner Elektrostrategie zwar gegen die Wand gefahren hat, stattdessen aber dem Vatikan ein neues, vollelektrisches Papamobil übergeben hat, damit er trotzdem in den Himmel kommt. „Damit setzt der Heilige Stuhl ein Zeichen für Nachhaltigkeit und Umweltschutz“, heißt es hier, „das neue Papamobil ist eine direkte Antwort auf die Enzyklika Laudato si von Papst Franziskus, in der er zu einem verantwortungsvollen Umgang mit der Schöpfung aufruft“. Das elektrische Papamobil sei ein starkes Symbol für die Zukunft der Mobilität. Es zeige, dass auch der Transport des Papstes mit emissionsfreien Fahrzeugen bewältigt werden könne. Und dies bei Geschwindigkeiten von etwa 5 bis 10 km/h.
Für den Fall, dass entweder der Papst oder Källenius den Zuckerberg macht – soll ja vorkommen –, bleibt aber sicher noch Volkswagen übrig. So ist das sachkundige Magazin „Streetlife“ der Meinung, dass der „Wanderprediger“ Jesus heute als „charismatischer, sendebewusster Guru“ wahrgenommen würde, also der Welt gleichsam als deutscher Drogerieketten-Inhaber erschiene. Kein Auto würde sich für Jesus „perfekter eignen als der neue, elektronische, geräumige Volkswagen ID.Buzz, und zwar in reflektierendem Energetic Orange Metallic“. Damit würden Jesus und seine 12 Apostel schon einen guten Teil der Jahresproduktion dieses Fahrzeuges vom Hof räumen.
In den Nobelvierteln des Umweltposertums
Besonders intensiv hat sich übrigens die Süddeutsche Zeitung dem Leiden der Teslafahrer angenommen, schließlich liegt ihr Abonnentenschwerpunkt in den Nobelvierteln des Umweltposertums wie Bogenhausen oder Starnberg. In einem langen Beitrag vom 25. Januar 2025 wird die verzweifelte Situation der nun Heimatlosen im eigenen Lande beschrieben: „Stefan Braunstein kam von einem Termin in der Stuttgarter Innenstadt, sein Tesla parkte am Straßenrand. In den Staub auf der Heckscheibe hatte jemand gekrakelt: ‘Drecksfascho!‘. Das konnte ja wohl nicht ihm gelten, sagt Braunstein: ‚Ich bin politisch komplett im anderen Spektrum.‘ Der schwäbische IT-Experte mit Vollbart und Hoodie, 40 Jahre alt, beschreibt sich im Videocall als politisch progressiv, technikaffin und eher links.“
Und dann kam es noch schlimmer, denn plötzlich habe ein Aufkleber mitten auf seiner Frontscheibe geklebt: „FCK NZS“. Da sei Braunstein gedämmert, was los war: „Sein Auto galt als politisches Zeichen. Und zwar als eines der genauen Gegenseite, zu der er selbst sich nicht zählt“. Auch andere unschuldige Musk-Opfer hätten Vandalismus, absichtliche Kratzer im Lack und Beschimpfungen als „Trump-Unterstützer “erlebt.
Die Süddeutsche fragt verzweifelt: Noch vor wenigen Jahren wurde man von Dieselfreunden und Rechten unter Umständen als Weltretter, Gutmensch und Grünen-Wähler verspottet. Und jetzt auf einmal gilt man als potenzieller Faschisten-Fan?“ Und sie hat auch eine Antwort: „Schuld daran trägt ziemlich ausschließlich Elon Musk“ – und nicht etwa die Idioten, die anderer Leute Autos mutwillig beschädigen. „Der vermeintliche Vordenker einer klimaneutralen Zukunft ist für viele Klimabewegte zum Paria geworden.“ Seit Musk im vergangenen Sommer seine Unterstützung für Donald Trump, „den Klimawandelleugner und Freund der Fossilindustrie“, verkündet habe, beschleunige sich der Imagewandel von Tesla.
Schon die Schilderung des Schichtwechsels im deutschen Teslawerk erinnert plötzlich an den Hofgang eines nordkoreanischen Gulags: „Tausende Frauen und Männer in schwarzer Arbeitskluft und Tesla-Sicherheitsschuhen schieben sich aus den Fabriktoren.“ Nicht nur seine Kunden leiden schwer unter Elon Musk, sondern auch unser Bundeskanzler, dessen tiefste menschliche Empfindungen Musk schamlos ausgenutzt habe: „Es hat durchaus etwas von einem Heiratsschwindler, wie sich Elon Musk erst als Fabrikbauer feiern ließ, hier entgegen großen Widerständen von Umweltschützern seine Gigafactory aufstellen durfte – und jetzt, keine drei Jahre nach Eröffnung, den damaligen politischen Türöffnern bis hoch zu Olaf Scholz politisch in den Rücken fällt“.
Ein Sticker-Versandhandel reüssiert gerade mit dem Aufkleber: „I bought this before Elon went crazy“(„Ich habe ihn gekauft, bevor Elon verrückt wurde“). Für Neukunden mit Drang zum politischen Bekenntnis empfehle ich das Pendant: „Ich habe ihn gekauft, nachdem Elon verrückt wurde“.
Dirk Maxeiner ist einer der Herausgeber von Achgut.com. Von ihm ist in der Achgut-Edition erschienen: „Hilfe, mein Hund überholt mich rechts. Bekenntnisse eines Sonntagsfahrers.“ Ideal für Schwarze, Weiße, Rote, Grüne, Gelbe, Blaue, sämtliche Geschlechtsidentitäten sowie Hundebesitzer und Katzenliebhaber, als Zündkerze für jeden Anlass(er). Zu beziehen hier.