Dirk Maxeiner / 01.09.2024 / 06:00 / Foto: KI / 100 / Seite ausdrucken

Der Sonntagsfahrer: Der Problem-Ossi

Heute wird in Sachsen und Thüringen gewählt und in den Medien wahrscheinlich das Stück "Der Problem-Ossi" neu aufgeführt. Dabei ist der doch nur schneller als die anderen.

Je nachdem, wie die Wahlen heute in Sachsen und Thüringen ausgehen, wird er wieder auftauchen, der Problem-Ossi. Darin ist er Bruno nicht unähnlich, dem Problembären, der ebenfalls für Aufregung bis hinauf zum bayrischen Ministerpräsidenten sorgte. Eigentlich gelten Bären ja eher als drollige Maskottchen, dies allerdings nur so lange, wie sie sich streicheln lassen, gut benehmen und korrekt mit Messer und Gabel umgehen können. Am heutigen Tage müssen sie nun an einer für die etablierten Hoheiten richtigen Stelle ein Kreuzchen machen. Setzen sie es falsch, herrscht im Schafstall Großalarm.

Dann ist er wieder da, der Problem-Ossi mit der gebrochenen Vita, der Zurückgebliebene, der Unbelehrbare, der Ewig-Gestrige, der xenophobe Kleingärtner und FKK-Anhänger mit Sonnenbrand auf der Plauze und Adiletten am Fuße. Kurzum: Wenn der Ossi falsch wählt, wird er stante pede zum Pflegefall, für den dringend ein Vormund bestellt werden muss, bevor er sich zur Gefahr für die Allgemeinheit entwickelt.

Schon gestern konnte man sich im Angesicht des drohenden Unheils kaum retten vor Ossi-Gebrauchsanleitungen nach dem Motto "Wie tickt der Osten"? Ja wie tickt er denn? Und wo findet man, ihn den tickenden Ossi? Vielleicht im Deutschen Uhrenmuseum in Glashütte? Am Grunde des Müritzsees, wo er lauert wie ein Riesenwels um dann aus der braunen Flut aufzutauchen? Oder in der Alamy-Fotobibliothek, Abteilung Zeitbomben? Ich zähle ja mittlerweile eine ganze Reihe Ostgewächse zu meinen Freunden und Bekannten und versichere hiermit an Eides statt: Keiner von denen tickt. Und es ruft auch keiner Kuckuck. Das tun sie nur im Schwarzwald.

Der Ostbeauftragte der Bundesregierung liefert weitere Hinweise zur Täterbeschreibung, Carsten Schneider (SPD), sieht vor den Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen eine "geringe Parteienbindung" in der ostdeutschen Bevölkerung. Das ist es: Bindungsunfähigkeit! Die machen da mit jedem rum! Obwohl die Landespolitik eine Riege führender Astralkörper aufbietet, in ihrer politischen Anmut höchsten den Chippendales vergleichbar – der bindungsunfägige Oststaatler will mal wieder was Neues ausprobieren.

Der tickende Ossi ist für die talkende Klasse deshalb praktisch, weil man dann nicht über die Wessis reden muss, die die Probleme inzwischen auch Dunkeldeutscher wahrnehmen – im Trend folgen die Wahlergebnisse im Westen ja eher dem Osten als umgekehrt. Wenn es den Problem-Ossi nicht gäbe, müsste man ihn erfinden: So braucht das regierungsamtliche Kommentariat überhaupt keine Probleme zu benennen, weil ja alles nur an den ignoranten Ossis liegt, die einfach nicht begreifen wollen, dass es ihnen doch Gold geht, im besten Schafstall aller Zeiten.

Den gesamtdeutschen Intelligenztest bestanden

Die Verfahrensweise hat inzwischen bereits eine gewisse Tradition. Erinnern Sie sich an die Aufmärsche von „Pegida“ („Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“), die 2014/2015 mit den drei nicht hilfreichen Worten „patriotisch“, „Islamisierung“ und „Abendland“ auf die Straße ging? Dem Problem wurde sogleich beschieden, dass es eingebildet sei: „Nur ungefähr 0,1 Prozent der in Sachsen lebenden Menschen seien Muslime“, hieß es. Was daraus wurde, erfährt der Interessierte, wenn er bei Google die Suchwörter „Messer“ und „Leipzig“ eingibt.

Der Ossi mag ja am Glienecker See ohne Badehose rumlaufen, aber als Frühwarnsystem ist er gar nicht so schlecht. Früher hielten die Bergleute sich einen Kanarienvogel im Schacht, um rechtzeitig zu wissen, wenn sich ein gefährliches Gemisch ausbreitete. Dann fiel der Vogel um. Der Ossi reagiert ebenfalls prompt, wird allerdings erst so richtig munter. In Corona-Zeiten kultivierten die Sachsen ihren Protest mit „Spaziergängen“, weil sie totalitäre Anwandlungen mindestens so deutlich wahrnahmen wie einst die Braunkohle-Schwaden. Mit nur etwas über 50 Prozent war Sachsen das Bundesland mit der niedrigsten Impfquote in Deutschland, Spitzenreiter war Bremen (fast 78 Prozent). Die Retroperspektive erlaubt die sichere Aussage, dass die Sachsen den gesamtdeutschen Intelligenztest bestanden haben. 

Auch der Corona-Protest wurde mit dem Hinweis auf die renitenten und begriffsstutzigen Sachsen abgebügelt. So ließ sich lange Zeit nicht über das Aufbegehren im Westen berichten, die Querdenker sind schließlich eine süddeutsche Erfindung. Aber keiner fragte: Was ist bloß mit den Schwaben los? Zurückgebliebene, Unbelehrbare, Ewig-Gestrige, xenophobe Kleingärtner und traumatisierte Kehrwoche-Anhänger?

So typisch Ost wie Oscar Lafontaine

Auch das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) wird derzeit ja gerne als Ost-Veranstaltung subsummiert, dabei ist das Personal – von der Chefin mal abgesehen – mehrheitlich eher ein Westimport. Salomonisch gesagt: Das BSW ist so typisch Ost wie Oscar Lafontaine. Heute Abend wird in der Berichterstattung sicherlich die Frage wieder aufkommen: Warum haben die Ostdeutschen so gewählt? Die Antwort ist recht einfach: Weil in Sachsen und Thüringen eben gerade Wahlen sind. Ich vermute, in Solingen wären die Ergebnisse auch nicht viel anders. Der Wessi ist zwar zurückgeblieben, aber durchaus lernfähig. Ich weiß, wovon ich rede.

Und deshalb möchte ich hier auch einmal drei großartige Technologien erwähnen, die im Osten entwickelt wurden, von wegen abgehängt.

  • Nummer eins: Eine bestimmte Art zu telefonieren. Die habe ich von meinem Freund Peter Grimm gelernt, der als gelernter DDR-Oppositioneller die hohe Schule des stasisicheren Gesprächs verinnerlicht hat und sein Wissen großzügig mit mir teilt. Wir telefonieren während der Arbeit mehrmals täglich und Peter ließ mir aufgrund meiner Fortschritte den Befähigkeitsnachweis „Mielke II“ zukommen.
  • Nummer zwei: Der Trabant. Garantiert elektronikfrei und nach Erfahrungen meiner Freundin Vera Lengsfeld ohnehin wanzensicher, weil „viel zu laut“.
  • Nummer drei: Der antifaschistische Schutzwall. Mit Beton kannte man sich wirklich aus. Oder glaubt jemand, dass die Brandmauer 28 Jahre hält? 

 

Dirk Maxeiner ist einer der Herausgeber von Achgut.com. Von ihm ist in der Achgut-Edition erschienen: „Hilfe, mein Hund überholt mich rechts. Bekenntnisse eines Sonntagsfahrers.“ Ideal für Schwarze, Weiße, Rote, Grüne, Gelbe, Blaue, sämtliche Geschlechtsidentitäten sowie Hundebesitzer und Katzenliebhaber, als Zündkerze für jeden Anlass(er). Zu beziehen hier.

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Karsten Kaden / 01.09.2024

Die Berichterstattung in den Medien und auf wahlen.sachsen.de veröffentlichte, vorläufige Ergebnisse passen nicht recht zusammen. Auf der sächsischen Webseite um 22:20 Uhr liegt die AfD mit 38,3% Direkt- und 34,5% Listenstimmen vor der CDU mit 35,8% und 33,2%. Das Portal welt.de rechnet um 22:18 Uhr die CDU mit 31,8% und die AfD mit 30,8% hoch.

Dr. Ralph Buitoni / 01.09.2024

Jetzt kommt die Rache des Kartells - was bisher mit Compakt und einigen kleinen Vloggern und Youtubern geschah war erst ein Vortesten - nach diesen Wahlen weiß das Karteill, dass es sich alles, aber wirklich alles erlauben kann. Es ist unangreifbar. Heute wurde dem Youtuber “Weichreite” die Kamera bei den Wahlbeobachtungen von den Staatsbütteln zerstört/weggenommen, sein Stream abgeschaltet. Die Corona-Schlägerbanden haben ein genaues Gespür für Machtverhältnisse - weswegen sie vor Miesegranten knien und kuschen, aber auf Corona-Demos ältere Frauen brutal wegschleppten und völlig friedliche Demonstranten 5:1 zusammenschlugen. Nach den ersten Hochrechnungen machen sie jetzt den Sack zu. Kretschmer stilisiert sich schon tränenselig zum Opfer von “5 Jahren Hass”, wobei er vergisst, dass er diesen Hass verbreitete. Das AfD Verbot kommt. Die totale Zensur und der Staatsterror gegen jeden noch so kleinen Kritiker kommt. Der digitale Impfpass kommt. Die Reisebeschränkungen kommen. Die Rationierungen und die 15-Minuten Städte. Die Wähler von CDU und BSW haben es entschieden.

L. Luhmann / 01.09.2024

Selbst wenn die AfD die absolute Mehrheit hätte, würde man mit allen Mitteln versuchen, die AfD nicht an die Macht gelangen zu lassen. Wie gesagt: Ich vermute auch, dass Trump möglicherweise nicht an die Macht gelangen wird ... CBDC, Digital ID ... das reicht, um uns rund um die Uhr in der Scheiße sitzen zu lassen ... Freiheit? Nur für die Stakeholder! Menschenwürde? Lass’ dich totspritzen! Demokratie? War und ist nur möglich mit wehrhaften, bewaffneten Bürgern! Unsere Demokratie war immer nur Fassade. Papiergeld? Man sitzt auf einem Vulkan!

Uwe Krahmer / 01.09.2024

Der Ostdeutsche Mitbürger in Sachsen hat bei der LTW versagt. Corona Held M. K. sitzt wieder für die nächsten Jahre im Sattel und lacht sich in’s Fäustchen. Ich habe die Sachsen für intelligenter gehalten. Die Thüringer Wähler waren doch ein wenig schlauer. Und wer BSW gewählt hat, der hat aus der deutschen Geschichte nichts gelernt. Die Messerparty wird weitergehen.

Klara Altmann / 01.09.2024

Was ist mit am erfreulichsten aus meiner Sicht an dieser Wahl? Die sage und schreibe aktuell 18.1 Prozent, welche die Linke in Thüringen verloren hat, nachdem Merkel dort die demokratische Wahl “rückgängig machen” ließ und Ramelow demokratiewidrig für weitere drei Jahre an die Macht brachte. Die Linke wurde für ihre unfassbare Demokratiefeindlichkeit abgestraft und wohl mithin auch die CDU. Das schreiben sich doch jetzt bitte alle Parteien in ihren Kalender - heute ist der Tag der Abrechnung! Wir lassen uns unsere Demokratie nicht stehlen, wir sind das Volk, wir sind der Souverän!

Dirk Jungnickel / 01.09.2024

Die Nachwahl - Interviews machen Didi - Hallervordern Konkurrenz - nur der ist viel besser !

Ulrich Jäger / 01.09.2024

@Markus Knust, Was die Wahlfälschungen angeht, da warten wir doch lieber die Veröffentlichung der Ergebnisse der einzelnen Wahlkreise, getrennt nach Direkt- und Briefwahlkreisen ab. 1/3 Briefwahl in Thüringen, das lässt Schlimmes befürchten. Bei den letzten Wahlen hierzulande (Kommunal- und EU-Wahl) war die Abweichung bei den Stimmen für die AfD teilweise bei über 10%. Das hatte sich nicht einmal Egon Krenz getraut. Und trotzdem hatte es jetzt keinen interessiert. Der geneigte AfD-Hasser wählt eben gerne per Brief, auch wenn er schon gestorben, notorischer Nichtwähler ist oder dement im Pflegeheim liegt.

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