Dirk Maxeiner / 13.08.2017 / 06:25 / Foto: Tim Maxeiner / 15 / Seite ausdrucken

Der Sonntagsfahrer: Welches Auto würde Jesus fahren?

Vor einiger Zeit demonstrierten Nonnen vor der General-Motors-Zentrale in Detroit, die mit einem Konvoi aus Toyota-Prius vorfuhren. Auf den Wagen stand die automobile Glaubensfrage: „Was würde Jesus fahren?“ Das gleiche fragt hierzulande eine Predigerdatenbank, die offenbar nicht nur ein Gespür für den heiligen Geist, sondern auch für den Zeitgeist hat, sofern sich das überhaupt noch unterscheiden lässt. Es gibt aber auch schon eine leicht abgewandelte Version: „Würde Jesus Diesel fahren?“ 

Der Toyota Prius als göttliche Lösung hat inzwischen sogar in der Literatur einen Parkplatz gefunden. In dem Roman „Flamingos im Schnee“ spricht die Heldin: „Meine Güte, Lily, meinst Du nicht, Jesus würde einen Toyota Prius mit Hybridantrieb fahren?“ Der Prius gilt als die verbindliche Hollywood-Variante eines Jesus-Autos. Die mexikanische Köchin darf damit die Einkäufe machen, oder der mexikanische Gärtner die Kinder von der Schule abholen. Wahlweise benutzt der Sohn das Ding auch als Kiffer-Depot, während Papa im Lear-Jet die Welt rettet.

Bekifft Prius fahren ist in jedem Fall gottgefälliger als nüchtern Diesel fahren. Katrin Göring-Eckardt, ehemals Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und somit Mitglied im Rat der EKD, sieht in der Verbrennung von Rohstoffen eine verzeihbare Sünde, solange es darum geht, ein bisschen vorzuglühen: „Aus meiner Sicht ist die aktuelle Politik der Repression und Kriminalisierung von Konsumenten und Konsumentinnen gescheitert.“

Das Einatmen von Stickstoffmonoxid, aromatischen Aminen, Kadmium, Quecksilber, Blei, Formaldehyd und Azetaldehyd sowie polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen darf demnach auf grüne Nachsicht hoffen, solange die Schadstoffe direkt einem Marihuana-Joint entweichen. Käme das gleiche Gemisch aus einem Dieselauspuff, würde Frau Göring-Eckardt vermutlich den Weltsicherheitsrat anrufen.

Die theologische Fachfrage lautet nun. Erhalten bekiffte Dieselfahrer Absolution? Eine Exegese der heiligen Schrift macht Hoffnung. Der Prophet Elia, so steht es geschrieben, fuhr bei seiner Entrückung gen Himmel mit einem „feurigen Wagen“ (2. Könige, 2,11). Hier enthält bereits das zweite Buch Könige einen eindeutigen Hinweis auf ein mit Verbrennungsmotor betriebenes Fahrzeug, respektive eine in Brand geratene Hanfladung.

Allerdings war das in der Zeitrechnung vor der Geburt Elon Musks. Dessen Tesla macht dem Toyota-Prius als Jesus-Mobil inzwischen schwer Konkurrenz, vollelektrisch. Wobei Erlöser Elon einen aufrechten Christenmenschen in ernsthafte Zielkonflikte bringt. Beispielsweise mit dem ersten Gebot: „Du sollst keine anderen Götter neben mir haben.“

"Perfekt für die Idioten"

Jesus ging übers Wasser und speiste die Fünftausend, Musk beförderte den Aktienkurs von Tesla über den von BMW hinaus, obwohl er mit seiner Firma noch nie einen Cent verdient hat. Solange seine Gemeinde an das Wunder glaubt, läuft Elon Musk übers Wasser, es fließen Honig und Dividenden, das Brot und die Fische vermehren sich immerfort. Der Tesla fährt in Wahrheit gar nicht elektrisch, sondern wird vom unerschütterlichen Glauben der Aktionäre durchs Universum gebeamt. Die Geschäftsmodelle deutscher Automobilhersteller wirken dagegen wie ein Kreiskrankenhaus im Vergleich zur Grotte von Lourdes.

Am Schluss wird beim Jesus-Auto alles eine Frage der Reichweite sein, die der Batterien und die der Gläubigen. Von Berlin nach Bethlehem sind es beispielsweise gut 4.000 Kilometer – und auch Jesus braucht irgendwann eine Schnell-Ladestation. Er könnte während der Fahrt auch auf den grundsätzlichen Unterschied zwischen einem Tesla und einem Diesel stoßen. Beides sind ja bekanntlich Selbstzünder. Beim Diesel trifft dies allerdings nur auf den Motor zu, beim Tesla auf das ganze Auto.  

Möglicherweise wäre Jesus so ein Tesla auch viel zu schnieke, schließlich reiste der Mann traditionell auf einem Esel. Was mir eine göttliche Eingebung beschert. Das ultimative und unschlagbare Jesus-Auto heißt: Dacia! Stellen Sie sich mal eine Weihnachtskrippe in einer Tiefgarage vor. Das Jesuskind neben einem Tesla? Geht gar nicht! Aber so ein Dacia-Kombi fügt sich harmonisch zwischen Ochs und Esel.

Das mag auch an seiner urwüchsigen französisch-rumänischen Vorgeschichte liegen. So kaufte Rumänien von Renault die Lizenz für den antiquierten Renault 12. Rumäniens kommunistischer Diktator Nicolae Ceausescu entschied sich für Renault, weil es ein Staatsunternehmen war. „Gut genug für die Idioten“, habe Ceausescu befunden, der von seinem Volk keine sehr hohe Meinung gehabt habe. Der erste Prototyp war dem Chef aber trotzdem zu komfortabel: „Zu luxuriös für die Idioten“. Daraufhin wurde von Bürokraten und Autogewerkschaft „unnötiger Luxus“ eliminiert. Das spartanische Resultat hatte nicht einmal mehr einen zweiten Außenspiegel. Ceausescu befand: „Perfekt für die Idioten“.

Dass daraus einmal eine der erfolgreichsten Marken für diejenigen werden würde, die sich und anderen nichts beweisen müssen, hat der Konduktor garantiert nicht geahnt. Äußerst preiswert, einfach, robust, ehrlich, von christlicher Bescheidenheit und lutherischer Askese. Im Kombi fänden sogar noch ein Teil der Jünger und das Catering für das Abendmahl Platz. Und falls es sich um einen Diesel handelt, raucht Jesus als Buße und ökologische Ausgleichsmaßnahme einen Joint mit Katrin Göring-Eckardt. Peace & Love & Dacia.

Foto: Tim Maxeiner

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Siegmar Sulzer / 13.08.2017

Also Herr Maxeiner, keine Kritik an der Dacia. In den 80-ern hat dieses Auto sehr viele Dinge fuer uns transportiert. Vor allem Fleisch und andere kostbare Waren vom Dorf in die Stadt.Und wir mussten mehr als 5 Jahre darauf warten. Aber wenn Sie als Biodeutscher die Umwelt retten wollen, dann sollten Sie die Methoden des Conducators (Konduktors) anwenden. Das waren rationalisierte Benzinmengen (max. 40l/monat), mehrere Stromausfaelle taeglich, 2-3 Warmawasser pro Woche fuer ein paar Stunden, und im Winter wenig Heizung (16 grad C in der Wohnung). Unter diesen Umstaenden wurden sie abens an der Petroliumlampe frierend ihren Text schreiben, wo sie den Dacia mehr respektieren wuerden. Oder Sie haetten mit der Schreibmaschiene den Kommunismus kritisiert. Aber da der Geheimdienst von jeder Schreibmaschiene im Land proben hatte, haetten sie sehr schnell herausgefunden wer der Kritiker war.

HaJo Wolf / 13.08.2017

Jesus, wenn er denn, wie zu vermuten ist, ein linksgrüner Umweltfreak wäre, würde sicher keinen Tesla fahren, denn wenn man die tatsächliche Ökolbilanz dieses überteuerten Millionärsspielzeug berücksichtigt, ist er umweltschädlicher als der älteste Diesel. Die bei der Herstellung der Batterien anfallenden Umweltbelastungen werden nämlich bei E-Autos gerne unterschlagen, von der Entsorgung gänzlich zu schweigen. Und Musk ist nur ein (bislang) genialer Betrüger, der selbst mit keinem Cent haften wird, wenn sein elektrisches Wolkenkuckucksheim zusammenfällt. Bislang nur Verluste, die Kreditgeber werden langsam nervös, müssen aber im Vertrauen auf Musks Versprechen weiter nachachießen (Miliarden für eine gigantische Batteriefabrik), wenn sie nicht sofort den Totalverlust riskieren wollen. Jesus würde nur den Kopf achütteln ob soviel verlogener Verderbtheit. Und er würde nicht Dacia, sondern Trabi fahren - weniger Verzicht geht nun wirklich nicht.

Andreas Rochow / 13.08.2017

Wirklich herrlich, diese biblische Geschichte des Automobils. Die brennende Frage, welche Energie die verschiedenen Versionen des Papamobils angetrieben hat, blieb taktvoller Weise unerwähnt. Noch hat die EKD, die seit der Synodalschaft der grünen K.G.-E. (2009-2013) sich für sämtliche linkspopulistischen Projekte zuständig fühlt, vor dem katholischen (!) Papst haltgemacht, weil dessen Kleinstwagen im Ur-Dacia-Format mit konventionellem Verbrennungsmotor meist ungenutzt herumsteht.

Wilfried Cremer / 13.08.2017

Jesus reiste auf Schusters Rappen. Der Einzug in Jerusalem war eine Ausnahme.  Dafür wäre ein Papamobil das passende Gefährt gewesen. Oder ein Schneewittchensargkabinenroller.

Leo Anderson / 13.08.2017

Ich habe Jeseus in den späten Sechzigern mal in einem VW-Bulli vorbeifahren sehen.

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